Die Staaten Lateinamerikas haben im 20. Jahrhundert den Aufstieg und Niedergang vieler teils aus europäischer Sicht sonderbar anmutender Ideologien erlebt. Die geführten ideologischen Auseinandersetzungen wurden oft mit gewaltsamen Mitteln geführt oder arteten zu politischen und militärischen Machtkämpfen aus. Als markanteste Beispiele hierfür sind sicherlich die Länder Nicaragua und Chile zu nennen. Ihnen soll daher ein besonderes Augenmerk geschenkt werden. In beiden Ländern herrschte in den 80ern ein autoritäres Regime, welches durch eine ihm eigene Ideologie seinen Machtanspruch rechtfertigen wollte. Zwar könnten die hierbei vertretenen politischen Weltanschauungen wohl kaum unterschiedlicher sein, doch wurde in beiden Fällen die Gesellschaft von der jeweiligen Ideologie derart dominiert, so daß die Menschen nur die Wahl hatten sich an die von staatlicher Seite vorgegebene Ideologie anzupassen oder politisch unterzutauchen. In den 80er Jahren kam es dann in großen Teilen Lateinamerikas zum überraschenderweise fast gewaltfreien Ende der autoritären Systeme nimmt man Kuba einmal heraus. So befindet sich heute, mehr als ein Jahrzehnt später, Lateinamerika wieder im gesellschaftlichen Umbruch. Daher stellt sich die Frage, inwieweit man im Bezug auf die Demokratisierungswelle zu Beginn der neunziger Jahre von einem Prozeß der Entideologisierung der Gesellschaften sprechen kann? Nach welchem Muster läuft dieser Prozeß ab? Gibt es Unterschiede zwischen der Entideologisierung im politisch-institutionellen Rahmen und innerhalb der Gesellschaft? Um dies zu verdeutlichen und im Hinblick auf den Umfang der Arbeit wurden die Beispiele Nicaragua und Chile ausgewählt, welche die Transition zur Demokratie zwar zeitgleich, aber von höchst gegensätzlichen Ideologien her begangen haben.
Im ersten Kapitel soll in diesem Sinne zunächst eine theoretische Grundlage geschaffen werden. Es wird eine genauere Einordnung des Begriffes Ideologie und seiner wesentlichen Merkmale vorgenommen. Im weiteren werden dann rekursorisch die sozio-politischen Rahmenbedingungen in Lateinamerika zu Anfang der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts erläutert. Daran schließt sich das zweite Kapitel an, welches die vorherrschenden Ideologien zur Zeit des Autoritarismus vor 1990 beschreibt. Als wichtigste ideologische Ausrichtungen sollen hier erst die Ideologie der Nationalen Sicherheit, und dann die linken Ideologien untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Grundlagen der Ideologien in Lateinamerika
- 1.1 Zum Begriff der Ideologie
- 1.2 Gesellschaftliche Wurzeln der Ideologien in Lateinamerika
- 2. Die Ideologisierung der Gesellschaften zur Zeit des Autoritarismus
- 2.1 Die Doktrin der Nationalen Sicherheit
- 2.2 Linke Ideologien
- 3. Die Entideologisierung nach dem Ende der autoritären Systeme
- 3.1 Der Niedergang der linken Ideologien am Beispiel Nicaraguas
- 3.2 Demokratisierung und Entideologisierung in Chile
- 4. Ausblick auf die Entwicklung der Entideologisierung in Lateinamerika
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Prozess der Entideologisierung in Lateinamerika, insbesondere im Kontext des Übergangs von autoritären Regimen zu demokratischen Systemen. Sie untersucht, wie sich die ideologischen Auseinandersetzungen in den Ländern Lateinamerikas im 20. Jahrhundert entwickelten und welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft hatten. Die Arbeit konzentriert sich auf die Fallbeispiele Nicaragua und Chile, die trotz unterschiedlicher politischer Weltanschauungen beide von einer starken Ideologisierung geprägt waren.
- Definition des Ideologiebegriffs und seine Relevanz im Kontext der lateinamerikanischen Geschichte
- Analyse der sozio-ökonomischen Bedingungen, die zur Entwicklung von Ideologien in Lateinamerika beigetragen haben
- Beschreibung der vorherrschenden Ideologien während des Autoritarismus, insbesondere der Doktrin der Nationalen Sicherheit und linker Ideologien
- Untersuchung des Entideologisierungsprozesses in Nicaragua und Chile nach dem Ende der autoritären Regime
- Ausblick auf die weitere Entwicklung der Entideologisierung in Lateinamerika
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel legt die theoretische Grundlage der Arbeit, indem es den Begriff der Ideologie definiert und seine wesentlichen Merkmale erläutert. Es werden die sozio-politischen Rahmenbedingungen in Lateinamerika zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erörtert. Das zweite Kapitel beschreibt die dominierenden Ideologien während des Autoritarismus vor 1990, wobei die Ideologie der Nationalen Sicherheit und linke Ideologien im Vordergrund stehen. Das dritte Kapitel behandelt die Entideologisierung der Gesellschaften im Kontext der beginnenden Demokratisierung und untersucht die gesellschaftliche Abkehr von linken Ideologien sowie von den Ideologien der Militärdiktaturen. Das vierte Kapitel bietet einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des Entideologisierungsprozesses.
Schlüsselwörter
Entideologisierung, Lateinamerika, Ideologie, Autoritarismus, Demokratie, Nicaragua, Chile, Doktrin der Nationalen Sicherheit, Linke Ideologien, gesellschaftlicher Wandel.
- Arbeit zitieren
- M.A. pol. Simon Stumpf (Autor:in), 2002, Entideologisierung in Lateinamerika unter besonderer Berücksichtigung der Fallbeispiele Nicaragua und Chile, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61589