Vom Geächteten zum Partner - Der Wandel in den Beziehungen zwischen Spanien und den USA sowie Großbritannien 1945-1953


Trabajo Escrito, 2006

53 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

2. DIE SITUATION AM ENDE DES ZWEITEN WELTKRIEGES

3. DIE ÄCHTUNG
3.1 Die Spanienpolitik der USA
3.2 Die Spanienpolitik Großbritanniens

4. DIE ZEIT DER ANNÄHERUNG
4.1 Annäherung zwischen den USA und Spanien
4.2 Annäherung zwischen Großbritannien und Spanien

5. DIE KONSOLIDIERUNG DER ZWISCHENSTAATLICHEN BEZIEHUNGEN
5.1 Die Madrider Verträge zwischen den USA und Spanien
5.2 Das Verhältnis zwischen Großbritannien und Spanien im Schatten der Madrider Verträge

6. ZUSAMMENFASSUNG / SCHLUSS

7 LITERATURVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

EINLEITUNG

Spanien ist den meisten Bundesbürgern heute als lieb gewonnenes Urlaubsland im Gedächtnis. Über seine Geschichte, sowohl die ältere als auch die jüngere, wissen die wenigsten wirklich Bescheid. Allgemein bekannt ist, dass Spanien Mitglied der Europäischen Union und genauso demokratisch ist wie deren andere Mitgliedstaaten und dass Spanien einen König hat. Dass das heutige Spanien aber erst seit knapp 30 Jahren der Staat, ist den wir heute kennen, wissen nur wenige. Zwar dürfte den älteren Mitbürgern der Name Franco noch etwas sagen und auch im Geschichtsunterricht haben ihn wohl die meisten schon einmal gehört. Aber ein detailliertes Wissen über sein Regime haben wohl die wenigsten. Wenn manchen die Verbindungen zwischen Franco und den Achsenmächten während des spanischen Bürgerkrieges zumindest in groben Zügen geläufig sind, ist die Rolle Spaniens im Zweiten Weltkrieg vielen unbekannt. Und über die Rolle, die Spanien in der Nachkriegszeit spielte, wissen nur wenige genaues. Auch mir war das meiste, was über das Allgemeinwissen hinausgeht, bis zur Beschäftigung mit dieser Thematik unbekannt,

Umso interessanter fand ich die Darstellung der spanischen Geschichte in der Kurseinheit „Spanien 1939-1953, Faschismus, Autarkie, Repression“, und mich beschäftigte die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass ein Land innerhalb von ungefähr 15 Jahren seine außenpolitische Ausrichtung komplett änderte und sich den wechselnden internationalen Bedingungen anpasste, ohne dabei seine Staatsform und vor allem die Staatsführung zu ändern. Gleichermaßen interessant ist es zu betrachten, wie der Rest der Welt, in erster Linie die Vereinigten Staaten und Großbritannien, Spanien gegenüberstand und Stellung gegenüber Franco bezog.

Wie konnte es dazu kommen, dass Spanien zwischen 1945 und 1953 vom Geächteten zum Partner der Weltmacht USA und ihrem wichtigsten Verbündete Großbritannien werden konnte? Wer war die treibende Kraft bei diesem Wandel in den internationalen Beziehungen? Warum dauerte es acht Jahre bis zur Unterzeichnung der Madrider Verträge? Diesen Fragen möchte ich unter anderen in der Hausarbeit nachgehen, wobei ich in der Darstellung der Entwicklung chronologisch vorgehe, vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Unterzeichnung der Madrider Verträge im September 1953. Auch wenn die Beziehungen zwischen den USA und Spanien sowie Großbritannien und Spanien jeweils gesondert dargestellt werden, waren diese eng miteinander verknüpft, und eine klare Trennlinie lässt sich nicht immer ziehen, da zum Beispiel das außenpolitische Handeln eines Staates die Reaktion auf das Handeln des anderen darstellt. Dennoch wird sicherlich deutlich, dass die USA und Großbritannien trotz ihrer intensiven Beziehungen in Bezug auf Franco-Spanien nicht immer an einem Strang zogen. Wie es trotz Differenzen, aber auch durch Übereinkünfte und politisches Taktieren zwischen allen beteiligten Staaten dazu kam, dass Spanien ab 1953 nicht länger als Geächteter sondern als Partner galt, das möchte ich in der vorliegenden Hausarbeit verdeutlichen.

2. DIE SITUATION AM ENDE DES ZWEITEN WELTKRIEGES

Während des Zweiten Weltkrieges war weder die Außenpolitik Spaniens noch die angloamerikanische Außenpolitik geradlinig. Zwar hatte sich Spanien während des Krieges mehr oder weniger nah und offensichtlich auf die Seite der Achsenmächte geschlagen, auch wenn es sich während des gesamten Krieges offiziell als neutral bzw. „nicht kriegführend“ bezeichnete. Kurz vor der Kapitulation Frankreichs erklärte Franco, dass Spanien nicht neutral, sondern „nicht kriegführend“ sei, was bedeuten sollte, dass Spanien nicht in den Kampf eingreife, aber auch nicht isoliert neben den Geschehnissen her lebe, ohne diese zur Kenntnis zu nehmen. Obwohl die spanische Politik rein spanischen Interessen folge, vergesse man nicht die erbrachten Freundschaftsbeweise durch Deutschland und Italien und stehe diesen beiden Ländern äußerst wohlwollend gegenüber, man sehe aber dennoch die realistischen Gegebenheiten, die eine Kriegsteilnahme unmöglich machten, so Franco.[1]

Neben dieser Nähe zur Achse erwartete und benötigte Franco aber von den Westalliierten die Lieferung von Getreide und Öl, um wenigstens die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln gewährleisten zu können. Aus diesem Grunde konnte sich Franco eine Kriegserklärung an die Westalliierten ebenfalls nicht erlauben. Gleichermaßen ziellos verlief die Politik der Westalliierten, die Francos Nähe zur Achse sahen, dennoch aber die Lieferungen nie vollständig und für lange Dauer aussetzten, von einem kurzen US-Ölembargo von Februar 1944 bis Juni 1944 einmal abgesehen, das dazu dienen sollte, Spanien zum Abbruch der Wolframlieferungen an das deutsche Reich zu bewegen. Die USA waren selber sehr an den spanischen Wolframexporten interessiert, obwohl sie für ihre Kriegswirtschaft nicht darauf angewiesen waren. Sie wollten jedoch Spanien das Wolfram zu einem weit höheren Preis abkaufen, als das Deutsche Reich dazu in der Lage war, um dieses von der spanischen Rohstoffzufuhr abzuschneiden.[2]

Dennoch ließ Franco immer wieder Sympathien für Hitler und das Deutsche Reich erkennen, wobei die Gründe dafür vielfältig waren: Die Ähnlichkeit der politischen Systeme und Ansichten sowie Identifikation mit den Kriegszielen, insbesondere dem Kampf gegen den Kommunismus, Dankbarkeit für die Unterstützung im Bürgerkrieg und Hoffnung auf Beute im Falle eines Sieges der Achsenmächte. Letztendlich trat Spanien aber, von der blauen Division an der Ostfront, einer Einheit aus spanischen Freiwilligen, einmal abgesehen, nicht in den Krieg ein.[3] Dennoch sollte Franco seine unverhohlene Bewunderung der Achsenmächte zum Nachteil werden und nach dem Krieg als Hemmschuh für die außenpolitische Entfaltung Spaniens wirken.[4]

Spanien aus dem Krieg herauszuhalten war seit Kriegsbeginn auch das Bestreben der USA und Großbritanniens gewesen[5], da es auf Grund seiner geographischen Lage den Achsenmächten einen erheblichen Vorteil, nämlich die Kontrolle des Zugangs zum Mittelmeer, gewährt hätte. Außerdem fürchtete Großbritannien um seine Kronkolonie Gibraltar.

Als das Ende des Krieges absehbar wurde, begann man in London und Washington sich vor einer Massenflucht von Nationalsozialisten aus Deutschland nach Spanien zu fürchten, da angenommen wurde, dass diese von dort entweder nach Südamerika fliehen könnten oder sich in Spanien eine Kolonie von Nationalsozialisten bildet, die dort Ressourcen sammelt, um später den Kampf gegen die Alliierten fortführen zu können, eine Art „Fünfte Kolonne“. Um das Schlupfloch Spanien zu schließen, unternahmen die USA und Großbritannien ab dem Spätsommer 1944 schließlich große Anstrengungen, alle von Spanien abgehenden Schiffe auf fliehende Nazis zu durchsuchen. Die Spanier akzeptierten zähneknirschend dieses Vorgehen, das sowohl einen erheblichen Aufwand für die spanischen Behörden als auch wirtschaftliche Verluste für die Schiffsbetreiber bedeutete, da Spanien nun gegen Ende des Krieges und mit der absehbaren Niederlage der Achsenmächte sehr an guten Beziehungen zu London und Washington interessiert war. Aus demselben Grund hatte Spanien auch offiziell kein Interesse daran, deutschen Kriegsverbrechern Asyl zu gewähren, wobei sich das Interesse an guten Beziehungen nicht alleine auf Großbritannien und die USA beschränkte, sondern für alle westlichen Mächte galt.[6]

Der „gute Wille“ Spaniens zeigte sich, als nach zähen Verhandlungen schließlich Pierre Laval, zeitweise Premierminister der Vichy-Regierung in Frankreich, im Juli 1945 nach seiner Flucht nach Spanien an Frankreich ausgeliefert wurde. Da sich mit der Auslieferung aber weder die Beziehungen zu Frankreich und das allgemeine Ansehen Spaniens in der Welt verbesserten, war Spanien im Fall des belgischen Kollaborateurs und Kriegsverbrechers Léon Degrelle weniger hilfsbereit, auch wenn es auch diesen Kriegsverbrecher am liebsten losgeworden wäre. Er sollte offiziell zwar das Land verlassen, tauchte aber unter und baute sich unter einem anderen Namen eine neue Existenz in Spanien auf. Spanien sah in der Frage der Auslieferung der Kriegsverbrecher einen Joker, den es ins Spiel bringen wollte, um der Welt zu zeigen, dass sich das Regime vom Faschismus distanzierte; dies allerdings zu den Bedingungen Spaniens und nicht um jeden Preis. Eine Vorstellung Spaniens war es zum Beispiel, dass die Auslieferung Degrelles mit der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Belgien und Spanien verknüpft werden sollte. Oft scheiterte eine Einigung in den Debatten um Laval und Degrelle, deren Fälle hier nur beispielhaft und stark verkürzt dargestellt werden, nach zähen Verhandlungen immer kurz vor einer Einigung. Auch Großbritannien war nicht in jeder Hinsicht kooperativ. Es herrschte Schadenfreude vor, dass Franco nun auch noch das Problem der Kriegsverbrecher hatte, die bei ihm Unterschlupf suchten.[7]

Ein weiterer Punkt, in dem Spanien seine Abgrenzung zum Faschismus darstellen konnte, war die zunehmende Identifizierung mit der christlich-katholischen Tradition Spaniens. Zwar machte Franco bereits seit seinem Sieg im Bürgerkrieg 1939 deutlich, dass er sich als christlicher Herrscher sah, indem er sich „Caudillo von Gottes Gnaden“ nannte[8], aber das faschistische Element in seiner Bewegung, die Falange, war anfänglich noch sehr bedeutend. Das Unterstreichen der christlich-konservativen Wurzeln seines Regimes konnte für Francos Ansehen in der Welt nur nützlich sein. Der Katholizismus musste schließlich auch als Beweis dafür herhalten, dass Franco nie mit den Achsenmächten verbündet gewesen sei, da er sich nicht mit Nationen verbünden könne, die nicht auf den Wurzeln des Katholizismus ruhen. Diese Äußerung gegenüber dem Chef des Auslandsdienstes von United Press tat er freilich erst am 04. November 1944, als selbst für den den Achsenmächten wohlgesonnenen Franco der Ausgang des Krieges nicht mehr in Frage stand.

Im Zuge der weiteren Kontakte zu den USA und Großbritannien sollte der Antikommunismus Francos eine Schlüsselrolle spielen, gepaart mit dem Katholizismus ließ sich so sogar die Entsendung der „Blauen Division“ an die Ostfront erklären, die mit der Notwendigkeit begründet wurde, das „christliche Europa“ vor dem „asiatischen Kommunismus“ verteidigen zu müssen.

Innerhalb Spaniens wurde die Presse angewiesen, den „neuen Realismus“ propagandistisch zu verbreiten, und es kam auch zu antideutschen Zeitungsartikeln.[9] Dieser neue Kurs stieß nicht überall in Spanien auf Zustimmung, aber die von militanten Falangisten angezettelten Unruhen stellten keine Gefahr für Franco dar, und Franco entledigte sich schnell seiner Widersacher. Mit einer nach innen gesicherten Position und der neuen außenpolitischen Anpassung konnte Franco nun dem Kriegsende und dem Untergang der Regime, die ihm zur Macht geholfen hatten, entgegensehen.

Die internationale Meinung gegenüber dem Franco-Regime war durch die negative Haltung der US-Amerikaner geprägt, die gegen die Aufrechterhaltung diplomatischer Beziehungen zum Franco-Regime protestierten. US-Präsident Roosevelt zeigte in einem Brief an den US-Botschafter in Madrid auf, dass nach dem Krieg die USA den Widerstand der Spanier gegen Franco unterstützen werden, da für ein Regime, das auf faschistischen Prinzipien beruhe und mit Hilfe faschistischer Regime an die Macht gekommen ist, kein Platz sei. Allein das Spanische Volk habe das Recht eine Regierungsform und eine Richtung der Politik zu wählen.[10]

3. DIE ÄCHTUNG

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa im Mai 1945 stand Spanien isoliert von der internationalen Gemeinschaft da. Zwar unterhielten die meisten Staaten diplomatische Beziehungen zu Spanien und hatten Botschafter in Madrid akkreditiert, aber das allgemeine Klima war kühl. Besonders bei den Bevölkerungen der durch die Alliierten befreiten Länder in Europa, aber auch bei den Amerikanern war Francos Regime diskreditiert, weil es als letztes Bollwerk des ansonsten erfolgreich bekämpften Faschismus angesehen wurde.

Die Ablehnung der westlichen Demokratien gegenüber Franco-Spanien mündete schließlich in der so genannten „Ächtung Spaniens“. Diese altertümlich anmutende Bezeichnung ist in der Fachliteratur der am häufigsten verwendete Begriff für die Zeit der internationalen Isolation Spaniens.

Als ein Startpunkt der Ächtung Spaniens kann die Konferenz von San Francisco im Juni 1945 betrachtet werden, bei der 50 Nationen die Charta der Vereinten Nationen unterzeichneten. Mexiko stellte bei dieser Konferenz die Forderung auf, dass diejenigen Staaten nicht in die neu zu gründenden Vereinten Nationen aufgenommen werden dürften, in denen Regime sich auf Militärs stützten, die während des Krieges gegen Staaten der Anti-Hitler Koalition gekämpft hatten. Spanien wurde daraufhin der Zugang zur UNO untersagt. Dies wurde von den Westalliierten auf der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 noch einmal unterstrichen.

Einen völligen Bruch mit Spanien wollte man aber nicht vollziehen, auch wenn Frankreich im Dezember 1945 den Versuch unternahm, in Absprache mit den USA und Großbritannien jegliche wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Spanien sofort abzubrechen und gleichzeitig die Opposition in Spanien sowie die spanisch-republikanische Exilregierung zu stärken.

Im Februar 1946 empfahlen die Vereinten Nationen ihren Mitgliedern, sich von Spanien zu distanzieren; Frankreich schloss die Grenze zu Spanien, was Spanien als Reaktion auf Frankreichs Ankündigung bereits einige Tage zuvor getan hatte[11], und verkündete, alle Handelsbeziehungen zu Spanien abzubrechen. Die geschlossene Grenze bedeutete für

Spanien ein sehr großes Hindernis, da alle Verbindungen zum übrigen Teil von Europa nun nur noch auf dem See- oder Luftweg aufrechterhalten werden konnten. Im Juni schlug schließlich der UN-Sicherheitsrat der Vollversammlung vor, die Mitgliedstaaten zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Spanien zu bewegen, da Spanien eine potentielle Gefährdung des Weltfriedens darstelle. Spanien wurde als faschistischer Staat klassifiziert und eine Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen wurde erst nach einer umfassenden Demokratisierung in Aussicht gestellt. Zwangsmaßnahmen gegenüber Spanien wurden vom Sicherheitsrat der Vollversammlung jedoch nicht empfohlen, da von Seiten Spaniens bis zu diesem Zeitpunkt keine Aggression ausgegangen war. Die Auseinandersetzung der UN mit Franco-Spanien endete vorerst im Dezember 1946 damit, dass den Mitgliedstaaten empfohlen wurde, die Botschafter aus Madrid abzuziehen, die diplomatischen Beziehungen aber dennoch aufrecht zu erhalten. Die vorangegangenen Diskussionen wurden in erster Linie von kommunistischen Ländern initiiert und unterstützt.[12] In Madrid verblieben nur noch die Botschafter Portugals, Argentiniens, des Vaticans[13] sowie der Schweiz, die abgezogenen Botschafter wurden durch Chargés d´affaires ersetzt.[14] Der Abzug der Botschafter aus Madrid galt auch als sichtbares Zeichen der internationalen Isolation Spaniens und stellte deren Höhepunkt dar.[15] Zunächst wurden die Botschafter nur für ein Jahr abgezogen, während dessen Franco grundlegende Demokratisierungen durchführen sollte. Erst dann sollte über die Verlängerung des Abzuges oder neue Sanktionen beraten werden.[16] Der Abzug der Botschafter stellte ausschließlich eine diplomatische Maßnahme dar, Sanktionen wirtschaftlicher oder militärischer Art folgten für Spanien nicht. Im Gegenzug berief auch Spanien seine Botschafter aus den Ländern zurück, die ihre Botschafter aus Spanien zurückgerufen hatten. Die spanischen Botschaften blieben ansonsten aber voll funktionstüchtig. Franco selber sah in der Entscheidung der Vereinten Nationen ein Zeichen dafür, dass der Rest der Welt nicht mehr mit der Wiederherstellung der Republik rechnete und die republikanische Exilregierung somit auch nicht mehr unterstützen würde.[17]

Innerhalb Spaniens blieben die Versuche, Franco zu entmachten, nicht unbeachtet, sie hatten aber nicht die Auswirkungen, die man sich seitens der demokratischen Welt erhofft hatte, nämlich die Position Francos zu schwächen. Während der Verhandlungen vor den Vereinten Nationen, wie mit Spanien zu verfahren sei, war Franco nicht untätig geblieben und hatte einige nach außen wirksame Veränderungen vorgenommen: 1945 erließ er das „Grundgesetz der Spanier“ sowie das „Gesetz über den Volksentscheid“, um seinem Regime damit einen demokratischen Anstrich zu verpassen und nach außen hin sein Wohlwollen zu zeigen, die Verhältnisse in seinem Land in Richtung Demokratie zu ändern. Das „Grundgesetz der Spanier“ garantierte allen Spaniern bestimmte Grundrechte, die allerdings nur für den galten, der die Grundprinzipien des Staates achtete. Außerdem verpflichtete es jeden Bürger zur Treue dem Staatschef gegenüber und enthielt Regelungen, die es der Regierung sehr leicht machten, die Grundrechte außer Kraft zu setzen. Das „Gesetz über den Volksentscheid“ legte fest, dass jedes Gesetz, je nach Bedeutung oder öffentlichem Interesse von den Cortes, Francos Scheinparlament, dem Volk zum Volksentscheid vorgelegt werden konnte. Die Entscheidung, bei welchem Gesetz so verfahren wurde, lag allerdings allein beim Caudillo. Neben diesen beiden Gesetzen kündigte er ein neues Pressegesetz an, das die spanische Presse von jeder Aufsicht befreien würde.[18] Als weitere populäre Maßnahmen wurden zahlreiche, aber längst nicht alle, politische Häftlinge entlassen, und den politischen Einfluss der Falange und mit ihr faschistische Symbole, besonders augenfällig war die Abschaffung des faschistischen Grußes, drängte er zurück, um wie schon während Ende des Krieges die katholischen Elemente seines Regimes stärker herauszuheben. An die Vereinten Nationen wurde eine spanische Protestnote gesendet, in der die Sowjetunion als treibende Kraft hinter den Sanktionen gegen Spanien beschuldigt wurde. Außerdem wurde darin betont, dass Spanien lieber vom Rest der Welt isoliert sei, als seine Souveränität abzugeben.[19] Zu guter Letzt setzte er den streng katholischen aber unerfahrenen Alberto Martín Artajo als Außenminister ein. Ihn ließ er in dem Glauben, zu gegebener Zeit Platz für Don Juan und die Monarchie zu machen. Don Juan war der liberal eingestellte Sohn von Alfons XIII., der von 1886 bis 1931 König war, bis die zweite Republik errichtet wurde. Wegen seinem Bekenntnis zu einer liberalen Monarchie war er Franco suspekt. Artajo wurde es auch überlassen, Großbritannien und die USA davon zu überzeugen, sowie davon, dass die internationalen Bedingungen gelockert werden müssten, da nur dies einen geordneten Übergang zur Monarchie gewährleiste.[20]

Entgegen den Erwartungen wurde Franco durch die internationale Ächtung innenpolitisch nicht geschwächt, die internationalen Maßnahmen stärkten ihn sogar, sie lieferten ihm glänzende Vorlagen für seine Propaganda, die die Maßnahmen der UN als bolschewistische Propaganda geißelte. In Spanien kam es zu Massenkundgebungen, auf denen die Spanier ihre Solidarität mit dem Caudillo zum Ausdruck brachten, und es kam in weiten Kreisen der Spanier, die Franco bis dahin skeptisch gegenüber gestanden hatten, zur Solidarisierung mit dem System gegen den äußeren „Feind“.[21]

Ins Reich der Legende gehört jedoch, dass zu dieser Zeit ganz Spanien geschlossen hinter Franco stand, und die Versuche, ihn durch die Ächtung zu entmachten, auch den letzten seiner Gegner in seine Arme trieben. Dieser Mythos, dass Spanien zwar innerlich zerrissen sein mag, gegen einen äußeren „Feind“ aber immer feste zusammenhält, weil es dem spanischen Stolz entspreche, sich nicht bevormunden zu lassen, wurde und wird gerne von Franco-Anhängern verbreitet. Aber auch während der internationalen Ächtung Francos gab es noch genügend Franco-Gegner, wenn sie auch nicht mehr so offen in Erscheinung traten. Auch die Pro-Franco Demonstrationen müssen vorsichtig betrachtet werden, war es doch für Franco ein Leichtes, Massendemonstrationen, für welchen Zweck auch immer, auf die Beine zu stellen. Dennoch gaben die Internationalen Äußerungen über Spanien, insbesondere aber die Attacken der Sowjetunion, Franco gute Vorlagen, die er propagandistisch ausschlachten konnte.[22]

So konnte er sich in einer langen Tradition des spanischen Kampfes gegen einen übermächtigen Feind darstellen, indem er die internationale Ächtung mit dem Kampf der Spanier gegen die Römer, die Mauren und gegen Napoleon verglich. Außerdem verfasste er unter dem Pseudonym „Jakim Boor“ Propagandaschriften gegen den Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Präsident der Generalversammlung, in denen er sie als Freimaurer und Marionetten der Sowjetunion bezeichnete.[23] Dass der amerikanische Präsident Truman ebenfalls Freimaurer war, war für Francos Propaganda ebenso eine gute Vorlage, so konnte diese gegen alles vermeintlich Antichristliche wie die Freimaurerei und den Kommunismus wettern und Franco als einen der letzten Verteidiger der christlichen Werte darstellen. Franco setzte die Freimaurerei gleich mit der von ihm verhassten liberalen Demokratie und beschuldigte sie gemeinsam mit dem Kommunismus, eine Verschwörung gegen Spanien zu führen, um dieses zu zerstören.[24]

Gestärkt wurde Franco durch die Isolation bei Kritikern in seinem eigenen Lager, da diesen bewusst wurde, dass ihre Position einzig von Franco abhing. Mit einem Regimewechsel wäre ihre Karriere auch als Franco kritisch gegenüberstehenden Regimeangehörigen beendet gewesen.

Eine weitere Auswirkung der Ächtung und den damit verbundenen Handelsschwierigkeiten waren die immer wieder auftretenden Versorgungsengpässe, unter denen selbstverständlich die Bevölkerung zu leiden hatte, nicht aber Franco und die Elite seines Regimes.[25]

[...]


[1] Bernecker, Walther L. 1984: 81

[2] Ruhl, Klaus-Jörg 1975: 241

[3] Collado, Seiler, Carlos 2001:35ff

[4] Waldmann, Peter/Bernecker, Walther L./ López-Casero, Francisco (Hrsg.) 1984: 266

[5] Collado Seidel, Carlos 20101: 13

[6] Collado Seidel, Carlos 2001: 35ff

[7] Collado Seidel, Carlos 2001: 47ff

[8] Carr, Raymond 1980: 155

[9] Ruhl, Klaus-Jörg 1975: 244

[10] Bernecker, Walter L. 1989: 116f

[11] Whitaker, Arthur P. 1961: 26

[12] Balfour, Sebastian/Preston, Paul (Hrsg.) 1999: 231

[13] Bernecker, Walter L. 1989: 117ff

[14] Martin, Claude 1995: 231

[15] Collado Seidel, Carlos 2001: 56

[16] Balfour, Sebastian/Preston, Paul (Hrsg.) 1999: 219

[17] Preston, Paul 1995: 56f

[18] Bernecker, Walter L. 1989: 64ff

[19] Bernecker, Walter L. 1989: 122ff

[20] Balfour, Sebastian/Preston, Paul (Hrsg.) 1999: 217

[21] Bernecker, Walter L. 1989: 122f

[22] Balfour, Sebastian/Preston, Paul (Hrsg.) 1999: 220

[23] Preston, Paul 1995: 563

[24] Martin, Claude 1995: 236f

[25] Whitaker, Arthur P. 1961: 26f

Final del extracto de 53 páginas

Detalles

Título
Vom Geächteten zum Partner - Der Wandel in den Beziehungen zwischen Spanien und den USA sowie Großbritannien 1945-1953
Universidad
University of Hagen  (Historisches Institut)
Curso
Spanien 1939-1953, Staat und Politik
Calificación
1,3
Autor
Año
2006
Páginas
53
No. de catálogo
V63622
ISBN (Ebook)
9783638566261
ISBN (Libro)
9783638953368
Tamaño de fichero
623 KB
Idioma
Alemán
Notas
Aus dem Kommentar des Korrektors: In inhaltlicher Hinsicht ist eine korrekte und präzise Nachzeichnung der Entwicklung der Beziehungen Spaniens zu den USA und Großbritannien zu bescheinigen. Dabei wird keineswegs nur, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre, aus der Perspektive des Kalten Krieges argumentiert, sondern zunächst die relative Offenheit der Situation bei Kriegsende gut herausgearbeitet. Diese angemessen differenzierte Wahrnehmung kommt im Schlusskapitel nochmals zum Ausdruck.
Palabras clave
Geächteten, Partner, Wandel, Beziehungen, Spanien, Großbritannien, Spanien, Staat, Politik
Citar trabajo
Marc Brüninghaus (Autor), 2006, Vom Geächteten zum Partner - Der Wandel in den Beziehungen zwischen Spanien und den USA sowie Großbritannien 1945-1953, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63622

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