Mit diesem Urteil bringt Immanuel Kant die untergeordnete Stellung des Geruchssinns in der Sinneswahrnehmung - wie sie auch heute noch zu verzeichnen ist - treffend zum Ausdruck. Der olfaktorische Sinn spielt auf den ersten Blick keine wichtige Rolle mehr, weil sich der Mensch heutzutage vorrangig visuell orientiert. Philosophen haben sich nie ‚ausführlich’ mit dem Geruchssinn auseinandergesetzt, sondern dieser wurde immer nur peripher im Kontext von Sinneshierarchien erwähnt, in denen er traditionell als niedrigster der fünf Sinne rangierte: Der Geruchssinn verharrt als „das begabte Stiefkind unter den Sinnesorganen“ nach wie vor auf der untersten Stufe der Wahrnehmungsskala. Nur weil die Augen die Sinneswahrnehmung dominieren, wäre es jedoch kurzsinnig zu vermuten, der Geruchssinn werde vernachlässigt. Die Wahrnehmung olfaktorischer Sinneseindrücke entzieht sich vielmehr häufig dem menschlichen Bewusstsein. Der Roman Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders(1985) von Patrick Süskind stellt einen Ansatz dazu dar das verloren gegangene Bewusstsein für Gerüche und Düfte wieder neu zu entdecken. Die Nase und das Parfum gewinnen in Süskinds ‚Monographie des Geruchssinns’ erstmals in der literarischen Ästhetikgeschichte den absoluten Vorrang über Auge und Bild sowie Ohr und Musik. Insofern das Interesse von Patrick Süskind auf Geruch als „Medium der Wahrnehmung, der Erkenntnis und der Konstruktion von Welt und von Kommunikation“ ausgerichtet ist, wird Das Parfum- inspiriert durch Gerhard Neumann - im Rahmen dieser Arbeit als „Medienroman“ gelesen. Was einen solchen kennzeichnet, gilt es in dieser Arbeit unter anderem festzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Wahrnehmung und Gedächtnis
- „Geruchstier Mensch“: Be-Sinnung der Orientierung
- Spracherwerb: Encodierung und Decodierung von Gerüchen
- Gedächtnisarbeit: Analyse und Synthese von Gerüchen
- Die Duftspur: Anwesenheit von Abwesendem
- Das olfaktorische Gedächtnis: Geruch als Erinnerungsmedium
- Grenouille: eine schizophrene Persönlichkeit
- Die olfaktorische Kommunikation
- Grenouille als, Sender'
- ,Nasenangst': Körperduft als Identitätsbildner
- Der Parfümeur als Schöpfer virtueller Identitäten
- Das Parfum als technisch reproduzierbares Kunstwerk
- Die Aura als einmalige Ferne
- Die kalte Enfleurage: Speicherung des Flüchtigen
- Die technische Reproduktion: Verlust der Einmaligkeit
- Die Überwindung von Zeit und Raum: Verlust der Ferne
- Die Empfänger: die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation
- ,Nasenlust': die olfaktorische Manipulation der Massen
- Das Scheitern der olfaktorischen Kommunikation
- Grenouille als, Sender'
- Schluss: Zur Medialität des Olfaktorischen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ mit dem Ziel, die Medialität des Olfaktorischen zu untersuchen. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle des Geruchs als Medium der Wahrnehmung, Erkenntnis und Kommunikation im Roman.
- Die Wahrnehmung und Speicherung von Gerüchen durch die Hauptfigur Grenouille
- Die Bedeutung des olfaktorischen Gedächtnisses in der Sozialisation des Protagonisten
- Die Kommunikation und Manipulation durch Gerüche im Roman
- Die Analyse des Parfums als technisch reproduzierbares Kunstwerk
- Das Scheitern der olfaktorischen Kommunikation im Roman
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung thematisiert die untergeordnete Stellung des Geruchssinns in der Sinneswahrnehmung und stellt die Bedeutung von Patrick Süskinds Roman „Das Parfum“ für die literarische Ästhetikgeschichte heraus.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Wahrnehmung und dem Gedächtnis von Gerüchen durch Grenouille. Es analysiert die Be-Sinnung der Orientierung durch den Geruchssinn, den Spracherwerb und die Encodierung sowie Decodierung von Gerüchen, sowie die Gedächtnisarbeit und die Synthese von Gerüchen. Weiterhin untersucht das Kapitel die Rolle des olfaktorischen Gedächtnisses und den Einfluss von Geruch als Erinnerungsmedium auf Grenouilles schizophrene Persönlichkeit.
Das dritte Kapitel konzentriert sich auf die olfaktorische Kommunikation. Es untersucht Grenouille als „Sender“ und analysiert die Rolle von Körperduft als Identitätsbildner und das Parfum als technisches Kunstwerk. Außerdem analysiert das Kapitel die Empfänger und die Unwahrscheinlichkeit der olfaktorischen Kommunikation im Roman.
Schlüsselwörter
Olfaktorische Medialität, „Das Parfum“, Patrick Süskind, Grenouille, Geruchssinn, Sozialisation, Wahrnehmung, Gedächtnis, Kommunikation, technisches Kunstwerk, Aura, Enfleurage, Medienroman.
- Arbeit zitieren
- Astrid Wolffram (Autor:in), 2004, Zur Medialität des Olfaktorischen - Eine Analyse von Patrick Süskinds Roman 'Das Parfum', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63722