Kindschaftssachen sorgen vor allem in der Öffentlichkeit immer wieder für Zündstoff. In den Medien wird häufig von Fällen berichtet, in denen Eltern das Sorgerecht entzogen wird, was für den „Normalbürger“ so erstmal nicht nachvollziehbar ist und sich demzufolge dann häufig eine Welle der Empörung breit macht.
Inwieweit sind Staat und Jugendamt berechtigt in die elterliche Sorge einzugreifen und was muss passieren, dass Eltern eine Beschneidung ihres elterlichen Erziehungsrechts erfahren? Warum werden Eltern ihre Kinder „weggenommen“? Oftmals glaubt man zu wissen, was Recht ist, zumindest, wenn es deutsche Kinder betrifft. Bei ausländischen Kindern, die in Deutschland leben, schwebt immer ein Stück Ungewissheit mit. Man ist sich unsicher, welches Recht greift und ob überhaupt der deutsche Staat für diese Kinder zuständig ist.
Grundlegend für diese Ausarbeitung ist der Fall J. , bei dem es um ein in Deutschland lebendes ausländisches Kind geht, dem durch die Beschneidung seiner Genitalien eine Verstümmelung dieser droht.
Zum einen sollen Eltern ihre Kinder vor Gefahren schützen, zum anderen setzen sie sie diesen aber, wie in diesem Fall, häufig selber aus. Hier stellt sich dann die Frage, inwieweit und mit welchen Mitteln diesen, deutschen wie auch ausländischen Kindern, geholfen werden kann und sie geschützt werden können.
Aus dieser Thematik ergeben sich folgende zentrale Fragen:
Steht es dem Staat zu, die elterlichen Rechte und somit das elterliche Erziehungsrecht zu beschnei-den und welche Voraussetzungen müssen dafür vorliegen?
Gelingt es deutschen Gerichten ausländische Minderjährige vor Gefahren zu schützen und welche gesetzlichen Grundlagen gelten diesbezüglich?
Ergänzend dazu stellt sich die Frage, ob die gesetzlichen Grundlagen der BRD deutschen wie auch ausländischen Minderjährigen genügend Schutz vor Gefahren und der Bewahrung des geistigen und körperlichen Wohls bieten. Zu Beginn dieser Ausarbeitung haben wir uns mit dem Thema Genitalverstümmelung befasst, um dem Leser einen Einblick in diese, für den westlichen Kulturkreis doch eher grausame Tradition, zu verschaffen. Im Folgenden soll dann der Fall J. und der Prozessverlauf dargestellt werden. Die rechtlichen Grundlagen für die einzelnen Entscheidungen der Gerichte werden dann im Anschluss auf den Fall bezogen sowie auch allgemeingültig beleuchtet und begründet.
Im Anschluss wollen wir uns dann kritisch mit den aufgekommenen Fragen auseinandersetzen und Antworten finden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung (Daniela Hillenbrand, Stephanie Weingart)
- 2. Die Genitalverstümmelung (Daniela Hillenbrand)
- 2.1 Praxis der Genitalverstümmelung
- 2.2 Betroffener Kulturkreis
- 2.3 Folgen, Gefahren und Bedeutung
- 3. Der Fall J. (Stephanie Weingart)
- 4. Prozessverlauf (Stephanie Weingart)
- 4.1 Die erste Instanz - Amtsgericht Dresden
- 4.2 Die zweite Instanz - Oberlandesgericht Dresden
- 4.3 Die dritte Instanz – Bundesgerichtshof Karlsruhe
- 5. Rechtsgrundlagen (Daniela Hillenbrand, Stephanie Weingart)
- 5.1 Elterliches Erziehungsrecht (Stephanie Weingart)
- 5.2 Kindeswohl (-gefährdung) (Stephanie Weingart)
- 5.3 Staatliches Wächteramt (Stephanie Weingart)
- 5.4 Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA) (Daniela Hillenbrand)
- 5.5 Öffentliche Ordnung (ordre public) (Daniela Hillenbrand)
- 6. Fazit (Daniela Hillenbrand, Stephanie Weingart)
- 7. Literaturverzeichnis (Daniela Hillenbrand, Stephanie Weingart)
- 8. Entscheidungen (Daniela Hillenbrand, Stephanie Weingart)
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit dem Spannungsfeld zwischen elterlichem Erziehungsrecht und staatlichem Wächteramt im Kontext des Kindeswohls. Anhand des Falles J., bei dem einem minderjährigen Mädchen aus einem anderen Kulturkreis eine Genitalverstümmelung drohte, analysieren die Autorinnen die rechtlichen Grundlagen und die komplexen Herausforderungen, die sich im Umgang mit solchen Situationen ergeben.
- Die rechtliche Grundlage des elterlichen Erziehungsrechts und seine Grenzen im Hinblick auf das Kindeswohl
- Die Bedeutung des staatlichen Wächteramts im Schutz von Kindern vor Gefahren, insbesondere bei interkulturellen Konflikten
- Die Herausforderungen, die sich im Umgang mit der Genitalverstümmelung bei Minderjährigen stellen, insbesondere im Hinblick auf kulturelle und rechtliche Differenzen
- Die Rolle des Haager Minderjährigenschutzabkommens (MSA) und des Rechtsbegriffs der öffentlichen Ordnung (ordre public) im Kontext des Falles J.
- Die Frage, ob die gesetzlichen Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland deutschen und ausländischen Minderjährigen genügend Schutz vor Gefahren und der Bewahrung des geistigen und körperlichen Wohls bieten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Kindeswohls und elterlichen Erziehungsrechts ein, wobei der Fall J. als Ausgangspunkt der Arbeit dient. Kapitel 2 beleuchtet die Praxis der Genitalverstümmelung, ihren kulturellen Hintergrund und die Folgen für betroffene Mädchen. Kapitel 3 stellt den Fall J. und seine Besonderheiten dar. Kapitel 4 beschreibt den Prozessverlauf in den verschiedenen Instanzen. Die rechtlichen Grundlagen werden in Kapitel 5 im Detail analysiert, wobei die Schwerpunkte auf dem elterlichen Erziehungsrecht, dem Kindeswohl und dem staatlichen Wächteramt liegen. Schließlich behandelt Kapitel 6 die aufgeworfenen Fragen und stellt ein Fazit zur Arbeit dar.
Schlüsselwörter
Kindeswohl, elterliches Erziehungsrecht, staatliches Wächteramt, Genitalverstümmelung, Fall J., Prozessverlauf, Rechtsgrundlagen, Haager Minderjährigenschutzabkommen, öffentliche Ordnung, Kulturkreis, interkulturelle Konflikte, Schutz von Minderjährigen.
- Citation du texte
- Stephanie Scheck (Auteur), Daniela Hillenbrand (Auteur), 2005, Kindeswohl - Elterliches Erziehungsrecht - Staatliches Wächteramt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63445