Im Dezember 1975 setzte ein Artikel im SPIEGEL das geteilte Deutschland in hellen Aufruhr. Es wurde über geheime Praktiken der DDR-Behörden berichtet, welche in einzelnen Fällen die versuchte Republikflucht mit einer Art Familienstrafe ahndeten. Kinder, deren Eltern bei der Flucht ertappt wurden, wurden an linientreue DDR- Bürger zur Adoption freigegeben. Es war eine der gröbsten Menschenrechtsverletzungen, die das SED-Regime je begangen hatte. Der SPIEGEL nannte diese Methode „Zwangsadoption“, was von da als Synonym dieser Praktik stand.
Heftige Diskussionen, Widerrufe aber auch Zugeständnisse seitens der DDR-Regierung kamen nach dieser SPIEGEL- Veröffentlichung zustande. Wirkliche Beweise hatte man zu dem Zeitpunkt jedoch nicht und das Thema Zwangsadoptionen ruhte bis in den Mai 1991.
In der vorliegenden Arbeit werde ich das Thema Zwangsadoption als einen politisch motivierten Entzug durch den Staat darstellen. Zudem werde ich belegen, dass solche Praktiken in der damaligen DDR wirklich existierten und vor allem: dass es ein ganzes System gab, welches dahinter stand.
Hierbei werde ich kurz auf die Adoption i Allgemeinen eingehen sowie auf die Jugendhilfe, welche in der DDR in Sachen Adoption und Zwangsadoption eine entscheidende Position einnahm.Weiterhin spielte das Erziehungsziel des Staates eine bedeutende Rolle, da dieser genau vorgab, wie Eltern ihre Kinder zu erziehen hatten. Hierfür werde ich einige Paragraphen der DDR-Verfassung, der Jugendhilfeverordnung (JHVO) sowie des Familiengesetzbuches der DDR (FGB) erläutern, welche man zur Legitimation von Zwangsadoptionen missbrauchte. Auch nutzte die Jugendhilfe u. a. diese Rechtsgrundlagen, um sich hinsichtlich Zwangsadoptionen zu rechtfertigen.
Der Fall der Familie Grübel brachte Mitte der 70er Jahre d Diskussion um Zwangsadoptionen ins Rollen. Er gilt als klassisches und zugleich extremes Beispiel einer politisch motivierten Zwangsadoption. Ihn sowie einige andere Fälle werde i zur Veranschaulichung erläutern. Der SPIEGEL nimmt hierbei eine entscheidende Stellung ein, da dieser in vielen Fällen von politisch motivierten Zwangsadoptionen recherchierte und einige unglaubliche Tatsachen aufdeckte.Weiterhin werde i auf d Gründe u Ursachen für Zwangsadoptionen eingehen, auf die wichtigsten Beweise in diesem Fall sowie auf die Hauptverantwortliche Margot Honecker.Zum Schluss werde ich zwei Urteilsbegründungen angeben, welche meines Erachtens sehr gut d perfide Ideologie des Staates veranschaulichen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Adoptionen in der DDR
- 2.1. Die Jugendhilfe in der DDR
- 2.1.1. Die Organisation auf lokaler Ebene
- 2.1.2. Die Organisation auf Bezirksebene
- 2.1.3. Aufgaben und Arbeitsweise der Jugendhilfe
- 2.1.4. Die Jugendhelfer
- 2.1.5. Kindesaussetzung mit Unterstützung des Staates
- 2.2. Kurze Geschichte des Adoptionswesens
- 2.3. Die Rechtsnatur der Adoption
- 2.4. Die annehmenden Eltern
- 2.5. Ablauf
- 2.6. Aufhebung der Adoption
- 2.1. Die Jugendhilfe in der DDR
- 3. Zwangsadoption in der DDR
- 3.1. Zum Begriff „Zwangsadoption“
- 3.2. Das Erziehungsziel des Staates
- 3.3. Der Fall Grübel
- 3.3.1. Misslungener Fluchtversuch
- 3.3.2. Im Gefängnis
- 3.3.3. Auf der Suche nach den Kindern (1)
- 3.3.4. Spiegel-Bericht 51/1975
- 3.3.4.1. Adoption durch linientreue DDR-Bürger
- 3.3.4.2. Die Folgen des Berichts
- 3.3.5. Auf der Suche nach den Kindern (2)
- 3.3.6. SPIEGEL- Bericht 49/1976
- 3.3.7. Das Wiedersehen
- 3.3.8. Schreibtischtäter
- 3.4. Der Fall Köhler
- 3.5. Der Fall Kupka
- 3.6. Der Fall Bachmann
- 3.7. Familienzusammenführung
- 3.8. Rechtfertigungen seitens des Referats Jugendhilfe
- 3.9. Gründe und Ursachen für Zwangsadoptionen
- 3.10. Beweise für Zwangsadoptionen
- 3.11. Hunderte von Zwangsadoptionen?
- 3.12. Margot Honecker als Verantwortliche?
- 3.13. „Rechtliche Grundlagen“ für Zwangsadoptionen
- 3.13.1. Ersetzung der Einwilligung zur Adoption
- 3.13.2. Entzug des Erziehungsrechts
- 3.13.3. Der Schutz der Familie durch den Staat
- 3.14. Urteilsbegründungen nach Republikflucht
- 4. Fazit
- 5. Quellenverzeichnis
- 5.1. Bibliographische Angaben
- 5.2. Onlinequellen
- 6. Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Phänomen der Zwangsadoptionen in der DDR. Ziel ist es, aufzuzeigen, dass diese Praktiken tatsächlich existierten und Teil eines staatlich organisierten Systems waren. Die Arbeit beleuchtet die rechtlichen und ideologischen Grundlagen dieser Maßnahmen und analysiert exemplarische Fälle.
- Die Rolle der Jugendhilfe in der DDR bei Adoptionen und Zwangsadoptionen
- Das staatliche Erziehungsziel und seine Auswirkung auf die Familienpolitik
- Analyse konkreter Fälle von Zwangsadoptionen (z.B. Fall Grübel)
- Die rechtlichen Grundlagen und ihre Manipulation im Kontext von Zwangsadoptionen
- Die Verantwortung von Margot Honecker und anderen staatlichen Akteuren
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt den Kontext der Arbeit dar und führt in die Thematik der Zwangsadoptionen in der DDR ein. Sie beschreibt den Aufruhr nach dem SPIEGEL-Artikel von 1975 und die damit verbundene Diskussion um Menschenrechtsverletzungen. Die Autorin erläutert ihre Motivation für die Arbeit und die Forschungsfragen, die sie zu beantworten versucht. Es wird ein Überblick über den Aufbau und die Methodik der Arbeit gegeben.
2. Adoptionen in der DDR: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über das Adoptionswesen in der DDR, inklusive der Organisation und Aufgaben der Jugendhilfe auf lokaler und Bezirksebene. Es beschreibt den Ablauf einer Adoption, die Rechtslage und die Rolle der annehmenden Eltern. Der Abschnitt über die "Kindesaussetzung mit Unterstützung des Staates" deutet bereits auf problematische Aspekte hin, die im Kontext von Zwangsadoptionen relevant werden.
3. Zwangsadoption in der DDR: Das zentrale Kapitel behandelt das Thema Zwangsadoptionen im Detail. Es definiert den Begriff „Zwangsadoption“, beleuchtet das staatliche Erziehungsziel und analysiert die Rolle der Jugendhilfe bei der Durchführung von Zwangsadoptionen. Ausführlich werden verschiedene Fälle, wie der Fall Grübel, beschrieben, die als Beispiele für die staatlichen Praktiken dienen. Das Kapitel analysiert die „rechtlichen Grundlagen“, die zur Rechtfertigung der Zwangsadoptionen missbraucht wurden, und diskutiert die Verantwortung von Margot Honecker. Die Kapitel untersuchen die Beweise für Zwangsadoptionen und den Umfang dieser Praktiken.
Schlüsselwörter
Zwangsadoption, DDR, Jugendhilfe, Margot Honecker, Republikflucht, Menschenrechtsverletzungen, staatliches Erziehungsziel, Familiengesetzbuch der DDR, SPIEGEL-Artikel, Fall Grübel, Rechtfertigung, Beweise.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Zwangsadoptionen in der DDR"
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht das Phänomen der Zwangsadoptionen in der DDR. Sie beleuchtet die tatsächliche Existenz dieser Praktiken als Teil eines staatlich organisierten Systems, analysiert die rechtlichen und ideologischen Grundlagen und untersucht exemplarische Fälle.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen, dass Zwangsadoptionen in der DDR existierten und Teil eines staatlich organisierten Systems waren. Sie analysiert die rechtlichen und ideologischen Hintergründe dieser Maßnahmen und untersucht konkrete Fälle.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Rolle der Jugendhilfe bei Adoptionen und Zwangsadoptionen, dem staatlichen Erziehungsziel und dessen Einfluss auf die Familienpolitik, der Analyse konkreter Fälle (z.B. Fall Grübel), den rechtlichen Grundlagen und deren Manipulation im Kontext von Zwangsadoptionen, sowie der Verantwortung von Margot Honecker und anderer staatlicher Akteure.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel: Eine Einleitung, ein Kapitel über Adoptionen in der DDR, ein zentrales Kapitel über Zwangsadoptionen mit detaillierten Fallstudien (z.B. Fall Grübel, Köhler, Kupka, Bachmann), ein Fazit, ein Quellenverzeichnis und einen Anhang.
Was wird im Kapitel "Adoptionen in der DDR" behandelt?
Dieses Kapitel bietet einen Überblick über das Adoptionswesen in der DDR, inklusive der Organisation und Aufgaben der Jugendhilfe auf lokaler und Bezirksebene. Es beschreibt den Ablauf einer Adoption, die Rechtslage und die Rolle der annehmenden Eltern. Der Abschnitt über die "Kindesaussetzung mit Unterstützung des Staates" deutet bereits auf problematische Aspekte hin, die im Kontext von Zwangsadoptionen relevant werden.
Was ist der Inhalt des Kapitels über "Zwangsadoptionen in der DDR"?
Das zentrale Kapitel behandelt Zwangsadoptionen detailliert. Es definiert den Begriff, beleuchtet das staatliche Erziehungsziel und die Rolle der Jugendhilfe. Es analysiert ausführlich verschiedene Fälle, untersucht die "rechtlichen Grundlagen" und deren Missbrauch, und diskutiert die Verantwortung von Margot Honecker. Es werden Beweise für Zwangsadoptionen und deren Umfang untersucht.
Welche Fälle von Zwangsadoptionen werden im Detail beschrieben?
Die Arbeit beschreibt ausführlich den Fall Grübel und weitere Fälle wie Köhler, Kupka und Bachmann als Beispiele für staatliche Praktiken.
Welche Rolle spielte Margot Honecker?
Die Arbeit untersucht die mögliche Verantwortung von Margot Honecker und anderen staatlichen Akteuren im Zusammenhang mit Zwangsadoptionen.
Welche "rechtlichen Grundlagen" werden im Kontext der Zwangsadoptionen analysiert?
Die Arbeit analysiert die "rechtlichen Grundlagen", die zur Rechtfertigung von Zwangsadoptionen missbraucht wurden, wie beispielsweise die Ersetzung der Einwilligung zur Adoption, der Entzug des Erziehungsrechts und den staatlichen Schutz der Familie.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit enthält ein Quellenverzeichnis mit bibliographischen Angaben und Onlinequellen.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Schlüsselwörter sind: Zwangsadoption, DDR, Jugendhilfe, Margot Honecker, Republikflucht, Menschenrechtsverletzungen, staatliches Erziehungsziel, Familiengesetzbuch der DDR, SPIEGEL-Artikel, Fall Grübel, Rechtfertigung, Beweise.
- Quote paper
- Nicole Burghardt (Author), 2006, Adoption in der DDR, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62457