„Der Stern verblasst“ titelte die Zeitung „Börsenreport“ Anfang dieses Jahres zum Thema Qualitätsproblematik in der Automobilindustrie.1 Gemeint war hiermit die Marke Mercedes der Daimler-Chrysler AG und deren firmengeschichtlich größte und teuerste Rückrufaktion von insgesamt 1,3 Mio PKW der E-, SL- und CLS-Klassen. „Hohe dreistellige Millionenbeträge“ würden Produktionsausfälle und Nacharbeiten laut Firmenangaben wohl verschlingen - Materialkosten und ein nicht bezifferbarer Image-Schaden nicht mit eingerechnet. Schuld an der Misere sei aber keineswegs der Stuttgarter Automobilkonzern selber, sondern die Robert Bosch GmbH, welche im konkreten Fall fehlerhafte Diesel-Einspritzpumpen bzw. Bremsanlagen und Steuergeräte lieferte. Nachdem auch BMW und General Motors dem Stiftungsunternehmen 21.000 bzw. 155.000 Fahrzeuge zur Revision vor die Hofeinfahrt stellte, ging diesem sprichwörtlich die „Düse“. Jedoch auch bei Bosch machte man schließlich von dem Globalisierungsargument der geringen Fertigungstiefe Gebrauch und schob kurzerhand dem USamerikanischen Zulieferer „Federal Mogul“ den schwarzen Peter zu. Dem wiederum wird das fehlerhafte Material vom Chemiekonzern Dupont geliefert. Über Schuldfragen und Regressansprüche wird noch verhandelt. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) Dr.Wolfgang Kaerkes hierzu: „In den Führungsetagen […] haben andere Aspekte wie Fragen der Globalisierung oder das Streben nach Wachstum im Vordergrund gestanden. Das Thema Qualität ist in den Hintergrund getreten.“
In den vergangenen Jahrzehnten ist der Qualitätsvorsprung deutscher Produkte als Ergebnis des zunehmenden Innovations-, Kosten- und Termindrucks geringer geworden. Ist Qualität insofern zum unrentablen Luxus oder aber einfach zur Basisanforderung geworden? Halten Qualitätsphilosophien wie das Total Quality Management (TQM) was sie versprechen und lassen sie sich durch Zertifizierung über Normen wie DIN EN ISO 9000ff. so einfach „ins Haus holen“? Vorliegende Arbeit soll im Rahmen der ihr gesetzten Quantitätsrestriktion ansatzweise Licht ins Dunkel des Qualitätsmanagement-(QM-)Dschungels bringen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Global Player in der Qualitätskrise
2. Notwendigkeit von Qualitätsmanagementsystemen
2.1. Definitorische Ansätze des Qualitätsbegriffs
2.2. Klassifizierung von Qualitätsansätzen
2.3. (Keine) Qualität ist teuer – Qualitätskosten
3. Der Weg zum Total Quality Management
3.1. Paradigmenwechsel vom quantitativen hin zum qualitativen Denken
3.2. Demingismus
3.3. Konzepte des TQM
3.4. Instrumente des TQM
4. DIN EN ISO 9000ff. – was steckt dahinter?
4.1. Über Normen, ISO und DIN
4.2. Theoretischer Hintergrund: Die Adverse-Selection-Problematik
4.3. Entwicklung und Darstellung der DIN EN ISO 9000ff
4.4. Wesentliche Kritikpunkte an der DIN EN ISO 9000 ff
5. Vergleich und Ausblick
Literaturverzeichnis
Erklärung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Das Klassische Qualitätskostenmodell
Abb. 2: Das Neue Qualitätskostenmodell
Abb. 3: Wandel des Qualitätsbedürfnisses in Europa
Abb. 4: Der PDCA-Regelkreis
Abb. 5: Demingscher Paradigmenwechsel
Abb. 6: Ishikawa-Fishbone-Chart im Software-QM
Abb. 7: House of Quality für eine QFD-Analyse
Abb. 8: Unterschiede von TQM und DIN ISO 9000ff
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
1. Global Player in der Qualitätskrise
„Der Stern verblasst“ titelte die Zeitung „Börsenreport“ Anfang dieses Jahres zum Thema Qualitätsproblematik in der Automobilindustrie.[1] Gemeint war hiermit die Marke Mercedes der Daimler-Chrysler AG und deren firmengeschichtlich größte und teuerste Rückrufaktion von insgesamt 1,3 Mio PKW der E-, SL- und CLS-Klassen. „Hohe dreistellige Millionenbeträge“ würden Produktionsausfälle und Nacharbeiten laut Firmenangaben wohl verschlingen - Materialkosten und ein nicht bezifferbarer Image-Schaden nicht mit eingerechnet. Schuld an der Misere sei aber keineswegs der Stuttgarter Automobilkonzern selber, sondern die Robert Bosch GmbH, welche im konkreten Fall fehlerhafte Diesel-Einspritzpumpen bzw. Bremsanlagen und Steuergeräte lieferte. Nachdem auch BMW und General Motors dem Stiftungsunternehmen 21.000 bzw. 155.000 Fahrzeuge zur Revision vor die Hofeinfahrt stellte, ging diesem sprichwörtlich die „Düse“. Jedoch auch bei Bosch machte man schließlich von dem Globalisierungsargument der geringen Fertigungstiefe Gebrauch und schob kurzerhand dem US-amerikanischen Zulieferer „Federal Mogul“ den schwarzen Peter zu. Dem wiederum wird das fehlerhafte Material vom Chemiekonzern Dupont geliefert. Über Schuldfragen und Regressansprüche wird noch verhandelt. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) Dr.Wolfgang Kaerkes hierzu: „In den Führungsetagen […] haben andere Aspekte wie Fragen der Globalisierung oder das Streben nach Wachstum im Vordergrund gestanden. Das Thema Qualität ist in den Hintergrund getreten.“
Die Tatsache, dass der 40 € teure Steuerchip eines M-Klasse-Airbags in Finnland mit Silizium beschichtet, in Singapur mechanisiert, in Belgien montiert, im schwäbischen Kirchheim in die Gesamtelektronik integriert und in den USA eingebaut wird, zeigen auf, dass steigende Produktkomplexität, das Prinzip der System-Lieferanten sowie der Extremwettbewerb in den Dimensionen Zeit und Kosten bzw. Produktionsverlagerung neue Maßstäbe setzen[2]. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Qualitätsvorsprung deutscher Produkte als Ergebnis des zunehmenden Innovations-, Kosten- und Termindrucks geringer geworden. Ist Qualität insofern zum unrentablen Luxus oder aber einfach zur Basisanforderung geworden? Halten Qualitätsphilosophien wie das Total Quality Management (TQM) was sie versprechen und lassen sie sich durch Zertifizierung über Normen wie DIN EN ISO 9000ff. so einfach „ins Haus holen“? Vorliegende Arbeit soll im Rahmen der ihr gesetzten Quantitätsrestriktion ansatzweise Licht ins Dunkel des Qualitätsmanagement -(QM-)Dschungels bringen.
2. Notwendigkeit von Qualitätsmanagementsystemen
2.1. Definitorische Ansätze des Qualitätsbegriffs
Als philosophische Kategorie wird Qualität (lateinisch qualitatis: Beschaffenheit, Verhältnis, Eigenschaft) erstmals von Aristoteles verwendet. Sie vermöge dessen, was man „so oder so beschaffen heißt“ und „bei dessen Veränderung man sagt, dass die Körper anders würden“[3]. Qualität ist, „wenn der Kunde zurück kommt und nicht das Produkt“, lautet ein wesentlich profanerer Definitionsversuch aus den Sphären leichtgängiger Managementlehrbücher. Um jedoch in der Kategorie vorliegender Arbeit zu bleiben, lohnt ein Blick auf den Ansatz der International Organization for Standardization (ISO[4]). Diese definiert in der Norm EN ISO 8402 Qualität als „[…] die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit (Tätigkeit, Prozess, Produkt oder Organisation) bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“. Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) schließt sich im Wortlaut seiner Qualitätsdefinition über DIN 55350 der ISO an.[5]
2.2. Klassifizierung von Qualitätsansätzen
Nach Garvin lassen sich fünf Ansätze des Qualitätsbegriffes unterscheiden[6]: Der transzendente Ansatz legt eine philosophische Sichtweise zu Grunde, Qualität ist etwas Einzigartiges und geht über die Grenzen der Erfahrung hinaus - sie ist also nicht messbar. Der produktorientierte Ansatz geht davon aus, dass für jedes Produkt präzise und exakt messbare, objektive Qualitätsmerkmale definiert werden können. Der anwenderbezogene Ansatz hingegen orientiert sich am Blickwinkel des Anwenders bzw. dessen Wünschen und Bedürfnissen, wohingegen. der prozess- oder herstellungsbezogene Ansatz eher produktionsgeprägtes Denken zu Grunde legt. Qualität wird somit am Erfüllungsgrad normierter Prozesse gemessen. Beim wertorientierten Ansatz entstehen Kaufentscheidungen aus der Wahrnehmung von Kosten-Nutzen-Relationen, welche der Konsument maximieren will. Probleme bei der Implementierung eines durchgängigen QM-Systems ergeben sich insofern aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen von Qualität beim Wertschöpfungsprozess. Die Verkaufsabteilung geht oftmals von einem wert- oder produktbezogenen Ansatz aus, während die Werbeabteilung neben dem anwender- und Bewerten auch die transzendente Sichtweise eines Produktes hervorheben könnte, die Konstruktionsabteilung wiederum den produkt- bzw. herstellungsbezogenen bevorzugt.
2.3. (Keine) Qualität ist teuer – Qualitätskosten
Unter Qualitätskosten (QK) werden alle Ausgaben zur Erhaltung, Sicherung und Verbesserung des Qualitätsniveaus von Produkten und Dienstleistungen, das ein Kunde erwartet oder das mit dem Kunden verbindlich vereinbart wurde, verstanden.[7] Die explizite Nutzung des Begriffs QK hat ihren Ursprung in den fünfziger Jahren bei den Autoren Joseph M. Juran und Armand V. Feigenbaum, die mit zu den wichtigsten Initiatoren der frühen Qualitätsbewegung gezählt werden. Juran’s QK entspringen aller Aktivitäten, die notwendig sind, um „F itness for use“ zu erreichen, also Kosten, die direkt mit dem QM zusammenhängen oder durch Verluste aufgrund von Fehlern entstehen. Hierbei kann es sich sowohl um bewertbare (z.B. Garantiemängel), als auch um intangible Fehlerkosten (z. B. Kundenabwanderung oder Imageverlust) handeln.[8] 1956 unterscheidet Feigenbaum[9] in der ersten formalen Klassifizierung von QK zwischen „Prevention, Appraisal & Failure costs“. Im Klassischen Qualitätskostenmodell (Abb.1) wird eine Wechselbeziehung zwischen den Qualitätskostenarten in Abhängigkeit vom Qualitätsniveau postuliert. Die Bestimmung der angestrebten Höhe der Qualitätsniveaus ist trotzdem eine hiervon unabhängige Management-Entscheidung. Infolge der Kritik, der Begriff Qualität sei in diesem Ansatz mit einem Aufwand-Charakter belegt, wurden die QK-Begriffe Konformitätskosten und Nichtkonformitätskosten eingeführt (Abb.2). Konformitätskosten beschreiben den ex-ante Aufwand um sicher zu stellen, dass die angestrebten Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Fehlerverhütungskosten und Prüfkosten, die präventiven Charakter besitzen werden hier subsumiert. Nichtkonformitätskosten haben Korrektiv-Charakter.[10] Obgleich Nacharbeiten oder Ausschusszahlen noch relativ gut erfassbar sind, stellen Kreativitätsverlust, Imagewandel oder Lebenszyklusveränderungen die QM-Systeme vor große Evaluations- und Operationalisierungsprobleme.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Das Klassische Qualitätskostenmodell[11]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Das Neue Qualitätskostenmodell[12]
3. Der Weg zum Total Quality Management
3.1. Paradigmenwechsel vom quantitativen hin zum qualitativen Denken
Qualitätsbewusstsein ist positiv mit Kaufkraft korreliert. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass ein statistisch nachweisbares Qualitätsbewusstsein erst in Zeiten volkswirtschaftlichen Überangebots und relativen Wohlstandes entstehen kann. Qualität und Zuverlässigkeit von vorn herein im Produkt zu verankern, anstatt sich später mit Defekten und Reparaturen auseinander zu setzen, praktizierten vor den 50er Jahren im Westen allenfalls große Unternehmen wie AT&T oder Western Electrics. Qualitätssicherung wurde damals meist reaktiv gehandhabt, fehlerhafte Produkte wurden ex post aussortiert.[13] Zunehmender Einfluss von internationalen Anspruchsgruppen, kürzer werdende Innovationszeiten bei zunehmender Variantenvielfalt, komplexere Technologien und vernetzte Informationen aber auch kapitalintensivere Produktion bzw. F&E stellten neue Anforderungen an QM-Systeme. Obwohl diese Entwicklungen sich schon kurz nach Ende des von Deglobalisierungstendenzen geprägten zweiten Weltkriegs abzeichneten, beschränkten sich intensive Bemühungen, QM-Gedanken auch zu realisieren, lediglich auf den japanischen Raum. Obgleich das US-amerikanische Militär mit dem Standard DoD MIL-Q9858A schon 1959 ein nahezu komplettes QM-System entwickelt und als für ihre Zulieferer verbindlich erklärt hatten, kehrte das populäre QM inkl. seiner Vertreter erst in den 70er Jahren in die anglo-amerikanische Welt zurück. In Deutschland bremste zu dieser Zeit das elitäre Qualitätssiegel „Made in Germany“ Entwicklungen auf diesem Gebiet. Erst unter dem Druck der ISO öffnete sich in den 80er-Jahren der deutsche Markt für QM-Systeme, welche im Gegensatz zu antiquierten Systemen der Qualitätskontrolle bzw. –sicherung Qualitätsbewusstsein und Eigeninitiative aller Mitarbeiter fordert.
Abbildung in ieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Wandel des Qualitätsbedürfnisses in Europa[14]
3.2. Demingismus
Die Schlüsselfigur des TQM war der US-Statistiker W.E. Deming. Als im Jahre 1982 sein Buch „Out of the Crisis“[15] und die Fernsehsendung „Japan can, why can’t we?“ auch in den USA eine wahre Lawine in der Management-Landschaft auslöste, wurde das Lebenswerk des damals 82-jährigen spät aber gebührend gewürdigt. Deming selber beschreibt TQM gar als „qualitätsphilosophischer Paradigmenwechsel“ (Abb.5) oder „Revolution des Denkens“[16] . Das Konzept entspringt der japanischen Arbeitsmentalitätslehre Kai-Zen[17], welche Qualitätsdenken als wesentlichen Bestandteil der Unternehmenskultur mit dem Leitsatz „Es darf kein Tag vergehen, an dem keine Prozessverbesserung im Unternehmen statt gefunden hat“, propagiert. Weg vom vergangenheitsorientierten quantitativen, hin zum zukunftsorientierten qualitativ-dynamischen Denken - vom Taylorismus zum Demingismus. Deming’s QM-Triade:
1.) Nachhaltigkeit der Ziele („Was tun wir und warum tun wir es?“).
2.) Regelkreis der andauernden Verbesserung (Abb.4) mit seinen vier Elementen Plan-Do-Check-Act, welcher die Grundlage des Demingschen TQM-Modells darstellt.
3.) Das System vom umfassenden Wissen , bestehend aus dem Verständnis für Systeme, für Variation und Streuung und dem Verständnis für Wissen und Psychologie.
[...]
[1] Vgl. Börsenreport Ausgaben vom 11.2.2005, 1.4.2005 bzw. 24.4.2005.
[2] Vgl. Rothlauf, J. (2001), S.29.
[3] Vgl. Frede, M., Patzig, G. (1988) nach Aristoteles, Metaphysik\Delta 14, 1020b, 10ff.
[4] ISO leitet sich vom griechischen Wort „isos“ ab, welches „gleich“ bedeutet.
[5] Vgl. Deutsches Institut für Normung (1987) DIN 55350, Teil 11, Nr.5.
[6] Vgl. Verbeck, A. (1998), S.13.
[7] Vgl. Scharrer, E. (1991), S.706.
[8] Vgl. Juran, J.M. (1974), S.5.1.
[9] Vgl. Fries, S. (1994), S.18ff.
[10] Vgl. Stauss, B. (1992), S.112ff.
[11] Vgl. Bruhn, M., Georgi, D. (1999), S.34.
[12] Vgl. Ittner, C.D. (1996), S. 124.
[13] Vgl. Verbeck, A. (1998), S.5ff.
[14] Vgl. Pfeifer, T. (1993), S.93.
[15] Deming, W.E. (1982).
[16] Glauser, E.C. (1999), S.11.
[17] Kai = Veränderung, Zen = gut/verbessern.
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