Entwicklung und Marktanalyse der Publikumszeitschriften mit weiblicher Zielgruppe

280 Jahre Frauenzeitschrift in Deutschland


Tesis (Diplomatura), 2005

55 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Aufbau der Arbeit
1.2 Definition und Einbettung des Begriffs Frauenzeitschrift

2 Die Geschichte und Entwicklung der Frauenzeitschriften
2.1 Die ersten Schritte der Frauenzeitschrift
2.2 Politische Frauenzeitungen in der Revolution 1848
2.2.1 Mathilde F. Annekes „Frauen-Zeitung“
2.2.2 Louise Astins „Freischärler“
2.2.3 Louise Ottos „Frauen-Zeitung“
2.3 Zeitschriften mit dem Schwerpunkt Frauenbildung
2.4 Frauenjournalismus um 1900
2.5 Frauenzeitschriften während des Ersten Weltkrieges
2.6 Frauenpresse in der Weimarer Republik
2.7 Nationalsozialismus gegen Frauenpresse
2.8 Feministischer Journalismus nach 1945

3 50 Jahre Entwicklung am Beispiel der klassischen Frauenzeitschrift „Brigitte“
3.1 Eckdaten der Brigitte
3.2 Geschichte und Entwicklung der Brigitte
3.2.1 Die Entwicklung von Mai 1954 bis heute
3.2.2 Das neue Brigitte Konzept 1957
3.2.3 Die 60erJahre -eine Revolution der Modefotografie und Fusionen
3.2.4 Die Emanzipation in den 70er Jahren
3.2.5 Der Relaunch 1980
3.2.6 Die Entwicklung bis heute

4 Marktanalyse der heutigen Frauenzeitschriften
4.1 Markt der Publikumszeitschriften in Deutschland
4.2 Der Frauenzeitschriftenmarkt
4.3 Leserschaftsanalyse des Frauenzeitschriftenmarktes
4.4 Zeitschriftenprofile
4.4.1 Petra als Beispiel für die monatlich erscheinenden Frauenzeitschriften
4.4.2 Freundin als Beispiel für 14tägliche Frauenzeitschriften
4.4.3 Tina und Neue Post als Beispiel für die Wöchentlichen
4.5 Die aktuellsten Veränderung des Marktes Ende 2004 / Anfang 2005

5 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Verbands deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ)

Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) Haushalts Netto Einkommen (HHNE)

1 Einleitung

Wir sind „Brigitte“, „Lea“, „Tina“ und „Marie-Claire“. Man nennt uns „Amica“, „Bella“, „Madame“ oder „Jolie“. Wir hätten gerne „Glamour“, „Freizeitspaß“ und eine „Freundin“, und deshalb kaufen wir diese Hefte.

82% der deutschen Frauen lesen mindestens eine Frauenzeitschrift. Darunter die alleiner- ziehende Mutter, die nach ihrer Halbtagsstelle im Büro die Wocheneinkäufe erledigt und beim Blick auf das Zeitschriftenregal feststellt, dass „Mister Perfekt auf sie wartet“ und sie innerhalb von einer Woche ihre Traummasse erreichen kann. Oder auch die Businessfrau, die sich im Flieger auf das nächste Meeting vorbereitet und wissen muss, was in Italien gerade in ist. Währenddessen sitzt die Studentin am WG Küchentisch und würde gerne erfahren, wie man die alten Sachen in ihrem Schrank zum neuen „Romantik-Look“ kom- binieren kann. Für all diese Bedürfnisse und noch viele mehr wurden im Laufe der Jahre Frauenzeitschriften entwickelt. Diesen Markt zu analysieren und dessen geschichtliche Entwicklung nachzuzeichnen, hat sich diese Arbeit zum Ziel gesetzt.

1.1 Aufbau der Arbeit

Die nun folgenden Kapitel geben einen Einblick in 280 Jahre Frauenzeitschriften. Die Ge- schichte von den Anfänge bis Heute, sowie die aktuelle Marktsituation werden gleicher- maßen beleuchtet. Um sich über den Begriff Frauenzeitschrift klar zu werden, definiert Kapitel 1.2 erst mal die Oberbegriffe Zeitschrift und Publikumszeitschrift, um dann auf den Begriff an sich zu sprechen zu kommen. Kapitel 2 beginnt im Jahre 1724 bei der ersten Zeitschrift für Frauen und geht dann Kapitel für Kapitel die verschiedenen Epoche der Ent- stehungsgeschichte bis nach 1945 durch. Am Beispiel der letzten 50 Jahre „Brigitte“ wer- den die detaillierten Entwicklungen dieser Frauenzeitschrift von 1954 bis heute bespro- chen. Dabei erläutert Kapitel 3 nur die Veränderungen einer Zeitschrift, da diese jedoch vom Markt initiiert werden, lässt sich auch dessen Situation ablesen. Die Analyse der aktu- ellen Marktverhältnisse folgt in Kapitel 4. 4.1 geht auf die Zahlen, Daten und Fakten des Publikumszeitschriftenmarktes ein. Auf dieser Basis folgen die Verhältnisse im Frauen- zeitschriftenmarkt.

Im Anschluss richtet sich der Blick auf vier verschiedene Hefte als Beispiele ihrer marktin- ternen Gattung. Da diese Branche von den Bedürfnisse und Wünschen der weiblichen Be- völkerung lebt, führt Kapitel 4.3 eine Leserschaftsanalyse durch. Zum Schluss erläutert die Arbeit noch mal die neusten Veränderungen des Marktes mit aktuellen Zahlen aus dem 1.Quartal 2005. Ein Fazit mit dem Ziel der Zusammenfassung und des Ausblickes beendet die Arbeit.

1.2 Definition und Einbettung des Begriffs Frauenzeitschrift

Um die Frauenzeitschrift im Speziellen zu definieren, ist erst mal die Zeitschrift im Allgemeinen zu erläutern. Röper definiert den Begriff wie folgt:

„Als Zeitschrift im Sinne der Pressestatistik werden alle periodischen Druckwerke mit kontinuierlicher Stoffdarbietung angesehen, die mit der Absicht eines zeitlich unbegrenzten Erscheinens mindestens viermal jährlich herausgegeben werden, soweit sie keine Zeitung sind.“ (Vgl. Röper, 1992, S.513)

Entscheidende Merkmale für die Einordnung eines Druckwerkes in diese Gattung ist dem- nach Periodizität, Publizität, keine Tagesaktualität und Kontinuität. Laut Definition muss sie mindest viermal im Jahr erscheinen. Dadurch werden Jahrbücher, Kalender und Semes- terzeitschriften beispielsweise ausgegrenzt. Sie müssen sich weiterhin an die Öffentlichkeit richten, und nicht nur für einen privaten Zweck, wie Familienbriefe, gedacht sein. Klares Kriterium zur Unterscheidung von Zeitungen ist die fehlende Tagesaktualität der Zeit- schrift. Als Letztes sollte eine gewisse geistige Einheitlichkeit in Bezug auf den Inhalt vorhanden sein.(Vgl. Heinrich, 2001, S. 304)

Des weiteren wird der Zeitschriftenmarkt funktional gegliedert, das heißt in verschiedenen Gruppen von Zeitschriften eingeteilt. Hierzu gibt es verschiedene populäre Einteilungen, wie die des Verbands deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) oder der Informationsgesell- schaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW). Im Weiteren wird auf die Definition des IVW eingegangen. Laut dieser Einteilung ist der Zeitschriftenmarkt in die vier Gruppen Fachzeitschriften, Kundenzeitschriften, Offertenblätter und Publi- kumszeitschriften unterteilt.

Die Publikumszeitschriften wenden sich, wie der Name schon sagt, an ein Publikum. Da dies keine präzise Bezeichnung darstellt, behilft man sich mit folgender Aussage:

Publikumszeitschriften bieten dem Rezipienten überwiegend Informationen in seiner Rolle als Konsument und/oder rollenspezifische Unterhaltung an. Von besonderer Bedeutung ist die Gliederung der Publikumszeitschriften mit nationaler Verbreitung. In der folgenden Tabelle finden sich diese 24 Gruppentitel. Kriterium ist der inhaltliche Schwerpunkt der Untergruppe.

Tabelle 1 Publikumszeitschrift mit nationaler Verbreitung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: o.V., IVW, 2005

Frauenzeitschriften gehören demnach zu der Gattung der Publikumszeitschriften. Doch das reicht noch nicht aus um sie zu charakterisieren. Was unterscheidet sie von den anderen Untergruppen, die in der Tabelle 1 aufgelistet sind.

Sicherlich ist klar, dass die Frau als Rezipientin in diesem Fall eine große Rolle spielt.

Doch bezieht man sich dabei auf absolute Zahlen, würde die Programmpresse, die eine weitaus höhere Anzahl an Leserinnen erreicht als beispielsweise die „Brigitte“, zu den Frauenzeitschriften gezählt. Sinnvoll erscheint eine prozentuale Betrachtung, die einer Zeitschrift einen überproportional hohen Anteil an weiblicher Leserschaft bescheinigt. Am hilfreichsten erscheint daher die Definition von Harald Ulze, er sagt dazu folgendes: „Im weitesten Sinne handelt es sich bei der Gattung „Frauenzeitschrift“ um ein Produkt der Massenkommunikation, dass sich primär an weibliche Leser wendet, auf ihre Wünsche eingeht und ihre Interessen vertritt bzw. vorgibt, sie zu vertreten.“ (Vgl. Ulze, 1979, S.9) Sie sind technische Träger des Vorgangs der Massenkommunikation und vermitteln daher einseitig Botschaften an eine Vielzahl von Menschen gleichzeitig. (Vgl. Ulze, 1979, S.44) Da nun der Begriff Frauenzeitschrift als Untergruppe der Publikumszeitschriften geklärt ist, geht das nächste Kapitel auf die Entstehungsgeschichte dieser Gattung ein.

2 Die Geschichte und Entwicklung der Frauenzeitschriften

2.1 Die ersten Schritte der Frauenzeitschrift

Die ersten Frauenzeitschriften auf dem deutschen Markt waren eigentlich Männerzeit- schriften, welche die Frau als Leserin entdeckten. „Die vernünftigen Tadlerinnen“ ging als erste solcher Zeitschriften 1724 in die Geschichte ein. Sie war Vorbild für viele folgende Veröffentlichungen. Herausgegeben wurde sie von Johann Christoph Gottsched (1700- 1766). (Vgl. Weckel, 1998, S.21) Im Titel all dieser Zeitschriften war eine erfundene weib- liche Herausgeberin, die mit einem bestimmten Frauentyp verknüpft werden sollte. Als Beispiel können hierfür „die Matrone“, „die Braut“ oder „die Patriotin“ genannt werden. Inhaltlich orientierten sich diese Blätter an den Bedürfnissen der Leserinnen, die nach Meinung der Herausgeber als nützlich und förderlich für eine Frau einzustufen waren. Die Schreibart wurde ebenfalls an das erwartete Niveau, an Bildung und Verständnis des weib- lichen Geschlechts, angepasst. Angelehnt an die Moralischen Wochenschriften, die sich von Anfang an mit der Frauenfrage beschäftigten (Vgl. Kirstein, 1997, S.21), verfolgte man das Ziel die Frauen mit Hilfe von abschreckenden und lächerlichen Beispielen zu er- ziehen. Die Frauenbilder in dieser Zeitschrift entsprechen nicht etwa der idealen Hausfrau und Mutter, sondern sind die Verkörperung verschiedenen als weiblich bezeichneter We- senseigenschaften, wie Eifersucht, Klatschsucht, Leitsinn und Verschwendung. Fiktive Frauen namens Frau Ignorantia oder Frau Loquax werden durch lächerliche Geschichten als Abschreckung benutzt. Trotz dieser Tatsachen empfanden sich die Herausgeber als Pioniere ihrer Zeit, da sie das Recht der Frau auf Bildung, wie sie es verstanden, propagier- ten. Der Diskurs um Frauenbildung dreht sich im 18. Jahrhundert im Wesentlichen um das Maß an Bildung, das für eine Frau nützlich erschien. Es ist von dem Anteil zwischen „Her- zens- und Verstandesbildung“ die Rede.

Ein berühmtes Beispiel für das Verständnis von schreibenden Frauen, das im 18. Jahrhundert herrschte, stellt die Ehefrau des Herhausgebers Gottsched, Frau Louise Adelgunde Victoria Kulmus, dar. Die als „Gottschedin“ in die Literaturgeschichte eingegangene Dame sagt zu diesem Thema selbst:

„Ein Frauenzimmer liest, um besser und weiser zu werden, nicht um gelehrt zu scheinen.“ Sie warnte vor zu gelehrten Frauen, und weigerte sich die Briefe an ihren Mann zu veröffentlichen, da sie das Schreiben als untypische Frauenbeschäftigung empfindet. Männer sind im 18. Jahrhundert die Herausgeber. Sie stellen das Medium und das Kon- zept. Erst wenn Frauen auch die Herstellung der Zeitschrift in die Hand nehmen, wären auch monetär die Vorraussetzungen für selbstständigen Frauenjournalismus gegeben.

Trotz ihrer Einstellung tritt die Gottschedin als erste weibliche Herausgeberin in der Literaturgeschichte auf. Sie gibt die deutsche Übersetzung, der in England sehr erfolgreichen moralischen Wochenzeitschrift „der Aufseher“ heraus.

Als weiterer Zwischenschritt hin zum freien Frauenjournalismus versteht man, das Publi- zieren von Frauen unter dem schützenden Mantel männlicher Pseudonyme. So behalf sich Ernestine Hofmann 1779 dieses Kniffes um die Zeitschrift „für Hamburgs Töchter“ he- rauszugeben.

Die erste Frauenzeitschrift mit einer Frau als Herausgeberin, die sich auch öffentlich dazu bekannte, war „Pomona für teuschlands Töchter“. Sophie von La Roche richtet sich im Vorwort dieses Medium an ihre Leserinnen und sagte: „Das Magazin für Frauenzimmer und das Jahrbuch der Denkwürdigkeiten für das Schöne Geschlecht - zeigen meinen Leserinnen was teuschte Männer uns nützlich und gefällig achten. Pomona - wird Ihnen sagen, was ich als Frau dafür halte.“ Inhaltlich blieb sie jedoch bei der damals üblichen Meinung, dass die Schriftstellerei eine eher untypische Beschäftigung für Frauen sei, der man nur in den Erholungsstunden neben der Hausarbeit nachgehen sollte.

Ausgehend von der Natürlichkeit der Frau, welche die geschlechtsspezifischen Unterschie- de impliziert, waren Frauen in der Literatur jahrelang eher in der Funktion der Muse zu finden. Angefangen bei Christiane Marianne Ziegler, die 1724 als Poetin zum Mitglied der Leipziger „Deutschen Gesellschaft“ ernannt wurde, gibt es jedoch einige Ausnahmen. Vor allem in den Sparten Brief, Gedicht, Novelle und räsonierende (tadelnde) Erörterung konn- ten sich Frauen ausdrücken. Sophie von La Roche benutzte im großen Umfang den Leser- brief zur Kommunikation mit ihrer Zielgruppe. Sie gibt Erziehungsratschläge und Aus- kunft zu ihrem eigenen Leben.

Auch Marianne Ehrmann veröffentlich 1790 eine Zeitschrift mit dem Namen „Amaliens Erholungsstunden“. Nach einer gescheiterten Ehe bereiste sie Österreich als Schauspiele- rin. In ihrer zweiten Ehe, mit dem Schriftsteller Friedrich Ehrmann, gab sie ihren ehemali- gen Beruf auf, und half ihrem Gatten bei der Pressearbeit. Sie hatte 1984 zwei Bücher ano- nym veröffentlicht und lies diesen als 37jährige ihre Zeitschrift folgen. Diese erschien mo- natlich in der Cottaschen Buchhandlung und kostete zwei Gulden im halben Jahr.

Unglaublicherweise betrachtete auch sie das Schreiben als unweiblich und entschuldigte sich in ihrer Zeitschrift mit ihrer ungewöhnlichen Vergangenheit.(Vgl. Neumann, 1999, S.83f) Inhaltlich blieb sie dieser Aussage treu und beschrieb als höchstes Ziel weiblicher Bildung das eheliche Glücklichsein. Sie ordnete die Frau klar ihrem Gatten unter, der als „weiser Erzieher seiner Gattin“ fungieren sollte und propagierte Werte wie Natürlichkeit, soziale Verantwortung, Einfachheit und Prinzipientreue. In fingierten Briefwechseln zwi- schen der flatterhaften Minna und der vernünftigen Auguste lässt sie regelmäßig das mora- lisch Gute über das Schlechte siegen.

Erst in der Romantik ändert sich das Bild. Belehrende Frauenzeitschriften haben ausge- dient. Sowohl in klassischen als auch in romantischen Produktionen der Literatur beteili- gen sich Frauen. Sophie Mereau veröffentlicht zum Beispiel in Schillers „Horen“ ein Ge- dicht und Teile ihres Romans „Amanda und Eduard“. Schiller versteht sich als ihr Gönner und äußerst sich mit lobenden Worten über ihre Schreibkunst. Das Hauptthema ihres Schreibens ist die Liebe. Dies kann auch mit ihrer Lebensgeschichte erklärt werden, denn nach dem frühen Tod ihrer Eltern und der Scheidung einer 8jährigen Ehe sucht sie lange nach einer erfüllten Liebesbeziehung. Es wird der Mittelpunkt ihres Lebens. Ihre Zeit- schrift „Kalathiskos“, die als jährliches Periodikum geplant war, erscheint zweimal. Ka- lathiskos heißt aus dem Griechischen übersetzt Handarbeitskörbchen, und stellt in der da- maligen Zeit das Symbol für Weiblichkeit dar. In dieser Zeitschrift gibt es keine belehren- den Artikel oder Briefwechsel. Alles wird poetisch ausgedrückt und dreht sich im Wesent- lichen um „die Vergötterung und Allberechtigung der Liebe, die Missachtung der Ehe, poetische Anerkennung der Sinnlichkeit und Ringen nach Freiheit“ wie der Schriftsteller Karl August Varnhagen von Ense 1856 feststellt. Es geht um die Gleichheit der Bildung mit Männern und um sexuelle Freiheit, doch können diese Werke noch nicht mit feministi- schem Journalismus verglichen werden. Da sich dies im Raum der Poesie abspielt, ist noch ein großer Unterschied zwischen der Wirklichkeit und einer fiktiven Utopie zu sehen. Kleine Schritte hin zur Gleichberechtigung kosten viel Mühe. So war eine Spezialisierung auf die Zielgruppe Frau immer mit dem Eingeständnis eines Unterschiedes verbunden. Daher weigerten sich einige Frauen, wie zum Beispiel Johanna Schopenhauer spezielle Medien für Frauen herauszugeben. Als ihr 1821 eine Frauenzeitschrift angeboten wurde, begründete sie ihre Ablehnung mit dem Argument, dass Frauen keine spezielle Literatur wie Kinder bräuchten.

Sie war überzeugt, dass gebildete und geistreiche Leserinnen dadurch verscheucht werden würden. Ziel der Frauen war also das Mitwirken an Journalen wie Unterhaltungs- und Kulturblättern ohne eine Einschränkung der Zielgruppe auf das weibliche Geschlecht. (Vgl. Weigel, S., 1981, S.13-21)

2.2 Politische Frauenzeitungen in der Revolution 1848

Die nächste Epoche der Frauenliteratur ist in großem Maße geprägt von den geschichtli- chen und sozialen Begebenheiten dieser Zeit. So herrschte 1847 eine sehr gewaltsame und von Unruhen geprägte Stimmung, die sich zum Beispiel in Hungersnöten in den niederen Klassen ausdrückte. So sprach man in dieser Zeit viel über die Frage, warum Frauen nicht an dem politischen Geschehen teilhaben dürfen, während sie passiv genauso stark an ihren Folgen beteiligt sind. Öffentlich machte diesen Ansatz der demokratische Publizist Robert Blum in seinen „sächsischen Vaterlandblättern“ 1843. Hoffnungsfroh stimmte auch der Aufsatz der ersten deutschen Frauenorganisatorin Louise Otto 1847 in dem Volkstaschen- buch „Vorwärts“. Sie hielt die Beteiligung der Frauen an den Belangen des Staates „nicht für ein Recht, sondern für die Pflicht“ der Frauen. Sie schrieb ihre „Antwort“ im Namen des „sächsischen Mädchens“, später benutzte sie auch das männliche Pseudonym „Otto Stern“. Erst in ihrer eigenen Zeitung, von der später noch mal detailliert die Rede sein wird, trat sie mit ihrem eigenen Namen auf und verdiente ihr eigenes Geld. Obwohl es in solch schlechten Zeiten für die untersten Schichten nicht zu verhindern war, dass auch Frauen etwas zum Lebensunterhalt dazu verdienten, war eine eigene Zeitung natürlich et- was völlig anderes. Es war ein Wagnis, das zwar nicht mehr so streng bestraft wurde wie im Vormärz, aber trotzdem noch etwas außergewöhnlich mutiges darstellte. Soziales Wir- ken und das Streben nach Bildung auch für Frauen waren die Gründe, warum Louise Ottos dieses Risiko dennoch einging.

Im sogenannten Völkerfrühling passierten jedoch große Schritte für Männer und Frauen. Der König wurde nicht gestürzt, aber das Volk eroberte sich die Strassen zurück. Es gibt Versammlungen, Demonstrationen, Klubgründungen und in den Kneipen und Cafes redete man öffentlich über Politik und das Tagesgeschehen. Die Veränderungen brachten auch ein liberaleres Pressegesetz mit sich, dass zur Gründung vieler Zeitung und Zeitschriften bei- trug.

Obwohl auch Frauen an den Barrikaden für mehr Rechte des Volkes gekämpft hatten, machten sich viele Revolutionszeitungen über die Dienstboten- und Frauenversammlungen lustig. Nicht nur, dass im neuen Parlament keine einzige Frau vertreten und auch von Frau- enwahlrecht nirgends die Rede war, es wurden sogar Gesetze zum Schutz des Gewerbes vor weiblicher Konkurrenz erlassen. Als Antwort auf diese Behandlung schlossen sich die Frauen noch mehr in Vereinen zusammen und bekamen eine radikalere Tendenz. Vier Frauenzeitungen entstanden in dieser Zeit, die sich inhaltlich jedoch extrem unter- schieden. Dies macht deutlich, dass sich die Frauen dieser Zeit nicht nur gegen den feuda- len Staat, sondern auch gegen die Unterdrückung in den Fabriken, gegen die Zwangsehe und gegen Prostitution stellen wollten. Mathilde Franziska Anneke, Louise Aston, Louise Otto und Louise Dittmar sind die Namen dieser historisch wichtigen Personen. Die von Louise Dittmar publizierte „soziale Reform“ ging im Laufe der Zeit leider verloren, so dass im Folgenden nur von den Zeitungen der verbleibenden drei Damen die Rede sein wird. Sie stellen einen Sprung im Bewusstsein der damaligen Frauen dar. Diese hatten nicht nur das Bedürfnis sich mitzuteilen, sondern entwickelt nun auch die Bereitschaft zu kommuni- zieren. Diese Epoche der Frauenliteratur ist geprägt von der Verbindung zwischen sozialer Praxis und tagespolitischem Schreiben. Obwohl sich die Frauen sicherlich einig darüber waren, dass die Hauptforderungen Bildung, Arbeit und mehr Rechte heißen, unterschieden sie sich jedoch stark in ihrem politischen Schwerpunkt und Emanzipationsbegriff. Daher geht die Arbeit im folgenden auf diese Blätter ein, und beschreibt Unterschiede und Ge- meinsamkeiten.

2.2.1 Mathilde F. Annekes „Frauen-Zeitung“

Das erste Mal erschien die “Frauen-Zeitung” am 27. September 1848, einem Mittwoch, in Köln. Ihre Herausgeberin, Mathilde F. Annekes, kommt aus dem frühsozialistischen Lager, später wird sie jedoch auch stark von kommunistischen Einflüssen geprägt und bekommt daher in der Literaturgeschichte den Namen „Kommunistenmutter“. Sie kämpft für eine bessere und andere Gesellschaft und lässt sich dabei von ihren Genossen unterstützen. Ihre Zeitung soll täglich erscheinen und ist speziell für die Zielgruppe der Frauen geschrie- ben. Schon seit einiger Zeit gibt sie mit ihrem Mann die „Kölner Zeitung“ heraus, für des- sen Gestaltung sie oft alleine die Verantwortung trägt. Wie schon öfters geschehen, wird diese Zeitung auch im September 1848 wieder einmal verboten und beschlagnahmt.

Da ihr Mann auf Grund der vermuteten bevorstehenden Unruhen präventiv verhaftet wur- de, nutzt sie die Chance und publiziert mit Hilfe der ihr zur Verfügung stehenden techni- schen Mittel und des festen Abonnentenstammes ihre neue Zeitung. Ziel war es, ein Blatt zu entwickeln, das auch für die Frauen der Arbeiter, Bauern und Bürger gut verständlich ist. Obwohl man ein kämpferisches Erzeugnis erwarten würde, war diese Zeitung mehr an die volkstümlichen Wochenschriften des 8. Jahrhunderts angelehnt. Belehrend und aufklä- rend setzte sie sich mit den Problemen der arbeitenden Schichten auseinander und schrieb über den beschränkten Erfahrungs- und Wirkungskreis dieser Bürger, der ihrer Meinung nach politisch verschuldet war. Erziehungsfragen oder die Aufsicht über Schulen waren zum Beispiel Probleme, die sie lieber in Frauenhänden sehen wollte und über die sie in ihren Artikeln aufklärte.

Aber nicht nur Belehrung hatte in ihren Blatt Platz, auch aktuelle Meinungen aus Köln und Umgebung wurden in den vier Seiten der Zeitung abgedruckt. Damit wollte sie die Frauen, die von politischen Themen meist ausgeschlossen wurden, informieren und ihnen die Möglichkeit geben, sich am politischen Tagesgeschehen zu beteiligen oder sich zumindest eine Meinung darüber zu bilden.

Leider erschienen nur drei Auflagen der Zeitung, bevor sie beschlagnahmt wurde. Dieses, sechs Pfennig kostende Erzeugnis wurde ganz allein von Mathilde verfasst und herausgegeben. Sie publizierte offen unter ihrem eigenen Namen.

Nach der Beschlagnahmung ihrer Zeitung wurde ihr Mann wieder freigelassen, und sie nahmen gemeinsam am Badischen Freiheitskampf teil. Nach der Niederlage emigrierten beide nach Amerika, da sie als Demokraten vor der Verfolgung im eigenen Land flüchten mussten. Dort kam sie mit der amerikanischen Frauenbewegung in Kontakt, gab eine neue Frauen-Zeitung heraus und engagierte sich bis zu ihrem Tod als Feministin.

2.2.2 Louise Astins „Freischärler“

Louise Aston stand den Ideen der Anarchisten und Saint-Simonisten sehr nah. Sie propa- gierte und praktizierte außerdem die freie Liebe und wurde aus diesem Grund von Louise Otto als „verfemte Emancipierte“ verschrien. Auch vor der Veröffentlichung ihrer Zeitung hatte sie ein bewegtes Leben. Als geschiedene Frau eines englischen Kaufmanns kehrte sie im November 1848 nach Berlin zurück. Ihre politische Richtung lässt sich grob als atheis- tisch-frühsozialistisch bezeichnen. Bevor sie auch nur eine Zeile dieser Gedanken veröf- fentlichen konnte, wurde sie aus Berlin ausgewiesen, da sie einen „Klub emanzipierter Frauen“ gegründet hatte und nicht an Gott glaubte.

Aus Köpenick und später Bern kam dann das Erzeugnis „für Kunst und soziales Leben: der Freischärler“ heraus. Früh wurde klar, dass sie sich nicht nur gegen den König, sondern auch gegen die herrschenden gesellschaftlichen Werte stellte. Sie empfand die 48er Ideen der Demokraten als zu hausbacken und wollte auch mit den üblichen Frauenvereinen nichts zu tun haben. Trotz der persönlichen Anfeindungen, die unter den Frauen herrsch- ten, wurde auch ein völlig anderes Frauenverständnis deutlich. Sie traf sich lieber in Weinstuben und diskutierte mit ihren anarchistischen Kollegen. Sie wurde von den Frau- envereinen als zigarrerauchendes Schreckensbild dargestellt, was das Verhältnis nicht ver- besserte. Sie kämpfte gegen den Unterschied zwischen Arbeitern und Besitzenden und war für eine freie und gerechte Weltordnung.

Einen guten Monat lang erstellte sie mit ihren Mitarbeiterinnen unter ihrem Namen den „Freischärler“. Schon im Untertitel wird deutlich, dass sie für das gebildete Bürgertum schrieb. Dies wurde sowohl an der akademischen Feuilleton-Sprache, als auch am Inhalt deutlich. Berichte über Kunstausstellungen, Theater-Aufführungen, Musikdarbietungen, aktuelle politische Begebenheiten und Auseinandersetzung über Grundsatzthemen fanden in ihrem Blatt Platz. Auch ihre Gedichte wurden veröffentlicht und bildeten einen interes- santen Gegensatz zu dem journalistischen Teil ihrer Zeitung. Auf typisch weibliche The- men verzichtete sie absichtlich, da ihrer Meinung nach der Befreiung der Gesellschaft die Emanzipation automatisch folgen würde.

2.2.3 Louise Ottos „Frauen-Zeitung“

Die bekannteste Vertreterin dieser Zeit, Louise Otto, spätere Otto-Peters, ging in die Ge- schichte als die „Lerche“ ein. Die Berühmtheit verdankt sie auch ihrer späteren Bemühun- gen als Organisatorin der zweiten Phase der deutschen Frauenbewegung. Ihr durchaus poli- tisches Blatt kommt erstaunlicherweise erst gegen Ende der eigentlichen Revolutionszeit, im April 1849, heraus. Die Zeitung, die in Meißen, einem Ort in Sachsen, erscheint, nutzt den Umstand, dass die Konterrevolution dort erst viel später ankommt und sie daher auch trotz der politischen Umschwünge bis Dezember 1850 erscheinen kann. Das neue Presse- gesetz, das nicht nur eine strenge Zensur, sondern ein totales Verbot für das weibliche Pub- lizieren mit sich brachte, brachte das Ende. Die Nummer 51 war somit die letzte Ausgabe, die auf sächsischem Boden produziert wurde. So verlegte Louise Otto ihr Unternehmen für zwei Jahre nach Gheda in Thüringen.

Die Zeitung konnte schon auf ein geändertes Frauenbewusstsein aufbauen, und hatte daher auch einen anderen Charakter als die vorangegangenen Erzeugnisse. Durch die revolutio- nären Erfahrungen und Enttäuschungen der Frauen konnte Otto auf eine rege Mitarbeit der Bevölkerung zurückgreifen. Sie wurde durch regelmäßige Beiträge unterstützt und verstand sich daher als Organ für die unterschiedlichsten Frauenaktivitäten und - interessen. Da sich viele Frauen für diese Idee begeistern ließen, breitete sich die Zeitung sehr schnell auch über die Grenzen Sachsens aus. Jeden Samstag erschien das Blatt, das sich sowohl für die Schilderungen aus den verschiedenen Dörfern, Städten und Regionen interessierte, als auch für Abhandlungen über die Rolle und Bestimmung der Frau Platz ließ. Das Blatt lebte jedoch von der Initiative vieler Frauen und fungierte als ihr Sprach- rohr. Louise Otto gab die Zeitschrift völlig selbständig heraus. Neben Briefen, Abhandlun- gen und Gedichten fand man auch Skizzen, Erfahrungsberichte und Milieuschilderungen in der „Frauen-Zeitung“, die das Bedürfnis nach Belehrung, kontroversem Meinungsbild, Erfahrungsaustausch und Unterhaltung stillten. Über den Umweg der Belletristik konnte man einige Zensurbedingungen umschiffen, und den Leserinnen wichtige Inhalte näher bringen.

Gelesen wurde die Zeitung, trotz einer starken Orientierung an der arbeitenden Frau, von den Frauen der Handwerker und der Bürgerschicht, die etwa 10% der weiblichen Gesamtbevölkerung ausmachten. Dies erklärt sich durch den verhältnismäßig hohen Preis und das Verbot vieler Städte Frauen Zugang zu Leseinstituten zu gewähren. Das Anliegen Louise Ottos war die Bildung aller Schichten von Frauen. Sie wollte weder Belehren, noch machte sie sich die Hoffnung, dass alle Berufe auch von Frauen ausgeführt werden durften. Sie wollte den Zugang zu Lehr- und Kaufmannsberufen und unterstütze später stark die erste Frauenhochschule und das Fröbel-Kindergarten-Institut. Sie forderte die Selbstständigkeit und Mündigkeit der Frau, wollte dies aber unter dem Vorsatz der Hingabe, Aufopferung und Liebe verstanden wissen. Trotz ihrer Einstellung wurden auch radikalere Meinungen im Blatt veröffentlicht, was in der offenen Konzeption der Zeitung begründet lag. Frauenbewegung war in dieser Epoche der Geschichte keine homogene Masse, dies verdeutlichen die gravierenden Unterschiede zwischen den in diesem Kapitel vorgestellten Frauenliteraturen nur allzu deutlich. (Vgl. Geiger, R., 1981, S.33-43)

[...]

Final del extracto de 55 páginas

Detalles

Título
Entwicklung und Marktanalyse der Publikumszeitschriften mit weiblicher Zielgruppe
Subtítulo
280 Jahre Frauenzeitschrift in Deutschland
Universidad
FHM University of Applied Sciences  (Fachbereich Medienwirtschaft)
Calificación
1,7
Autor
Año
2005
Páginas
55
No. de catálogo
V63799
ISBN (Ebook)
9783638567541
ISBN (Libro)
9783656595168
Tamaño de fichero
1098 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Studie behandelt die deutsche Frauenzeitschrift von ihren Anfängen 1724 bis zur Marktanalyse der Printlandschaft 2005 in diesem Segment. Die Ergebnisse wurden im Anschluss präsentiert und ebenso mit der Note 1,7 bewertet. Das Handout dieser Präsentation liegt der Datei ebenfalls bei und verschafft einen schnellen Überblick der umfangreichen Arbeit.
Palabras clave
Jahre, Frauenzeitschrift, Deutschland, Entwicklung, Marktanalyse, Publikumszeitschriften, Zielgruppe
Citar trabajo
Jacqueline Friedmann (Autor), 2005, Entwicklung und Marktanalyse der Publikumszeitschriften mit weiblicher Zielgruppe, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63799

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