Generationengerechtigkeit in politischen Konzepten

Eine Analyse des Konzepts "Nationaler Aktionsplan - Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010"


Bachelor Thesis, 2006

42 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Postulat der Generationengerechtigkeit
2.1 Generationengerechtigkeit – das Modewort der 90er
2.1.1 Demografischer Wandel und Sozialstaat
2.1.2 Der Wertewandel und die Solidarität
2.2 Generationentheorien
2.2.1 Kohorte, Altersgruppe oder Generation?
2.3 Der Gerechtigkeitsbegriff
2.3.1 John Rawls Theorie der Gerechtigkeit
2.4 Generationengerechtigkeit revisited
2.4.1 ökonomische Aspekte der Generationengerechtigkeit
2.4.2 ökologisch-nachhaltige Aspekte der Generationengerechtigkeit
2.4.3 Soziale und politische Aspekte der Generationengerechtigkeit

3 Der Nationale Aktionsplan (NAP) für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010
3.1 Inhalte
3.2 Generationengerechtigkeit im NAP
3.2.1 ökonomische Generationengerechtigkeit im NAP
3.2.2 ökologisch-nachhaltige Generationengerechtigkeit im NAP
3.2.3 politische und soziale Generationengerechtigkeit im NAP

4 Schlussfolgerung und Ausblick

5 Literatur

6 Erklärung des Autors

„Wer normative und moralische Urteile für nicht begründbar hält, für den endet die Wissenschaft bei der Empirie“ (Jörg Tremmel).

1 Einleitung

Fasst man den ersten Entschluss, sich mit dem immer noch äußerst aktuellen Thema der Generationengerechtigkeit auseinander zusetzen und durchläuft dabei die ersten Schritte des wissenschaftlichen Arbeitens, so bekommt man zunächst den Eindruck, ein spannendes, vielfältiges, allgegenwärtiges und greifbares Thema gefunden zu haben, so wie es bei zahlreichen anderen soziologischen Theorien leider nicht immer der Fall ist. Fast täglich werden, zumindest in den deutschen Medien, Berichte und Artikel veröffentlicht, die sich wahlweise mit der Problematik der Rentenkasse, dem demografischen Wandel oder der Bildungs- und Familienpolitik befassen, um nur einige Beispiele zu nennen. Ein schier unerschöpflicher Fundus an sich immer wieder ändernden Sichtweisen und Meinungen tut sich auf, welcher die Reflektion über dieses Thema scheinbar unendlich oft aufs Neue belebt. Mit einem gewissen Kenntnisstand und nach der etwas ausführlicheren Beschäftigung mit dem Sachverhalt, kommt es einem jedoch manchmal so vor, als habe man für sich die Büchse der Pandora geöffnet. Für dieses vielleicht etwas drastisch gewählte Bild gibt es mehrere Gründe, die ich im Folgenden kurz aufführen möchte.

Das Postulat der Generationengerechtigkeit ist ein normatives Konzept, welches nicht auf einen speziellen Autor zurückzuführen ist, sondern statt dessen und im weitesten Sinne, aus der philosophischen und sozialwissenschaftlichen Gerechtigkeitsforschung hervorgegangen ist, was jedoch in keinem Fall die Bedeutung der Beiträge mindert, die dazu ebenfalls von Theologen, Ethikern und Juristen beigesteuert wurden. Diese starke Interdisziplinarität und Vielfältigkeit wissenschaftlicher Ansätze zum selben Thema, trägt nun sicherlich dazu bei, dass eine zu enge und einseitige Sichtweise auf dieses wichtige und vor allem vielschichtige Thema vermieden wird. Andererseits erschwert jedoch die dadurch zwangsläufig entstandene Uneinheitlichkeit in der Methodik das Verständnis und bremst die Effektivität und Anwendbarkeit der verschiedenen Modelle und Theorien. Eine ausführlichere Stellungnahme zu diesem Kritikpunkt erfolgt noch im weiteren Verlauf dieser Arbeit.

Des Weiteren ist wegen der erhöhten Brisanz und Aktualität dieses Themas, der Einfluss der Medien eine nicht zu unterschätzende Größe. Sicherlich ist es das Ziel eines jeden normativen Konzeptes, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu bekommen und Eingang zu finden in den Handlungsbereich der Politik, jedoch ist die Bedeutung und der Einfluss dabei selten so groß, wie im vorliegenden Fall. Es konnte schon durch einige Autoren festgestellt werden, dass eine wahre Begriffsinflation stattgefunden hat, gemessen an der Häufigkeit der dazu erschienenen Beiträge in großen Tageszeitungen und der Erwähnung in den Programmen der meisten deutschen Parteien (Tremmel 2003, Grieswelle 2002, Nullmeier 2004a). Dies bedeutet für den öffentlichen Diskurs, der nun schon mehrere Jahre über die Generationengerechtigkeit geführt wird, dass überdurchschnittlich viele Akteure aus der Politik und aus außerwissenschaftlichen Bereichen daran beteiligt sind und durch ihre Beiträge als Laien das Begriffschaos und die Komplexität nicht selten noch weiter erhöhen. Ein sehr bezeichnendes Beispiel dafür ist die häufige Vermischung der Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „Generationengerechtigkeit“ (Tremmel 2002: 63). Grundsätzlich wird dasselbe gemeint, jedoch werden dabei oft unterschiedliche Sprachen gesprochen. Es ist einerseits richtig und wichtig für die Umsetzung bestimmter Leitideen, die breite Öffentlichkeit zu aktivieren, um sie schließlich involvieren zu können. Aber der Einzelne ist oft dazu verleitet, wegen der Komplexität des Gesamtzusammenhangs, nur einzelne Aspekte zu berücksichtigen und dabei die Bedeutung artverwandter Zusammenhänge zu vernachlässigen.

Dies führt zu dem nächsten großen Hemmnis, welches die vielseitigen Interpretationsmöglichkeiten des Begriffs „Generationengerechtigkeit“ an sich darstellt. Damit soll nicht noch einmal auf die eher methodischen Mängel eingegangen werden, die dadurch entstehen, dass Autoren verschiedener Fachrichtung bei der Bearbeitung auch verschiedene Vorgehensweisen einschlagen. Sondern es sind die Schwierigkeiten gemeint, die dabei entstehen, wenn von vornherein unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt werden. So befasst sich der Jurist und Wirtschaftswissenschaftler mit den ökonomischen Aspekten, der Soziologe mit den sozialwissenschaftlichen Aspekten und der Biologe vielleicht noch mit den ökologischen Aspekten der Generationengerechtigkeit. Per se wäre dagegen nichts einzuwenden und der Erkenntnisgewinn bliebe sicherlich derselbe; jedoch werden diese Ergebnisse meistens unter dem allgemeinen Etikett der Generationengerechtigkeit publiziert ohne die notwendigen Einschränkungen vorzunehmen (Tremmel 2003).

Es lässt sich nun unschwer erkennen, mit welchen Schwierigkeiten es verbunden sein kann, sich mit einem, in seiner Grundstruktur zunächst einfachen, normativen Konzept näher zu befassen.

Diese Kritikpunkte sollten geschildert werden, um schließlich meiner Fragestellung näher zu kommen, die ich mit dieser Arbeit beantworten möchte.

Ich frage mich zunächst, wie es dazu kommen kann, dass die politisch Handelnden bisher scheinbar kaum dazu in der Lage gewesen sind, klare Aussagen bezüglich des Leitbilds einer generationengerechten Gesellschaft zu machen, obwohl schon seit so langer Zeit festzustehen scheint, was denn dazu nötig wäre. Diese Frage ist - so allgemein gestellt - mit Sicherheit schwer zu beantworten, weshalb ich sie schon allein wegen dem Rahmen dieser Arbeit nicht zufriedenstellend beantworten könnte, jedoch soll sie meine Kernthese erklären helfen. Ich bin der Meinung, dass gerade wegen der hohen Komplexität des Postulats der Generationengerechtigkeit - noch auf der wissenschaftlichen Ebene betrachtet - die normative Funktion so weit abgeschwächt wird, dass die Umsetzung in das politische Handeln stark erschwert wird. Belegen möchte ich dies durch die qualitative Analyse des aktuellen politischen Konzepts „Nationaler Aktionsplan. Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“ (NAP), was mich zu meiner eigentlichen Fragestellung führt: Sind die Forderungen, Appelle und Vorgaben des ebengenannten Konzepts mit den bisher erarbeiteten wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar? Inwiefern gehen dabei die politisch Handelnden auf die bisher gesammelten Erkenntnisse ein? Sicherlich werde ich dabei berücksichtigen müssen, dass der NAP nicht den Anspruch erhebt, sich an den Grundlagen des Postulats für Generationengerechtigkeit orientiert zu haben; Kinder gerechtigkeit ist nicht per se mit Generationen gerechtigkeit gleichzusetzen. Jedoch war die Grundintention des Weltkindergipfel - und somit auch die Ausarbeitung der nationalen Aktionspläne - bestimmt durch die gemeinsame Übereinkunft, dass die Welt, in der wir leben, nicht kindergerecht gestaltet ist und somit auch gegen ein Großteil der Prinzipien des Konzepts der Generationengerechtigkeit verstoßen würde.

Im Aufbau dieser Arbeit möchte ich so vorgehen, dass ich mich als Erstes dem wissenschaftlichen Diskurs über das Postulat der Generationengerechtigkeit widme und dabei die für meine Arbeit wichtigsten Aspekte und Erkenntnisse vorstelle. Es erscheint jetzt sicherlich etwas widersprüchlich, wenn ich zunächst kritisiere, dass in einer Vielzahl von Arbeiten gerade dieser Mangel der einseitigen Betrachtung vorherrschend zu sein scheint, was für soviel Verwirrung sorgt, ich aber auf gewisse Art denselben Weg einschlagen werde. Es sei vielleicht dadurch entschuldigt, dass ich mir der Tatsache bewusst bin und keinen Anspruch auf eine vollständige und ausreichende Analyse des Postulats der Generationengerechtigkeit erhebe. Es geht mir in erster Linie darum, dass ich eine handliche Definition vorstellen kann, die sich für die Analyse eines sozialpolitischen Konzepts eignet. Dazu gehört dann auch die Beobachtung und Beschreibung des Diskurses an sich und wie er in Zusammenhang steht mit den gesellschaftlichen Ereignissen unserer Zeit sowie dem politischen Handeln, welches sich daraus entwickelt. Im Anschluss daran folgt, mit der Analyse des Nationalen Aktionsplans für ein kindergerechtes Deutschland, das eigentliche Kernstück dieser Arbeit: Die konkrete Analyse eines politischen Konzepts. Es werden hierbei die wesentlichen Eckpunkte herausgearbeitet und so beschrieben, dass sie bestmöglich mit den Maßstäben der Generationengerechtigkeit abgeglichen werden können. Schon auf Grund der Menge, der aufgeführten Handlungsfelder und Zielvorgaben, kann nicht alles berücksichtigt werden. Auch qualitativ muss eingeschränkt werden, weil teilweise und bezüglich bestimmter Aspekte, so sehr ins Detail gegangen wird, dass sich die Kernaussage leicht verlieren könnte.

Den Abschluss dieser Arbeit bildet die Zusammenfassung aller bis dahin gesammelten Erkenntnisse aus der Auseinandersetzung mit dem Postulat der Generationengerechtigkeit und dem Nationalen Aktionsplan, so dass dann die Ausgangsfrage gewinnbringend beantwortet werden kann. Die als wichtiger betrachteten Teilaspekte Schritt für Schritt sollten dann abzugleichen sein, um danach zu einem Urteil zu kommen. Im Idealfall wäre dann auch möglich, einen kleinen Ausblick auf die in diesem Prozess nachfolgende Stufe geben zu können, nämlich der Umsetzung der Handlungsvorgaben in konkretes politisches Handeln.

2 Das Postulat der Generationengerechtigkeit

Mit dem Begriff der Generationengerechtigkeit wird nun schon seit mindestens 15 Jahren in der Wissenschaft, der Politik und auch der Öffentlichkeit gearbeitet. Das heißt, dass auch schon davor das eine oder andere Mal von Gerechtigkeit zwischen den Generationen die Rede gewesen ist, zumeist aber unter anderen Voraussetzungen und Intentionen (Nullmeier 2004a: 71). Mit der Verwendung des Begriffs der Generationengerechtigkeit wandelte sich scheinbar die Art des Diskurses und die wichtigsten Aspekte wurden allmählich in die einheitliche Form des nun bekannten Konzepts der Generationsgerechtigkeit gebracht. Grieswelle (2002: 1) argumentiert hier beispielsweise mit der Diskurstheorie Foucaults, nach der ein öffentlich geführter Diskurs - wie nun eben der über die Generationengerechtigkeit - nicht nur beschreiben und analysieren kann, sondern im gegeben Fall auch festlegend und bestimmend wirkt.

Ich verfolge deswegen zunächst in diesem etwas ausführlicheren Abschnitt, was letztlich zu der Konjunktur dieses Begriffes beigetragen haben könnte. Die Gründe dafür liegen meiner Meinung nach an der hierbei sehr stark auftretenden Wechselwirkung zwischen Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit, welche wiederum auf die starke Popularität des Untersuchungsgegenstands zurückzuführen ist. Da es nun im Kern meiner Arbeit grundsätzlich darum geht, inwiefern normativ-konzeptionelle Arbeiten - wie die oben besprochene - im politischen Feld Fuß fassen können, sehe ich es gerade hier als besonders wichtig an, darüber einige Worte zu verlieren. Handelt es sich im Rest der Arbeit eher um die Methode, mit der bei der Umsetzung in politisches Handeln verfahren wird, so soll hier geschildert werden, wie es überhaupt dazu kommen konnte und was die Auslöser für diese Prozesse sein könnten.

Es bietet sich für den weiteren Verlauf ebenfalls an, das Begriffspaar Generationengerechtigkeit in seine beiden Bestandteile „Generation“ und „Gerechtigkeit“ zu zerlegen. So haben es im Übrigen auch zahlreiche andere Autoren zuvor schon praktiziert, weil so auch meiner Meinung sehr viel Aufschluss darüber gewonnen werden kann, welche Bedeutungen und Inhalte mit der Verwendung des Begriffs verbunden werden können und was auf Grund dessen für die mangelnde Handlichkeit des Konzeptes verantwortlich sein könnte. Bekannt ist, dass schon der Begriff der Generation im eigentlichen Sinne nur als Überbegriff fungieren dürfte; herhalten kann der Terminus erst durch zahlreiche Einschränkungen und Differenzierungen für einen speziellen Sachverhalt, wenn man denn Wert auf Präzision und Qualität legt. In den meisten Fällen wird er jedoch in der Alltagssprache verwandt und sagt wenig darüber aus, wie stark der Zusammenhang zwischen der Generationenforschung und der gesellschaftlichen Veränderung durch den demografischen Wandel tatsächlich ist (Lüscher/Liegle 2003: 41).

Ähnlich verhält es sich mit der Vielfalt an Möglichkeiten, den der Begriff der Gerechtigkeit bereithält, wobei dabei noch klarer zwischen den verschiedenen Ausprägungen, wie beispielsweise Teilhabe- oder Bedarfsgerechtigkeit, unterschieden werden kann. Einer Differenzierung bedarf es aber auch hier allemal.

Sind diese grundlegenden Definitionen abgeschlossen, folgt eine Diskussion des Postulats der Generationengerechtigkeit. Damit meine ich eine Festlegung auf die wichtigsten Eckpunkte und die mögliche Bedeutung derselben für das politische Handeln. Dies soll hinführen auf den nächsten Teil dieser Arbeit, in dem ich mich mit dem Nationalen Aktionsplan auseinandersetzen werde.

2.1 Generationengerechtigkeit – das Modewort der 90er

Auch in dieser Arbeit wurde schon mehrmals darauf verwiesen, wie sehr doch die Debatte über die Generationengerechtigkeit zur Zeit den Alltag bestimmt. Wissenschaftler vieler verschiedener Disziplinen und Politiker aus sämtlichen Lagern diskutieren kontrovers, oft aber auch einstimmig über einen Sachverhalt, der scheinbar die Gesellschaft, in der wir leben, so sehr beeinflusst, wie sonst nichts anderes. Die Policyforschung der Politikwissenschaften und die Meinungsforschung der Sozialwissenschaften bestätigt, dass eine Vielzahl an neugegründeter Interessenverbände die Generationengerechtigkeit als Basis für ihre Programme verwendet wird und die Resonanz in der Bevölkerung dafür eindeutig vorhanden zu sein scheint. (Nullmeier 2004b: 35ff.). Dabei drängt sich Einem die Frage auf, wieso man sich eigentlich gerade mit dieser Thematik so intensiv auseinandersetzt. Nur weil so viele verschiedene Akteure aktiv wurden, heißt dies doch noch lange nicht, dass auch die Öffentlichkeit in dieser Form involviert werden muss und die Problematik sich dann zu einem annähernd gesamtgesellschaftlichen Konflikt ausweiten kann. Warum haben andere weitreichende gesellschaftliche Problemfelder wie beispielsweise die Einwanderungs- und Integrationspolitik, die Umweltpolitik oder die soziale Ungleichheit, nicht oder nicht mehr die Bedeutung, wie sie das Thema der Generationengerechtigkeit schon seit mehreren Jahren hat? Auch dies sind interdisziplinäre und politisch hochinteressante Bereiche, die in weiten Teilen der Bevölkerung niedergeschlagen sind und dementsprechend beachtet wurden.

So wissen wir, dass zunächst in den 60er Jahren und später, die soziale Ungleichheit ihre Hochkonjunktur genoss, später in den 80er Jahren das Thema des Umweltschutzes einen hohen politischen Stellenwert hatte und erst jetzt umfangreich über Generationengerechtigkeit diskutiert wird. Verständlich wären diese - vielleicht etwas zu Unrecht - als Modeerscheinung bezeichneten Phasen der Aufmerksamkeit für bestimmte politische Themen, wenn denn die Kernproblematiken jedes Mal beseitigt werden konnten. Da dies aber nicht der Fall ist und wir auch heute noch, wenn auch nicht im selben Ausmaß, mit Umweltzerstörung und sozialer Ungleichheit zu kämpfen haben, fragt es sich, wie es dazu kommen konnte, dass diese Themen heute hinter anderen stehen müssen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und eine kurze Auflistung hilfreich, um besser nachvollziehen zu können was zu der Popularität der Generationengerechtigkeit beigetragen hat. Schließlich erhoffe ich mir dadurch klären zu können, was die Umsetzung in das politische Handeln maßgeblich beeinflusst.

2.1.1 Demografischer Wandel und Sozialstaat

Die demografische Verschiebung, welche einen massiven gesellschaftlichen Wandel nach sich gezogen hat und sich noch weiterhin stark auf unsere Gesellschaft auswirken wird, kann sicherlich als Grund für eine Vielzahl an aktuellen und die Generationendebatte betreffenden Probleme verstanden werden. Mittlerweile ist es auch weitläufig bekannt, was Demoskopen und andere Gesellschaftswissenschaftler schon seit mehreren Jahrzehnten prophezeien. Auch in bildungsferneren Bevölkerungsteilen ist man sich sicherlich in Ansätzen darüber im Klaren, was sich seitdem in den westlichen Gesellschaften verändert hat und noch verändern wird. Ich spare mir deswegen an dieser Stelle eine detailliertere Ausführung dazu, da ich voraussetze, dass der Leser über die grundsätzlichsten Zusammenhänge einer zunehmenden Rentnerzahl und einer kleiner werdenden Zahl an Jugendlichen bescheid weiß. Letztendlich geht es mir auch eher um die Folgen dieses Prozesses. Deshalb ist auch zu vernachlässigen, ob es eventuell gesellschaftliche Kausalzusammenhänge gibt und wenn ja, welche davon die Prozesse der demografischen Verschiebung noch weiter begünstigen. Festzuhalten ist, dass wir heute schon mit verhältnismäßig mehr Neurentnern mit einer gewachsenen, durchschnittlichen Lebenserwartung von immer noch fast 15 Jahren leben, als mit Jugendlichen unter 18 Jahren. Schon heute sind für jedes Mitglied der Gesellschaft die Folgen spürbar und somit wird der soziale Wandel Tag für Tag erlebt. Es ist nicht schwer zu erraten, dass somit schon auf direktem Wege die Beziehungen und Verhältnisse zwischen den Generationen einen ganz anderen Stellenwert erhalten. Wenn die gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen und Strukturen auf Verhältnisse ausgerichtet sind, die zur der heutigen Zeit nicht mehr gegeben sind, so wird klar, dass es zu Reibungspunkten innerhalb der Solidargemeinschaft kommen kann.

Der Sozialstaat Deutschland definiert sich durch seine Umverteilungssysteme, worin das größte durch das Rentenversicherungssystem gestellt wird. Es wurde in einer Zeit, in der die Rentner ihr eigenes Rentenalter in den meisten Fällen nicht mehr erlebten, entwickelt und ausgebaut wurde es später, in Zeiten wirtschaftlicher Blüte und ausreichender finanzieller Mittel. Heute nun, da die Rentenbeitragszahler durch die Rentenbezieher zahlenmäßig übertroffen werden, aber immer noch gleichzeitig mit der Reproduktion der Gesellschaft und der Kinderaufzucht bedacht sind, wurde ein Verteilungskonflikt aufgeworfen, der nun schon seit mehreren Jahren besteht, jedoch noch nicht nennenswert beseitigt werden konnte. Man kann die Bedeutung dieses Sachverhalts für die Generationengerechtigkeitsdebatte daran festmachen, dass seit 1992, also dem Jahr der Rentenreform, verstärkt über das gerechte Verhältnis zwischen den Generationen diskutiert wurde (Nullmeier 2004a: 63). Aber auch die anderen Versicherungssysteme sind durch den demografischen Wandel beeinflusst und - ob es nun einen feststellbaren Zusammenhang gibt oder nicht - die Krise des Sozialstaats wird in der Öffentlichkeit zumeist darauf zurückgeführt. Wo es damals noch einfach um die Alterssicherung ging, wird heute auf den Cent genau gerechnet und Generationengerechtigkeit wird meistens auf die reinen ökonomischen Generationenverhältnisse zurückgeführt (Nullmeier, 2004b: 66) Auf gewisse Art wird dadurch auch eine neue Form der sozialen Ungleichheit ausgerufen und sie kann auch als eine ökonomische Generationenungerechtigkeit verstanden werden (Szydlik 2004:11). Faktisch jedoch, wird dabei die soziale Ungleichheit nur reproduziert, weil die Rente klein bleibt, wenn auch schon zu Erwerbszeiten wenig verdient wurde. Zu gerne wird dabei jedoch der Fokus auf die intergenerationellen Zusammenhänge gerichtet, anstatt von sozialer Ungleichheit zu sprechen.

2.1.2 Der Wertewandel und die Solidarität

Die stärker feststellbare Individualisierung des Einzelnen in unserer Zeit wirkt sich nachhaltig auf die Generationenbeziehungen aus und somit auch auf die Bedeutung des Themas Generationengerechtigkeit bei der Bevölkerung. Zum einen lässt sich sagen, dass vielleicht wider Erwarten die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern heutzutage nicht an Intensität verloren haben. Einzig und allein die Form des Zusammenlebens hat sich verändert und die klassische Großfamilie musste der multilokalen Mehrgenerationenfamilie als häufigste Art des Familienverbundes weichen (Szydlik 2000: 83/ Bertram 1997). Diese vermehrt auftretende räumliche Entfernung zwischen den einzelnen Familienmitgliedern hat dann zu der These verleitet, dass erst „durch Abstand Intimität entstehen kann“ (Dallinger/Schmidt 2001: 23). Jedenfalls sei eine Krise der Familie empirisch nicht nachweisbar (Szydlik 2000: 115). Andererseits sieht Grieswelle (2002) die Solidarität in der Familie auf lange Sicht durch den demografischen Wandel gefährdet. Was bedeutet dies nun für die Rezeption und Popularität des Themas der Generationengerechtigkeit? Zunächst einmal ließe sich eventuell schlussfolgern, dass der in dem vorigen Abschnitt angedeutete Verteilungskonflikt um die staatlich geleitete Fiskalpolitik nicht ausreicht, um für einen wirklichen Konflikt zu sorgen. Anscheinend abstrahieren die meisten Mitglieder dieser Gesellschaft immer noch die sozialstaatlichen Versicherungssysteme so weit von der Realität des tatsächlichen Zusammenlebens, dass die persönlichen Beziehungen zwischen Angehörigen verschiedener Generationen nicht darunter leiden. Vielleicht aber noch viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass die verschiedenen Generationen durch diese Entwicklungsprozesse sich scheinbar soweit entfremdet haben, dass auch die eigene Lebensplanung und der Kampf um die, in diesem Falle staatlich verteilten Ressourcen, eine andere Dimension erreicht (Theisen 2003). Verstärkend hinzu kommt die stark konsumorientierte Lebenshaltung der gesamten Gesellschaft heutzutage, die der Erfüllung der eigenen Lebensziele einen immer höheren Stellenwert verschafft. Nun erscheint es nachvollziehbar, dass in relativ schlechten wirtschaftlichen Zeiten und bei stetig voranschreitender Individualisierung des Einzelnen und Auftrennung von ehemals engen Generationenbeziehungen, die Debatte über die Gerechtigkeit zwischen den Generationen einen beträchtlichen Bedeutungszuwachs erhalten hat. Dieser Effekt wird dann auch durch die „im Kleinen“ aufrecht erhaltene Solidarität innerhalb der Familie nicht ausreichend gemildert. Ein heute lebender Jugendlicher beispielsweise, der seit mehreren Jahren keinen Ausbildungsplatz findet, würde seine unverschuldete Notlage wohl sicherlich neutraler bewerten, wenn er eventuell mit den ebenso im Alter unverschuldet verarmten Großeltern unter einem Dach leben würde. So scheint jedoch das Bild der jeweils anderen Generation hauptsächlich durch die häufig in den Medien verbreiteten Zerrbilder von im Luxus schwelgenden Rentnern und von arbeitsscheuen Jugendlichen geprägt und der Einzelne reagiert aufmerksamer als sonst, wenn es um das Thema der Generationengerechtigkeit geht (Burmeister/Böhning 2003).

2.2 Generationentheorien

Das Problem mit der Verwendung des Generationenbegriffs ist, dass er, wie kaum ein anderer, so viele Inhalte vermitteln kann und dabei so selten klar differenziert wird (Lüscher/Liegle 2003: 33). Im alltäglichen Sprachgebrauch sollte sich das auch kaum zu schwerwiegenden Verständnisproblemen entwickeln können, weil dabei meistens nur ein einfacher Zusammenhang zwischen bestimmten Individuen oder Gruppen zu einem Jahrgang erklärt werden soll, was in manchen Fällen noch um eine klassifizierende Erweiterung ergänzt wird, so wie beispielsweise die „68er-Generation“ oder „Generation Golf“. In wieder anderen Fällen möchte man mit dem Begriff Generation lediglich zum Ausdruck bringen, dass es „ältere“, „mittlere“ und „junge“ Menschen gibt, die eventuell durch ihre Erwerbstätigkeit definiert werden können, wenn man sich vielleicht gerade über politische Themen unterhält. Da ich hier jedoch nicht weiter darüber spekulieren möchte, wie der Generationenbegriff im Alltag verwendet und rezipiert wird, möchte ich lediglich festhalten, dass er zwar höchstwahrscheinlich oft benutzt und in der Regel auch richtig verstanden wird, was aber nur darauf zurückzuführen sein wird, dass man mit ihm nicht komplexere Zusammenhänge erklären möchte. Nähert man sich dem Begriff der Generation jedoch auf wissenschaftlicher Ebene, wird das Ausmaß des Problems bewusster. Hier muss nun präzisiert werden, ob es sich bei dem Untersuchungsgegenstand, also in der Regel eine Gruppe von Menschen, um ungefähr gleichzeitig Geborene handelt, oder ob sie nur durch ein gemeinsames Schicksal miteinander verbunden sind. Die besprochenen Gruppen können des weiteren im gesamtgesellschaftlichen, aber auch im familiären Rahmen betrachtet werden, es kann unterschieden werden, ob es sich um eine einmalige Querschnittsbetrachtung, oder eine über das ganze Leben andauernde Längsschnittbetrachtung handelt. Schließlich gibt es normative Generationstheorien und solche die eher deskriptiv ausgelegt sind. Hat man diese, für die Empirie so wichtigen Kriterien der Differenzierung verinnerlicht, kommt dennoch erschwerend hinzu, dass es bisher keinen wirklich einheitlichen Kanon für diese Definitionen gibt. So wird Mannheims historischer Generationenbegriff, welcher als Ursprung der sozialwissenschaftlichen Generationentheorien verstanden werden kann, von anderen Autoren beispielsweise mit dem Begriff „politische Generation“ oder ähnlichem umschrieben (Becker 2004: 15).

Ich werde mich im Folgenden mit den Begriffen Kohorte, Altersgruppe und Generation auseinandersetzen. Ziel soll es dabei sein, den für die Generationengerechtigkeitsdebatte geeigneten Generationenbegriff ausfindig zu machen. Zum einen möchte ich dadurch aufzeigen, wie schwierig das Arbeiten mit dem Postulat der Generationengerechtigkeit sein kann, wenn es schon an einer eindeutigen Definition für eines seiner Kernelemente mangelt. Wie soll Generationengerechtigkeit erreicht werden, wenn noch nicht einmal klar zu deuten ist, wer denn damit genau angesprochen sein soll? Zum anderen geht es mir darum, dass durch die Reflexion über die verschiedenen Generationentheorien an sich schon Erkenntnis darüber erlangt werden kann, wie Generationengerechtigkeit zu praktizieren ist. Gemeint sind damit spezifische gesellschaftliche Zusammenhänge, welche möglicherweise erst durch die genauere Betrachtung des Untersuchungsgegenstands zum Vorschein kommen und einem neue Sichtweisen ermöglichen.

2.2.1 Kohorte, Altersgruppe oder Generation?

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie schon etwas früher erwähnt, ist der historische Generationenbegriff Mannheims derjenige gewesen, der den Diskurs und die Entwicklung zahlreicher neuer Generationentheorien voran gebracht hat. Hier wurde erstmals der sozialer Wandel im Zusammenhang mit dem Auf- und Abtreten bestimmter „Generationeneinheiten“ und „Generationenzusammenhänge“ gesehen, was ein wichtiger Schritt gewesen ist für das Verständnis von Sozialstruktur und Gesellschaften an sich. Knapp zusammengefasst versteht Mannheim einen bestimmten zeitlichen Abschnitt in der Geschichte als „Generationenlagerung“, welches die Basis für die Bildung bestimmter „Generationeneinheiten“ ist. In jeder historischen Epoche ereignen sich dann bestimmte Ereignisse, die von allen zu dieser Zeit lebenden Individuen unterschiedlich gefühlt, überdacht und in das eigene Handeln umgesetzt werden. Diese Reaktionen auf die jeweiligen historischen Ereignisse erzeugen dann einen „Generationenzusammenhang“. Erst wenn die Homogenität bestimmter Reaktionen auf ein Ereignis vorhanden ist, welches sich zumeist in Gruppen ähnlichen Alters herausbildet, können sich „Generationeneinheiten“ herauskristallisieren. Diese historischen Generationen - gemeint sind damit beispielsweise die Nachkriegsgeneration oder die „68er-Generation“ - tragen letztendlich erst zum sozialen Wandel bei, weil sie - vorausgesetzt sie setzen sich im „Zeitgeist“ gegen andere „Generationeneinheiten“ durch - ihre Eindrücke auf die Gesellschaft übertragen und sie somit formen. Im Endeffekt lösen diese wieder neue historische Ereignisse und sozialen Wandel aus und schließen somit den Kreislauf (Mannheim 1928). So erkenntnisreich Mannheims Ansatz für das Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge auch sein mag, für die darauf aufbauenden Generationentheorien bleiben jedoch einige wichtige Aspekte ausgespart und auf Grund diesen Mangels wird er häufig kritisiert. Leisering beispielsweise, wirft ihm vor die Generationenbeziehung in seinem Ansatz vollkommen zu vernachlässigen und auch die Einteilung der Generationen in Geburtsjahrgängen sei für die Analyse schwieriger als die Einteilung in Altersgruppen (Leisering 1992: 52). Der historische Generationenbegriff ist somit für die Arbeit mit dem Postulat der Generationsgerechtigkeit eher ungeeignet.

Norman Ryders Kohortentheorie ist Dank der guten Operationalisierbarkeit der Kohorte für die empirische Arbeit innerhalb der Generationenforschung besser geeignet als die historische Generation Mannheims. Theoretisch gesehen geht es aber auch hier um die starke Wechselwirkung zwischen sozialem Wandel und der Bildung neuer, zeitlicher Lagerungen. Eine wichtige Neuerung jedoch, stellt die bessere Möglichkeit der Herstellung eines Zusammenhangs dar. Und zwar zwischen der Kohorte - also einer frei festlegbaren Gruppe von Individuen des selben Altersjahrgangs - und den gesellschaftlichen Institutionen und Strukturen - also im weiteren Sinne auch den Beziehungen zu anderen Kohorten (Ryder 1965: 846). Die Längsschnittbetrachtung wird außerdem einfacher ermöglicht, da zum einen die Kohorten quantifizierbar sind und keine diffusen Einheiten darstellen, welche nur eine, zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinende Komponenten besaßen. Diese haben sie an einem weiteren Untersuchungszeitpunkt vielleicht schon wieder verloren. Untermauert wird diese Annahme Ryders auch durch die Überzeugung, dass auch die Größe der entsprechenden Kohorte einen maßgeblichen Einfluss auf dessen Entwicklung besitzt. Einen weiteren Vorteil stellt die willkürliche Auswahl der zu untersuchenden „Aggregate an Individuen“ dar, weil die Zugehörigkeit zu einer Kohorte nicht ausschließlich durch die Geburt festgelegt sein muss. Gleichwertig gibt es hier die Möglichkeit Schulabgangs-Kohorten oder Heirats-Kohorten zu bilden, wodurch die enge Verbindung zwischen kohortenspezifischen Mustern und dem Aus- bzw. Eintritt in oder die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Institutionen und Strukturen deutlich gemacht werden kann.

Der Begriff Altersgruppe ist sehr eng an den Kohortenbegriff angelehnt, weist aber doch einige wichtige Unterschiede auf. So können die Individuen, welche in Altersgruppen eingeteilt werden, zwar genauso mit Rechten, Pflichten, Rollen oder Status verbunden sein (Sackmann 2004: 30). Zu unterscheiden gilt es jedoch, dass die Individuen, die in Kohorten eingeteilt werden, eher dadurch bestimmt werden, dass sie in bestimmte Systeme ein- beziehungsweise austreten. Eine Altersgruppe ist dahingegen nur durch einen Altersintervall definiert worden. In den meisten Fällen treten Personen ähnlichen Alters zeitgleich in diese Systeme ein, es steht aber im Vordergrund, was die Untersuchungseinheit mit diesem Eintritt verbindet und nicht - wie etwa im Vergleich mit der Altersgruppe - das konkrete Alter der Untersuchungsgruppe Einfluss auf einen bestimmten Sachverhalt ausübt. Da die Altersgruppe sich weniger über ihren sozialen Zusammenhang definiert, bietet sie sich für manche Autoren eher für die Untersuchung der Generationengerechtigkeit an als die Kohorte (Tremmel 2005: 90).

2.3 Der Gerechtigkeitsbegriff

Der Begriff der Gerechtigkeit ist genauso wie der Begriff der Generation schon seit der Antike Gegenstand zahlreicher philosophischer und ethischer Diskurse. Wie auch beim Generationenbegriff gibt es hier unterschiedliche Auffassungen und Theorien, welche eine homogene und handliche Begriffsdeutung verhindern. Im Unterschied zum Generationenbegriff beinhaltet der Begriff Gerechtigkeit jedoch zusätzlich eine ideelle Komponente, wenn es um die praktische Anwendung der Gerechtigkeit in der Gesellschaft geht. So sind bestimmte und grundlegende Aspekte der Gerechtigkeit gemeinhin akzeptiert, wenn jedoch beispielsweise die komplexere Ebene der Sozialpolitik erreicht wird, so fließen bei der Umsetzung mehr und mehr unterschiedliche Wertvorstellungen in den Prozess mit ein und eine einheitliche Vorstellung von Gerechtigkeit ist zunehmend seltener vorzufinden. Die, hauptsächlich in der westlichen Welt vorhandenen, konservativ, liberal und sozialdemokratisch geprägten politischen Systeme besitzen alle unterschiedliche Ansichten, was die Gestaltung einer gerechten Gesellschaft anbelangt (Tremmel 2004). Im politischen Wettbewerb einer Demokratie sorgt das für eine sehr vielseitige Debatte um dieses Thema. Auch ist hier ist feststellbar, dass sich mit der Veränderungen der Gesellschaften und der Ideologien, auch die Diskurse um die Gerechtigkeit ständig im Wandel befinden. Die Hauptunterschiede lassen sich vor allem dort ausmachen, wo es um jene geht, zwischen denen Gerechtigkeit gewährleistet werden soll (Lüscher/Liegle 2003: 202). Ging es in früheren Zeiten noch meistens um Gerechtigkeit zwischen Einzelnen oder etwas später um die Gerechtigkeit zwischen sozioökonomischen Gruppen, so ist die Betrachtung der Gerechtigkeit zwischen den Generationen eine relativ neues Teilgebiet der Gerechtigkeitsforschung.

Die dabei wohl bekannteste Theorie der Gerechtigkeit ist die von John Rawls, der erstmals auch die politisch-soziale Ebene der Gerechtigkeit thematisiert, anstelle der bis dahin hauptsächlich systematischen und philosophisch-historischen Arbeiten anderer Autoren. Weil der Diskurs der Generationengerechtigkeit durch seine Gerechtigkeitstheorie maßgeblich beeinflusst ist, ist es notwendig, darauf Bezug zu nehmen. Es gibt kaum einen Autor, der nicht die Thesen von Rawls zitiert, wenn er die Grundsätze der Generationengerechtigkeit aufführt und sie in seiner Arbeit diskutiert. So ist es auch für das bessere Verständnis dieser Arbeit sinnvoll, wenn man zum Ausgang der Überlegungen, die in die aktuelle Debatte über die Generationengerechtigkeit führten, Stellung nimmt.

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Details

Title
Generationengerechtigkeit in politischen Konzepten
Subtitle
Eine Analyse des Konzepts "Nationaler Aktionsplan - Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010"
College
Humboldt-University of Berlin  (Institut für Sozialwissenschaften)
Author
Year
2006
Pages
42
Catalog Number
V62319
ISBN (eBook)
9783638555838
ISBN (Book)
9783638668538
File size
621 KB
Language
German
Keywords
Generationengerechtigkeit, Konzepten
Quote paper
BA Christian Wenske (Author), 2006, Generationengerechtigkeit in politischen Konzepten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62319

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