Immer wieder erschüttern und berühren uns tragische Fälle von Kindeswohlgefährdung, -vernachlässigung und -tötung. Da werden Stimmen laut, die Jugendämter würden tatenlos zusehen, wenn Eltern ihre Kinder vernachlässigen, sie verhungern lassen oder gar totschlagen.
Haben die Jugendämter richtig gehandelt, sind sie rechtzeitig eingeschritten, hätten andere Hilfen nicht im Vorfeld greifen, Eltern unterstützt oder Hilferufe richtig gedeutet werden müssen? Was kann gegen derart grausamen Umgang mit Kindern und zum Schutz für sie getan werden? All diese Fragen haben ihre Daseinsberechtigung, wenn man sich Fälle wie den des kleinen Pascals, der im Jahr 2003 in Saarbrücken einem Kinderschänderring zum Opfer fiel, anschaut. Auch der Fall des einjährigen Marcels Anfang 2005 in Kassel, der aufgrund von Misshandlung an einem Schädelbruch starb, sorgte vor allem in den Medien für viel Aufsehen und lies die Frage nach dem Schutz und einem rechtzeitigen Eingreifen der Jugendämter wiederholt aufkommen. Hieran wird deutlich, dass es erhebliche Unsicherheiten im Umgang mit Handlungsstandards, aber auch gesetzlichen Grundlagen im Fall von Kindesmisshandlung, -vernachlässigung und -missbrauch gibt. Dem soll nun unter anderem das am 01.10.2005 in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeerweiterungsgesetz - KICK) entgegenwirken.
Zu Beginn dieser Ausarbeitung soll die Entwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts kurz vorgestellt werden. Es soll dann am Beispiel des Falls Marcel ein Einstieg in das Thema der Kindesvernachlässigung und -misshandlung gegeben werden. Die entwicklungspsychologischen Aspekte des Kindeswohls, d.h. was braucht ein Kind und Jugendlicher, um zu einem psychisch und physisch gesundem Menschen heranzuwachsen und was sind Indikatoren für eine Gefährdung, sind als Fragestellung unerlässlich.
Anschließend sollen die wichtigsten rechtlichen Grundlagen der Beziehung Kind - Eltern - Staat erläutert und ihr Zusammenspiel verdeutlicht werden. Auch die Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe und die Einbeziehung aller Beteiligten und Betroffenen müssen betrachtet werden.
Welche konkreten Änderungen ergibt die Einführung von KICK und wie wirken sich diese auf die Handlungsmöglichkeiten der SozialarbeiterInnen aus? Auch deren Pflichten- und Garantenstellung als Fachkräfte beim Jugendamt, besonders im Aufgabenbereich des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD), sollen untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entwicklung des Jugendhilferechts
- Von der Armenhilfe zur Erziehungshilfe
- Vom RJWG zum KJHG mit KICK
- Der Fall Marcel
- Zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
- Entwicklungspsychologische Aspekte
- Soziologische Aspekte
- Indikatoren für eine Gefährdung des Kindeswohls
- Die Beziehung Kind - Eltern - Staat
- Kindeswohl
- Elternrecht
- Staatliches Wächteramt
- Die Garantenstellung
- Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe
- Die Hilfen zur Erziehung
- Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
- Der Schutzauftrag
- KICK
- Die Änderungen durch KICK
- Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII)
- Die Neufassung der Regelung der Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII)
- Die Neuerungen der Datenschutzbestimmungen (§§ 61 ff. SGB VIII)
- Die Konkretisierung des Rechtsbegriffs der persönlichen Eignung (§ 72 a SGB VIII)
- KICK in der Praxis
- Die Änderungen durch KICK
- Die Handlungsmöglichkeiten des SA/SP
- Fazit zum Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema des Aufwachsens in öffentlicher Verantwortung und beleuchtet die komplexen Beziehungen zwischen Kind, Eltern und Staat im Kontext von Kindeswohlgefährdung. Im Zentrum stehen die Aufgaben der Jugendhilfe, insbesondere im Hinblick auf den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, sowie die Handlungsmöglichkeiten von SozialarbeiterInnen im Umgang mit gefährdeten Kindern und ihren Familien. Die Arbeit analysiert die Entwicklung des Jugendhilferechts, die Bedeutung des Kindeswohls, die Rolle des Elternrechts und die staatlichen Schutzmechanismen, die im Falle einer Kindeswohlgefährdung greifen.
- Die Entwicklung des Jugendhilferechts
- Die Bedeutung des Kindeswohls und die Rolle des Staates
- Der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung und die Handlungsmöglichkeiten von SozialarbeiterInnen
- Die Hilfen zur Erziehung und die Stärkung von Eltern
- Die Bedeutung des neuen Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK)
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik der Kindeswohlgefährdung vor und zeigt anhand von Beispielen die Notwendigkeit rechtzeitiger Interventionen durch die Jugendhilfe auf. Kapitel 2 beleuchtet die historische Entwicklung des Jugendhilferechts, beginnend von der Armenhilfe bis hin zum aktuellen KJHG mit KICK. Kapitel 3 behandelt den Fall Marcel, der als Beispiel für Kindesvernachlässigung und -misshandlung dient. Kapitel 4 geht auf die Entwicklungspsychologie und Soziologie des Kindes ein und stellt Indikatoren für eine Gefährdung des Kindeswohls vor. Kapitel 5 untersucht die komplexen Beziehungen zwischen Kind, Eltern und Staat, wobei die Themen Kindeswohl, Elternrecht, staatliches Wächteramt und die Garantenstellung im Vordergrund stehen. Kapitel 6 widmet sich den Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich der Hilfen zur Erziehung, der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie dem Schutzauftrag. Kapitel 7 behandelt das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (KICK) und seine Auswirkungen auf den Schutzauftrag, die Inobhutnahme und die Datenschutzbestimmungen. Die Handlungsmöglichkeiten von SozialarbeiterInnen im Umgang mit Kindeswohlgefährdung werden in Kapitel 8 analysiert.
Schlüsselwörter
Kindeswohl, Jugendhilfe, Kindeswohlgefährdung, Schutzauftrag, Elternrecht, staatliches Wächteramt, Hilfen zur Erziehung, KICK, SozialarbeiterIn, Handlungsmöglichkeiten, Entwicklung des Jugendhilferechts, Fall Marcel, Entwicklungspsychologie, Soziologie.
- Citation du texte
- Stephanie Scheck (Auteur), 2006, Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63451