Juden in Tauberfranken von den Anfängen bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Juden in Wenkheim


Seminar Paper, 2006

25 Pages, Grade: 1.7


Excerpt


Gliederung

1. Heranführung an Zielstellung und Vorgehensweise der Arbeit

2. Kurzer Abriss der Geschichte der Juden in Baden Württemberg bis 1933
2.1. Die Juden vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert
2.2. Die Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert
2.2.1. Die Entwicklung in Württemberg
2.2.2. Die Entwicklung in Baden
2.2.3. Auswirkungen der Emanzipation
2.3. Das Leben der Juden bis zur Machtergreifung Hitlers

3. Juden in der Region Tauberfranken
3.1. Von den Anfängen bis ins Spätmittelalter
3.2. Die langsame Besserung der Lebensverhältnisse im 18. und 19. Jahrhundert
3.3. Bedeutende jüdische Gemeinden

4. Jüdisches Leben in Wenkheim
4.1. Die Geschichte der Juden im Dorf
4.2. Die Synagoge
4.2.1. Der Neubau der Synagoge
4.2.2. Die Synagoge unter nationalsozialistischem Regime
4.2.3. Die Synagoge nach dem Zweiten Weltkrieg

5. Die Notwendigkeit der Kenntnis jüdischer Vergangenheit in unserer Heimat

Anhang:

Quellenangaben:

a) Literatur
b) Internet
c) Bild- und Kartenmaterial

1. Heranführung an Zielstellung und Vorgehensweise der Arbeit

Tauberfranken wird in geographischer Sicht der Teil Frankens bezeichnet, der heute in Baden-Württemberg liegt. Tauberfranken ist praktisch deckungsgleich mit dem Landkreis Main-Tauber-Kreis, welcher der Länge nach von der Tauber durchzogen wird; daher auch der Name Tauberfranken[1]. Die wichtigsten Städte in Tauberfranken sind Wertheim, Tauberbischofsheim und Bad Mergentheim. Der Main-Tauber-Kreis ist der dünnstbesiedelte Landkreis Baden-Württembergs[2] und erscheint hiermit geradezu prädestiniert für eine Betrachtung des jüdischen Lebens auf dem Land. In meinen Ausführungen möchte ich die Grenzen von Tauberfranken jedoch nicht ganz so strikt wie in obiger Definition festlegen und auch Orte mit einbinden, die bereits dem benachbarten Neckar-Odenwald-Kreis angehören.

Die Begrenzung des zeitlichen Rahmens der Arbeit bis 1933 ist ganz bewusst gewählt. Einerseits deshalb, da die Jahre des Nationalsozialismus, und dies auch zu Recht, sicherlich den am umfangreichsten und ausführlichsten aufgearbeiteten Zeitraum jüdischen Schicksals in Deutschland darstellen, andererseits hätte die sich daraus ergebende Fülle an Material und dessen Einbeziehung den Rahmen der vorliegenden Hausarbeit deutlich gesprengt. Vielmehr soll im Nachfolgenden ein Überblick über die Entwicklung des jüdischen Lebens im heutigen Nordbaden gegeben werden, der im Mittelalter ansetzt und, wie bereits erwähnt, bis zum Ende der Weimarer Republik reicht. Dass dabei nicht auf jeden Zeitraum und Ort ausführlich eingegangen werden kann, ergibt sich ebenfalls aus dem festgelegten Umfang der Arbeit. Im Mittelpunkt soll die einstmalige jüdische Gemeinde in Wenkheim und die heute noch existente Synagoge stehen.

Ziel ist es also, eine Art Zoom bezüglich der Betrachtung des jüdischen Schicksals in Südwestdeutschland zu unternehmen: Das Gebiet des heutigen Baden-Württemberg und dessen Historie die Juden und speziell die Gesetzgebung gegenüber denselbigen betreffend soll dabei als notwendiger Ausgangspunkt dienen, um die Entwicklungen im Kleineren danach verständlicher werden zu lassen. Die Einbeziehung der historischen Entwicklung der ganzen Fläche des heutigen Bundeslandes ist auch deshalb legitim und notwendig, da nicht nur das heutige Tauberfranken territorial einstmals äußerst versprengt war, sondern auch, weil der Main-Tauber-Kreis noch heute einen badischen und einen württembergischen Teil aufweist. Die zweite Stufe meiner Ausführungen bildet dann eine Skizzierung der Geschichte der Juden in Tauberfranken vom Mittelalter bis 1933. Schließlich folgt die Bearbeitung des Ortes Wenkheims und seiner jüdischen Geschichte als kleinstes Element bzw., wenn man so will, als höchste Zoom -Stufe. Bei der Betrachtung der Synagoge in Wenkheim möchte ich von meinem zuvor festgelegten Zeitrahmen abweichen und den Zeitraum nach 1933 bis heute ebenfalls beleuchten, da das Bild der Synagoge in Wenkheim sonst völlig unvollständig wirken würde.

Die Quellenlage zu dem bearbeiteten Thema ist nicht allzu umfangreich, einen wertvollen Überblick über das jüdische Leben in Baden-Württemberg liefert vor allem Joachim Hahn. Für die Thematik, die das Gebiet Tauberfranken betrifft, war die Einbeziehung der Literatur von Elmar Weiss hilfreich, der auch Hauptquelle bei der Betrachtung Wenkheims war. Dabei gilt es aber auch ein Gespräch und eine private Führung durch die Synagoge und über den Judenfriedhof in Wenkheim zu erwähnen, die Herr Ghiraldin, Vorsitzender des dort ansässigen Fördervereins, den ich am Ende meiner Arbeit noch erwähnen werde, mir ermöglichte.

Zum besseren Verständnis und zur leichteren Einordnung der geographischen Gegebenheiten Tauberfrankens befindet sich im Anhang Kartenmaterial zur Region, ebenso einige Bilder der Synagoge in Wenkheim.

2. Kurzer Abriss der Geschichte der Juden in Baden Württemberg bis 1933

2.1 Die Juden vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert

Die ersten urkundlichen Erwähnungen von Juden im Gebiet des heutigen Baden-Württembergs stammen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Unter anderem wohnten damals nachweislich Juden in Wertheim (1212), Grünsfeld (1218), Lauda und Tauberbischofsheim (beide 1235), alles Orte des heutigen Main-Tauber-Kreises, aber auch in Städten wie Freiburg (1230) oder Ulm (1241/42)[3]. Diese Ansiedlungen zählen somit zu den ältesten jüdischen Gemeinden, auch wenn schon geraume Zeit vor der urkundlichen Erwähnung in diesen oder anderen Städten Juden gelebt haben dürften[4].

Das Mittelalter war für die Juden eine Zeit der Verfolgung und des Leidens. Der schlimmsten Verfolgungswelle waren die Juden dabei in den Jahren der großen Pest 1348/49 ausgesetzt, viele der Überlebenden wanderten damals nach Osten, in die slawischen Länder, aus. Andere ließen sich einige Jahre später wieder in den Städten nieder, jedoch war ihre soziale Stellung noch schlechter als zuvor. Im 15. und 16. Jahrhundert wurden sie aus den meisten Städten ausgewiesen, etwa aus Freiburg (1401 und 1424), Heilbronn (1476 und 1490) oder Konstanz (1537). Es folgte die Niederlassung in kleinen Dörfern auf dem Land, wenn auch oft nur gegen die Zahlung hoher Schutzgelder gegenüber dem jeweiligen Landesherrn.

Das Ende des Dreißigjährige Krieg brachte eine Besserung der Lage für die jüdische Bevölkerung, die Ansiedlung in den nun oft menschenarmen Orten wurde erleichtert, und auch die zuvor deutliche Trennung christlicher und jüdischer Wohngebiete verschwand zumeist. Die Folge war eine starke Zunahme der jüdischen Bewohner in diesen Ortschaften[5].

2.2 Die Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert

In Folge der Französischen Revolution und der „napoleonischen Flurbereinigung“[6] begann in den neu entstandenen Territorien Baden, Württemberg, Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen ein Prozess, der den Juden allmählich die bürgerlichen Rechte einbringen sollte. Man spricht dabei auch von der Judenemanzipation. Der Wiener Kongress 1815 erwies sich zwar eher als Rückschritt für die jüdischen Emanzipationsbestrebungen, da er die Gesetzgebung den deutschen Einzelstaaten überließ. Württemberg und Baden waren in ihren Bestimmungen relativ fortschrittlich, auch deshalb kam es hier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer richtiggehenden Explosion der jüdischen Bevölkerung, gleichzeitig setzte jedoch eine starke Auswanderungswelle von Juden nach Amerika ein. Sie nutzten die Emigration aufgrund der bis dato fehlenden Gleichstellung mehr oder weniger als „Emanzipationsersatz“[7].

Im Vormärz kam es dann zu einer massiven Radikalisierung der Einstellung gegenüber den Juden, mit zum Teil deutlich antisemitischen Tendenzen. Die Bürgerliche Revolution von 1848 ergab für die Juden eine erste Gelegenheit, sich an der Politik zu beteiligen, das Erreichte wurde nach dem Scheitern der Revolution aber schnell wieder rückgängig gemacht[8]. Insgesamt unterschied sich die Judengesetzgebung und somit die Entwicklung der jüdischen Bevölkerung in Württemberg und Baden allerdings auch in einigen Punkten.

2.2.1 Die Entwicklung in Württemberg

Im Königreich Württemberg wurde unter König Friedrich zwar eine Vereinheitlichung der Rechte der jüdischen Gemeinden angestrebt, jedoch konnte der Regent sich nicht zu einer umfassenden Neuordnung der rechtlichen Verhältnisse seiner jüdischen Untertanen durchringen. 1807 erlaubte er den Juden den Gütererwerb, 1808 wurde der Leibzoll aufgehoben, 1809 bekamen die Juden das Gewerberecht und die Möglichkeit, in Zünfte einzutreten. Eine einheitliche Bestimmung über Schutzgeld und Aufnahmegebühr folgte in den Jahren 1812 bzw. 1815, einhergehend mit dem Wegfall der meisten sonstigen Abgaben.

Die mangelhafte Neuordnung führte zu äußerst armseligen Lebensumständen bei den württembergischen Juden, die zumeist auf dem Land lebten. Neben der Ablehnung der christlichen Bewohner erschwerte vor allem die mangelhafte Schulbildung das Leben der Juden, die oft als Betteljuden umherziehen mussten. Erst im Jahr 1828 änderte sich die Lage, als der Status der Juden per Gesetz von Schutzjuden zu württembergischen Staatsbürgern gewandelt wurde.

Die Grundrechte, die 1848/49 von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossen wurden, garantierten auch den Juden in Württemberg die wichtigsten bürgerlichen Rechte. Die endgültige Gleichstellung erfolgte letztendlich jedoch erst 1869 mit der Aufhebung des Verbots der jüdisch-christlichen Mischehe[9].

2.2.2 Die Entwicklung in Baden

Baden war das erste Land, das eine durchgreifende Emanzipationsgesetzgebung erließ[10].

Dieses liberale Zeitalter begann 1807 mit dem ersten Konstitutionsedikt, das die Duldung der jüdischen Konfession beinhaltete. Im sechsten Konstitutionsedikt von 1808 bekamen die Juden die Erlaubnis, Grundbesitz zu erwerben, Handel und Gewerbe zu betreiben und Staatsämter zu verwalten. Das sogenannte Judenedikt von 1809 brachte unter anderem die Einführung des Jüdischen Oberrats und die Schulpflicht für jüdische Kinder, begabten Jugendlichen stand somit auch der Weg zu einem Hochschulstudium offen. Das Judenedikt brachte zwar noch nicht die volle Gleichberechtigung, war aber einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg dahin[11].

Danach stagnierte der Fortschritt im Bereich der Judenemanzipation in Baden lange. Erst die Revolution von 1848 machte, wie in Württemberg, die Verwirklichung der rechtlichen Gleichstellung der Juden wieder wahrscheinlicher, zugleich dienten aber auch gerade die Juden einem Teil der Bevölkerung während der Revolution als Angriffsfläche[12]. Die Landstände erkannten den Juden schließlich die staatsbürgerliche Vollwertigkeit zu.

Die letzten bürgerlichen Benachteiligungen beseitigte dann das Gesetz über die bürgerliche Gleichstellung der Juden von 1862, die volle Emanzipation war somit endlich erreicht[13].

2.2.3 Auswirkungen der Emanzipation

Mit der Emanzipation setzte durch die Aufhebung von Niederlassungsverboten eine massive Landflucht ein: Die Landgemeinden entvölkerten sich so innerhalb weniger Jahrzehnte und die jüdische Bevölkerung konzentrierte sich auf die Städte. Es entstanden vor allem in Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe große jüdische Gemeinden, manche Landgemeinden wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts wegen fehlender Mitglieder dagegen aufgelöst. Während 1830 noch 93 % aller württembergischer Juden auf dem Land wohnte, betrug der Anteil ein Jahrhundert später gerade noch 20 %[14].

[...]


[1] Vgl.: M1 im Anhang.

[2] Vgl.: Axel Kallhardt, Gunter Meissner: Kennzeichen TBB. Heimatkunde für den Main-Tauber-Kreis, Stuttgart 1990, S.9.

[3] Vgl.: Joachim Hahn: Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Stuttgart 1988, S. 25f.

[4] Vgl.: Paul Sauer: Juden im Südwesten seit dem Mittelalter. In: Minderheiten in der Geschichte Südwestdeutschlands, hg. von Otto Borst, Tübingen 1996, S. 153.

[5] Vgl.: Joachim Hahn: Synagogen in Baden-Württemberg, Stuttgart 1987, S. 11ff.

[6] Sauer: Juden im Südwesten seit dem Mittelalter, S. 162.

[7] Avraham Barkai: Jüdische und christliche Immigranten aus Deutschland in den USA 1820-1914. In: Anna- Ruth Löwenbrück: Auswanderung, Flucht, Vertreibung, Exil im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin 2003, S. 76.

[8] Vgl.: Tobias Jaecker: Judenemanzipation und Antisemitismus im 19. Jahrhundert (März 2002). Url:

http://jaecker.com/emanzipation.htm (14.03.06).

[9] Sauer: Juden im Südwesten seit dem Mittelalter, S. 162ff.

[10] Vgl.: Ruth Diebold: Die Chronologie der Judengesetzgebung in den zum Deutschen Bund gehörenden süd- und mittelwestdeutschen Staaten Baden, Württemberg, Bayern, Hessen-Darmstadt, Frankfurt und Sachsen- Weimar-Eisenach im 19. Jahrhundert bis zur Revolution von 1848/49, Tübingen 1991, S. 163.

[11] Vgl.: Ebd., S. 56.

[12] Vgl.: Julia Güttes: Die Judenemanzipation in Baden und die Folgen für die Lörracher Judengemeinde, Lörrach 1984.

[13] Vgl.: Christine Zeile: Baden im Vormärz. Die Politik der Ständeversammlung sowie der Regierung zur Adelsfrage, Grundentlastung und Judenemanzipation 1818 bis 1843, München 1989, S. 38.

[14] Vgl.: Sauer: Juden im Südwesten seit dem Mittelalter, S. 169.

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Details

Title
Juden in Tauberfranken von den Anfängen bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Juden in Wenkheim
College
University Karlsruhe (TH)
Grade
1.7
Author
Year
2006
Pages
25
Catalog Number
V62957
ISBN (eBook)
9783638560986
ISBN (Book)
9783638839051
File size
861 KB
Language
German
Keywords
Juden, Tauberfranken, Anfängen, Berücksichtigung, Juden, Wenkheim, Synagoge, Mykwe, Wertheim, Mittelalter, Main-Tauber-Kreis
Quote paper
Martin Walter (Author), 2006, Juden in Tauberfranken von den Anfängen bis 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Juden in Wenkheim, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/62957

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