"Zum Ritual erstarrt" - dieser Ausdruck beinhaltet eine negative Sichtweise auf die Handlung des Rituals, wodurch ein stilisiertes, wiederholt beobachtbares und in seinem Bewegungsablauf relativ gleichförmiges Verhalten gemeint ist (Rainer E. Wiedenmann 1991, S. 13). Die Handlung des Rituals, die aufgrund des vorgeschriebenen Ablaufschemas als sinnentleert gelten kann und seine Sprache, die als rituelle Kommunikation bezeichnet wird, sind jedoch relevant, um rituelle Umgangsformen zu interpretieren und so ihre Funktion und Bedeutung herauszuarbeiten. Die Institution der Kirche ist geprägt von rituell kommunikativen Handlungen, die, im Gegensatz zu anderen Institutionen wie Schule, Gericht oder Krankenhaus, durch ein existentielles Interesse an gelingender Kommunikation bedingt ist (Paul 1983, S. 91), weshalb ich mich in meiner Hausarbeit größtenteils auf die rituelle Kommunikation in der Messe und im Gottesdienst konzentriert habe.
Um zu zeigen wie rituelle Kommunikation zum Verständnis des Rituals beiträgt und welche Regeln zu beachten sind, werde ich im Verlauf meiner Hausarbeit die rituelle Kommunikation während des Gottesdienstes und der standesamtlichen Eheschließung unter dem Aspekt der rituellen Bedeutung unterscheiden. Als erstes jedoch werde ich den Begriff des Rituals im linguistischen Sinne definieren, bevor ich dann auf den Ritualbegriff außerhalb der Linguistik eingehe. Anhand dessen möchte ich die Funktion des Symbolischen für die rituelle Handlung erläutern, um so verdeutlichen zu können, dass das Ritual durch seine Symbolik und deren Interpretation bedingt ist. Anschließend werde ich die Eigenschaft des Rituals, Traditionen zu vermitteln, erläutern, bevor ich dann zur rituellen Interaktion übergehe. Die nonverbalen so wie die verbalen Elemente des Rituals werde ich anhand der Messe näher beschreiben, um so zu zeigen, wie rituelle Bedeutung während des Rituals durch bestimmte Gegenstände und bestimmtes Verhalten generiert wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff des Rituals
2.1. Definition
2.2. Funktion des Symbolischen im Ritual
2.3. Ritual als Traditionsvermittler
3. Rituelle Interaktion
3.1. Nonverbal.
3.2. Verbal
4. Rituell Kommunikation in Institutionen
4.1. Produktion ritueller Bedeutung
4.2. Die rituellen Kommunikationsmodi
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Zum Ritual erstarrt“ – dieser Ausdruck beinhaltet eine negative Sichtweise auf die Handlung des Rituals, wodurch ein stilisiertes, wiederholt beobachtbares und in seinem Bewegungsablauf relativ gleichförmiges Verhalten gemeint ist (Rainer E. Wiedenmann 1991, S. 13). Die Handlung des Rituals, die aufgrund des vorgeschriebenen Ablaufschemas als sinnentleert gelten kann und seine Sprache, die als rituelle Kommunikation bezeichnet wird, sind jedoch relevant, um rituelle Umgangsformen zu interpretieren und so ihre Funktion und Bedeutung herauszuarbeiten. Die Institution der Kirche ist geprägt von rituell kommunikativen Handlungen, die, im Gegensatz zu anderen Institutionen wie Schule, Gericht oder Krankenhaus, durch ein existentielles Interesse an gelingender Kommunikation bedingt ist (Paul 1983, S. 91), weshalb ich mich in meiner Hausarbeit größtenteils auf die rituelle Kommunikation in der Messe und im Gottesdienst konzentriert habe.
Um zu zeigen wie rituelle Kommunikation zum Verständnis des Rituals beiträgt und welche Regeln zu beachten sind, werde ich im Verlauf meiner Hausarbeit die rituelle Kommunikation während des Gottesdienstes und der standesamtlichen Eheschließung unter dem Aspekt der rituellen Bedeutung unterscheiden. Als erstes jedoch werde ich den Begriff des Rituals im linguistischen Sinne definieren, bevor ich dann auf den Ritualbegriff außerhalb der Linguistik eingehe. Anhand dessen möchte ich die Funktion des Symbolischen für die rituelle Handlung erläutern, um so verdeutlichen zu können, dass das Ritual durch seine Symbolik und deren Interpretation bedingt ist. Anschließend werde ich die Eigenschaft des Rituals, Traditionen zu vermitteln, erläutern, bevor ich dann zur rituellen Interaktion übergehe. Die nonverbalen so wie die verbalen Elemente des Rituals werde ich anhand der Messe näher beschreiben, um so zu zeigen, wie rituelle Bedeutung während des Rituals durch bestimmte Gegenstände und bestimmtes Verhalten generiert wird.
2 Der Begriff des Rituals
Im Folgenden werde ich anhand von Iwar Werlens Ritual und Sprache den Begriff des Rituals definieren und so im linguistischen Sinne das Ritual formal, substantiell und funktional näher bestimmen. Des Weiteren werde ich die Relevanz des Ritualbergriffs außerhalb der Linguistik anhand von Elisabeth Rauchs Sprachrituale in institutionellen und institutionalisierten Text- und Gesprächssorten erläuten. Zudem möchte ich die Bedeutung des Rituals als eine Art Traditionsvermittler herausarbeiten, wobei ich mich auf Werner Jetters Symbol und Ritual beziehen werde.
2.1 Definition
Nach Iwar Werlen (1984), sind Definitionen ethnomethodologisch, also von den Mitgliedern einer Gesellschaft, begründet, so dass Ritualdefinitionen formal, substantiell oder funktional definiert werden können (S. 21).
Die formalen Definitionen, von denen Werlen ausgeht, bestimmen das Ritual aufgrund der Art und Weise, wie eine Handlung vollzogen wird. Für diese formale Definition wurde eine Einteilung in den genus proximum und in die differnetia specifica vorgenommen. Das genus proximum bezeichnet die rituelle Handlung und das daraus resultierende rituelle Verhalten. Die Form der Durchführung dieser rituellen Handlung und dessen Verhaltensmustern wird als differentia specifica bezeichnet, welche die Merkmale der Wiederholung und der Stereotypie des Rituals beinhaltet. Werlen reflektiert jedoch die Problematik dieser formalen Definition, die Merkmale des Rituals am Formalen festzumachen, da die Abgrenzung gegenüber ähnlichen Vollzügen wie Routinen, Gewohnheiten, Clichés usw. unbestimmt sei.
Bei der substantiellen Definition, so Werlen, handelt es sich um den Inhalt der rituellen Handlungen, welche als Rituale interpretiert werden. Diese Handlungen sind in den meisten Fällen religiösen Ursprungs, und so ergibt sich die Schwierigkeit, auf die Werlen aufmerksam macht, dass nicht alle religiösen Handlungen als rituelle Handlungen zu verstehen sind. So ergibt sich durch formale Merkmale eine Unterscheidung zwischen strukturähnlichen religiösen Handlungen, wie Zeremonien, Bräuche usw., und den Ritualen (S. 22). Gleichzeitig weist er jedoch auf den umgangssprachlichen Ritualbegriff, der „das Regelmäßige, damit Erwartbare, aber auch […] das Religiöse oder Quasi-Religiöse“ betont, das in Feierlichkeiten und der „sinnentleerten“ Tradition vorkommt.
Die funktionalen Definitionen hingegen bestimmen die Funktion des Rituals für die Gesellschaft, und nach Werlen sind diese funktionalen Definitionen als Untergruppe der substantiellen Definitionen zu betrachten, da die funktionalen Definitionen den Zweck einer ausgeführten Handlung als ein bestimmtes Merkmal nehmen, wodurch eine rituelle Handlung näher bestimmt werden kann (S. 22). Nach dieser funktionalen Definition, so Werlen, repräsentiere das Ritual, wenn es religiös bestimmt wird, nur die Funktion der Religion, die die Unterschiede zwischen einer rituellen Handlung und einer strukturähnlichen Handlung verdecke. Da die formalen Definitionen die substantiellen und funktionalen Unterschiede im Ritualbegriff verdecken, muss, nach Elisabeth Rauch (1992), der Ritualbergriff außerhalb der Linguistik betrachtet werden, um so, im Zusammenhang alltäglicher Interaktions- und Kommunikationsprozesse, eine adäquate Begriffsdefinition des Rituals finden zu können (S. 13). In allgemeinen Enzyklopädien und Nachschlagewerken, von denen Rauch ausgeht, wird Ritual mit Brauch, Weise, Sitte, Ritus, Mode, Zeremonie, Gewohnheit, mit standardisierter individueller oder kollektiver Verhaltensweise verglichen und mit Attributen der Stereotypie, Wiederholung und traditioneller Sinnentleerung versehen. Diese Begriffsdefinition basiert auf den ursprünglichen Begriff des Rituals in religiösen oder theologischen Zusammenhängen und wirft die Problematik auf, das Ritual am Religiösen festzumachen, wobei die Kategorie des Religiösen bzw. „der Inhalt des Wortes “religös“ weiter unbestimmt“ geblieben sei (Werlen 1984, S. 76). Aufgrund dessen ist es, so Rauch, wichtig, den Begriff des Rituals aus kulturanthropologischer Sicht zu reflektieren die den Begriff nicht in Zusammenhang mit Religion, sondern in Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Sozialstruktur definiert. Rauch resümiert die theoretischen Schwerpunkte der kulturanthropologischen Ritualtheoretiker wie Max Gluckmann, Bronislaw Malinowski, Edmund R. Leach und Victor Turner hinsichtlich des Ritualbegriffs und stellt fest, dass alle anthropologischen Ritualdefinitionen gemeinsame Merkmale haben (S. 15). Rituale, so Rauch, gehören zu einer „als expressiv oder kommunikativ definierten Klasse von Handlungen“, die aufgrund ihres formalen, institutionalisierten, stereotypisierten und wiederholenden Charakters mehr oder weniger religiös determiniert seien. Deshalb definiert Rauch, ähnlich wie Werlen (1984), den Ritualbegriff integrativ, indem sie auf den Ritualbegriff in der Psychologie eingeht (S. 13). Anders als Rauch jedoch definiert Werlen den Begriff des Rituals hinsichtlich dreier funktionaler Merkmale, welche die Handlung, Expressivität und Institutionalisierung des Rituals beinhalten (S. 81). Anhand dieser funktionalen Merkmale ergibt sich, dass das Ritual aufgrund institutionalisierten Handlungsanweisungen performativ bzw. expressiv durchgeführt wird und so eine große Menge von Handlungen, die sich strukturell ähneln, aber sonst durchaus verschieden sind, beschreibt (S. 89). Zudem sind Rituale als wiederholbare Handlungsmuster zu verstehen, die, nach Werner Jetter (1978), von symbolischem Charakter geprägt seien (S. 22). Deshalb möchte ich kurz auf die Funktion des Symbolischen im Ritual zur Vermittlung von Tradition eingehen.
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