Die "Jugend" als Begriff ist für sich ein soziologisch interessantes Phänomen. Denn jeder einzelne "Erwachsene", der unter europäisch-amerikanischen Verhältnissen sozialisiert wurde, meint, sie als Lebensphase durchlebt zu haben, und zu wissen, was "Jugend" für sich und Andere bedeutet, wer gerade "jugendlich" ist, oder zumindest "junggeblieben". Trotzdem existiert keine trennscharfe und adäquate Definition für den in "Adoleszenz" und "Postadoleszenz" differenzierten Lebensabschnitt, der dem Erwachsensein vorausgeht. Zu sagen, "jemand sei junggeblieben" ist ein allgemein geläufiges ( normalerweise positiv-gemeintes ) Prädikat. Doch ebenso das abschätzige Urteil, jemand "wolle nicht erwachsen werden" oder sei "Berufsjugendlicher" ( Janke 1995: S. 12. ), sind gebräuchliche ( normalerweise negativ-gemeinte ) Klischees. Aber was ist mit solcherlei Aussagen tatsächlich gemeint? Und auf was nimmt die bipolare Wertung der Urteile dieser Art eigentlich bezug? Doch auf die "Jugendlichkeit" einer Person, mit der sowohl positive als auch negative Aspekte assoziiert werden. Solcherlei Phrasen können bereits als Hinweis dafür gelten, daß "jugendlich sein" mit dem sozialen Status einer Person auch über das eigentliche Jugendalter hinaus in irgendeiner Form korreliert, da sie auf die soziale Position in der Gesellschaft anspielen. Über folgende Entwicklung des sozialen Wandels sind sich Soziologen weiterhin relativ einig : "Die Kindheit endet früher, die Jugend beginnt eher - und dauert immer länger. ( . . . ) Der Schritt von der Jugend ins Erwachsenenalter vollzieht sich aber nicht nur später, sondern er ist auch nicht mehr so klar auszumachen: Die Grenzen verwischen sich." ( Janke 1995: S. 11. ) Die "Jugend" als "Statuspassage" ( vgl. Neidhardt: 1970; Hurrelmann / Rosewitz / Wolf: 1985 ) zu betrachten zielt also an der Realität vorbei, da ihre Grenzen zu diffus wären, um überhaupt noch zu greifen, obwohl die "Jugendlichkeit" einer Person aber mit deren Status in unmittelbarer Beziehung steht. Auch die Ausdifferenzierung der Lebensphase Jugend in zwei "Teilstatuspassagen" ist nur ein Rettungsversuch einer Theorie, die schon lange nicht mehr haltbar ist, wie ich noch zeigen werde.
Inhaltsverzeichnis
- Einführende Gedanken zur Rezeption der „Jugend“
- Grundbegriffe zum Verständnis der Postadoleszenzdiskussion
- ,,Adoleszenz“, „Pubertät“ und „Jugendlichkeit“
- Der Mythos von einer Lebensphase „Postadoleszenz“
- Die „Postadoleszenz\" als gleichwertiger Erwachsenenstatus
- Versuch einer Vereinbarung widersprüchlicher Sachverhalte zum
Jugendende mittels der Statusdimension „Jugendlichkeit“
- Die Verlängerung der Jugend
- Das frühzeitige Ende der Jugend
- Abschließende Betrachtung der „Jugendlichkeit“ als eigenständige Statusdimension
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die „Jugendlichkeit“ oder „Postadoleszenz“ einer Person als eine vollwertige Statusdimension zu definieren, die man je nach Passung zu den anderen Statusdimensionen wie Bildungsgrad, Beruf, und Familienstand entweder früher oder später ablegt, oder bei über das eigentliche Jugendalter hinaus gegebener Statuskonsistenz als Identitätsmerkmal ( oder auch „Identitäts-Patch“) behält, oder sich wieder aneignet.
- Rezeption des Begriffs „Jugend“ in der Soziologie
- Die Herausforderungen der Definition von „Postadoleszenz“
- Die „Postadoleszenz“ als gleichwertiger Erwachsenenstatus
- Die „Jugendlichkeit“ als Statusdimension
- Die Bedeutung der Statusdimension „Jugendlichkeit“ für die soziale Positionierung
Zusammenfassung der Kapitel
Einführende Gedanken zur Rezeption der „Jugend“
Die „Jugend“ als Begriff wird von Erwachsenen als durchlaufene Lebensphase betrachtet, aber es fehlt eine eindeutige Definition für den Zeitraum zwischen „Adoleszenz“ und „Postadoleszenz“. Das Konzept der „Jugendlichkeit“ wird mit positiven und negativen Aspekten verbunden, die auf die soziale Positionierung einer Person hindeuten.
Grundbegriffe zum Verständnis der Postadoleszenzdiskussion
Dieser Abschnitt definiert die Begriffe „Jugendalter“ und „Lebensphase Jugend“ und betrachtet die biologischen und sozialen Aspekte, die diese Phasen beeinflussen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des Begriffs „Postadoleszenz“ und seiner Bedeutung in der Soziologie.
Versuch einer Vereinbarung widersprüchlicher Sachverhalte zum Jugendende mittels der Statusdimension „Jugendlichkeit“
Dieser Abschnitt untersucht die widersprüchlichen Aussagen zum Zeitpunkt des Endes der Jugend und zeigt die Bedeutung der Statusdimension „Jugendlichkeit“ für die soziale Positionierung. Es werden die Argumentationslinien der Verlängerung und des frühzeitigen Endes der Jugend diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Begriffen „Jugend“, „Adoleszenz“, „Postadoleszenz“, „Jugendlichkeit“, „Statusdimension“, „Erwachsenenstatus“, „soziale Positionierung“, „Identität“ und „sozialer Wandel“. Sie beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen biologischen und sozialen Faktoren in der Konstruktion des Erwachsenenstatus und der Bedeutung von „Jugendlichkeit“ in einer sich wandelnden Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Matthias Brabetz (Autor:in), 2002, Postadoleszenz und Jugendlichkeit - Versuch der Definition einer neuen Statusdimension, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6251