Zweig, Stefan - Schachnovelle


Term Paper, 2005

13 Pages, Grade: 1


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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Formaler Aufbau der Schachnovelle
1.1. Die Novelle als geeignete literarische Gattungsform
1.2. Rahmen – und Binnenerzählung

2. Das Motiv des Schachspiels
2.1. Das Spiel
2.2. Die Spieler

3. Stefan Zweig und die Schachnovelle

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Vorwort

Schon die flüchtige Begegnung mit dem Schachspiel offenbart, dass es sich um einen spielerischen Ersatz für die „Kunst“ des Krieges handelt. Gleich einem tatsächlichen Krieg treten Armeen gegeneinander an, um mit Strategie und Taktik die gegnerischen Züge vorauszuahnen und eigene Angriffslinien aufzubauen. Ein Kampf, der nicht auf physischen sondern auf rein psychischen Fähigkeiten basiert, macht die Faszination dieses Spieles aus und birgt gleichzeitig dessen Gefahr.

Stefan Zweigs Schachnovelle[1] gilt als eine der gelungensten literarischen Auseinandersetzungen mit dem Schachspiel und als eindrucksvolle Darstellung totalitärer Herrschaftssysteme.

Anhand des besonderen Charakters des Schachspiels und der Eigenarten seiner Spieler lassen sich Gegensätze und unvereinbare Weltanschauungen auf ein dichtes Zusammen und Gegeneinander zweier Spieler und das dazwischenliegende acht mal acht Felder umfassende Spielbrett projizieren.

Die individuell und sehr speziell gezeichneten Figuren der Schachnovelle , die Verflechtung ihrer Beziehungen untereinander und der äußere Rahmen, die Bedingungen und unterschiedlichen Voraussetzungen ihres Zusammentreffens auf einem Passagierschiff, stehen stellvertretend für das Aufeinanderprallen unvereinbarer Weltanschauungen in ihren extremsten Ausprägungen. So verdeutlicht die Schachnovelle gegensätzliche Ideologien anhand einzelner „Typen“ in einem komplexen und sehr konzentrierten Kontext. Das Schachspiel wird durch seinen besonderen Charakter zum verbindenden und gleichzeitig trennenden Element zwischen den Figuren und den von ihnen repräsentierten Systemen.

Die folgende Arbeit versucht zu erläutern, inwieweit die Zwiespältigkeit in Stefan Zweigs Lebensgefühl, in den unterschiedlichen Weltanschauungen und Ideologien und in den individuellen Charakterdarstellungen im formalen und inhaltlichen Aufbau der Novelle, vor allem jedoch im Motiv des Schachspiels Ausdruck findet.

1. Formaler Aufbau der Schachnovelle

1.1 Die Novelle als geeignete literarische Gattungsform

Bereits im Titel zeigt Stefan Zweig die Gattungszugehörigkeit seiner Erzählung auf. Eine Untersuchung der Schachnovelle ist zunächst auf die formalen Strukturen der Novelle hin erforderlich um zu zeigen, dass gerade die Novelle in ihren formalen und inhaltlichen Ausprägungen dazu geeignet ist, unvorstellbare und unfassbare Ereignisse und Begebenheiten greifbar zu machen und sie damit wenigstens ansatzweise zu erklären.

Die Grundbedeutung der Novelle liegt in der Darstellung einer „Begebenheit“. Der Begriff impliziert zum einen den Realismus der dargestellten Geschichte, zum anderen aber auch, dass Geschehnisse sich „begeben“ also nicht selbst zu verantworten sind.[2]

Bereits hier stößt man auf einen direkten Bezug zu Stefan Zweigs Biografie, anhand derer sich ihm ein Hang zum Fatalismus nachsagen lässt. Zweigs abwartende, passive Haltung wurde von seinen Freunden oft kritisiert, er jedoch war der Überzeugung, das Leben sei vorbestimmt und die Geschichte die Herrscherin über das Leben.

Zur Reflexion der Novelle gehört es, die „Begebenheit“ als „unerhört“ und „unwahrscheinlich“ zu qualifizieren. Der Begriff kann dabei im Sinne von „neu“, also noch nie gehört oder im Sinne einer durch Normenbruch erzielten Außerordentlichkeit verstanden werden.[3]

Die „außerordentliche“ Geschichte des Dr. B. wird zur Projektionsfläche für systemimmanente Strukturen. Zweig verweist auf millionenfache Schicksale, indem er die psychische Befindlichkeit eines einzelnen Menschen erzählt.

Hier liegt die Besonderheit und Größe der Schachnovelle , der es gelingt, einem System, das man als Abstraktum nur schwer nachvollziehen kann, ein Gesicht zu geben. Dadurch wird dem Leser ermöglicht, das Anonyme zu personifizieren und das Abstrakte zu konkretisieren.

1.2. Rahmen- und Binnenerzählung

Eine besondere Bedeutung innerhalb des formalen Aufbaus kommt der Erzählweise der Rahmen – und Binnenerzählung in der Schachnovelle zu.

Der Rahmen gibt dem Erzählten „von außen her“ eine Bedeutungsklammer, die nach „innen“ wirkt. Dadurch entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen Erzählrand und Erzähltem. Der Rahmen vergegenwärtigt eine „existenzielle Notsituation“, die den Erzähltext motiviert, bzw. von ihm behandelt wird.[4]

Die Schachnovelle weicht in der Gewichtung der Rahmenerzählung von vielen Novellen ab, da sie annähernd die gleiche Seitenzahl einnimmt wie die Binnenerzählung. Die Rahmenerzählung bekommt in der Schachnovelle ihre eigene Dramaturgie und erhält eine eigenständige Bedeutung. Die Erzählweise der Rahmenerzählung ist extradiegetisch, sie wendet sich an den Leser, wobei der

Ich – Erzähler gleichzeitig eine Figur der Handlung darstellt. Er scheint dabei zunächst ein beteiligter Beobachter zu sein, wird aber zu einer der Hauptfiguren, ohne dessen Eingreifen die Handlung zunächst nicht motiviert und später keine Auflösung der kritischen Situation erfolgen würde. Immer wieder wechselt dabei die Haltung von einer sich distanzieren wollenden zu einer emotional involvierten, der er sich nicht entziehen kann.

„Schon war ich aufgestanden, um hilflos, […] durch eine Geste anzudeuten, daß mit diesem erledigten Dollargeschäft wenigstens meinerseits das Vergnügen unserer Bekanntschaft beendet sei,…“

(S. 34, Z. 14 – 18).

„Um so heftiger wuchs unser Verlangen, einen derart unerschütterlichen Hochmut gedemütigt zu sehen. Mit einemmal war über uns […] eine wilde, ehrgeizige Kampflust gekommen,…“

(S. 45, Z. 1 – 6).

Die Binnenerzählung ist intradiegetisch aufgebaut, die Erzählung des Dr. B. richtet sich an den Ich – Erzähler. Er ist der Einzige, der den vollständigen Namen des Dr. B. erfährt, den anderen Spielern wie auch dem Leser bleibt diese Information vorenthalten. Dr. B. selbst erzählt in einer Analepse seine Erlebnisse während der Isolationshaft. Durch diese fast intime Beziehung zwischen

[...]


[1] Stefan Zweig: Schachnovelle, 45. Aufl., Frankfurt am Main 1999.

Die Seiten – und Zeilenangaben innerhalb der Arbeit beziehen sich auf diese Ausgabe.

[2] Vgl. Hugo Aust: Novelle, 2. Aufl., Stuttgart 1995, S.10.

[3] Ebd. S. 11.

[4] Ebd., S. 15.

Excerpt out of 13 pages

Details

Title
Zweig, Stefan - Schachnovelle
College
University of Stuttgart
Course
Einführung in die Literaturwissenschaft
Grade
1
Author
Year
2005
Pages
13
Catalog Number
V61916
ISBN (eBook)
9783638552660
ISBN (Book)
9783656813552
File size
493 KB
Language
German
Notes
"Das Spiel der Könige" als Ausdruck gegensätzlicher Charaktere und Weltanschauungen. Die Hausarbeit befasst sich mit dem Motiv des Schachspiels in der Novelle und zeigt auf, wie das Spiel die Charaktere der Figuren widerspiegelt.
Keywords
Zweig, Stefan, Schachnovelle, Einführung, Literaturwissenschaft
Quote paper
Angelika Stegmeyer (Author), 2005, Zweig, Stefan - Schachnovelle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61916

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