Kaiser Marc Aurel: Abbild und Vorbild eines Herrscherideals - Ein Beitrag zur Rezeption der Antike


Diploma Thesis, 2006

98 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Vita des Marc Aurel

3. Zur Rezeptionsgeschichte des Reiterstandbilds Marc Aurels
3.1 Griechische und römische Reiterstandbilder
3.2 Das Reiterstandbild des Marc Aurel
3.3 Rezeptionsgeschichte
3.3.1 Rezeptionsgeschichte im Mittelalter und der Renaissance
3.3.2 Rezeption des Reiterstandbilds Marc Aurels durch die Kunst
3.3.3 Rezeption des Marc Aurel in monumentalen Reiterstandbildern
3.4 Vergleich der genannten Reiterstandbilder
3.5 Mögliche Motive der nachhaltigen Rezeption Marc Aurels

4. Die cineastische Rezeption der Herrscherpersönlichkeit Marc Aurels
4.1 Antike Themen im Kino
4.2 Zur historischen Genauigkeit der Antikenfilme
4.3 Die Filme The Fall of the Roman Empire und Gladiator
4.3.1 The Fall of the Roman Empire von Anthony Mann (1964)
4.3.2 Gladiator von Ridley Scott (2000)
4.4 Vergleich der Filmfiguren
4.4.1 Erscheinungsbild und Filmtod des Kaisers
4.4.2 Die politische Figur Mark Aurel
4.4.3 Persönliche Aspekte der Filmfigur
4.5 Die Funktion der Kaisersfigur Marc Aurels im Film

5. Zusammenfassung

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Antike und Moderne. Zwei Begriffe, die zwei weit voneinander liegende Zeiträume erfassen und doch zuweilen ineinander übergehen.

Seit der Renaissance hat man sich periodisch immer wieder mit der Antike befasst. Ob griechische Philosophie, römisches Recht oder auch römisch-christliche Religion, sie bilden die Grundlage unserer Kultur.

Selbst auf dem amerikanischen Kontinent wurde im 18. Jh., während der Gründungsphase der Vereinigten Staaten von Amerika, auf die antike Kultur zurückgegriffen. In Staatsbauten wie dem State Capitol und dem Court House floss die römische Architektur ein. Die Politik nahm römische Bilder auf: George Washington verglich die Motivation des amerikanischen Militärs mit der des römischen Heers: Kampf für die Freiheit. Im politischen Bilderprogramm wurde Washington sogar in der römischen Toga dargestellt.[1] Wyke nennt dieses Vorgehen der Amerikaner: „America’s rhetoric of romanitas“[2].

Die Antike bleibt ein aktuelles Thema, wie sich gerade in der Entwicklung neuer technischer Verfahren zur Vertiefung bisheriger Kenntnisse in der Archäologie zeigt. Moderne DNS-Verfahren geben sehr präzise Aufschluss über Alter, Geschlecht und Krankheit menschlicher und tierischer Skelettfunde. Computer, Digitalcameras und Scanner erleichtern die Datenaufnahme für die Abbildung archäologischer Funde.[3]

Besonders Film und Fernsehen haben sich in letzter Zeit antiken Stoffen wieder zugewandt. Große Erfolge zeigen Filmproduktionen wie Gladiator aus dem Jahr 2000 sowie Troja (2004), King Arthur (2004) und Alexander (2004).[4] Kino gilt als das vielleicht wirkungsmächtigste Rezeptionsmedium der Antike.[5]

Auch dem Fernsehen bietet gerade die griechisch-römische Mythologie scheinbar immer wieder ausreichenden Stoff für zum Beispiel recht aufwendige Produktionen mit freilich sehr unterschiedlicher Qualität.[6] Mehrere TV-Produktionen haben sich in den letzten Jahren ebenso mit konkreten Themen aus der römischen Geschichte auseinander gesetzt: Imperium-Augustus (2003)[7] und Spartacus (2004).

Der TV Sender ARTE sendete 2004 die Dokumentation Spartacus – Gladiator gegen Rom mit einem ausführlichen Bericht des Historikers Marcus Junkelmann.[8]

Selbst Computerspiele machen vor der Antike nicht mehr halt: Rome: Total War (2004) oder Age of Empire (I.1996, II.1999) die auf antiken Themen aufbauen, sind erfolgreich.

Für die Film-, Fernseh- und Plakatwerbung war die Antike seither ein ergiebiger Steinbruch. In diesem Zusammenhang sei an den letzten Werbe-Spot von der Firma Pepsi erinnert: Die Schlüsselszene spielt in einer römischen Arena. Durch den Tumult, den drei weibliche Gladiatoren veranstalten, fällt eine Pepsi-Kiste, die dem Kaiser in der Circus-Loge offeriert wird, in die Arena. Die herausgefallenen Dosen werden von dem herbeiströmenden Volk in der Arena aufgesammelt. Es handelt sich hier wohl um eine ironische Umdeutung des ebenfalls in einigen Sandalenfilmen vorgestellten Panem-et-circenses -Topos.

Dass die Antike gerade heute wieder ein aktuelles Thema darstellt, beweisen vor allem die Medien. Da gibt es auf der einen Seite die Monumentalfilme aus Hollywood. Andererseits erscheinen aber auch neue Werke zur Rezeption der Antike, insbesondere im modernen Film, wie z. B. „Pontes II. Antike im Film“ (2002) von Martin Korenjak oder „Hollywoods Traum von Rom. ‚Gladiator’ und die Tradition des Monumentalfilms“ (2003) von Marcus Junkelmann.[9]

„Pontes II“ beschäftigt sich mit der Rezeption der Antike im Medium Film. Durch diesen Band erfolgt eine eindeutige Schilderung der Aktualität der Antike. Der Artikel von Anja Wieber beschäftigt sich mit der Einbettung antiker Themata im Film und ihrer Wirkung auf den Zuschauer am Beispiel des Films Gladiator.

Junkelmanns Werk beinhaltet vor allem eine eingehende Darstellung der Gattung des römischen Monumentalfilms in Bezug auf Typik und Geschichtsbild. Als Beispiel wird von ihm der Film Gladiator herangezogen. Des Weiteren kommt es zu einem Vergleich des Films Gladiator mit anderen historischen Filmen, wie z. B. The Fall of the Roman Empire (1964).[10]

Es existiert keine Abhandlung die sich ausschließlich mit der Figur des Marc Aurel im Film beschäftigt. Die verschiedenen Aspekte der Marc Aurel-Rezeption im Film ergeben sich zumeist aus dem Zusammenhang der Inhalte der oben aufgeführten Werke.

In den letzten Jahren hat sich die Antikenforschung verstärkt der Rezeptionsgeschichte zugewendet.[11] Aufgrund der vielen Bereiche, in die die Antike einfließt, ist sie ein interdisziplinäres Arbeitsgebiet und damit auch Bezugspunkt für die Kulturwissenschaften geworden. Durch die Antikerezeption kann gezeigt werden, inwieweit die Geschichte unser heutiges Denken und Handeln beeinflusst. Es stellt sich heraus, dass verschiedenste Aspekte der nachantiken Kultur und Lebenswelt überhaupt erst durch die Rezeption verständlich werden. Andererseits können damit auch Fragen der Altertumswissenschaften geklärt und neue Fragestellungen entwickelt werden.

In der Antikenrezeption wird die Art und Weise der Aufnahme antiker Inhalte und ihre Verarbeitung näher betrachtet, wobei das Ergebnis positiv oder negativ ausgelegt werden kann. Gefragt wird auch, ob ein antikes Werk zu jeder Zeit gleich verstanden wird oder eine jeweils andere Interpretation erfolgt. Anders gesagt: „Geschichte wird aber immer wieder neu er- bzw. gefunden und die ‚historische Wahrheit’ kann je nach Zeit, Ort und an der Betrachtung [der] Beteiligten sehr verschieden ausfallen, ebenso deren Rezeption in diversen Disziplinen.“[12]

Es geht hier auch um die Frage, warum eine bestimmte historische Persönlichkeit zur Erklärung eines historischen Geschehens herangezogen wird. In diesem Fall handelt es sich um die historische Persönlichkeit des römischen Kaiser Marc Aurel, der zuletzt in dem Historienfilm Gladiator wieder eine neue Aktualität erfahren hat.

Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag leisten, die Aktualität der Antike und ihre Bedeutung am Beispiel der Herrscherpersönlichkeit Marc Aurels für unsere heutige Kultur zu demonstrieren.

Der römische Kaiser Marc Aurel gehört zu den historischen Persönlichkeiten, mit denen man sich nicht nur im Film sondern auch in der Literatur und in der darstellenden Kunst immer wieder befasst hat.

In Gladiator wird er zur Schlüsselfigur für die Handlung des Films. Als ‚guter Kaiser’ im Gegensatz etwa zu Nero oder Caligula, wurde er im Laufe der Zeit sowohl in der antiken wie in der modernen Literatur immer wieder rezipiert.

Auch in der althistorischen Forschung wird dieses positive Bild bis heute bestätigt: „perhaps the most beautiful figure in history“ und „one of the best of men“[13] sowie “…a man severe to himself, indulgent to the imperfection of others, just and beneficent to all mankind.”[14]

Dieses Idealbild des Kaisers manifestiert sich schon in den antiken Quellen. Die Historia Augusta zum Beispiel dokumentiert noch im 4. Jahrhundert die Bewunderung der römischen Bevölkerung für Marc Aurel.[15]

Eines der meist zitierten und ausführlichsten Werke über Marc Aurel ist Anthony Birleys „Marcus Aurelius. A Biography“[16]. Durch die neu überarbeitete Auflage von 2000 ist das Werk des Jahres 1966 wieder aktuell. Es ist eine objektive Monografie, in der Marc Aurel von allen Seiten betrachtet wird. Die Jugendjahre und die Erziehung als auch militärische Aspekte der langen Kriegsjahre finden ausführliche Erwähnung.

Weitere neue Werke, auf die sich meine Ausführungen stützen, sind die Biografien von Klaus Rosen (2004, 3. Auflage) und Ute Schall (1991).[17]

Bei Rosen definiert sich das Bild Marc Aurels durch seine philosophische Arbeit, die „Selbstbetrachtungen“. Es geht um den Philosophen, der sein Leben nach stoischen Prinzipien ordnet. Rosen lässt Auszüge der „Selbstbetrachtungen“ an vielen Stellen in den Text mit einfließen.

Schall dagegen zeichnet das Bild eines Herrschers, der trotz aller politischen und familiären Krisen bemüht ist, seine Aufgabe zum Wohle aller zu erfüllen, als der letzte große Kaiser, der zugleich eine der tragischsten Herrschergestalten war.

In der Analyse der Star Wars -Filme zieht Martin Winkler einen ungewöhnlichen Vergleich zwischen Marc Aurel und Obi-Wan. Winkler kommt zu dem Schluss, dass beide Charaktere als Beschützerfigur fungieren und sie die höchsten menschlichen Ambitionen und das Gute und Noble der Menschheit repräsentieren.[18]

Einen Schwerpunkt in der Forschung nimmt das Reiterstandbild Marc Aurels ein. Vielen Römern gilt es noch heute als Symbol ihrer Nation und Geschichte.

Hervorzuheben ist die breit angelegte Monografie von Giorgio Accardo, in der es um die Geschichte des Reiterbildes und seine aufwendige Restauration sowie um Marc Aurels literarisches Nachwirken geht.[19]

Bei dem Thema der Rezeptionsgeschichte des Reiterstandbilds wurde hauptsächlich auf Harald von Roques de Maumonts „Antike Reiterstandbilder“ sowie Norberto Gramaccinis „Mirabilia. Das Nachleben antiker Statuen vor der Renaissance“ zurückgegriffen. Von Gramaccini wurde ebenso ein Artikel veröffentlicht, der sich ausschließlich mit der Rezeptionsgeschichte des Reiterbildes des Marc Aurel beschäftigt: „Die Umwertung der Antike: Zur Rezeption des Marc Aurel in Mittelalter und Renaissance“.[20]

Zuerst wird die Person Marc Aurel kurz vorgestellt. Die Biografie verdeutlicht wesentliche Lebensschwerpunkte und familiäre Aspekte. Im Mittelpunkt steht die politische Laufbahn des Kaisers. Die persönlichen Daten des Herrschers bieten die Grundlage für das bessere Verständnis zur Rezeption Marc Aurels als politische Figur und ihrer symbolischen Bedeutung besonders im Film. Aber auch die literarische Hinterlassenschaft des Kaisers bleibt ohne Wissen dieser biografischen Daten unverständlich.

Zur Vollständigkeit der Person Marc Aurel gehören auch seine „Selbstbetrachtungen“, deshalb werden sie hier erwähnt, aber nur insofern sie vielleicht die realen Umstände seiner Lebens- und Regierungszeit zu reflektieren scheinen. Fest steht, dass er vor allem wegen der „Selbstbetrachtungen“ zu den spätstoischen Philosophen zu zählen ist.[21]

In einem weiteren Kapitel wird auf die Rezeptionsgeschichte des Reiterstandbilds von Marc Aurel näher eingegangen. Das Standbild auf dem Kapitolsplatz in Rom ist eines der bedeutendsten antiken Originale der darstellenden Kunst und gilt als Vorbild aller ihm folgender Reiterstandbilder.[22]

Ein weiterer wesentlicher Gegenstand der Arbeit ist die Rezeption der Antike im Film. Die Ausführungen beziehen sich, nach einer kurzen Einleitung in die Thematik, auf den Vergleich der Filme Gladiator und The Fall of the Roman Empire. Es geht um die Frage, warum und wie die Figur Marc Aurel eingesetzt wurde.

Abschließend werden alle gewonnenen Kenntnisse zur Rezeption Marc Aurels zusammengefasst und ein Gesamteindruck über die Darstellung der Herrscherpersönlichkeit Marc Aurel formuliert.

2. Die Vita des Marc Aurel

Für die folgende kurze biografische Darstellung des Kaisers Marc Aurel werden die Scriptores Historiae Augustae herangezogen.[23]

Diese Kaiserbiografien werden in der Forschung als besonders kritisch betrachtet.[24] Dennoch ist diese Quelle, meiner Ansicht nach, eine der gebräuchlichsten, da auf ihr wiederum mehrere antike und auch moderne Berichte basieren.

Die wissenschaftliche Diskussion bezüglich der SHA füllt einen ganzen Forschungsbereich aus. Unklar ist der Zeitpunkt der Entstehung und ob sie von einem oder mehreren Autoren geschrieben worden sind. Darüber hinaus sind sie historisch gesehen keine sehr zuverlässige Quelle. In unschlüssigen Abschnitten der SHA scheint es, als habe der Autor fiktive Angaben hinzugefügt.[25]

Weitere Informationen zur schriftlichen Quellenforschung liefern die Schriften der Historiker Cassius Dio und Herodian, die Korrespondenz Marc Aurels mit seinem Lehrer M. Cornelius Fronto, die „Selbstbetachtungen“ des Kaisers sowie antike Gesetzessammlungen (zum Beispiel die Digesten und der Codex Justinianus).[26]

Gleich zu Beginn der Vita wird Marc Aurel vom Biografen als Philosoph charakterisiert. Es folgt die Familiengeschichte.[27]

Marc Aurel wurde am 26. April 121 n. Chr. in Rom geboren.[28] Seine Familie war spanischer Herkunft. Relativ früh manifestierte sich sein kaiserlicher Werdegang. Es war Hadrians Wunsch, dass Antoninus Pius den damals 16-Jährigen adoptierte. Dieser verheiratete ihn später mit seiner Tochter Faustina.

Der Autor führt an, Marc Aurel war über diese Adoption eher entsetzt als erfreut.[29]

Laut SHA besaß Marc Aurel von früher Kindheit an einen ernsthaften Charakter. Unterrichtet wurde er von den erfahrensten Lehrern der Zeit.[30] Der Autor gibt hier eine ausführliche Aufzählung.

Mit etwa zwölf Jahren kam seine Liebe zur Philosophie zum Vorschein. Er lebte und kleidete sich wie ein Stoiker indem er einfache Kleidung trug, auf dem Boden schlief und sich mit den philosophischen Schriften der Stoa beschäftigte.[31]

139 folgte die Ernennung Marc Aurels zum Caesar. Sein erstes Konsular übernahm er mit 18, zusammen mit Antoninus Pius, welcher seit dem Tod Hadrians 138 das Kaiseramt ausübte.

Während der Regierungszeit des Antoninus Pius baute sich eine enge Verbindung der beiden auf. In den insgesamt 23 Jahren waren Marc Aurel und Antoninus Pius nur zwei Nächte voneinander getrennt.[32]

Mit seinem Regierungsantritt im Jahr 161 verlieh Marc Aurel auch seinem Adoptivbruder Lucius Verus die Kaiserwürde.[33] Bis zum Tod des Lucius Verus 169 herrschten beide gleichberechtigt. Dies ist das erste belegte Doppelprinzipat für das Römische Reich.

Mit dem Beginn seiner Herrschaft endete leider die lange Friedensperiode die 117 begonnen hatte.[34] Die Krise begann noch im selben Jahr mit einer katastrophalen Tiberüberschwemmung mit folgender Hungersnot und der Kriegserklärung des Partherkönigs Vologaeses III.[35] Zudem drohte auch in Britannien ein Krieg auszubrechen und in Germanien und Rätien waren die Chatten eingefallen.[36]

Lucius Verus wurde in den Osten geschickt, während Marc Aurel in Rom verblieb und sich um die Staatsgeschäfte kümmerte. Er gründete in Rom und den Provinzen Standesämter und forderte die umgehende Meldung der Geburten und Sterbefälle.[37] Im Übrigen betont der Biograf den großen Respekt des Kaisers, den er dem Senat entgegen brachte.[38]

Die SHA geben weiter Auskunft, dass Marc Aurel der Rechtspflege besondere Aufmerksamkeit schenkte. Die jährlichen Gerichtstage wurden 230 erhöht.[39] Auch Cassius Dio hebt diesen Einsatz in der Rechtspflege hervor.[40]

Der Partherkrieg im Osten des Reiches war nahezu beendet, da brach 166/67 im Norden der Markomannenkrieg aus. Zwar hatten die kaiserlichen Strategen versucht ihn hinauszuzögern, was aber nur teilweise gelungen war.[41] Neben diesem neuen Krieg litt das Volk an einer verheerenden Seuche.[42]

Marc Aurel und Lucius Verus brachen zusammen in den Norden auf.[43] Nachdem sie die Alpen überquert hatten, gab Marc Aurel dem Drängen des Lucius Verus nach und schickte ihn zurück nach Rom. Marc Aurel begleitete ihn bis Altinum. Dabei verstarb Lucius Verus 169 an einem Schlaganfall, als er neben seinem Bruder im Wagen saß.

Der Biograf fügt das Gerücht um den Tod des Lucius Verus ein, welches Marc Aurel beschuldigt seinen Bruder getötet zuhaben. Angeblich soll er mit einem Messer, dessen eine Seite mit Gift präpariert war, ein Stück Schweinebauch abgeschnitten und es ihm gereicht haben.[44]

Aber trotz aller Laster des Lucius Verus, erwies Marc Aurel ihm alle Ehre.[45] Er lies ihn vergöttlichen, ehrte ihn mit Opfergaben und teilte den Nachlass gerecht auf.[46]

Weiter findet die öffentliche Versteigerung kaiserlicher Kostbarkeiten Erwähnung.[47] Marc Aurel wollte damit die durch Krieg (und Pest) geschmälerten Finanzen aufbessern.

Die SHA berichtet weiter, dass es nach Beendigung des Krieges Marc Aurels Plan gewesen sei, die Provinzen Marcomannia und Sarmatia einzurichten.[48] Dieses Vorhaben musste er allerdings erst einmal aufgegeben, da der usurpator Avidius Cassius 175 im Osten einen Aufstand anführte.

Wieder wird vom Biografen das nachsichtige Verhalten Marc Aurels betont. Strenge Maßnahmen gegen Avidius Cassius und seine Mittäter wurden nicht eingeleitet. Selbst den abgetrennten Kopf, den man ihm überbracht hatte, lies er ehrenvoll bestatten.[49] Die milde und vernünftige Handhabung dieses Vorfalls belegt auch Cassius Dio.[50]

Zudem hatte Marc Aurel seinen Sohn Commodus kommen lassen, um öffentlich seine Stärke zu demonstrieren und seine Nachfolge zu legitimieren.[51] Zuvor hatte Marc Aurel seinen Sohn Commodus schon zum caesar und imperator ausrufen lassen. Beide zusammen feiern 176 den Triumph über den ersten Markomannenkrieg.[52]

Im zweiten Markomannenkrieg (177-180) wurde er von Commodus begleitet. Der Biograf berichtet über das negative Verhalten des Commodus und über Marc Aurels Eroberungspolitik.[53]

Während dieses Krieges verstarb Marc Aurel nach siebentägiger Krankheit im militärischen Hauptquartier. Die SHA geben keine konkrete Auskunft über die Todesursache und den Sterbeort. Erwähnt wird nur, dass der Kaiser Essen und Trinken verweigerte um den Tod schneller herbeizuführen.[54]

Cassius Dio ist davon überzeugt, dass Marc Aurel nicht eines natürlichen Todes starb. Die Ärzte sollen den Tod verursacht haben, um Commodus einen Gefallen zu tun.[55]

Alles in allem zeichnet der Biograf ein positives und zum Teil idealisiertes Bild des Kaisers. Als charakterliche Vorzüge des Kaisers werden seine Milde, Vernunft und Großzügigkeit betont.[56]

Noch im 4. Jahrhundert[57] stand sein Bildnis neben den Penaten im häuslichen Heiligtum.[58] Der Biograf manifestiert damit die spätantike Bewunderung und Verehrung für den Kaiser Marc Aurel.

Wesentlich ist, dass die Regierung und die Persönlichkeit des Marc Aurels einen nachhaltigen Eindruck gemacht hat. An seiner Herrschaft wurden alle späteren Herrscher gemessen.[59]

3. Zur Rezeptionsgeschichte des Reiterstandbilds Marc Aurels

Das Reiterdenkmal des Marc Aurel gilt als einziges völlig unergänztes antikes Reiterstandbild und wurde zum Vorbild für alle folgenden Reiterstandbilder.[60] Einer kurzen Beschreibung des Standbilds folgt ein Vergleich mit einigen ausgewählten Reiterstandbildern späterer Zeit, aus dem sich für ein Gesamtbild der Rezeption dieses Monuments bestimmte Kriterien ablesen lassen.[61] Von Interesse ist, warum es zu einer derartigen intensiven Rezeption des Vorbilds bis in das letzte Jahrhundert gekommen ist.

3.1 Griechische und römische Reiterstandbilder

Im europäischen Raum liegen die Anfänge der Reiterstandbilder im antiken Griechenland. Die ersten nachgewiesenen monumentalen Freiplastiken sind dem 6. Jh. v. Chr. zuzuordnen.[62] Die vorrömischen Reiterstandbilder zeichnen sich durch unterschiedliche epochenspezifische Merkmale aus.

Die archaische Epoche umfasst das 6. Jh. v. Chr. und das 5. Jh. v. Chr. In dieser Epoche wird die Abbildung eines ruhig stehenden Pferdes gebräuchlich. Die abgebildete Person kam aus der herrschenden Oberschicht. Nachgewiesene archäologische Funde zeigen den Tyrannen oder Familienmitglieder. Die künstlerische Gestaltung erfolgt mit nur wenigen Details und persönliche Merkmale des Dargestellten werden außer Acht gelassen. Die Aufstellung solcher Statuen scheint in der Tyrannis einen sakralen Hintergrund zu haben, da sie in Tempelanlagen gefunden wurden.[63]

Die Kunstform der Reiterstandbilder wird in der Demokratischen Ordnung nicht fortgeführt, da man sie aufgrund ihres Ursprungs in der Tyrannis nicht für demokratisch genug hielt.[64] Erst die gefundenen Alexanderstatuetten dokumentieren das Aufleben dieser Darstellungsweise wieder. Wahrscheinlich reflektieren sie in Miniaturform das Aufkommen monumentaler Reiterstatuen.[65] Somit würden Alexanderstatuetten auch die einsetzende regelmäßige und flächendeckende Herrscherverehrung in Form von Reiterstandbildern beweisen.

Ob die Standbilder dieser Zeit an einen sakralen Aufstellungsort gebunden sind oder zum Teil auch schon an öffentlichen Plätzen zur Anwendung kommen, ist unsicher. Die Verschiebung von der sakralen zur öffentlichen Aufstellung ist erst im Hellenismus belegbar.

In der hellenistischen Epoche wurden die Bildwerke nicht nur an sakralen Orten aufgestellt, sondern gleichfalls an öffentlichen Plätzen. Könige und Fürsten ließen ihre militärischen Erfolge in Form von Reiterstandbildern verewigen.

Die hellenistische Kunstform der Reiterbilder unterscheidet sich deutlich von der archaischen. Die Haltung des Pferdes ist nun nicht mehr stehend und ruhig, vielmehr wird das Pferd in dahinsprengendem und galoppierendem Modus gezeigt. Die Plastiken zeigen eine detaillierte Wiedergabe bis hin zu persönlichen Gesichtszügen sowie eine energische Bewegtheit. Als Material wurde nun auch Bronze, zum Teil vergoldet, verwendet.[66]

In der Römischen Republik wird die Darstellung des sprengenden hellenistischen Reiterbilds fortgeführt.[67] Der hellenistische Typus des Reiterstandbilds wird ohne weitere Zusätze übernommen, was bedeutet, dass es in der Republik gleichermaßen als militärische Auszeichnung galt.[68] Der Personenkreis, dem diese Ehre jetzt zustand, vergrößerte sich, dennoch war wenigstens der Rang eines Prokonsuls oder eines Legaten Bedingung.

Immer noch als eine Ehrung für militärische Taten – nun jedoch nicht mehr an sakralen Orten der Göttin gewidmet, sondern in Gedenken an die Person selbst – wurden sie jetzt auf öffentlichen Plätzen aufgestellt. Bedingt durch den schnellen politischen Aufstieg der Römischen Republik und dem ausgeprägten Ahnenkult der römischen Patrizier, entstanden unzählige Reiterstandbilder, von denen bis heute nur Darstellungen auf Münzen geblieben sind.[69]

Laut Junkelmann hat die Mehrzahl der spätrepublikanischen Reiterbilder den Reiter auf levadierendem Pferd gezeigt. Als einziges originales Beispiel dienen die Fragmente der Reitergruppe aus Lanuvium bei Rom. Maumont datiert die sieben marmornen Reiterbilder in das Jahr 60 v. Chr.[70] Die Reiter sind wiederum auf sprengenden Pferden dargestellt und mit einem Offizierspanzer bekleidet.

Der Stil des hellenistischen Reiterstandbildes hielt sich ungefähr bis in das 1. Jahrhundert n. Chr. im römischen Kaiserreich. In Rom selbst entwickelte sich der Bildtypus des ruhig dahin schreitenden Pferdes (repräsentativer Reitertypus). Zudem ist es im Rom der Kaiserzeit nur der Kaiser selbst, der in einem Reiterstandbild dargestellt werden darf.[71]

Die Umwertung der Bedeutung eines Reiterstandbildes vollzog sich nun vollständig. Bis dato war es vorwiegend ein heiliger Ort gewesen, an dem eine Statue aufgestellt wurde. Es war nun nicht mehr das Reiterstandbild zu Ehren einer Göttin in einem Tempel in Delphi oder Olympia, sondern das Standbild des Kaisers an einem öffentlichen Platz (Forum), zugänglich vor allem für das Volk und für jedermann sichtbar.[72]

Die Reiterstandbilder waren in der Kaiserzeit aus vergoldeter Bronze gefertigt. Es war nicht mehr ein Reiter, der dargestellt wurde, sondern ein Herrscher auf einem Pferd sitzend wie auf einem Thron.[73] Auf die Beigabe von Waffen wurde zumeist verzichtet. Der Kaiser wurde im Feldherrnmantel mit der grüßenden Hand abgebildet. Die meisten der bezeugten Reiterstandbilder des Kaisertums belegen diesen repräsentativen Typus des Reiterstandbildes. Der repräsentative Reitertypus symbolisiert Erhabenheit und Würde.

Von den verloren gegangenen Reiterstandbildern der römischen Kaiser, wie Augustus, Nero oder Caligula, existieren nur noch Abbildungen auf Münzen. Durch Münzen ist ebenfalls die Reiterstatue des Trajan gesichert.[74] Es entspricht dem kaiserzeitlichen Typus von der ruhigen Haltung des Pferdes. Der Kaiser ist in Feldherrntracht abgebildet. Der Propaganda zweckdienlich repräsentiert es Schlichtheit und Würde. Somit kann es als ein direktes Vorbild des Marc Aurel-Reiterdenkmals gedeutet werden.

3.2 Das Reiterstandbild des Marc Aurel

Das Reiterstandbild des Marc Aurel gehört zur Gattung der repräsentativen Reiterbilder. Vergleicht man es mit den hellenistischen Vorbildern, kann dieses als ein plastisches Meisterwerk gelten.[75]

Heute steht das Standbild auf dem Kapitolplatz in Rom wo es sich, obwohl ursprünglich nicht für eine zentrale Aufstellung konzipiert, als alles überschauendes Monument gut in die moderne Platzanlage einfügt.[76]

Der gewaltige Eindruck, den das Bildwerk auf den Betrachter ausübt, erklärt sich durch seine Größe. Es misst 3,87 m in der Länge und 4,24 m in der Höhe, das bedeutet ungefähr die eineinhalbfache Lebensgröße des Pferdes, wobei der Kaiser proportional viel zu groß dargestellt ist. Reiter und Pferd wurden separat aus Bronze gegossen und vergoldet.[77]

Die zurückhaltend wirkende, herrscherliche Pose entsteht durch das Zusammenspiel von Gestik und Mimik des Kaisers. Marc Aurel sitzt etwas vornüber gebeugt. Er richtet sich direkt dem Betrachter zu. Der rechte Arm ist weit ausgestreckt und formuliert eine grüßende oder segnende Geste. Die „Gebärde des Herrschers, mit der er sich zum Volk oder zu seinen Soldaten wendet [Gestus der adlocutio ]“[78]. Der Blick des Kaisers und auch der Kopf des Pferdes folgen dem weit ausgestreckten, weisenden Arm. Der linke Arm hält die Zügel und vermutlich eine Victoriastatuette.[79]

Der Kaiser sitzt ganz entspannt auf dem Pferd. Obwohl Marc Aurel als Herrscher dargestellt ist, sind seine reiterlichen Fähigkeiten hier ohne Belang. Es ist zwar ein militärisches Denkmal, da es vermutlich vor den Kasernen[80] stand, im Vordergrund jedoch steht seine repräsentative Funktion. Das Pferd dient nicht mehr als Beweis militärischer Fähigkeiten, sondern als Mittel zur Erhöhung des Reiters, als Thron.[81]

Marc Aurel trägt eine weite kurzärmelige Tunika, die mit dem cingulum militare gegürtet ist, und darüber das purpurne paludamentum, das durch die fibula an der rechten Schulter zusammengehalten wird.[82] Die komplizierte Führung und Knotung der Riemen weist auf den hohen Rang des Trägers. Es ist die Feldherrntracht, die bei nicht kriegerischen Anlässen getragen wurde. Bis auf den Ring am Ringfinger der linken Hand gibt es keinen Schmuck. Was vermutlich auch eine Folge seiner philosophischen Haltung war, da der Stoizismus Bescheidenheit lehrte.

„Dem Porträt fehlt jeglicher Ausdruck von Energie und Machtanspruch.“[83], so Raimund Wünsche. Bis auf Stirnfalten und angedeutete Augenringe wurde das Gesicht vom Künstler kaum ausgearbeitet. Der schmale Mund, die Stirnfalten und die halboffenen Augen lassen es nachdenklich wirken.[84] Durch das mimisch fast unbewegte Gesicht entsteht der Eindruck von Ruhe und Unerschütterlichkeit, aber auch Distanziertheit. Gerade diese Distanziertheit ist es auch, die ihm andere zum Vorwurf gemacht haben.[85]

Joseph Brodsky verweist auf die Ähnlichkeit zu Antoninus Pius und Commodus, die durch das lockige Haupthaar, den Bart sowie das Gesicht hervortritt. Er lenkt jedoch ein, dass es auch der damaligen Mode entsprochen haben könnte oder der Bildhauer die Absicht hatte, ein Abbild des perfekten Herrschers zu schaffen.[86]

Der Pferdekörper wirkt gedrungen und schwer. Die Beine sind relativ schlank, halten aber dennoch den mächtigen Körper des Tieres.[87] Die Gangart des Pferdes, der „versammelte“ Trab und die Kopfhaltung („trockener“ Kopf) deuten auf einen hohen Grad der Dressur und eine edle Abstammung.[88] Die Haltung des Pferdes symbolisiert Ruhe und Sicherheit, was sich wiederum über die Identität des Kaisers definiert.

Der feste Sattel, wie man ihn heute kennt, wurde erst im Mittelalter erfunden.[89] Hier handelt es sich um eine Satteldecke. Als Polsterung dienen darunter drei dicke Lederschichten mit Randverzierungen in Zickzack- Treppen- und Halbmondform. Steigbügel wurden noch nicht verwendet.

Laut Elfriede Knauer weist das Bildwerk anatomische Fehler auf, welche aber erst ersichtlich werden, wenn das Reiterbild zu ebener Erde betrachtet wird.[90] Es gibt eine festgelegte Höhe und eine bestimmte Betrachterposition, bei der die anatomischen Unregelmäßigkeiten einen Sinn ergeben. Entsprächen diese Fehler der bewussten antiken Planung, lässt sich die mögliche Aufstellung durchaus näher definieren.

Eine Errichtung auf einem Triumphbogen wäre demzufolge unwahrscheinlich, da man von unten nur den kräftigen Pferdekörper gesehen hätte und die Disproportion keinen Sinn ergäbe.

Von Knauer wird ein Sockel „von etwa doppelter Mannshöhe“ als passend in Betracht gezogen.[91] Der lange Hals, der zu große Oberkörper, ein überlanger flacher Arm und das Fehlen beider Oberschenkel beim Kaiser stimmen erst proportional überein, wenn man sich dem Reiter von links nähert und seinen Gruß entgegennimmt. Auch das Größenverhältnis von Reiter und Pferd harmonisiert von diesem Standpunkt aus.

3.3 Rezeptionsgeschichte

Zeitpunkt und Ort der ersten Aufstellung der Reiterstatue sind leider nicht durch Quellen belegt. Möglicherweise war es um 173 n. Chr.[92] Auch andere Jahre werden erwogen; so 147, 164, und 166 n. Chr. De Maumont diskutiert das Jahr 147 n. Chr., demzufolge gleich oder kurz nach dem Regierungsantritt Marc Aurels als Mitregent. Er verwirft die Vermutung Wegners, der die Aufstellung mit der Annahme des Siegertitels Armenicus 164 n. Chr. in Verbindung bringt.[93]

Anthony Birley nennt das Jahr 166 n. Chr. Dazu tendiert auch Knauer, die ihre Annahme auf überzeugende Argumente stützt. Ihrer Vermutung nach muss das Bildwerk in der ersten Hälfte der sechziger Jahre des 2. Jahrhunderts entstanden sein.[94] Es gibt sogar die Meinung, das Reiterstandbild sei erst nach dem Tode Marc Aurels durch seinen Sohn Commodus aufgestellt worden. Diese These basiert auf der Ähnlichkeit der Gesichtsform der Reiterstatue mit Porträts des Commodus.[95]

Aus den antiken Quellen geht der ursprüngliche Standort des Reiterbildes nicht hervor. Vermutlich befand sich der eherne Reiter auf dem Exerzierplatz, dem Campus caelimontanus, vor den Kasernen der berittenen Begleitgruppe des Kaisers.[96] Oder aber auch direkt vor der Villa des Kaisers, so die Vermutung Gramaccinis.[97] Birley schließt auch die Möglichkeit nicht aus, dass das Reiterbild auf einem Triumphbogen gestanden haben könnte.[98]

Abschließend lässt sich die Aussage treffen, dass sich das Reiterstandbild mit großer Wahrscheinlichkeit auf dem Caeliushügel in Rom befand, etwa südwestlich vom Forum Romanum gelegen. Denn beide von der Wissenschaft angegebenen Standpunkte (Kaiservilla und Exerzierplatz) befinden sich geographisch gesehen an etwa demselben Ort.

Möglich wäre auch, dass die Statue in der Folgezeit eingelagert wurde. Daraus würde sich erklären lassen, warum sie vom Spolienraub der Byzantiner verschont geblieben ist und die Quellen über sie schweigen.

3.3.1 Rezeptionsgeschichte im Mittelalter und der Renaissance

Über den Zeitraum vom 4. bis zum 8. Jahrhundert existieren keine Zeugnisse über das Reiterstandbild.[99] Die ab dem 8. Jahrhundert belegte Rezeptionsgeschichte „spiegelt zum einen politische Geschichte, zum anderen Kulturgeschichte und dort den Wandel des Antikenverständnisses vom 8. bis zum 15. Jahrhundert wieder“[100]. Auf den ersten Blick lässt sich die Rezeptionsgeschichte chronologisch in drei Phasen einteilen:

(1) Das Mittelalter (bis 14. Jh.): Prägung der unterschiedlichen Funktionen und Benennungen des Marc Aurel durch politische Machtstrukturen.
(2) Frühhumanismus (14. Jh.): Die Umformung des Antikenbilds durch die italienischen Frühhumanisten zu einer positiven Sicht auf die Antike. (Im Gegensatz zum mittelalterlichen Negativbild der Antike.) Die rezipierten antiken Tugenden werden ins humanistische Gesellschaftsbild übernommen.
(3) Bildende Kunst (15. Jh.): Rezeption des Reiterbildes durch Künstler der oberitalienischen Humanistenhöfe.[101]

Diese drei Stadien werden verfolgt und darüber hinaus auch die Entwicklung der Reiterbilder bis in die Neuzeit untersucht.

Für die Vermutung, der Reiter habe auf dem Exerzierfeld gestanden, erweisen sich die von Knauer angeführten Fakten als ausschlaggebend. Reste der Kaserne der oben genannten Eliteeinheit wurden unter der Lateransbasilika gefunden.[102] Der Platz des Reiters auf dem Lateran, vor der Basilika, wird durch Quellen seit dem 10. Jahrhundert belegt.[103]

Die weitere Rezeption wird durch die Legende der Konstantinischen Schenkung des 8. Jahrhunderts geprägt. Durch sie begründet sich die neue Identifizierung des Reiterstandbilds.[104] Die „Konstantinische Schenkung“ legitimierte den weltlichen Herrschaftsanspruch des Papsttums. Kaiser Konstantin soll angeblich bei seinem Weggang nach Byzanz die imperiale Gewalt der römischen Kirche übertragen haben.[105] Als symbolische Insignien kaiserlicher Macht dienten der Lateranspalast und unter anderem das Reiterstandbild, welches nun als caballus Constantini in die Geschichte einging. Über das zentrale Symbol kaiserlicher Macht hinaus wird es heute auch als „Schlüsselwerk der Kirchenreform des 8. Jahrhunderts“[106] gedeutet. Heute gilt die „Konstantinische Schenkung“ offiziell als Fälschung.[107]

Im 10. Jahrhundert wird der „Konstantin“-Reiter in Rom zum Ort der Gerichtsbarkeit. So wurde zum Beispiel im Jahr 966 der Stadtpräfekt Petrus an den Haaren am Pferd aufgehängt.[108] Ein weiteres Beispiel unterlegt die These vom Aurelianischen Reiterbild als Gerichtssymbol: 985 wurde der Leichnam des Gegenpapstes Bonifaz VII. auf dem Lateran vor das Pferd „Konstantins“ geworfen.[109]

Die Kirche schien die Bestrafung ihrer Gegner durch die Ikonografie des Reiterstandbilds zu rechtfertigen. Das durch die „Konstantinische Schenkung“ entstandene Bündnis zwischen Kirche und Kaiser erlaubte der Kirche ihre eigenen Feinde zu strafen, so wie es Konstantin mit seinen Feinden getan hatte.

Als Sinnbild des ersten römisch-christlichen Kaisers und als Zeichen des Machtanspruchs der Kirche überdauerte Marc Aurel als „Konstantin“ die Zeit bis zu seiner Wiederentdeckung im 14. Jahrhundert. Während dieser Zeit fungierte der „konstantinische“ Reiter sinnbildlich immer wieder als Spielball der politischen Mächte der Zeit: des Senats, des Papstes und des Kaisers.

Die Namensgebung als Konstantin war ursächlich dafür verantwortlich, dass das Reiterstandbild als caballus Constantini die Wirren des Mittelalters nahezu unbeschädigt überstanden hat.[110]

Im 11. Jahrhundert kam es auch zur Deutung als „Theoderich“, wohl deshalb, weil auch die deutschen Kaiser eine ikonographische Verbindung zum römischen Kaisertum und der Kirche suchten.[111]

Es existierte im Mittelalter nicht nur die päpstliche und kaiserliche Deutung des Standbilds als Konstantin und Theoderich. Seit dem 12. Jahrhundert kam noch eine kommunale Interpretation des Reiters dazu. Die Mirabilien[112], so genannte Stadtführer, erzählen die Legende eines Ritters, der Rom vor dem Übergriff eines orientalischen Königs gerettet haben soll. Als Bauer verkleidet, konnte er durch diese List den feindlichen König gefangen nehmen. Als Retter Roms wurde er sodann mit dem Reiterdenkmal geehrt.

In dieser Geschichte spiegelt sich die politische Situation des 12. Jahrhunderts wieder. Das erneut umgedeutete Reiterbild reflektiert die päpstliche Opposition, die 1143 einen Gegenpapst aufgestellt hatte.[113] Die neu entstandene politische Gruppe schloss sich aus dem Stadtpatriziat und der römischen Plebs zusammen. Beide als der Ritter und der Bauer mit gleichwertiger Bedeutung im Reiterstandbild dargestellt.

Eine ähnliche, jedoch politisch abgewandelte Legende schildert Magister Gregorius 1220.[114] Die Grundgeschichte ist die gleiche, es handelt sich hier allerdings um einen christlichen Ritter, der jetzt den Namen Quintus Curtius trägt. Gregorius’ Erzählung definiert sich durch einen „theologisch-didaktischen Unterton“[115]. Magister Gregorius war es auch, der die unterschiedlichen Bezeichnungen des Marc Aurel sozialen und politischen Gruppen zugeordnet hat:

„Den Pilgern (d.h. den Deutschen) gelte der Reiter als Theoderich, dem Volk (d.h. der veralteten Tradition) als Konstantin; ‚die Kardinäle und Kleriker der römischen Kurie aber nennen ihn entweder Marcus oder Quintus Quiritus’.“[116]

In mittelalterlichen Quellen wird seit dem 12. Jahrhundert eine sonderbare Zwergengestalt unter dem linken Pferdehuf des Bildwerks erwähnt.[117] Fraglich ist, ob es sich bei der Gestalt, die als Barbar oder feindlicher König interpretiert wurde, um eine antike Darstellung oder um eine mittelalterliche Ergänzung gehandelt hat.[118]

Derartige Abbildungen sind aus der Kaiserzeit überliefert. Auf den Münzen Trajans erscheint das Motiv des kämpfenden und siegreichen Kaisers. Unter den Hufen des dahinstürmenden Pferdes wird ein zu Boden gegangener Feind mit einer Lanze durchbohrt. Da sich in der Kaiserzeit aber der repräsentative Typ des ruhig dahinschreitenden Pferdes durchgesetzt hatte, scheint dies eher der Einzelfall gewesen zu sein.[119]

Eine solche allegorische Interpretation scheint mir jedoch unbegründet, da es sich bei dem Standbild zwar um ein militärisches Ehrenmal handelt, aber ein niedergerittener Barbar unter dem linken erhobenen Vorderfuß des Pferdes dem von Marc Aurel selbst intendierten Sinnbild eines Friedenskaisers wohl kaum entsprochen hätte.[120] Zumal eine derartige Darstellung in Zusammenhang mit dem Adlocutionsgestus nicht auf den überlieferten antiken Münzbildern zu finden ist.[121] Wenn tatsächlich eine solche kauernde Figur existiert hat, wie mediävale Quellen angeben, handelte es sich wahrscheinlich um eine mittelalterliche Zufügung, welche als Triumphmotiv für den Betrachter dem Standbild eine weitere Deutungsmöglichkeit hinzugefügt haben mag.

„Konstantin“ oder „Theoderich“ werden mit diesem Zusatz als allmächtige Herrscher, als Sieger über ihre Feinde bestimmt. Die Zeichnung des römischen Künstlers Pisanello[122], nach 1431-32, zeigt Marc Aurel ohne eine zusätzliche Figur unter den Hufen des Pferdes. Man kann hier die zur Festigung angebrachten Stützen erkennen, die dem Bildwerk während des Mittelalters zugefügt worden sein müssen. Auch auf dem Fresko des italienischen Malers Filippino Lippi[123] von 1488-1490 ist keine Figur abgebildet, hingegen beweist es die damals angebrachten Stützen. Das Fresko zeigt das Reiterstandbild vor der Lateranskirche. Die Figur muss vor dem 15. Jahrhundert entfernt worden sein, da sie keine Erwähnung mehr findet.

Schon im 6. Jahrhundert bemängelte der römische Statthalter Cassiodor den Zustand der Kulturgüter Roms. Sie lägen schutzlos herum und würden dem Zugriff des Volkes ausgesetzt.[124] Es ist anzunehmen, dass auch das Reiterstandbild Marc Aurel davon betroffen war.

Seit dem 14. Jahrhundert aber, muss es sich in einem äußerst desolaten Zustand befunden haben. Die Dienste als Pranger und die zahllosen Pilger haben ihre Spuren an dem Denkmal hinterlassen. Für das Jahr 1347 wird berichtet, dass Cola di Rienzo zur Feier seines Ritterschlags als Volksbelustigung Wein und Wasser aus den Nüstern des Pferdes fließen ließ.[125] Der erschreckende Zustand gab immer wieder Anlass zu Renovierungsarbeiten.[126]

Mit einer weiteren Legende wurde im 14. Jahrhundert eine erneute Umwidmung des Denkmals vollzogen. Wieder erklärte eine Geschichte die Herkunft des Reiters auf dem Lateran. In dieser neuen Version ging es um einen Bauern, der zum Ritter geschlagen wurde. Es handelt sich um das Rom Konstantins, das nach einer Schlacht seinen Feinden unterlegen war.[127] Ein Bauer habe daraufhin die Fliehenden zurückgerufen und in der neu angefachten Schlacht erfolgreich angeführt. Dabei sei er auf dem herrenlosen Pferd des Konstantin geritten.

Die Legende vom gran Villano, dem großen Bauern, bezeichnet Gramaccini als die „breiteste und beliebteste Version des Marc Aurel“[128]. Wohl aus dem Grund, weil das Volk den Reiter so zu ihrem Volkshelden deklarierte.[129] Und in gewissem Sinne sind es die Ideen des Volkes, die am längsten wären. So ist es auch zu erklären, dass unter dem Volk die Bezeichnung für die Reiterstatue als Konstantin bis ins späte 16. Jahrhundert noch geläufig war.[130]

Seit dem 15. Jahrhundert kam es während der Renaissance zur Entdämonisierung der Antike. Vorchristliche antike Werte wurden von den Humanisten wiederentdeckt und für die Deutung ihrer Epoche angewendet. Im weiteren Sinn entstand ein neues Menschenbild. Wie stark der Humanismus die Antike und ihre Kultur für die Ausbildung eines neuen Menschenbildes rezipiert hat, zeigt auch die grundsätzliche Wiederaufnahme des römischen Rechts, das zur Grundlage einer europäischen Rechtskultur werden sollte.

Der Humanismus veränderte die Sichtweise auf das Reiterstandbild. Da sich die Position der römischen Kirche allmählich gefestigt hatte, ging auch die Funktion des ‚konstantinischen’ Reiters als Sinnbild der Kirchenmacht langsam verloren. Vor allem die Kunst begann, sich erneut mit dem Werk auseinander zu setzen. Es wurden Fragen nach der wahren Identität des Reiters vom Lateran gestellt. Hervorgerufen durch die humanistische Antikenforschung, begann man mit archäologischen Mitteln die historische Vergangenheit neu zu interpretieren.[131] Zur Deutung wurden die antiken Münzporträts herangezogen, so wurde klar, dass es sich kaum um Konstantin gehandelt haben konnte. Selbst in den Mirabilien wird das Kapitel zum Lateransreiter mit dem Satz eröffnet, dass es sich nicht um Konstantin handele.[132]

[...]


[1] Wyke 2001, S. 126.

[2] Ebd.

[3] Zu modernen Methoden in der Archäologie siehe Renfrew/ Bahn, Araeology: Theories, Methods and Practice, London 20003.

[4] Siehe dazu näher: www.boxofficemojo.com, 23.10.2005.

[5] Vgl. Korenjak 2001, S. 8. Zu weiteren Aspekten der visuellen Geschichte siehe Sorlin 2001, S. 26.

[6] TV-Verfilmungen: Jason and the Argonauts (2000), The Odyssey (1997); vgl. Wieber 2002b, S. 13. TV-Serien: Hercules (1995-1999) und Xena (1995-2002); vgl. Kehne 2004, S. 427.

[7] Deutscher Titel: Mein Vater der Kaiser; deutsche Erstausstrahlung 6. Januar 2004; vgl. IMDB (International Movie Data Base: http://www.imdb.com).

[8] Die Dokumentation wurde am 13.11.2004 auf ARTE ausgestrahlt. Da sie allerdings schon 2002 produziert wurde, ist anzunehmen, dass dies unter anderem als Folge auf Ridley Scotts Gladiator erfolgte. (Spartacus – Gladiator gegen Rom, Dokumentation, Deutschland 2002, ZDF, von: G. Klein). Vgl. Arte TV, <http://www.arte-tv.com/de/search.results/686200.html>(28.12.04).

[9] Korenjak 2002; Junkelmann 2004.

[10] Weitere relevante Publikationen zum Thema Antike und Film: Landy 2001; Eigler 2002. Eiglers Werk enthält unter anderem den Artikel „Auf Sandalen durch die Jahrtausende – eine Einführung in den Themenkreis ‚Antike und Film’ von Anja Wieber, der eine ausführliche Einführung zur Thematik Antikerezeption im Film darstellt (S. 4-40).

[11] Vgl Korenjak 2001, S. 7; Korenjak 2002, S. 7.

[12] Wieber 2004a, S. 1.

[13] Arnold 1962, S. 140.

[14] Edward Gibbon, zit. bei Birley, Marcus Aurelius, S. 8.

[15] SHA, MA, 18,5-6.

[16] Birley 2004.

[17] Schall 1991; Rosen 2004.

[18] Winkler 2001, S. 280f. „The hero’s fatherly teacher in Star Wars is Obi-Wan Kenobi. He is first the living and then the spiritual embodiment of the force, a quasi-religious philosophy of the distinction between right and wrong and of the meaning of life in the universe.”

[19] Accardo 1990. Der Artikel von Regine Knauer befasst sich ebenfalls mit dem Reiterbild des Marc Aurel. Sie geht dabei besonders auf die Translatio und die Rezeption im Mittelalter sowie technische Details, wie etwa Größe und Verarbeitung, ein. Mit dem Begriff „Translatio“ ist hier die Umplatzierung eines Reiterbildes bezeichnet (zitiert nach Hinz 2002, S. 650). Knauer 1979, S.304-346.

[20] Maumont 1958. Gramaccini 1985; Gramaccini 1996.

[21] Brandner 2001, S. 477.

[22] Vgl. Knauer 1979, S. 315; Junkelmann 1990, S. 207.

[23] Im Folgenden mit SHA abgekürzt.

[24] Eine aufschlussreiche und kritische Abhandlung zu diesem Thema bietet Lambrechts 1979, S. 25-57.

[25] Die Forschungsfragen kreisen unter anderem um die Bedeutung der SHA für die Geschichte des 2. und 3. Jahrhunderts, da sie diesbezüglich oft die einzige Quelle darstellen. Behrwald 2005. So definiert auch Eichenberg die SHA als maßgebliche Quellen für die Kaiser ab Domitian und Trajan. Eichenberg 1998, S. 118.

[26] Zur gesamten Quellenlage siehe Birley 2004, S.226-231.

[27] SHA, MA,1.

[28] Die in diesem Kapitel verwendeten Jahresdaten sind der Birley-Ausgabe entnommen. Birley 2004.

[29] SHA, MA, 5,4.

[30] Eine besondere Beziehung baute sich zu seinem Rhetorik-Lehrer Fronto auf.

[31] Zu den philosophischen Aspekten siehe SHA, MA, 2-3.

[32] SHA, MA, 7,2. Im ersten Buch der „Selbstbetrachtungen“ widmet er seinem Adoptivvater einen langen Abschnitt. Er führt vor allem seine bewundernswerten Eigenschaften aus und manifestiert ihn damit als sein Vorbild. SB 1, 16.

[33] Genau genommen hatte der Senat, auf Marc Aurels Bitte hin, dem Lucius Verus die kaiserlichen Titel und Gewalten verliehen. Rosen 2004, S. 63.

[34] Vgl. Birley 1979, S. 474.

[35] Die Angabe bezieht sich auf Birley. Vgl. Birley 2004, S. 44/45, 120f. Wobei Rosen die „Frühjahrs“-Tiberüberschwemmung aber in das Jahr 162 datiert. Rosen 2004, S. 70. Bei Christ und Rosen erfolgt die Kriegserklärung der Parther erst 162. Christ 1992, S. 334; Rosen 2004, S. 150.

[36] SHA, MA, 6,5-6.

[37] SHA, MA, 9,8-9.

[38] SHA, MA, 10,1-4.

[39] SHA, MA, 10,11-12. Birley teilt Marc Aurels juristische Arbeit in drei Teilbereiche ein. Die manumissio der Sklaven, die Bestimmung von Vormundschaften der Waisen und Minderjährigen und die Einsetzung von decuriones für die kommunalen Angelegenheiten der Provinzen. Birley 2004, S. 133.

[40] CD, 71,6,1.

[41] SHA, MA, 12,13.

[42] SHA, MA, 13,3. Es wird angenommen, dass Lucius Verus und die heimkehrende Armee die Pest aus dem Osten mitbrachten. Christ bezeichnet sie als einer der größten Epidemien des Altertums. Christ 1992, S. 336. Die Kriegsverluste und die Pest haben die römische Bevölkerung stark minimiert. Vgl. Birley 2004, S. 149ff.

[43] Vgl. dazu SHA, MA, 14.

[44] SHA, MA, 15,4-5.

[45] Zu den negativen Eigenschaften des Lucius Verus, siehe SHA, MA, 16,3-4. Eine Gegenüberstellung von positiven und negativen Eigenschaften, wie sie in den Kinofilmen verarbeitet wird, ist schon in der antiken Geschichtsschreiung zu erkennen. Der Wahrheitsgehalt bleibt nach wie vor umstritten.

[46] SHA, MA, 15,3; 20,2-6.

[47] SHA, MA, 17,5-8.

[48] SHA, MA, 24,5-6.

[49] SHA, MA, 24,7; 25,2-8.

[50] CD, 72,26-28.

[51] Vgl. Christ 1992, S. 342f.

[52] SHA, MA, 16,1-2.

[53] Diese Aussage der SHA ist in der Forschung umstritten. Eine interessante Abhandlung zu den politischen Absichten des Marc Aurel die nördlichen Gebiete betreffend ist von Bannert erschienen. Bannert 1979. Birley unterdessen gibt einen guten Einblick in die gesamte Außen- und Grenzpolitik des Marc Aurel. Birley 1979.

[54] SHA, MA, 28,2-3. Der Forschung ist es nicht gelungen die genaue Todesursache zu bestimmen. Denkbar wären die Pest oder Krebs, da er sich schon lange mit Schmerzen in Brust und Bauch plagte. Birley und Junkelmann geben Sirmium als den wahrscheinlichsten Strebeort an. Birley 2004, S. 210; Junkelmann 2004, S. 397, Anm. 544.

[55] CD, 71,33.

[56] SHA, MA, 12,1.

[57] Das 4. Jahrhundert wird als die angebliche Entstehungszeit der SHA definiert. Vgl. Behrwald 2005.

[58] SHA, MA, 18,6.

[59] Vgl. Alföldy 1973, S. 353.

[60] Vgl. Hinz, Reiterstandbild, S. 650-653; Diehl 1931, S. 42; Junkelmann 1990, S. 207; Maumont 1958, S. 55.

[61] Grundlegend dazu Maumont 1958; Knauer 1979; Gramaccini 1985. Bei der Untersuchung wird auch auf den Aufstellungsort der jeweiligen Reiterstandbilder eingegangen. Dabei wird zwischen sakralem und profanem Aufstellungsort unterschieden. Als sakral gelten die Denkmäler, die in oder bei Heiligtümern aufgestellt wurden oder als Grabbekrönungen dienten. Profane Monumente dagegen sind die, welche an öffentlichen Orten, wie Gärten oder Platzanlagen und Straßen, errichtet wurden. Die sakrale Denkmalsfunktion spielt hier nur in der Entstehungsgeschichte der Reiterstandbilder eine Rolle. Gegenstand dieser Arbeit sind eher die profanen Denkmaltypen, da sie zum Vergleich zu dem Marc Aurels herangezogen werden.

[62] Der in Athen gefundene Reiter Rampin wird ins 6. Jh.v. Chr. datiert, er gilt in der Forschung als das älteste Reiterstandbild der Welt. Maumont 1958, S. 7. Siehe auch Vomm 1979, S. 12.

[63] Vgl. dazu Maumont 1958, S. 8, 11f.

[64] Ebd., S. 14.

[65] Ebd., S. 22ff.

[66] Vgl. ebd., S. 34ff.

[67] Vgl. Vomm 1979, S. 13.

[68] Jedoch ist es nicht ausnahmslos eine militärische Ehrung, zum Teil wurden die Personen auch wegen politischer Verdienste oder großzügiger Schenkungen geehrt. Vgl. Vomm 1979, S. 13.

[69] Von Junkelmann wird hier Cicero angeführt, der von ganzen Eskadronen vergoldeter Reiter an öffentlichen Plätzen gesprochen hat. Cicero, zit. bei Junkelmann 1990, S. 201.

[70] Es wird vermutet, dass hier der Konsul des Jahres 62 v. Chr., Licinius Murena und seine Familienmitglieder dargestellt wurden. Maumont 1958, S. 45. Vgl. auch Junkelmann 1990, S. 201.

[71] Reiterbilder mit sprengendem Pferd kommen nur noch in den Provinzen vor. Zeitgleich mit den Kaiserabbildern in Rom, entwickelten sich in den Provinzen die Reiterdenkmäler römischer Ritter. Vgl. Maumont 1958, S. 79-95. Eine umfassende Studie zu den kaiserzeitlichen Reiterstatuen wurde von Bergemann veröffentlicht. Bergemann 1990.

[72] Vgl. Bergemann 1990, S. 16.

[73] Bergemann spricht hier von propagandistischer Selbstdarstellung. Bergemann 1990, S. 28ff.

[74] Zum Folgenden siehe Maumont 1958, S. 52f.

[75] Diese Aussage bezieht sich auf die technische und stilistische Qualität des Werks.

[76] 1997 wurde eine Bronzekopie auf dem Kapitolsplatz aufgestellt. Das Original befindet sich nach einer aufwendigen Restauration im Kapitolinischen Museum in Rom. Weiterführende Literatur zur Restaurierung: Accardo 1990.

[77] Vgl. dazu Knauer 1979, S. 307, 332.

[78] Maumont wendet sich von der Interpretation der verzeihenden oder segnenden Geste ab und beschreibt sie als „Gebärde des Herrschers, mit der er sich zum Volk oder zu seinen Soldaten wendet.“ Maumont 1958, S. 57; Siehe auch Knauer 1979, S. 316.

[79] Bei der Frage was Marc Aurel in der linken Hand gehalten haben könnte, geht die Forschung von einer Victoriastatuette aus. Eine Victoriafigur ist wahrscheinlich, da sie die Symbolik des allmächtigen Kaisers unterstreicht. Wünsche vermutet dagegen, dass es sich um eine Schriftrolle gehandelt habe. Vgl. Knauer 1979, S. 316; Wünsche 1990, S. 60. Bergemann weist dagegen darauf hin, dass keine Spuren einer mechanischen Befestigung oder Reste eines Bleivergusses zu finden sind. Er schließt daraus, dass es keinen Gegenstand in der linken Hand Marc Aurels gegeben hat. Bergemann 1990, S. 106f.

[80] Es handelte sich um die Kasernen der berittenen Begleitgruppe des Kaisers, die Castra priora Equuitum Singularium, nördlich der heutigen Piazza S. Giovanni gelegen. Vgl. Knauer 1979, S. 308.

[81] Vgl. Schaeffer 1931, S. 26ff. Die nicht vorhandene reiterliche Verbindung zwischen Pferd und Reiter erklärt sich bei Marc Aurel somit in der Symbolik: „Ein Kaiser agiert nicht, er regiert und repräsentiert.“ Knauer 1979, S. 334.

[82] Paludamentum = purpurner Reitermantel; cingulum militare = breiter Stoffgürtel; Fibula = Mantelschließe. Vgl. Knauer 1979, S. 332.

[83] Wünsche 1990, S. 62.

[84] Vgl. Brodsky 1995, S. 280; Schaeffer 1931, S. 28; Knauer 1979, S. 336.

[85] Rosen 2004, S. 138. „Offensichtlich hat er sich so manches Mal den Vorwurf gefallen lassen müssen, die Stoa mache ihre Anhänger gefühllos gegenüber ihren Mitmenschen und sei daher als Philosophie für die Regierenden ungeeignet.“

[86] Eine Verschmelzung von Antoninus Pius und Marc Aurel. Brodsky 1995, S. 281.

[87] Vermutlich ist hier ein andalusischer Hengst dargestellt. Vgl. Maumont 1958, S. 57.

[88] Vgl. Knauer 1979, S. 333f.

[89] Wünsche 1990, S. 61.

[90] Zum folgenden siehe Knauer 1979

[91] Knauer 1979, S. 335.

[92] Vgl. Gramaccini 1985, S. 51.

[93] Wegner, zitiert bei Maumont, S. 58. Maumonts Erklärungsversuch ist interessant. Seiner Meinung nach sei es unwahrscheinlich, dass in Rom kein Reiterbild des Kaisers existiert habe, obwohl in den Provinzen bereits Bildnisse vorhanden waren (er gibt leider keine Quelle an).

[94] Knauer gewinnt ihre Erkenntnisse durch den Vergleich der Marc Aurel-Statue mit Münzen und weiteren Porträtplastiken. Es wird von ihr in die 1. Hälfte der sechziger Jahre des 2. Jahrhunderts datiert. Knauer 1979, S. 336. Siehe auch Birley 2004, S. 266.

[95] Vgl. Wünsche 1990, S. 76; Bergemann 1990, S. 107f.

[96] Vgl. Knauer 1979, S. 308; Birley 2004, S. 266.

[97] Gramaccini 1996, S. 145.

[98] Birley 2004, S. 266.

[99] Vgl. Gramaccini 1996, S. 145.

[100] Gramaccini 1985, S. 53.

[101] Ebd.

[102] Knauer 1979, S. 308.

[103] Von Gramaccini werden hier die Gerichtsquellen des 10. Jahrhunderts erwähnt. Aus ihnen geht hervor, dass 966 der caballus Constantini dem Stadtpräfekten Petrus als Pranger gedient hat. Er bezieht sich dabei auf Hirschfeld, Das Gerichtswesen der Stadt Rom vom 8. bis 12. Jahrhundert wesentlich nach stadtrömischen Urkunden, in: Archiv für Urkundenforschung, IV, 1912, S. 474f.

[104] Es war vielmehr die symbolische Legitimierung, zu der Marc Aurel herangezogen wurde. Er wurde in einer neuen Rolle, als Kaiser Konstantin, rezipiert. Das Bild Konstantins galt symbolisch als Bestätigung der neuen politischen Wertigkeit der Kirche (interpretiert aus der „Konstantinischen Schenkung“).

[105] Selbst die Mirabilien widmen sich diesem Thema in einem Kapitel. Mirabilia Urbis Romae: Church Marvels. Of the Conversion of Constantine. Mirabilia, S. 122f.

[106] Gramaccini 1985, S. 54.

[107] Vgl. Baumstark 1990, S. 80; Gramaccini 1985, S. 54.

[108] Liber Pontificalis, hrsg. von Duchesne, 1886-92, Nachdruck Paris 1955, 2, 525, zitiert bei Knauer 1979, S. 309.

[109] Ebd. Liber Pontificalis 2, 259.

[110] Vgl. Gramaccini 1985, S. 51.

[111] Ebd., S. 57.

[112] Kapitel in den Mirabilien: Where the Horse was made, that is called Constantine’s. Mirabilia, S. 42-45.

(1) Mirabilia Urbis Romae: ein Stadtführer von 1143. „Die ‚Mirabilia’ sind eine kuriose Mischung aus altüberlieferten, recht brauchbaren topographischen Notizen und märchenhaften Wundererzählungen.“ (Knauer 1979, S. 310). Die Mirabilien fanden bis in das 17. Jh. Verwendung. Miedema verweist auf den Kanoniker Benedictus de Sancto Petro als den möglichen Verfasser. Er hatte 1143 „Liber Polypictus“ geschrieben. Miedema 1996, S. 2f.
(2) Graphia Aureae Urbis Romae: 1150-1160. Ebd. S. 256
(3) Narracio de Mirabilius Urbis Romae: Führer zu den antiken Monumenten: verfasst 1220 von dem englischen Gelehrten Magister Gregorius. Vgl. bei Gramaccini 1985, S. 57.

[113] Vgl. Gramaccini 1985, S. 58.

[114] Ebd., S. 58ff.

[115] Ebd., S. 60.

[116] Ebd., S. 59.

[117] Mirabilien von 1143, zitiert bei Gramaccini 1985, S. 55f.

[118] Bergemann vertritt die Meinung, dass der Barbar antiken Ursprungs ist. Ihm zufolge ist dies auch die vorherrschende Forschungsansicht. Bergemann 1990, S. 107.

[119] Vgl. dazu Maumont 1958, S. 50-53. Maumont vermutet, dass es sich um Abbildungen aus dem griechischen Osten handelte, da die Gattung des sprengenden Pferdes seinen Ursprung im Hellenismus hatte.

[120] Was durch antike Schriftquellen, wie zum Beispiel die Briefe an Fronto und die „Selbstbetrachtungen“ belegt wird.

[121] Vgl. Knauer 1979, S. 335.

[122] Die Zeichnung wird Pisanello oder einem anderen Mailänder Künstler aus Pisanellos Umkreis zugeschrieben. Es wird in die Zeit seines Romaufenthalts und seiner Tätigkeit (Ausfreskierung) für die Lateranskirche 1431-32 datiert. Vgl. Baumstark 1990, S. 82; Gramaccini 1985, S. 70f.

[123] Ausschnitt aus dem Fresko mit dem Triumph des hl. Thomas von Aquin, S. Maria sopra Minerva, Capella Carafa, Rom.

[124] Vgl. Gramaccini 1996, S. 50f.

[125] Vgl. Baumstark 1990, S. 81f; Knauer 1979, S. 311.

[126] Papst Paul II. (1466, 1467, 1468), Papst Sixtus IV. (1473, 1474). Vgl. Gramaccini 1985, S. 70.

[127] Das Rom zur Zeit Konstantins wurde vom feindlichen König Dinasar belagert. Die Römer seien den Feinden unterlegen gewesen und sogar Konstantin habe sein Pferd verloren. Der Bauer hat die Römer auf Konstantins Pferd reitend jedoch in eine zweite erfolgreiche Schlacht angeführt. Daraufhin wurde er als Ehrenritter an den kaiserlichen Hof gerufen und mit einem ehernen Reiterstandbild geehrt. (Legende geschrieben von Fioravante) Vgl. Gramaccini 1985, S. 65.

[128] Ebd., S. 65.

[129] Gramaccini 1996, S. 152.

[130] Vgl. Knauer 1979, S. 312

[131] Ebd., S. 311f.

[132] „There is at the Lateran a certain brazen horse, that is called Constantine’s Horse; but it is not so, for whoever will know the truth thereof, let him read it here.” Zwar bezieht sich diese Aussage auf die oben genannte Legende des Ritters, gleichzeitig ist es dennoch ein Zweifel an der Echtheit des „Konstantin“. Mirabilia, S. 42.

Excerpt out of 98 pages

Details

Title
Kaiser Marc Aurel: Abbild und Vorbild eines Herrscherideals - Ein Beitrag zur Rezeption der Antike
College
European University Viadrina Frankfurt (Oder)  (Kulturwissenschaften)
Grade
2,0
Author
Year
2006
Pages
98
Catalog Number
V62531
ISBN (eBook)
9783638557528
ISBN (Book)
9783656792581
File size
863 KB
Language
German
Keywords
Kaiser, Marc, Aurel, Abbild, Vorbild, Herrscherideals, Beitrag, Rezeption, Antike
Quote paper
Dipolm Kulturwissenschaftlerin Cindy Groeling (Author), 2006, Kaiser Marc Aurel: Abbild und Vorbild eines Herrscherideals - Ein Beitrag zur Rezeption der Antike, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62531

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Title: Kaiser Marc Aurel: Abbild und Vorbild eines Herrscherideals - Ein Beitrag zur Rezeption der Antike



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