Activity Based Budgeting am Beispiel der Europäischen Union


Diplomarbeit, 2006

121 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Zusammenfassung

Summary

Einleitung

1. Activity Based Budgeting
1.1 Activity Based Management (ABM) - Prozesskostenmanagement
1.2 Activity Based Costing (ABC) - Prozesskostenrechnung
1.2.1 Ursprung der Prozesskostenrechnung
1.2.2 Grundlagen der Prozesskostenrechnung
1.2.3 Ziele der Prozesskostenrechnung
1.2.4 Umsetzung der Prozesskostenrechnung
1.2.5 Beurteilung und Grenzen der Prozesskostenrechnung
1.2.6 Prozesskostenrechnung in der öffentlichen Verwaltung
1.3 Die Budgetierung
1.3.1 Begriff
1.3.2 Ziele, Aufgaben und Anforderungen
1.3.3 Die Budgetarten
1.3.4 Ablauf
1.3.5 Vor- und Nachteile der traditionellen Budgetierung
1.4 Activity Based Budgeting (ABB) - Prozesskostenbudgetierung
1.4.1 Konzept des Activity Based Budgeting
1.4.2 Ziele
1.4.3 Vorteile und Nachteile
1.4.4 Umsetzung des ABB
1.4.5 Zukunft des ABB
1.5 Inwiefern ist das ABC/M bzw. ABB auf den öffentlichen Sektor anwendbar ?
1.5.1 Prozessorientiertes Verwaltungsmanagement
1.5.2 Inwiefern ist das ABC/M bzw. Activity Based Budgeting auf den öffentlichen Sektor anwendbar

2. Activity Based Budgeting in der Europäischen Union
2.1 Eigenschaften der öffentlichen Verwaltung
2.1.1 Wirtschaftlichkeit und Leistung in der öffentlichen Verwaltung
2.1.2 Budgetierungsfunktionen in der öffentlichen Verwaltung
2.2 Reform der Kommission
2.2.1 Allgemeine Einführung
2.2.2 Maβnahmenbezogenes Management (ABM) : Ein Instrument zur Umsetzung politischer Prioritäten
2.3 Das europäische Budget
2.3.1 Ziffer des europäischen Budgets
2.3.2 Bisherige Budgetierungsmethode
2.3.3 Das Budgetverfahren des Activity Based Budgets
2.4 Einführung des Activity Based Budgeting in der Europäischen Kommission
2.4.1 Ursprung und Ziele des Activity Based Budgeting
2.4.2 ABB-Eingliederungsplan
2.4.3 Activity Statements
2.4.4 Evaluierungen der Tätigkeiten
2.4.5 Konsequenzen der Einführung des Activity Based Budgeting
2.4.6 Verbesserungs- und Entwicklungsmöglichkeiten

Schluss und Perspektiven

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Anhänge

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Darstellung der Ermittlung des „Product and Customer Contribution

Abb.2: Hauptanwendungen des ABM

Abb.3: Ursachketten in der Prozesskostenrechnung im Vergleich zu den traditionellen Kostenrechnungssystemen

Abb.4: Von Tätigkeiten zu Prozessen

Abb.5: Erhebungsformen

Abb.6: Prozesshierarchie

Abb.7: Fixe und flexible Budgetarten

Abb.8: Das Gegenstromverfahren

Abb.9: Der Budgetprozess

Abb.10: Erstellung eines prozessorientierten Budget

Abb.11: ABB-Spreadsheet: Die Linien statt der Spalten addieren

Abb.12: Zusammenhänge und Abgrenzung von ABC und ABB

Abb.13: Activity Based Budgeting-Prozess

Abb.14: MBM/SPP-Zyklus

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

Diese Diplomarbeit behandelt das Konzept des Activity Based Budgeting (ABB). Seit Anfang der neunziger Jahre hat diese Budgetierungsmethode sich zuerst im privaten Sektor und dann in der öffentlichen Verwaltung entwickelt. Die Vorteile sind zahlreich, aber noch zu wenig bekannt und genutzt. Besonders die öffentliche Verwaltung kann von dieser Methode profitieren.

Die ABB-Methode stützt sich auf die bekannteren Konzepte des Activity Based Management bzw. Activity Based Costing. Nach einigen Spezialisten stellt sie sogar die logische Folge einer ABC/M-Einführung dar.

Die Hauptziele dieser Arbeit bestehen darin, das Konzept, die Ziele und die Vorteile des Activity Based Budgeting vorzustellen sowie es, anhand des konkreten Beispiels der Umsetzung in der Europäischen Union, zu erläutern. Der zweite Teil erklärt und analysiert die Umsetzung eines maßbezogenen Managements, zu dem Activity Based Budgeting gehört, in der Europäischen Union. Jeder Politkbereich wird jetzt mit Zielsetzungen verbunden. Dadurch wurde seit dieser Einführung 2003 eine echte Leistungskultur in der Europäischen Union eingeführt und die Leistung der europäischen Politikbereiche wurde besser verfolgt und analysiert. Dieser zweite Teil der Arbeit wurde auf der Basis von EU-Dokumenten und Interviews geschrieben.

Activity Based Budgeting ist für den privaten Sektor eine interessante, alternative Budgetierungsmethode. Die Europäische Union hat dadurch die Relevanz ihrer Informationen für die Ressourcenzuweisung verbessert.

Summary

This diploma thesis presents the concept of Activity Based Budgeting. Since the beginning of the nineties, this method is developed in the private sector as well as in the public sector. The numerous advantages of Activity Based Budgeting are neither very well known nor used. However the public administration can get significant advantages from it.

This method is based on the more common concepts of Activity Based Management and Activity Based Costing. According to some specialists, it will represent the logical continuation of an ABC/M introduction.

The main aims of this thesis consist in presenting the concept, the objectives and the advantages of this method in the private sector as well as explaining it with the concrete example of the ABB introduction in the European Union. This second part explains and analyses the ABM introduction to which Activity Based Budgeting belongs. This leads to create a real culture of performance in the Union so that the performance of the different political areas is better followed and analysed. This part has been written from EU documents as well as from interviews.

To conclude, Activity Based Budgeting represents a convenient alternative budgeting method for the private sector and the quality and the pertinence of the information for the allocation of funds has been improved in the European Union.

Einleitung

Heutzutage befriedigt die traditionelle Budgetierung nur wenige Manager. Sie besteht zu oft daraus, einen Prozentsatz zu dem Budget des vorherigen Jahres zu addieren oder zu subtrahieren. Die endgültigen Zuweisungen erfolgen aus Diskussionen zwischen der Geschäftsleitung und den verschiedenen Abteilungsmanagern, die häufig auf keine gültigen Informationen gestützt sind. Daraus ergeben sich willkürliche und ungenaue Zuweisungen. Da das Budget den Ansatzpunkt jeder Aktivität einer Firma bildet, fällt ihm eine Spitzenrolle innerhalb des Unternehmens zu, die leider zu oft vernachlässigt oder nicht korrekt ausgeführt wird.

Viele Budgetierungskonzepte, wie z.B. das Zero-Based-Budgeting wurden entwickelt um diese Probleme zu lösen. Bis heute war keines dieser Konzepte effizient genug, um sich weltweit durchzusetzen. Trotzdem hat sich seit Anfang der neunziger Jahre[1] ein neues Konzept entwickelt: Das Activity Based Budgeting (prozessorientierte Budgetierung). Es stützt sich auf die weltbekannten Managementkonzepte des Activity Based Management (prozessorientiertes Management) und des Activity Based Costing (Prozesskostenrechnung). Es fasst das Unternehmen in einer Summe von Tätigkeiten zusammen, für welche dann die notwendigen Ressourcen zugewiesen werden. Die Vorteile dieser neuen Budgetierungsmethode sind zahlreich, sie führt insbesondere zu Kostenreduzierungen (beispielsweise durch die Eliminierung der nichtwertschöpfenden Aktivitäten). Im Vergleich zu der traditionellen Budgetierung ist Activity Based Budgeting outputorientiert. Es erlaubt ebenso die Rentabilität mit der Budgetierung zu verbinden und dadurch ein wertschöpfungsorientiertes Denken mit Planung und Budgetierung zu kombinieren.

Zuerst werden die Konzepte des Activity Based Management und des Activity Based Costing erläutert und mit dem Activity Based Budgeting verknüpft. Anschließend werden der Begriff und die Hauptlinien der Budgetierung insgesamt erklärt. Schlussendlich wird im ersten Teil das Konzept des Activity Based Budgeting, dessen Ziele, Vorteile und Nachteile erläutert sowie die Anwendbarkeit in der öffentlichen Verwaltung betrachtet. Viele öffentliche Verwaltungen, wie Regierungen oder Ministerien, besonders in den Vereinigten Staaten, haben diese Bugetierungsmethode schon umgesetzt.

Deswegen wird in einem zweiten Teil die Umsetzung des Activity Based Budgeting in der Europäischen Union seit 2003 bearbeitet. Activity Based Budgeting stellt einen integralen Bestandteil der Verwaltungsreform der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2000 dar. Es erfolgt im Rahmen der Einführung eines maßbezogenen Managements in der Europäischen Union. Die Europäische Union ist wie viele anderen öffentliche Verwaltungen einem politischen und wirtschaftlichen Druck ausgesetzt. Außerdem ist das Budget der Europäischen Union sehr knapp und die Optimierung der europäischen Ausgaben daher von besonderer Wichtigkeit. Deswegen hat sie seit der Reform 2000 entschieden, ihr Management leistungsorientiert zu gestalten. Eine der Hauptmaßnahmen dieser Reform besteht darin, die Prioritäten der Europäischen Union festzusetzen und dazu die rationellen Ressourcen einzusetzen. Die Einführung des Activity Based Budgeting hat als Hauptziel, dies zu erreichen, indem es die Ressourcen nach die Zielsetzungen jeder Tätigkeit zuweist (Konzept des „demonstrating value for money“).

Die Europäische Union hat ihre politischen Ziele in etwa 230 Tätigkeiten untergliedert, die allesamt mit bestimmten Zielsetzungen und Indikatoren verknüpft sind. Diese sind in den sogenannten Activity Statements zusammengefasst und stellen das Hauptelement für die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen dar. Diese Activity Statements, die ganz in dem Haushaltsverfahren integriert werden, stellen selbst perfekt die neue Ära dar, in die die Europäische Union eingetreten ist. Dennoch ist immer zu beachten, dass die Entscheidungen, die im privaten Sektor getroffen werden (z.B. die Aufgabe einer nicht rentablen Tätigkeit), in der öffentlichen Verwaltung bzw. der Europäischen Union wegen politischer Bedenken nicht immer angewendet werden können.

In diesem zweiten Teil werden die Eigenschaften der öffentlichen Verwaltung sowie der Inhalt der Reform (besonders des maßbezogenen Managements), die bisherige Methode und schließlich die Einführung des Activity Based Budgeting erläutert.

1. Activity Based Budgeting

1.1 Activity Based Management (ABM) - Prozesskostenmanagement

Am Ende der achtziger Jahre und am Anfang der neunziger Jahre wurden die Aussagewerte der üblichen Kostenrechnungssystemen kritisiert. Sie waren den damaligen Anforderungen nicht mehr gewachsen und ihre wirtschaftliche Entscheidungshilfe wurde immer geringer.

ABM erlaubt Managern die wahren Kosten zu erkennen und die verursachungsgerechte Verteilung dieser Kosten zu identifizieren. Dies erlaubt eine höhere Transparenz und das Treffen von richtigen strategischen und operativen Entscheidungen. ABM benutzt hauptsächlich Activity Based Costing Informationen, um die Profitabilität aller Produkte, Kunden, Dienstleistungen und Vertriebskanäle zu identifizieren. In vielen Unternehmen herrscht die Einstellung, dass jeder Kunde wertvoll für die Firma ist, obwohl einige Mitarbeiter intuitiv wissen, dass einige Klienten unprofitabel sind. Wenn zwei Kunden die gleichen Produkte und Dienstleistungen zum gleichen Preis kaufen, bedeutet dies nicht, dass diese Kunden gleich profitabel sind. Manche Kunde sind unkompliziert, andere weniger. Einige Kunden melden sich ausschließlich zur Bestellung. Im Gegensatz dazu gibt es andere Kunden, die stets die Bestellungen ändern möchten, Fragen haben, die Auslieferung beschleunigen möchten oder die erhaltene Ware umtauschen wollen. Diese Klienten sind für das Unternehmen natürlich teurer und deswegen muss versucht werden die Preise für unprofitable Kunden zu erhöhen oder einen Zuschlag für zusätzlich erbrachte Leistungen zu fordern. Diese „kundenspezifischen Kosten“ (Customer related Overheads) werden durch Activity Based Costing (ABC) (siehe 1.2) ermittelt. Diese Methode erlaubt nämlich, den Verbrauch von Ressourcen im Unternehmen direkt einzelnen Kundensegmenten zuzuordnen. Dies ist vor allem dank geeigneter Softwarelösungen möglich, die seit den frühen neunziger Jahren angeboten werden. Die neuen Systeme erlauben als Zwischenschritt die verursachungsgerechte Kostenzuordnung zu demjenigen Prozess, der die jeweilige Arbeitsbelastung verursacht[2].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Darstellung der Ermittlung der „Product and Customer Contribution“[3]

Diese Ergebnisse sind auch für die Entwicklung von Marketingstrategien, Anpassung von Produktsortimenten, Preisen und Gewinnmargen, Eindämmung der Kosten und Prozessoptimierung nützlich.

Aufgrund der “Product Contribution” oder der “Customer Contribution” sind Vergleiche zwischen Produkten und zwischen Kunden möglich. Dank vertieften Analysen sehen die Manager welche Produkte zu behalten sind oder bei welchen aktiv Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit sich daraus positive Produkt- oder Kunden-„Contributions“ ergeben. ABM kann auch definieren, ob sich ein potentieller Auftrag rein rechnerisch lohnt oder nicht, oder auf „Make or Buy“ Entscheidungen zugreifen[4].

ABM ist ein Prozess, der das ganze Unternehmen betrifft. Jede Abteilung ist involviert und spielt ihre Rolle in der Weiterleitung der benötigten Informationen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb2: Hauptanwendungen des ABM[5]

Im Rahmen des ABM wird ein Unternehmen wie eine Summe von möglichst zielgerichteten Aktivitäten betrachtet. Diese Aktivitäten folgen aufeinander oder laufen parallel ab. Ein anderes Ziel des ABM ist es, eine Gliederung zwischen wertkreierenden (value added) und nicht wertkreierenden Aktivitäten (non value added) zu erstellen. Die Wertsteigerung einer Aktivität wird vom Kunden beurteilt: „... value added activities, that is, those activities that customers perceive as adding value to the products or services they purchase[6]. Jedoch muss beachtet werden, dass viele wichtige bzw. wesentliche Funktionen des Unternehmens für die Kunden keinen direkt ersichtlichen Nutzen darstellen. Als konkretes Beispiel kann z.B.. die Controllingabteilung erwähnt werden. Deswegen ist es sinnvoll, diese Aktivitäten in drei Kategorien einzuteilen[7]:

- Direkt wertkreierende Aktivitäten (aus Sicht des Kunden)
- Indirekt wertkreierende Aktivitäten (für Kunden nicht ersichtlich)
- Nicht-wertkreirende Aktivitäten

Jedoch ist es nicht so einfach, die nicht wertkreirenden Aktivitäten zu eliminieren, da sie oft in einen Prozess von wertkreirenden Aktivitäten verwickelt sind. Deswegen ist die Umsetzung des ABM in einem Unternehmen oft mit einem Reengineering der Prozesse (z.B.: Business Process Reengineering) verbunden[8].

1.2 Activity Based Costing (ABC) - Prozesskostenrechnung

Mitte der achtziger Jahren wurde die Prozesskostenrechnung, bzw. Activity Based Costing[9] entwickelt. Tatsächlich wurden auch schon früher in Theorie und Praxis ähnliche Ansätze entwickelt, ohne dass sie sich aber auf breiter Front durchzusetzen vermochten. Als Beispiel sei das Buch von Staubus „Activity Costing and Input-Output Accounting“[10] aus dem Jahr 1970 erwähnt. Prozesskostenrechnung basiert auf einer prozessualen Sicht der Unternehmung, wobei Gesamtprozesse zu Teilprozessen dekomponiert werden und diese wiederum in einzelne Tätigkeiten aufgebrochen werden[11]. Sie stellt aber kein eigenständiges Kostenrechnungssystem dar und muss im Verbund mit anderen traditionellen Kostenrechnungssystemen angewandt werden. ABC wurde in den ersten Jahren durch Kaplan und Cooper[12] propagiert und hat zu einer neuen Dynamik in der Kostenrechnung geführt[13].

Es existiert nicht nur eine einzige Form der Prozesskostenrechnung, sondern eine Vielzahl verschiedener Ansätze mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Die Methode stellt heute ein ganz zentrales Element der Kostenrechnung dar. Prozessorientierte Überlegungen finden sich auch in vielen anderen Controllingkonzepten wie beim Target Costing, bei der Wertkettenanalyse oder bei der Balanced Scorecard[14].

Die Prozesskostenrechnung wurde insbesondere für Unternehmensbereiche mit hohen Gemeinkostenanteilen entwickelt[15].

1.2.1 Ursprung der Prozesskostenrechnung

Umweltentwicklungen

Die starke Globalisierung und die Neustrukturierung der Märkte haben zu einer enormen Steigerung der Wettbewerbsintensität geführt. Die Ausweitung des Handels, die Vielzahl an Konkurrenten sowie die vom Verbraucher als leicht substituierbar angesehenen Produkte führten zu einer Änderung der Wettbewerbsbedingungen. Die genauen Kenntnisse der eigenen Produktkosten sind zu einer Frage des Überlebens geworden und die Prozesskostenrechnung ist das Instrument, das aktuell am besten die Produktkosten ermittelt[16].

Heutzutage gibt es einen klaren Zwang zu Kostenreduktionen in jeder Branche. Diese können nur erfolgreich sein, wenn die Abläufe (Prozesse) und die Kostenzusammenhänge (Kostentreiber) genau erkannt werden[17].

Heutzutage bestimmt der Kunde, was für Eigenschaften das Produkt haben muss. Massenproduktion gibt es immer weniger und Unternehmen richten ihre Fertigung nun häufiger direkt nach den Kundenwünschen aus, was viele Produktvarianten nach sich zieht. Diese Differenzierungsstrategien führen zu Änderungen der Kostenstrukturen und die üblichen Kostenrechnungssystemen verlieren dementsprechend an Aussagekraft. Die technologischen Änderungen haben eine Steigerung des Gemeinkostenanteils auf Kosten des Einzelkostenanteils sowie eine Steigerung des Fixkostenanteils im Vergleich zu dem variablen Kostenanteil zur Folge gehabt. Andere Entwicklungstendenzen der Kostenstrukturen führten auch zu der Entwicklung der Prozesskostenrechnung wie[18]:

- die Verminderung der Kostenelastizität
Die steigenden Fixkosten reduzieren die Flexibilität sich dem Markt anzupassen. Eine geringe Kostenelastizität lässt prinzipiell das Beschäftigungsrisiko zur Deckung der fixen Kosten wachsen und ist zudem mit einer Erlösungssicherheit des Produktabsatzes verknüpft.
- die Verlagerung der Kostenfestlegung und Kostenentstehung
Kosten in den Vorlauf- und Nachlaufphasen eines Produktes haben durch eine umfangreichere Produktenwicklung und Produktentsorgung stark an Bedeutung gewonnen.
- die Verschärfung der Kostenintensität
Die wachsende Komplexität leistungswirtschaftlicher Prozesse verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit und zieht eine relative Kostenzunahme auch in den indirekten Bereichen eines Unternehmens aufgrund der intensiveren Begleitung der leistungswirtschaftlichen Prozesse nach sich.

Zwei Tendenzen der Unternehmensführung haben auch zur Entstehung und Entwicklung der Prozesskostenrechnung beigetragen. In verschiedenen Bereichen der Unternehmensführung kann im Kontrast zum traditionell eher bestands- und aufbauorientierten Denken ein klarer Trend zu einer Ausrichtung auf Prozesse bzw. Abläufe festgestellt werden. Als Beispiele seien das Produktionsmanagement (z.B. Just in Time, Qualitätsmanagement) und das Finanzmanagement (z.B. Flussrechnungen) erwähnt[19]

Der Zwang zu einer steigenden dezentralisierten Führung führt auch zu einem dezentralisiertem Kostenmanagement. Damit dieses Kostenmanagement erfolgt, muss die Nähe zu den operativen Prozessen vor Ort gesucht werden[20].

Letztendlich wäre die Entwicklung der Prozesskostenrechnung ohne die großen Fortschritte im Bereich der Informationstechnologien (Speicherkapazität, Rechengeschwindigkeit, modularer Aufbau von Soft- und Hardware usw.) unmöglich gewesen.

Infragestellung der üblichen Kostenrechnungssysteme

Die Prozesskostenrechnung lehnt sich an einer horizontalen, prozessorientierten Sicht (Aktivitäten) des Unternehmens an, während die traditionelle Kostenrechnung sich auf die Bauorganisation (Kostenstellen) stützt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb3: Ursachenketten in der Prozesskostenrechnung im Vergleich zu den traditionellen Kostenrechnungssystemen[21]

Die traditionellen Kostenrechnungsmethoden haben die Umweltveränderungen nicht berücksichtigt (Siehe 1.2.2 Umweltentwicklungen). Sie verrechnet die Gemeinkosten mit Hilfe von Verteilungsschlüsseln über die Kostenstelle bis auf die Kostenträger.

Die Hauptaufgabe der Prozesskostenrechnung besteht darin, die Zurechnung der Kosten auf die Kostenobjekte zu verbessern. Allgemein lassen sich vier verschiedene Ansatzpunkte zur Verbesserung der Kostenrechnung unterscheiden[22].

- Eine andere Wahl der Zurechnungsobjekte
Mit den üblichen Kostenrechnungssystemen sind die Kostenobjekte zu oft nicht aussagekräftig. Sie sollen nämlich durch Informationsbedürfnisse bestimmt werden. Die Prozesskostenrechnung hat als Ziel, die Bedeutung der Prozesse (Aktivitäten) als Kostenobjekte zu erhöhen, damit die Genauigkeit der Kostenzuweisung verbessert wird.
- Erfassung bisheriger Gemeinkosten als Einzelkosten
Eines der Hauptprobleme der Kostenrechnung ist die Verrechnung der Gemeinkosten.
Die Vollkostenrechnung wird zum Beispiel zu sehr durch dem Vorrang der Gemeinkosten geprägt. In dieser Methode ist die Verrechnung der Gemeinkosten sehr willkürlich. Sie erfolgt anhand von Schlüsseln entsprechend des Produktionsvolumens (Stundenzahl/Maschine, Stundenzahl/Mitarbeiter usw.). Diese Methode hat aber Grenzen. Die Mehrkosten der spezifischen Produkte (Fertigung mit geringer Anzahl) werden versteckt. In diesem Fall würde die Bestellung von 1000 Stück genauso viel wie 1000 Bestellungen eines Stückes kosten, was natürlich falsch ist. Diese Probleme können zu der Subventionierung von Produkten durch andere führen und die wahren Produktkosten verschleiern.

Auch wenn die Umwandlung von Gemeinkosten in Einzelkosten (direkt erfassbar) nicht primäres Zahl der Prozesskostenrechnung ist, kann die durchgeführte Reorganisation der Abläufe des Unternehmens dazu führen.

- Differenzierte Behandlung der Gemeinkosten
Eines der Hauptziele der Prozesskostenrechnung besteht in einer besseren Behandlung bzw. Verrechnung der Gemeinkosten. Aus der zu oft rudimentären Strukturierung der Gemeinkosten ergab sich ein dringender Handlungsbedarf. So wird der Gemeinkostenbereich durch die Prozesskostenrechnung in Aktivitäten unterteilt, welche gegenseitig betreffend ihrer Kostenursache gleichartig, d.h. homogen sein sollten.
- Verursachergerechtere Zurechnung der Gemeinkosten
Die Schlüssel für die Gemeinkostenzuweisung in der traditionellen Kostenrechnung stellen häufig die effektiven, kausalen Zusammenhänge d.h. die Realität der Kostenentstehung nicht dar. Die Prozesskostenrechnung versucht durch die Umsetzung zutreffender Aktivitäten dieses Problem teilweise zu lösen.

1.2.2 Grundlagen der Prozesskostenrechnung

Im Rahmen der Prozesskostenrechnung im privaten Sektor wird das Unternehmen als eine Summe von möglichst zielgerichteten Aktivitäten (Summe von Tätigkeiten) betrachtet. Eine Tätigkeit ist eine kleinste betrachtete Ausführungseinheit (Leistung) in einer (Gemein-)Kostenstelle, die in Richtung auf ein Arbeitsergebnis unternommen wird[23]. Aktivitäten, welche von Menschen ausgeführt oder initiiert werden, stellen oft ein komplexes Netzwerk dar, in dem Aktivitäten aufeinander folgen oder parallel ablaufen. Zudem gelten folgende Eigenschaften für eine Aktivität als typisch[24]:

- Es existieren Inputfaktoren (Arbeits- bzw. Maschinenstunden, Material, Informationen usw.)
- Es resultiert ein Output (Produkt, Service) mit mindestens einem internen Ergebnis.
- Eine Aktivität ist in sich selber homogen, dies kann sich z.B. auf die Kostenverursachung beziehen, d.h. es existiert die gleiche Ursache für alle Kostenelemente der Aktivität.
- Die Summe der Aktivitäten ergibt die Gesamtheit aller Handlungen im Rahmen des Unternehmens.

Die Prozesskostenrechnung konzentriert sich also besonders auf die Abläufe (Prozesse) des Unternehmens.

Unter einem Prozess wird eine wertschöpfende, logische Abfolge messbarer Input-Output-Beziehungen verstanden. Im Gegensatz zu einer vertikalen Sicht nach z.B. dem Funktionsprinzip, ist ein Prozess eine (i.d.R horizontale) kostenstellen- und bereichsübergreifende, aufeinander folgende Reihe wiederkehrender Tätigkeiten zur Schaffung von Produkten und Dienstleistungen[25].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb4: Von Tätigkeiten zu Prozessen[26]

Nach Josse[27] gibt es zwei verschiedene Prozessarten:

- Prozesse materieller Natur, wenn der Prozessoutput ein Sachgut ist.
- Prozesse immaterieller Natur, wenn der Prozessoutput eine Information oder eine Dienstleistung ist.
Weiterhin können Prozesse nach ihren Outputarten differenziert werden[28]:
- Kernprozesse, wenn der Output ein Produkt für den externen Kunden ist.
- Unterstützungsprozesse, wenn der Output ein Produkt für den internen Kunden ist.

Die Ressourcen werden von den Prozessen verbraucht, die selbst von den Produkten verbraucht werden. Im Vergleich zu anderen Kostenrechnungssystemen werden die Kosten nicht mehr nach der Aufbaustruktur, sondern nach der Ablauforganisation des Unternehmens zugewiesen. In der Prozesskostenrechnung werden nämlich die Kosten entlang der Prozesse und damit bereichs- oder zumindest kostenstellenübergreifend, also in den funktionsüberschreitenden Arbeitsschritten und Teilprozessen aggregierter Gesamtprozesse erfasst[29].

1.2.3 Ziele der Prozesskostenrechnung

Erklärtes Ziel der Prozesskostenrechung ist es, Kostentransparenz in indirekten Leistungsbereichen zu schaffen, eine verursachungsgerechte Verrechung von (Dienst-) Leistungen im Rahmen der Produktkalkulation zu ermöglichen und – nicht zuletzt - mit Hilfe einer verbesserten Gemeinkostenplanung und -kontrolle Potenziale zur rationellen Nutzung vorhandener Ressourcen aufzuzeigen[30].

Hauptziel der Prozesskostenrechnung ist es also die Kostenverursacher besser darzustellen, damit die Genauigkeit der Kostenrechnung verbessert wird.

Mit Hilfe der Prozesskostenrechnung sollen folgende Ziele erreicht werden[31]:

- Transparenz
- Effizienz
- Kalkulation

Transparenz:

Eine Steigerung der Kostentransparenz in den indirekten Leistungsbereichen und folglich eine Steuerungsmöglichkeit für den Gemeinkostenbereich wird als primäre Aufgabe der Prozesskostenrechnung erwähnt. Es werden die Tätigkeiten und die dazugehörigen Kosten aufgezeigt und somit „transparent“ gestaltet. Weiterhin können Informationen zur Optimierung des Kapazitäts- bzw. Ressourceneinsatzes gewonnen werden. Die Entstehung von Verrechnungspreisen, welche mit der Prozesskostenrechnung jetzt den verursachungsgerechteren Wert der Produktion widerspiegeln, bringt Klarheit über die Verrechnung interner Dienstleistungen.

Effizienz:

Die zuvor dargestellte Transparenz, welche die Abläufe bzw. die Prozesse sichtbar macht, wird als Grundlinie zur Effizienzsteigerung betrachtet. Jedoch ist die Erhöhung der Effizienz durch die Umsetzung der Prozesskostenrechnung nicht immer primär erzielen. Eine verbesserte Wirtschaftlichkeitskontrolle wird innerhalb der einzelnen Kostenstellen ermöglicht, aber auch kostenstellenübergreifend. Gerade diese „übergreifende“ Betrachtung soll helfen Bereichsgrenzen im Unternehmen zu überwinden. Das Durchführen einer Prozessgestaltung und -optimierung kann dabei helfen, das Ziel: „Effizienzsteigerung“ zu erzielen. Weiterhin soll mit entsprechenden Kosteninformationen die Ausführung von Rationalisierungsmaßnahmen, durch Zeit- oder Werksvergleiche, welche Erfolg oder Misserfolg dokumentieren, ermöglicht werden.

Kalkulation:

Zentrales Ziel ist die verursachungsgerechte Verteilung der Gemeinkosten. Die verursachungsgerechte Ermittlung der Selbstkosten, beispielsweise für die Produktkalkulation, wird durch die prozessorientierte Berücksichtigung ermöglicht. Eine verbesserte erfolgs- und kostenorientierte Produktions- und Absatzprogrammplanung wird durch die Kenntnis der Stückkosten beziehungsweise der „transparent“ gemachten Komplexität des Produktes geschaffen. Somit ermöglicht die Prozesskostenrechnung eine genauere Planung des am Markt zu erzielenden Erfolges.

Neben diesem drei Hauptzielen kann auch langfristig die Kostenstruktur des Unternehmens beeinflusst, die Gemeinkostenplanung und -budgetierung vereinfacht, ein internes Informationssystem erstellt und die Bereichsorganisation optimiert werden. Die Prozesskostenrechnung kann auch eine strategische Entscheidungsunterstützung bei Produktprogramm- und Kapazitätsveränderungen darstellen sowie zu einer Stärkung des individuellen Verantwortungsbewusstseins für Aktivitäten, Kosten und Kundennutzen führen[32].

Nach einer Studie[33] des Magazins Financemag sind die fünf Hauptgründe für die Umsetzung der Prozesskostenrechnung die folgenden: die Rentabilität der Produkte und/oder Dienstleistung besser erkennen (72%), die Prozesse zu überarbeiten (56%), die Kosten reduzieren (55%), eine bessere Preisbildung ermitteln (50%) und die Rentabilität der Kunden besser erkennen (48%).

1.2.4 Umsetzung der Prozesskostenrechnung

Die Prozesskostenrechnung besteht aus den folgenden Arbeitsschritten[34]:

- Tätigkeitsanalyse und Verdichtung zu Teilprozessen

Im Rahmen der Tätigkeitsanalyse werden die einzelnen Tätigkeiten bzw. Aktivitäten der zu untersuchenden Kostenstellen erfasst und analysiert. Diese Informationen werden von verschiedenen Quellen herausgesucht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Erhebungsformen[35]

Dann werden die sachlich zusammenhängenden Tätigkeiten innerhalb einer Kostenstelle zu Teilprozessen (TP) zusammengefasst. Ein Teilprozess ist ein Bündel von sachlich aufeinander bezogenen Tätigkeiten in einer Kostenstelle, das zu einem Arbeitsergebnis führt und für die eine gemeinsame Prozessgröße gefunden werden kann[36]. Diese Teilprozesse können dann einer Kostenstelle zugeordnet werden (siehe Abb.6).

- Zusammenfassung der Teilprozesse zu Hauptprozessen

In diesem Schritt werden die kostenstellenbezogenen Teilprozesse in kostenstellenübergreifenden Hauptprozessen (HP) aggregiert. Ein Hauptprozess kann wie folgt definiert werden: kostenstellende Aggregation sachlogisch zusammengehöriger Teilprozesse, für die (mindestens) ein gemeinsamer Kostentreiber existiert und ein abschließendes Arbeitsergebnis entsteht[37]. Das Ergebnis dieser ersten beiden Arbeitsschritte ist eine Prozesshierarchie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb6: Prozesshierarchie[38]

- Bestimmung der Prozessbezugsgrößen

In diesem Schritt werden die verschiedenen Prozessbezugsgrößen ausgewählt. Sie werden auch Kostentreiber genannt und stellen die Basis für die Verrechnung der Gemeinkosten dar. Geeignete Kostentreiber sollten die Kostenursache für die ganze Aktivität repräsentieren, möglichst einfach von bestehenden Informationen ableitbar sein, klar und verständlich sein und allgemein akzeptiert werden[39].

Für die Auswahl geeigneter Kostentreiber ist zu beachten, ob es sich um leistungsmengeninduzierte oder leistungsmengenneutrale Prozesse handelt. Während die leistungsmengeninduzierten Prozesse vom jeweiligen Leistungsvolumen abhängig sind, sind die leistungsmengenneutralen Prozesse davon völlig unabhängig. Beispiele für leistungsmengeninduzierte Prozesse sind z.B. „Bestellungen vornehmen“ oder „Material einlagern“. In diesen Fällen sind „Anzahl der Bestellungen“ und „Anzahl/Dauer der Einlagerungen“ die geeigneten Kostentreiber. Im Gegensatz dazu kann man keine Kostentreiber für die leistungsmengenneutrale Prozesse bestimmen. Ein typisches Beispiel dafür wäre ein Prozess wie „Abteilung leiten“.

Nach diesem Schritt der Kostentreiberbestimmung müssen die Prozessmengen geplant werden. Bei einer Prozessmenge handelt es sich um die einem Kostentreiber zugeordnete messbare Leistung[40]. Die Prozessmenge muss dazu dienen, für jeden Prozess die jeweiligen Kosten einzuplanen.

- Festlegung der Prozessmengen und Erfassung der Prozesskosten
Nach der Bestimmung der Teil- und Hauptprozesse sowie der dazugehörigen Kostentreiber erfolgt die Zuordnung der jeweiligen Prozesskosten. Die Ermittlung der Prozesskosten erfolgt simultan mit der Tätigkeitsanalyse. Bei der Aggregation zu Hauptprozessen werden die zuvor ermittelten Kosten der Teilprozesse übernommen beziehungsweise in Abhängigkeit vom Kostentreiber neu errechnet[41].
- Ermittlung der Prozesskostensätze
Man erhält die Prozesskostensätze, indem man die Prozesskosten durch die jeweilige Prozessmenge dividiert. Deswegen sind sie nur für die leistungsmengeninduzierten Prozesse ermittelbar. Für die Weiterverrechnung der leistungsmengenneutralen Kosten gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die üblichste besteht darin, die Umlage der Kosten der leistungsmengenneutralen Kosten proportional zu den Kosten der leistungsmengeninduzierten Prozesse durchzuführen[42].

Die verursachungsgerechte Berücksichtigung der Inanspruchnahme der Leistungen in den indirekten Bereichen durch die Kostenträger in der Kalkulation und das Bilden von Kennzahlen, mit denen eine Kostenkontrolle auf Prozessebene erfolgen kann, werden als Gründe für die Bildung von Prozesskostensätzen genannt[43].

1.2.5 Beurteilung und Grenzen der Prozesskostenrechnung

Als Zusammenfassung stellt die Prozesskostenrechnung die folgenden Eigenschaften dar:

- Sie kann als operatives wie auch als strategisches Instrument eingesetzt werden[44].
- Sie kann nur mit einer Integration in das bestehende Kostenrechungssystem erfolgreich im Unternehmen eingeführt werden[45].
- Sie ist vor allem für Unternehmen mit hohem Gemeinkostenanteil und sich wiederholenden Tätigkeiten geeignet.
- Die gemeinkostentreibenden Faktoren müssen von jedem Unternehmen individuell etabliert werden, da die gemeinkostentreibenden Faktoren von der spezifischen Organisation des Unternehmens abhängen[46].
- Die Tätigkeitsanalysen stellen den Hauptpunkt der Prozesskostenrechnung dar, da sie sehr präzise Informationen über Prozesse und Kosten ergeben[47].
- Ein Kritikpunkt ist die Bezugsgrößendifferenzierung. Aus Gründen der Praktikabilität muss die Anzahl der Bezugsgrößen zur Weiterverrechnung eingegrenzt werden[48].
- In der Prozesskostenrechnung müssen Kompromisse gemacht werden, damit sie einsatzfähig gestaltet werden kann. Bei Prozesserstellung muss man z.B. wissen, dass nicht alle Aktivitäten innerhalb des Prozesses leistungsmengenproportional anfallen. Ebenfalls gilt, dass nicht alle Gemeinkosten, die entstanden sind, sich zu Aktivitäten zuordnen lassen[49].

Letztendlich stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit der Prozesskostenrechnung. Die Einführung dieser Methode ist oft mit einem hohen Aufwand verbunden, der aber teilweise durch den Einsatz von geeigneter Software verringert werden kann.

1.2.6 Prozesskostenrechnung in der öffentlichen Verwaltung

In der öffentlichen Verwaltung ist die Bedeutung des Controllings immer wichtiger geworden. Sie scheint zu oft unwirtschaftlich und ist von finanziellen Engpässen betroffen. Die Prozesskostenrechnung stellt eines der Mittel dar, das zur Verbesserung dieser Wirtschaftlichkeit (der Begriff der Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung ist in 2.1.1 erläutert) führen kann.

Die Prozesskostenrechnung besitzt nämlich Eigenschaften, die hier eine Einführung dieser Methode erlaubt. Die öffentliche Verwaltung ist durch hohe Gemein- und Fixkostenanteile gekennzeichnet und die Leistungserstellung ist somit kostenrechnerisch darstellbar. Die Teilkostenrechnung kann nämlich nur einen Bruchteil der gesamten Kosten erfassen. Die Kostenkontrolle und die Nutzung möglicher Einsparpotenziale wird auch durch die Verwendung der Prozesskostenrechnung vereinfacht. Jedoch ist die Implementierung der Prozesskostenrechnung aufwändig und jede Organisation muss sich entscheiden, ob sich die Implementierung dieser Methode im Endeffekt lohnt oder nicht[50] [51].

Problemstellung

Seit langem stellt die kameralistische Haushaltsrechnung das normative Abrechnungssystem in der öffentlichen Verwaltung. Jedoch wird zunehmend eine Kosten- und Leitungsrechnung zum Einsatz bei Planung, Steuerung und Kontrolle gefordert. Diese Interessensteigerung bezüglich des Kosten- und Leistungsbewusstseins ist die Basis für die Anwendung der Prozesskostenrechnung in der öffentlichen Verwaltung[52].

Aufgaben der Kostenrechnung in der öffentlichen Verwaltung

Die Kostenrechnung in der öffentlichen Verwaltung hat zwei Hauptaufgaben. Sie stellt ein Instrument für die Preisbildung und Preisrechtfertigung sowie für das Ausschöpfen von Effizienzpotentialen dar. Dieses Effizienzpotential ist besonders nötig für jede öffentliche Organisation, da sie immer mehr dem Zwang „to do more with less“ unterliegt . Keine der öffentlichen Verwaltungen wird heute vom Finanzdruck ausgenommen. Ein typisches Beispiel ist der Vorschlag des britischen Premierministers Tony Blair den Finanzplan der Europäischen Union in der Periode von 2007 bis 2013 um 24 Milliarden Euro[53] zu kürzen. Diese zwei Hauptaufgaben haben also als Ziel zu einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu führen[54].

Aufgabenerfüllung durch die traditionellen Kostenrechnungssystem

Das Erreichen dieser Ergebnisse durch die traditionellen Kostenrechnungssystemen wird unterschiedlich eingeschätzt:

Bei Anwendung der Vollkostenrechnung besteht die Gefahr des Treffens von Fehlentscheidungen. Das ergibt sich daraus, dass in der öffentlichen Verwaltung die Kosten nicht immer zu Output führen und dass sie sich nicht häufig erfassen lassen. Hinzu kommt zusätzlich der hohe Gemeinkostenanteil. So verletzt die Vollkostenrechnung in ihrer Verteilung aller Kosten über die Kostenstellen bis auf die Leistungseinheit das Verursachungsprinzip[55].

Wegen des steigenden Anteils fixer Gemeinkosten ergibt sich aus der Teilkostenrechnung eine sehr geringe relevante Manövriermasse[56].

Die relative Einzelkostenrechung hat auch für die Kontrolle der Kostenstellen in Anbetracht des geringen Anteils der variablen Kosten an den Gesamtkosten keine Aussagekraft[57].

Im Endeffekt braucht die öffentliche Verwaltungen Controllinginstrumente, die hauptsächlich auf die Gemeinkosten und nicht auf die Einzelkosten konzentriert sind. Dabei sollte die Kostenverfolgung bereichsübergreifend erfolgen, so wie es im Fall der Prozesskostenrechnung der Fall ist[58].

[...]


[1] Activity Based Budgeting hat am Anfang wenig Interesse hervorgerufen. Erst gegen Ende der neunziger Jahren beschäftigten sich durch das Buch von Antos J. (1999) “Driving Value using activity-based-budgeting,“ John Wiley & Sons, New-York, viele Unternehmen, Organisationen und Spezialisten mit diesem Konzept.

[2] SAS Institute GmbH, White Paper (2005)

[3] Eigene Darstellung in Anlehnung an Plowman, B (2002).

[4] www.controllingweb.ch

[5] Eigene Darstellung in Anlehnung an SAS Institut GmbH (2005) Activity Based Management.

[6] Horngren, Ch.T/Foster G/Datar S.M; Cost Accounting, Prentice Hall, Upper Siddle River 1997, S28. Frei übersetzt: “...wertkreierende Aktivitäten, d.h.. jene Aktivitäten, welche von den Kunden für die von ihnen gekauften Produkte und Dienstleistungen als wertvermehrend empfunden werden.“

[7] www.controllingweb.ch

[8] www.controllingweb.ch

[9] Beide Begriffe werden z.T. synonym verwendet, z.T. werden darunter leicht unterschiedliche Verfahren verstanden.

[10] Staubus, G.J (1970),Activity Costing and Input-Output Accounting, Irwin, Homewood.

[11] Josse, G. (2003) S.235

[12] Beide waren damals in Havard tätig und haben eine Vielzahl von Publikationen zum Thema Activity Based Costing geschrieben.

[13] www.controllingweb.ch

[14] www.controllingweb.ch

[15] Homann (2005) S.95

[16] www.controllingweb.ch

[17] Ibid.

[18] Michel, R, Torspecken, H-D, Jandt, J (2004) S.249f

[19] Mevellec, P. (1990) Outils de gestion : la pertinence retrouvée, Editions comptables Malsherbes, Paris, S. 22f

[20] www.controllingweb.ch

[21] www.controllingweb.ch

[22] Ibid.

[23] Michel, Rudolf, Torspecken Hans-Dieter und Jandt Jürgen (2004) S.264

[24] Lorino, Ph (1993) S. 40

[25] Josse, G. (2003) S.192, S.235

[26] www.controllingweb.ch

[27] Josse, G. (2003) S.192

[28] Ibid.

[29] Ibid.

[30] Horváth, P (1990) S. 101

[31] hierzu und im folgenden Reckenfelderbäumer, M (1994), S.27ff., Dierkes, S (1998) S.6ff.; Braun, S (1994) S. 33ff, Müller, A (1998) S. 95f, Malaetzke, D (2001) S.12ff.

[32] Novatus Consulting Partner, Prozesskostenrechnung, S. 4 Unternehmenscontrolling

[33] Studie auf der Basis von 270 „Finance and IT professionals“ vom Unternehmen mit Umsatz zwischen weniger als 100 Millionen $ und mehr als 1 Milliarden $ im Juli 2004. (Quelle www.financemag.com).

[34] Homann, K (2005) S.95ff

[35] Eigene Darstellung in Anlehnung an: Müller, A (1992) S.110

[36] Michel, Rudolf, Torspecken Hans-Dieter und Jandt Jürgen (2004) S.264

[37] Ibid.

[38] Mayer, R. (1991) S.86

[39] www.controllingweb.ch

[40] Homann, K (2005) S.97

[41] Müller, A (1998) S.145

[42] Müller, A (1998) S.146

[43] Ibid.

[44] www.controlingweb.ch

[45] Götze, Uwe (2000) S.242

[46] Michel, Rudolf, Torspecken Hans-Dieter und Jandt Jürgen (2004) S.256

[47] www.controllingweb.ch

[48] Mayer, Elmar (1997) S.288

[49] Mayer, Elmar (1997) S.289

[50] Männel Wolfgang (1995) S.281

[51] Homann, Klaus (2005) S.98

[52] Männel Wolfgang (1995) S.281

[53] Die Zeit Online (06.12.2005) Osten soll sparen

[54] Männel Wolfgang (1995) S.282

[55] Ibid.

[56] Zimmermann, Gebhard (1993)

[57] Männel Wolfgang (1995) S.283

[58] Ibid.

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Activity Based Budgeting am Beispiel der Europäischen Union
Hochschule
Hochschule Reutlingen
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
121
Katalognummer
V61610
ISBN (eBook)
9783638550352
ISBN (Buch)
9783656813866
Dateigröße
2215 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Activity, Based, Budgeting, Beispiel, Europäischen, Union
Arbeit zitieren
Guillaume Cavaroc (Autor:in), 2006, Activity Based Budgeting am Beispiel der Europäischen Union, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61610

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