Wolfram von Eschenbachs Kreuzzugsepik „Willehalm“ enthält in der ambivalenten Heldenfigur Willehalms eine subtile Kritik am Glaubenskampf und zeitgenössischen theologischen Ideologien und gesellschaftlichen Strukturen. Von Eschenbach schafft damit ein literarisches Werk voller Hinweise, Anspielungen und Andeutungen, die sich trotz rhetorischer Figuren relativ leicht in ein Spannungsverhältnis mit der damaligen Politik und Gesellschaft bringen lassen. Innerhalb seiner narrativen Konstruktion wer-den schrittweise Informationen zu Tage gebracht, die das anfänglich so hochgerühmte Vorgehen der handelnden Personen in ein eher unrühmliches Licht rückt. Mit der Anführung zahlreicher Gründe für Glaubenskrieg und Massenschlachten versu-chen die Figuren der Erzählung immer wieder, ihr Handeln im Sinne einer allgemeinen Legitimation zu untermauern. Gängige höfische, sowie ritterliche Verhaltensmuster werden mit Kreuzzugsideologien und Märtyrertum in eine lückenhafte Argumentati-onskette verknüpft, die aufgrund nur spärlicher Informationen zu Beginn der Handlung noch zu funktionieren scheint. Doch mit dem Verlauf der Handlung werden immer häu-figer Brüche und Unstimmigkeiten gerade im Verhalten des Titelhelden deutlich.
Im Folgenden wird dahingehen vor allem das Erste und Zweite Buch untersucht, inwieweit der Held als christlicher Kriegsheiliger erst eingeführt, und dann durch eigenes Verhalten dieses Bild zu demontieren beginnt. Gerade die auffallenden Parallelen von Heiden und Christen zeigen immer wieder deutliche Ansatzpunkte, die Motivationen und Argumente beider Seiten als unrechtmäßig zu entlarven.
Raffiniert und subtil spickt von Eschenbach seine Erzählung mit Anspielungen und Hinweisen auf seinen „Parzival“, das deutsche „Rolandslied“ und gängige Topoi, die ihn selbst als identifizierbaren Autor der Geschichte vor Angriffen schützen. So gelingt es ihm, trotz augenscheinlicher Kritikpunkte, kein falsches Zeugnis über den Heiligen Willehalm niederzuschreiben.
Der ambivalente Willehalm verkörpert so die intelligente Kritik Wolfram von Eschenbachs an herrschenden politischen und religiösen Zuständen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Heidenbild und Kreuzzugsideologie in Willehalm
- 1.1 Willehalm als ambivalente Figur
- 2. Kritische Betrachtung von Erstem und Zweitem Buch
- 2.1 Erstes Buch
- 2.2 Zweites Buch
- II. Fazit: Kritik an Gesellschaft und Kreuzrittertum durch Willehalm
- III. Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Wolfram von Eschenbachs "Willehalm" mit dem Fokus auf die ambivalente Heldenfigur Willehalms. Es wird untersucht, wie das Werk eine subtile Kritik am Kreuzzug und den zeitgenössischen theologischen Ideologien sowie gesellschaftlichen Strukturen verbirgt. Die Arbeit beleuchtet, wie Willehalm als christlicher Kriegsheiliger eingeführt, aber durch sein Verhalten dieses Bild selbst demontiert.
- Ambivalenz der Heldenfigur Willehalms
- Kritik am Kreuzzug und der Ideologie des Glaubenskrieges
- Analyse der Beziehung zwischen Heidenbild und Kreuzzugsideologie
- Untersuchung von Willehalms Verhalten im Kontext ritterlicher und höfischer Normen
- Bedeutung von Anspielungen und Hinweisen auf andere Werke wie "Parzival" und das "Rolandslied"
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Die Einleitung stellt die These auf, dass Wolfram von Eschenbachs "Willehalm" durch die Darstellung der ambivalenten Heldenfigur Willehalms eine subtile Kritik an den Kreuzzügen und zeitgenössischen theologischen und gesellschaftlichen Strukturen übt. Das Werk wird als literarische Konstruktion beschrieben, in der Informationen schrittweise enthüllt werden, wodurch das anfänglich heroische Handeln der Figuren in ein negatives Licht gerückt wird.
3. Heidenbild und Kreuzzugsideologie in Willehalm
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Darstellung des Heidenbildes und die Kreuzzugsideologie in "Willehalm". Es wird argumentiert, dass Willehalm durch seinen regelmäßigen Verstoß gegen höfische und ritterliche Verhaltensnormen eine Kritik an Glaubenskriegen und zeitgenössischen Ideologien formuliert. Die subtile Kritik Eschenbachs wird anhand der Darstellung von Willehalms Ambivalenz sowie durch die Verwendung von "Weichzeichnung" bei kritischen Äußerungen erläutert. Die Einführung des Themas der Enterbung der Söhne durch Heimrich zeigt, dass die politisch-kämpferische Ebene von Beginn an mit religiösen Bezügen verbunden ist.
- Citar trabajo
- Master of Arts Alexander Monagas (Autor), 2006, Zu Wolfram von Eschenbachs "Willehalm", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62300