Der Wechselwirkung von Gabe und Gegengabe in zwischenmenschlichen Beziehungen ist als Untersuchungsfeld in der Soziologie aus verschiedenen Blickwinkeln Aufmerksamkeit zuteil geworden. Inwieweit sie auch in der höfischen Gesellschaft des europäischen Hochmittelalters nachgewiesen werden kann, wird im Folgenden erörtert.
Die vorliegende Seminararbeit ist die Erweiterung und Spezifizierung der Thematik, die ich mit meinem Essay für das Hauptseminar „Zum Verständnis persönlicher Beziehungen“ vorgestellt habe. In diesem Essay wird mit Hilfe der Verknüpfung dreier wissenschaftlicher Gebiete, namentlich der Soziologie, der
Geschichtswissenschaft und der Literaturwissenschaft das Sujet der interpersonalen Agitation auf eine Ebene außerhalb gegenwärtiger soziologischer Beobachtungsräume gebracht und untersucht, ob und inwieweit
austauschtheoretische Konzepte mit der Germanistik und der Mediävistik in Verbindung zu bringen sind. Die klassische Ethnologie und Anthropologie sowie die moderne Austauschtheorie werden - mit besonderem Fokus auf das Verhältnis der Fürsten zu ihren höfischen Literaten - am Beispiel der fürstlichen Hofgesellschaft angewandt.
Diese Arbeit vertieft die Blickpunkte des vorangegangen Essays, indem die Teilaspekte spezifischer beleuchtet werden. Zunächst findet ein ausführlicher Blick auf die klassische Ethnologie und Anthropologie statt, wobei insbesondere Marcel Mauss’ WerkDie Gabein den Mittelpunkt rückt. Auch deren Rezeption durch anderen Soziologen, Ethnologen bzw. Psychoanalytiker wird gesondert berücksichtigt.
Im darauf Folgenden wird die moderne Austauschtheorie unter besonderer Beachtung des Soziologen Peter M. Blau vorgestellt. Seine Theorie des Sozialen Austauschs ist neben Marcel Mauss’Gabedie Hauptgrundlage meiner Betrachtung der mittelalterlichen höfischen Gesellschaft vor dem Hintergrund der Soziologie.
Innerhalb des Forschungsfeldes der Mediävistik untersuche ich die Anwendbarkeit beider soziologischer Schwerpunkte auf das Gebiet des europäischen Hochmittelalters. Gibt es dort das wechselseitige System von Gabe und Gegengabe?
Neben soziologischer wird besonders mediävistische und literaturwissenschaftliche Fachliteratur herangezogen, um den Hin- bzw. Nachweisen des Phänomens zu folgen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Gegenstand der Arbeit
- II. Geben und Nehmen
- 1. Ethnologie und Anthropologie:
- 1.1. Marcel Mauss' „Die Gabe“
- 1.2 Rezeption
- 2. Moderne Austauschtheorie
- 3. Mediävistik: Dichter und Mäzen im europäischen Hochmittelalter
- 1. Ethnologie und Anthropologie:
- III. Fazit
- IV. Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rolle von Gabe und Gegengabe in zwischenmenschlichen Beziehungen im europäischen Hochmittelalter, insbesondere in höfischen Gesellschaften. Sie vergleicht klassische und moderne Austauschtheorien und analysiert ihre Anwendbarkeit auf den historischen Kontext.
- Das Verhältnis von Geben und Nehmen in höfischen Gesellschaften des europäischen Hochmittelalters
- Die Rolle von Gabe und Gegengabe als Mittel zur sozialen Einflussnahme und Statusbildung
- Die Anwendung klassischer und moderner Austauschtheorien auf historische und literarische Beispiele
- Die Bedeutung von Beziehungen zwischen Fürsten und höfischen Literaten im Kontext von Gabe und Gegengabe
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich der Untersuchung von Gabe und Gegengabe in der klassischen Ethnologie und Anthropologie. Dabei steht das Werk „Die Gabe“ von Marcel Mauss im Zentrum. Es werden die zentralen Argumente des Werkes dargestellt und die Rezeption durch andere Wissenschaftler diskutiert.
Im zweiten Kapitel wird die moderne Austauschtheorie vorgestellt, insbesondere die Theorie des Sozialen Austauschs von Peter M. Blau. Die Relevanz dieser Theorie für die Analyse von Beziehungen in höfischen Gesellschaften wird erläutert.
Das dritte Kapitel untersucht die Anwendbarkeit der klassischen und modernen Austauschtheorien auf den historischen Kontext des europäischen Hochmittelalters. Es wird analysiert, inwieweit sich das System von Gabe und Gegengabe in der höfischen Gesellschaft nachweisen lässt.
Schlüsselwörter
Gabe und Gegengabe, Austauschtheorie, höfische Gesellschaft, europäisches Hochmittelalter, Marcel Mauss, Peter M. Blau, literaturwissenschaftliche Analyse, Mediävistik.
- Arbeit zitieren
- Katrin Eichhorn (Autor:in), 2006, Gabe und Gegengabe im europäischen Mittelalter - Klassische und moderne Austauschtheorie unter historisch-literarischem Aspekt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63833