Die Gänge der Musiker in Hans Zenders Fassung von Schuberts Winterreise


Seminararbeit, 2002

15 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhalt

I Einleitung

II Übersicht über das Wandern der Musiker

III Interpretation

IV Tabelle

V Bibliographie

Kapitel I Einleitung

Zunächst war sie nur ein Zyklus von 24 Gedichten, geschrieben vom Dessauer Lehrer und Bibliothekar Wilhelm Müller, der im selben Jahr starb, als Franz Schubert aus ihr einen Liederzyklus machte: Die Winterreise.

Schubert lernte Müllers Gedichte zuerst im Almanach Urania: Taschenbuch auf das Jahr 1823 kennen und vertonte so die ersten 14 Gedichte. 1827, Im Todesjahr Müllers, las Schubert dann die Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten, die den kompletten Gedichtszyklus Müllers beinhalteten. Nachträglich vertonte er auch die restlichen Gedichte und fasste sie mit den anderen 14 zur heute bekannten Winterreise zusammen.

Rund 170 Jahre später erschien eine neue Fassung der Winterreise von Hans Zender. Sie unterscheidet sich vor allem darin vom Schu- bertschen Original, dass sie mit einem Orchester besetzt ist. Das Or- chester besteht aus Streichern, Gitarre, Harfe, Akkordeon, Schlag- zeug, und Bläsern. Schubert hatte nur Klavier und eine Gesangs- stimme vorgesehen.

Aber es gibt noch einen Unterschied. Die Musiker bewegen sich durch den Raum, und zwar während des Konzerts. Sie halten dabei an, wenn sie spielen müssen, gehen dann aber weiter. Die Instru- mente, denen diese Rolle zuteil wird sind die Bläser und das Schlag- zeug III und IV. Die Bewegungen laufen nach einer festgeschriebe- nen Choreographie ab, wobei es Widersprüche in der Partitur gibt. Der Begleittext „Über die Gänge der Musiker“ ist eine allgemeinere Anweisung zur Art und Weise, wie die Musiker gehen sollen, und enthält auch die Verteilung und Positionsangaben der Musiker. In der Partitur stehen ebenfalls Regieanweisungen, die teilweise auf den Takt genau abgestimmt sind. Auch am Ende der Lieder stehen Hin- weise. Um den Leser nicht zu verwirren, habe ich mich entschlossen, die Direktiven des Begleittextes dann zu berücksichtigen, wenn sie mit den Partituranweisungen harmonieren. Im folgenden Kapitel be- ziehe ich mich nur bei übereinstimmenden Angaben auf beide Quel- len. Des weiteren besteht diese Proseminararbeit aus zwei großen Textteilen, einer Tabelle und der Bibliographie. In Kapitel II wird grundsätzlich und ohne Wertung detailliert das Wandern der Musiker beschrieben, während in Kapitel III noch einmal die einzelnen Ab- schnitte des Wanderns der Musiker detailliert auf ihre Bedeutung und Interpretationsmöglichkeit hin untersucht wird. Zu Kapitel II und III sollte auch die Tabelle in Kapitel IV als unterstützendes grafisches Hilfsmittel verwendet werden. Dazu entschlossen habe ich mich des- halb, weil das Wandern der Musiker eine sehr komplexe Angelegen- heit ist, bei der die Gefahr besteht den einen oder anderen Musiker aus den Augen zu verlieren und nicht mehr wieder zu finden. Dies ist zum Beispiel bei der Flöte der Fall, die sich im Laufe des Konzerts an eine individuelle Position begibt, während alle anderen Wanderer sich an einem Punkt, dem Fernorchester 1 sammeln. Die Vollständigkeit der Beschreibung was jeder Musiker tut, war mir insofern wichtig, dass dem Leser die Möglichkeit gegeben wird, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Dies kann er beim Lesen von Kapitel II tun, ohne dass ihm eine Meinung oder Deutung vorgegeben wird. In Kapi- tel III erfolgt dann die Aussiebung von nebenläufigen Prozessen, die mir nicht als hilfreich für die Interpretation schienen, und die Zusam- menfassung von Gruppen, die dann nur noch schlicht als „die Bläser“ Bezeichnung finden.

Kapitel II Übersicht über das Wandern der Musiker

Das Wandern beginnt schon im ersten Lied „Gute Nacht“ mit den Bläsern (außer den Fagotten), die noch nicht im Orchester Platz genommen haben.

Das Klanggerüst baut sich langsam auf und es betreten immer mehr Musi- ker die Bühne. Zuerst spielt das Tom- tom. Es gibt sozusagen die Schrittge- schwindigkeit vor mit der die Musiker sich „in sehr ruhiger, fast ritueller Bewegung durch den Zuschauer- raum auf die Bühne“ begeben (die Bedeutung dieser Direktive erkläre ich in Kapitel III). Nun beginnen viele verschiedene Bewegungen durch den Raum und Platzwechsel. Im Folgenden stelle ich zunächst ohne genaueren Kommentar diese dar und gehe in Kapitel III näher darauf ein. Die Klarinette 1 in B beginnt in Takt 21 und nimmt bis Takt 28 Platz. In Takt 25 tritt Flöte 1 auf und bewegt sich ebenfalls spie- lend zu ihrem Platz, den sie in Takt 31 erreicht hat. Klarinette 2 in B tritt in 26 auf und erreicht seinen Platz in Takt 32. Als nächstes kommt Oboe 1 in Takt 38 gefolgt von Oboe 2 und Flöte 2 in Takt 39. Diese drei Instrumente nehmen gleichzeitig in Takt 45 Platz im Or- chester. In Takt 40-41 treten das Horn in F und die Trompete in C auf, die bis Takt 45 ihre Orchesterplätze erreichen müssen. Bis zum Lied 4 „Die Erstarrung“ bleiben die Musiker dann im Orchester.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Lied 5 Ende

Zu Beginn des 4. Lieds stehen Oboe und Kl a- rinette auf und wandern während des gesam- ten Lieds durch den Zuschauerraum. Dabei nehmen sie zusätzlich zu ihrem Instrument noch Mundharmonikas bzw. Melodicas mit. In dem folgenden Lied „Der Lindenbaum“ wechseln sie zweimal zwischen Melodica und Oboe / Klarinette, und befinden sich am Schluss weit entfernt vom Orchester. Die Re- gieanweisung fordert die Musiker zu einer spielend-traumwandlerischen Gangart auf. In Nr. 6 „Wasserflut“ kehren die beiden Musi- ker wieder zu ihren Plätzen zurück (Abb. 1). Zu Beginn von Lied 8 „Rückblick“

verlassen 4 Musiker (Trompete, Posaune, Schlagzeug 3 und Schlag- zeug 4) ihren Platz im Orchester gefolgt von Flöte 1, Oboe 1, Klari- nette 1 und Fagott 1 in Takt 49. Das Ziel von Klarinette 1, Fagott 1, Trompete, Posaune und Schlagzeug 3 ist das Fernorchester 1. Flöte 1, Oboe 1 und Schlagzeug 4 gehen zum Fernorchester 2, das sich weiter weg vom Orchester befindet als Fernorchester 1. Bis zum Lied 9 „Irrlicht“ haben alle in ihrem Or- chester Platz genommen und im Kon- zertraum befinden sich nun 3 Orches- ter (Abb. 2). Im „Irrlicht“ wandern keine Musiker, erst am Ende verlässt Schlagzeuger 4 den Konzertraum. Im Lied 10 „Rast“ kommt es zu mehre- ren Platzwechseln. Es spielen keine Instrumente in dem Lied mit, die an

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Abb. 2

dem Wandern beteiligt sind. Der üb- riggebliebene Schlagzeuger 3 geht an seinen Orchesterplatz. Von dort kommt Flöte 2 und nimmt im Zu- schauerraum an einer individuellen Position Platz. Ihr folgt Flöte 1 aus dem Fernorchester 2.

Es kommt zur Auflösung des Fernorchesters 2, da nun auch Oboe 1 ihren Platz dort verlässt und sich zu Fernorchester 1 gesellt. Die rest- lichen Bläser im Orchester (Oboe 2, Klarinet- te 2, Fagott 2 und Horn) verlassen ebenfalls ihren Platz und finden sich mit den anderen

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Abb. 3

Es gibt also nun 2 Orchester, die in Lied 11 „Frühlingstraum“ spie- len. Am Ende von 11 nehmen Fagott 1 und 2 wieder im Orchester Platz. Die Trompete verlässt den Raum. Dann kommt das nächste Lied: Lied 12 „Einsamkeit“, in dem Oboe 1 und 2, Klarinette 1 und 2, Horn und Posaune einen individuellen Platz einnehmen, so wie die Flöten es schon getan haben. Dabei spielen die Bläser nicht. Das Fernorchester 1 hat sich aufgelöst und die Musiker sind überall in und außerhalb des Konzertraums verteilt. In Lied 13 „Die Post“ erheben sie sich wieder und begeben sich zu ihren Orchesterplätzen. Dabei spielen sie. Oboe 1 und Klarinette 1 erreichen in Takt 57 den

Orchesterplatz, gefolgt von Horn, Trompete, Po- saune, Flöte 1 und Flöte 2 in Takt 80-82, Klarinet- te 2 und Oboe 2 in Takt 96 und 103 und dem Schlagzeug 4 (Abb. 4). Alle haben nun wieder im Orchester Platz genom- men und bleiben auchldort bis zum Lied 24 „Der Leiermann“. Die Bläser verlassen dann spielend das Orchester und zwar in folgender Reihenfolge: Flöte 1 und 2 und Klarinette 1 in Takt 71, Saxophon (Klarinette 2) in Takt 83, Horn in Takt 91 und Trompete als letztes in Takt 95. Fagott 1 und 2 bleiben im Orchester

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4

Kapitel III Interpretation

Die Beschreibung im letzten Kapitel ist eine Synthese aus den Regieanweisungen und für das Verständnis dieses Kapitels insofern wichtig, als dass man eine Stütze hat, wenn nun vom Wandern der Musiker im einzelnen die Rede ist.

Schubert schuf durch die Vertonung der Gedichte eine Einheit von Text und Musik. Je mehr man auf die Musik eingeht, desto mehr ver- steht man auch die Bedeutung des Textes. Eine weitere Ebene fügt Hans Zender hinzu. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf das Dar- stellen des Wanderns, sondern bringt auch die Themen der einzelnen

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Gänge der Musiker in Hans Zenders Fassung von Schuberts Winterreise
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Musikwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar Schuberts Winterreise
Note
2,5
Autor
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V6215
ISBN (eBook)
9783638138437
Dateigröße
638 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr dicht - einzeiliger Zeilenabstand. 429 KB
Schlagworte
Winterreise;Hans Zender;Gänge der Musiker
Arbeit zitieren
Ramon Schalleck (Autor:in), 2002, Die Gänge der Musiker in Hans Zenders Fassung von Schuberts Winterreise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6215

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