Das nach dem 2. Weltkrieg entstandene System der industriellen Beziehungen in Deutschland wird seit geraumer Zeit in der sozialwissenschaftlichen Forschung auch als „deutsches Modell“ bezeichnet. [...]
Lange Zeit war [dieses] ein wesentlicher Garant und wichtiger Teil des „rheinischen Kapitalismus“, der sich vor allem durch einen „langfristig orientierten, in breite gesellschaftliche Kompromissbildungen eingebetteten, aber dennoch überaus effizienten Wirtschaftsstil[]“ (Dörre 1999, S.298) auszeichnet.
Doch vor dem Hintergrund eines globalen Wettbewerbs mit anderen Formen des Kapitalismus, allen voran dem angelsächsischen Modell, ist die Zukunft der deutschen Variante und damit auch seiner Form der industriellen Beziehungen unsicherer denn je. [...]
Wesentliche Bestandteile des deutschen Systems der industriellen Beziehungen, wie die betriebliche Mitbestimmung oder der Flächentarifvertrag, sehen sich bedeutenden Erosionsprozessen ausgesetzt. [...] Es wird öffentlich eine „Ende der Konsensgesellschaft“ und ein Aufbrechen des „Tarifkartells“ gefordert und am Shareholder-Value orientierte Formen der Unternehmenssteuerung nicht nur diskutiert, sondern zum Teil bereits aktiv umgesetzt.
Doch es bleibt die Frage: Welchen Wandlungsprozessen und Herausforderungen sind die industriellen Beziehungen unterworfen?
Bei genauer Betrachtung können zwei große Bereiche unterschieden werden, nämlich interne und externe Herausforderungen. Auf der einen Seite sind die Auswirkungen der deutschen Einheit und breite Deregulierungs-, Flexibilisierungs- und Dezentralisierungstendenzen zu bewältigen. Zum anderen erzeugen Internationalisierungstendenzen, und hier vor allem die Europäisierung, einen hohen Anpassungsdruck. Sowohl auf politischer als auch nach der Einführung des einheitlichen Währungsraums auf wirtschaftlicher Ebene stehen die Nationalstaaten zunehmend im Wettbewerb miteinander, so dass die industriellen Beziehungen in ihrer Bedeutung als Standortfaktor ein immer höheres Gewicht erhalten.
Im folgenden sollen nun zunächst die wesentlichen Kennzeichen des deutschen Modells der industriellen Beziehungen näher dargelegt und erläutert werden. Anschließend werden die internen wie die externen Herausforderungen, vor denen dieses System steht, und deren Auswirkungen beschrieben. Dabei wird sowohl der aktuelle Wandlungsprozess als auch der Erosionsprozess, der bereits wesentliche Grundpfeiler des Systems erfasst hat, deutlich. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das deutsche Modell der industriellen Beziehungen
- Kennzeichen und Strukturen des Modells
- Leistungen des Systems
- Die Herausforderungen des deutschen Modells
- Die wissenschaftliche Prognosen
- Die internen Herausforderungen
- Deregulierung, Flexibilisierung und Dezentralisierung
- Die Wiedervereinigung
- Die externen Herausforderungen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Herausforderungen, denen das deutsche Modell der industriellen Beziehungen im Kontext der Globalisierung ausgesetzt ist. Sie beleuchtet sowohl die internen als auch die externen Faktoren, die das System des dualen Systems der Interessenvertretung in Frage stellen.
- Das deutsche Modell der industriellen Beziehungen als Bestandteil des rheinischen Kapitalismus
- Die Herausforderungen durch Deregulierung, Flexibilisierung und Dezentralisierung
- Die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung auf das System
- Die externen Herausforderungen durch Internationalisierung und Europäisierung
- Der Wandlungsprozess des deutschen Modells und die Erosion wichtiger Bestandteile
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt das deutsche Modell der industriellen Beziehungen als wichtiges Element des rheinischen Kapitalismus vor und beleuchtet die aktuellen Herausforderungen, die seine Zukunft unsicher machen.
- Das deutsche Modell der industriellen Beziehungen: Dieses Kapitel beschreibt die Kennzeichen und Strukturen des deutschen Modells, das sich durch Dualität, Intermediarität, Verrechtlichung, Zentralisierung und Repräsentativität auszeichnet.
- Die Herausforderungen des deutschen Modells: Hier werden die internen und externen Herausforderungen analysiert. Interne Herausforderungen umfassen Deregulierung, Flexibilisierung, Dezentralisierung und die Auswirkungen der Wiedervereinigung. Externe Herausforderungen resultieren aus Internationalisierung und Europäisierung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den industriellen Beziehungen in Deutschland, dem deutschen Modell, dem rheinischen Kapitalismus, Globalisierung, Deregulierung, Flexibilisierung, Dezentralisierung, Wiedervereinigung, Internationalisierung, Europäisierung, Tarifautonomie, Mitbestimmung, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Standortfaktoren.
- Quote paper
- Markus Ziegler (Author), 2006, Die Herausforderungen des deutschen Modells der Industriellen Beziehungen , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62755