Entwicklung einer Marketingkonzeption für ein Internet Start-up


Mémoire (de fin d'études), 2000

94 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

0.1 Einführung

0.2 Konzeption der Arbeit

1. Die menschliche Wahrnehmung
1.1 Individuelle Wahrnehmung eines informationssuchenden Internetnutzers
1.2 Aufmerksamkeit durch Distinktion

2. Beschreibung des Problemfeldes
2.1 Sammelsurium der Information
2.2 Struktur durch Analysen
2.2.1 Umweltanalyse
2.2.2 Unternehmensanalyse und zeitgemäße Modifizierung
2.2.3 Persönliche Analyse
2.3 Spezieller Bezugsrahmen: das Internet als Terrain des Start-up
2.3.1 Systemtheoretische Aspekte
2.3.2 Das Problemfeld

3. Das Team und die Ideen
3.1 brain map
3.2 Zur Idee: ein kurzer Einblick
3.3 Inspiration & Identifikation durch eine Corporate Identity
3.3.1 Corporate Design
3.3.1.1 Probleme während einer Internet-Sitzung
3.3.1.2 Website
3.3.2 Corporate Communication
3.3.3 Corporate Behaviour
3.4 Weitere Besonderheiten im Internet
3.5 Internet vs. traditionelle Medien

4. Planung
4.0 Überlegungen zur Kreation einer geeigneten Strategie
4.0.1 Diffusion
4.0.2 Adoption
4.0.3 Darstellung des Kaufverhaltens bei der Einführung von Innovationen
4.0.4 Nachfragerkategorien
4.0.5 Zeitpunkt für erste Aktivitäten
4.0.6 Dienstleistung als Innovation des Start-up
4.1 Bausteine einer klassischen Marketingkonzeption
4.1.1 Ziel-Ebene
4.1.2 Strategie-Ebene
4.1.3 Marketingmix-Ebene
4.1.4 Neue Möglichkeiten durch Electronic-Marketing-Instrumente
4.2 Problemfeld & Fokus durch Emergenz
4.2.1 Abschließende Bemerkungen
4.2.2 Vision
4.3 Mind map der Mehrwerte
4.4 Grundsätzliches zur Planung einer Kommunikationsstrategie
4.4.1 Positionierungsanalyse & Marktsegmentierung
4.4.1.1 Das Positionierungsmodell
4.4.1.2 Klassische Marktsegmentierung
4.4.2 Sinus-Milieus für Kommunikationspartnerwahl
4.4.3 Basisdaten zur Internetnutzerschaft und Nutzungsverhalten
4.4.4 Bestimmung der Zielgruppen
4.4.4.1 Reale Welt (Offline)
4.4.4.2 Virtuelle Welt (Online)
4.5 Aktion und Kontakt

5. Kommunikationsmaßnahmen für das Start-up
5.1 Reale Welt: Erlebniswelten durch Veranstaltungen
5.1.1 Veranstaltung für die Zielgruppe „Gesellschaftlich Leitmilieus“
5.1.2 Event für die Zielgruppe „Gameboys/Gamegirls“
5.2 Quintessenz des Kommunikationskonzepts von digibee
5.3 Virtuelle Welt oder Wo digibee im Internet auftaucht
5.4 Kosten für die Online- und Offline-Maßnahmen

6. Kontakt

7. Mustererkenung

8. Reflexion und persönliches Resümee

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abb.1 Lern- und Lösungszyklus

Abb. 2 Modifizierter Lösungszyklus 4 Abb.3 Evolutionsportfolio

Abb. 4 Enneagrammsymbol und brain map

Abb. 5 Übernahmenverteilung bei Innovationen 40 Abb.6 Konzeptionspyramide

Abb. 7 Anforderungen der Gesellschaft

Abb. 8 Integration eines Internetauftritts in den klassischen Marketingmix

Abb. 9 Mind map der Mehrwerte

Abb. 10 Positionierung von digibee

Abb. 11 digibee im Evolutionsportfolio 58 Abb. 12 Sinus-Milieus

Abb. 13 Nutzertypen des Internets 66

Tabellenverzeichnis

Tab.1 Stärken/Schwächenprofil des Internet

Tab.2 Probleme während einer Internetsitzung

Tab.3 Attribute der Nachfrager

Tab.4 Allgemeinwirtschaftliche Trends

Tab 5 Möglichkeiten des Onlineeinsatzes

Tab. 6 Features des Powerpakets

0.1 Einführung

Der Gedanke an die Gründung eines Unternehmens initiierte und inspirierte die Erstellung dieser Arbeit. Aus der Tatsache, dass eine Diplomarbeit eine wissenschaftliche Arbeit darstellt, kristallisierte sich eine klare Problemstellung heraus: die Konzeption für das Start-up sollte theoretisch durchdacht und diese Theorie wiederum in die Praxis umgesetzt werden: aus der Perspektive der normativen, strategischen und operativen Ebene wird die Gründung und die Entwicklung einer Marketingkonzeption eines Internet-Start-up-Unternehmens betrachtet und die Entwicklungen in der Praxis dokumentiert. Dabei dienen „klassische“ wirtschaftswissenschaftliche Sichtweisen als Basis, um darauf aufbauend eine gleichzeitige Loslösung von diesen traditionellen Sichtweisen zu schaffen.

Die Literatur zum Thema Gründungsmanagement/Unternehmensgründung ist von wissenschaftlichem Charakter geprägt, während das Thema Exsitenzgründung eher ratgeberliches Naturell in Form von „Anleitungen” und „Schritt-für-Schritt- Charakter” besitzt. Diese faktenorientierten Ausführungen lassen aber die eigentlich wichtigste Komponente bei Unternehmensgründungen oft gänzlich außer acht: den Menschen; mit seinen Gefühlen, seiner Intuition, seiner individuellen Wahrnehmung und Kommunikation. Denn letztenendes sind es schließlich die Personen eines Start-up-Unternehmens, die im Mittelpunkt eines Gründungsprozesses stehen.

Es steht außer Frage, dass ohne schlüssiges Geschäftskonzept und ausreichende Finanzierung ein neues Unternehmen schon am Start schlechte Chancen hat. Die entscheidende Hürde für einen dauerhaften Erfolg und damit die Bewährungsprobe für das Gründerteam besteht jedoch im wesentlichen in einer sinn-vollen und ganzheitlichen strategischen und operativen Umsetzung. An diesem Punkt weist die Literatur hinsichtlich der Intergration von soft facts, der Entwicklung eines Prozesscharakters, des Designs und der Rahmengestaltung große Defizite auf.

Auch die in der turbulenten Welt der “New Economy” im Hinblick auf den Faktor Zeit existierenden Gesetzmäßigkeiten finden in der klassischen Literatur nur unzureichend Beachtung: drei Monate, so besagt eine populäre E-Business- Weisheit, zählen im Internet so viel wie ein normales Jahr.1

marketingkonzeption eines internet start-up _einführung I 2 I “I consider that style is the ability to express complicated things in a simple way, not vice versa.” _Jean Cocteau (1889-1963)

In diesem Sinne soll es Aufgabe dieser Arbeit sein, Theorie und Praxis zu vereinen, so dass im Ergebnis eine wissenschaftlich-theoretisch fundierte, aber auch praktikable Hilfestellung zu einer sinn-vollen marketingkonzeptionellen Vorgehensweise bei Unternehmensgründungen im Internet geboten wird. Diese Arbeit soll später in ihrer Gesamtheit als „Prozessdesign-Handbuch“ verwendet werden können, um Gündern eine Orientierungshilfe in der sich schnell verändernden CyberSociety2 zu bieten. Daher wurde bei Ausführungen, die sich speziell auf das eigene Start-up (digibee) beziehen, trotzdem versucht eine Art „Mittelweg“ zu beschreiten: aus den Erfordernissen und Vorgehensweisen für das eigene Start-up wurden allgemeine Erkentnisse destilliert und dargestellt. Analog dazu wurden wiederum wissenschaftliche Darstellungen für die eigenen Erfordernisse genutzt. Die Arbeit bleibt somit für einen Leser (Gründer!) mit anderen Ideen/Ansichten „offen“ und anwend-bar.

0.2 Konzeption der Arbeit

Diese Arbeit orientiert sich in ihrem Aufbau und ihrer Vorgehensweise am Lern- und Lösungszyklus3 als zentralem Prozessmuster des Gelingens. Dieser Lösungszyklus stellt, wie auch andere in der Literatur und Praxis angebotenen Problemlösungszyklen, eine Vorgehensweise dar, die Kernelemente eines Problemlösungsablaufs zu beschreiben, um so Probleme, Projekte und Prozesse plan- und steuerbar zu machen. Wesentlicher Unterschied zu den eher technoiden Modellen4 ist die menschlich-persönliche Komponente, die einen positiven Projektverlauf ermöglicht. Gerade im turbulenten Kontext eines Start-up- Unternehmens mit all seinen vorzustellenden Facetten ist eine Vorgehensweise anhand des Lösungszyklus sehr gut geeignet, um die, vorerst nur in den Köpfen der Gründer, bestehenden Ideen/Visionen eines Unternehmens, mit nachhaltigem Erfolg in die Praxis umzusetzen.

Dabei gilt es alle acht Phasen des Lösungszyklus zu durchlaufen. Durch die Überlappung der Phasen wird in der Praxis eine genaue Zuordnung der Aufgaben nicht trennscharf möglich sein, sondern oftmals parallel verlaufen. Eine Orientierung an einem Lösungszyklus impliziert aber keineswegs eine stringente Vorgehensweise im Sinne eines „Abarbeitens“ einzelner Phasen, wie es in der klassischen Literatur oft dargestellt wird. Vielmehr vollzieht sich der hier verwendete Lösungszyklus in einem pulsierenden Verlauf aus öffnenden (vgl. Abb.1 001,003,005,007) und schließend-strukturbildenden (002,004,006,008) Phasen mit oft fließenden Übergängen: Rückkoppelungsprozesse, Kritik, Interesse, neue Erfahrungen, Spaß, Lachen und die Mobilisierung neuer Energien für weiterführende Schritte stellen immer auch wichtige Elemente eines Projektablaufs dar, in den alle Beteiligten ganzheitlich miteinbezogen werden.

Als Projekt soll in dieser Arbeit das Start-up und sein Standpunkt im wirtschaftlichen Kontext und insbesondere die zu entwickelnde Marketingkonzeption verstanden werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1 Lern- und Lösungszyklus, Quelle: in Anlehnung an Bergmann, 1999, S.25

Jede einzelne Phase des Lösungszyklus wird zu Beginn der Kapitel graphisch dargestellt und kurz erläutert, um danach sinn-volle und effiziente Instrumente und Vorgehensweisen vorzustellen, deren sich jeder Gründer bedienen kann.

I 4 I Die Phasen (Kapitel) eins bis vier bilden das theoretische Fundament der Diplomarbeit und des Projekts und stützen gleichzeitig in der „praktischen“ Phase fünf die Vorgehensweise.

Daher erweist es sich als angebracht, die spezielle Phase vier, die von Konzepterstellungen, Planungen und Reflexionen geprägt ist, gesondert als eigenständigen Lösungszyklus darzustellen. Der fluide, symbiotische Charakter zwischen Theorie und Praxis während des Projekts kann so übersichtlich dargestellt werden. Zusätzliche Navigationshilfe ist für den Leser durch die Gliederung der Diplomarbeit in drei übergeordnete Modi _perzeptiv, _kreativ und _reflektiv gegeben.

Die ab Phase sechs beginnende Reflexion der erlebten Ergebnisse mündet in die Phase sieben der Mustererkennung und endet schließlich in Phase acht der Loslösung. Der gesamte reflektive Modus wird im Rahmen dieser Arbeit verkürzt und im allgemeinen dargestellt, da das Projekt im Gegensatz zur Diplomarbeit weiterhin praktisch, organisatorisch und zeitlich fortgeführt wird.

Die obigen Ausführungen zum Aufbau der Arbeit werden in nachfolgender Graphik zusammenfassend dargestellt. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird dieser Zyklus immer wieder eingeblendet, um dem Leser Orientierung zu gewähren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Modifizierter Lösungszyklus

1. Die menschliche Wahrnehmung

Für die Aufnahme von Informationen aus der Umwelt und aus dem Inneren unseres Körpers sind sensorische Mechanismen oder Wahrnehmungsarten (kinästhetische, visuelle, auditve, olfaktorische, gustatorische, haptische) verantwortlich. Das bedeutet aber auch, dass die Erinnerung an die Fülle von Informationen, die in jeder Sekunde unseres Lebens auf uns einwirkt, selektiert werden muss, um kein „information overload“5 zu erzeugen. Wir bewahren in unserer Erinnerung also nur solche Dinge, die uns für unser Leben irgendwie bedeutsam erscheinen. Die Beurteilung, ob etwas wichtig sein könnte, erfolgt durch Vergleich mit Bekanntem. Man ordnet also Neues bereits Gelerntem zu. Diese Zuordnung erfolgt im wesentlichen in der Großhirnrinde, dem assoziativen Cortex. Selbst „sinnvolle“ Information kann zeitlich gestaffelt gespeichert werden. Man unterscheidet ein Kurzzeit- und ein Langzeitgedächtnis, wobei die Übergänge allerdings sehr fließend sind. Am leichtesten fällt uns das Lernen, wenn der Lernvorgang mit einem Prozess oder Zustand gekoppelt wird, der uns angenehm, wohlvertraut oder gar von Natur aus programmiert ist.

Informationsbeschaffung im Sinne einer individuellen Recherche im Medium Internet und dem, im besten und erstrebenswerten Falle, verbunden Lernen im täglichen Leben bezeichnet man als instrumentelles Lernen,6 d.h. die freiwillige Anstrengung zur Erzielung eines gewünschten Effekts. Der Rezipient von Information wird zum agierenden Subjekt, das von sich aus die Initiative ergreift und über die Fähigkeit verfügt, die zur informationellen Absicherung benötigten Informationen aus den vorhandenen Datenbanken/Bibliotheken zu holen und zu nutzen. Ziel ist nicht mehr, über möglichst viel Faktenwissen zu verfügen, sondern die Kompetenz, sich dieses Wissen zu verschaffen, zu analysieren und umzusetzen.

1.1 Individuelle Wahrnehmung eines informationssuchenden Internetnutzers

Der Begriff “Internet“ wird vielfach als Synonym für den Internet-Dienst “World Wide Web“ (WWW) verwendet.7 Tatsächlich impliziert das Internet aber eine Reihe von Diensten und stellt somit einen Oberbegriff dar. Der Großteil der Aktivitäten im Internet spielt sich in den Hauptdiensten WWW, E-Mail, FTP, Newsgroups und Mailinglists ab. Neben diesen Hauptkategorien gehören weiterhin einige weniger bedeutungsstarke Dienste, wie z.B. Telnet, Archie, Gopher zum Internet. Auf eine tiefergehende Betrachtung dieser Dienste soll hier verzichtet werden, da sie aus marketing- und kommunikationspolitischer Sicht eine zu vernachlässigende Rolle spielen.

Mit dem WWW, das in dieser Arbeit hauptsächlich betrachtet wird, etablierte sich ein System, das zunehmend zum Standardinformations- und Transaktionssystem wird. Als Informationssystem dient es dem Nutzer zur Bereitstellung und zum Abruf von Informationen. Die Informationen können dabei aus Texten, Graphiken, Audios, Videos und Animationen sowie deren Kombination bestehen, weshalb man das WWW auch als „Hypermedia-System“ bezeichnet. Darüber hinaus beinhaltet der Begriff Hypertext das Konzept nicht-linearer Information: durch das Anklicken von herausgehobenen Dokumententeilen kann die Verbindung zu anderen Dokumenten hergestellt werden.“8 Diese Vorgehensweise des Hin- und Herspringens zwischen Dokumenten ist gemeinhin auch als „Surfen im WWW“ bekannt. Das „Surfen“ stellt dabei eine eher unsystematische Suche nach Informationen im WWW dar. Für eine gezielte Suche hingegen, haben sich mit den sog. Suchmaschinen Datenbanken im WWW durchgesetzt, die nach dem Eingeben bestimmter Suchkriterien auf jene Web- Dokumente verweisen, welche die jeweilige Thematik behandeln.

Sowohl das „Surfen“ als auch die gezielte „Suche“ verlangen einem im Internet navigierenden Nutzer die folgenden Basisqualifikationen ab:

- Kenntnis der Informationsquellen

Eine gezielte Auswahl erfordert den Einblick in die verschiedenen Typen von Informationsquellen bzw. die Fähigkeit, dieses in Erfahrung zu bringen. Dies wiederum setzt Wissen voraus, welche Informationen, in welcher Form, wo gespeichert sind. Zudem werden Kenntnisse über die Erreichbarkeit und Verfügbarkeit der jeweiligen Quellen und der jeweilige zeitliche und finanzielle Aufwand benötigt. Der Überblick über die verschiedenen Internetdienste sowie über Suchinstrumente und Datenbanken gehört ebenso dazu wie das grundlegende Verständnis von Hypertextstrukturen und ihre speziellen Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten.

- Recherchestrategien

Die Fähigkeit zur Problemanalyse und zum präzisen Formulieren von Informationsdefiziten führt über das Grundverständnis von Klassifikations- und Kategorisierungsprozessen zur Präzisierung der Suchbegriffe und Schlagwörter, die zur Beschreibung der zu suchenden Informationen dienen. Die Kenntnis von möglichen Suchstrategien, wie etwa von logischen Verknüpfungen, Erweiterungen und Verengungen oder Wissen um verschiedene Suchfelder setzt Kenntnisse über die eingesetzten Datenquellen voraus und wird durch die weiterführende und vertiefende Suche nach Informationen auf Basis bereits vorliegender Informationen ergänzt.

- Beurteilung der empfangenen Information

Die Bewertung der recherchierten Daten hinsichtlich Qualität und Quantität und ihr problemlösendes Potential führen zur Selektion der relevanten Informationen.

- Aufbereitung und Umsetzung

Über eine Strukturierung und gegebenenfalls eine Visualisierung der Ergebnisse erfolgt die Umsetzung in Strategien zur Problemlösung und Handlungsorientierung. Die neu erarbeiteten Informationen können zusätzlich in vorhandene oder neu zu erstellende Informationsquellen aufgenommen werden.

1.2 Aufmerksamkeit durch Distinktion

Die Frage ist nun, wie Darbietungen von Unternehmen im Internet überhaupt Aufmerksamkeit eines suchenden Internetnutzers auf sich ziehen können. Für einen Organismus ist die Aufmerksamkeit eine zentrale Instanz beim Management der Informationsverarbeitung. Ihre Aufgabe ist die Selektion in einem Wettstreit der Reize, die auf uns einwirken. Denn nur das, worauf die Aufmerksamkeit fällt, kann auch bewusst und dann erinnert werden. „Aufmerksamkeit wird gleichsam zur primären Ressource der Informationsgesellschaft.“9

An dieser Stelle soll durch die Wahl der Semantik „Distinktion“ die beschriebene Art der Selektion auf einen Punkt gebracht werden. Im Verlauf der Arbeit/des Projekts soll dieser Hintergedanke bei der Entwicklung der Marketingkonzeption immer mit einfließen, um dauerhafte und greif-bare Lösungen entstehen lassen zu können. Mit der Semantik der „Distinktion“ soll zunächst zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich dabei in einem ersten Schritt um eine kognitive Trennung der Einheit von „etwas“ und „von etwas anderem“ handelt. Distinktionen kommen nicht nur innerhalb des Systems Wissenschaft vor, sondern auch im Kontext von Alltag, Lebenswelt und Internet. Sie sind wesentlicher Bestandteil des sozialen Alltags, mehr noch, sie konstituieren diesen Alltag, da sie u.a. als Bedingungen der Möglichkeit von Handlungen, Entscheidungen und Kommunikationen eine zentrale Rolle spielen. Distinktionen stellen lebensweltliche Trennungs- und Vereinheitlichungsvorgänge dar, die verändert werden können, die vergehen, um dann später in anderen neuen Zusammenhängen wieder aufzutauchen und zu wirken.10

Mit dem Begriff Distinktion kann man folglich Differenzen, Unterschiede, Kontraste, Widerstreitigkeiten, Wechselwirkungen, Konflikte oder Widersprüche umschreiben. Ausgangspunkt sind Überlegungen im Kontext der Informationstheorie11, wonach Information ein Ereignis bildet, welches nur dann möglich ist, wenn Einheiten aufeinander bezogen werden und dabei Distinktheiten produzieren.

In einer Welt, in der es für einen Beobachter keine Distinktionen gibt, gibt es für einen solchen Beobachter auch keine Informationen. „Distinktionslosigkeit“ wäre innerhalb einer solchen Welt mit „Informationslosigkeit“ gleichzusetzen. Diese informationstheoretische Annahme beruht auf zahlreichen empirischen Befunden.12 Ein Gedankenexperiment soll dies verdeutlichen. Frage: „Wie würde eine Welt aussehen, in der restlos alles in ihr grün wäre?“ Die Antwort müsste lauten: „Man würde die Farbe Grün gar nicht zur Kenntnis nehmen und somit gar nicht wissen können, dass die Welt tatsächlich grün ist.“Warum ? Weil es dabei in so einer Welt nur eine einzige Farbe gäbe, die bar jeglichen Kontrastes zu anderen Farben wäre, also bar jeglicher farblicher Distinktion. Man würde nicht einmal mit der Bezeichnung „Farbe“ etwas anfangen können. Folglich brauchen wir, farbmäßig gesehen, farbliche Kontraste um die unterschiedlichen Farben wahrnehmen zu können.

Analog dazu gilt es für die Gründer und Akteure solche Kontraste durch innovative Ideen und Visionen zu generieren, um in der vielfältigen Welt des Internets Aufmerksamkeit durch Unterscheidung zu anderen Unternehmen hervorzurufen: die Frage ist nur wie dies bewerkstelligt werden kann.

Das Medium Internet stellt dabei gewissermaßen das Terrain dar, auf dem das Startup-Unternehmen gedeihen soll.

An dieser Stelle zeichnet sich der fluide Übergang von Phase eins in die Phase zwei, der Problemfeldbeschreibung, des Lösungszyklus ab.

2. Beschreibung des Problemfeldes

„Wenn es nur eine einzige Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über dasselbe Thema malen“ _Pablo Picasso

In dieser Phase wird der Versuch unternommen, das Problem in seiner Gesamtheit aus möglichst vielen Perspektiven, mit heterogenen Personen zu beschreiben. Die dabei entstehenden subjektiven Sichtweisen eines jeden einzelnen, die Konflikte, Mythen, Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren gilt es zu identifizieren und zu einer gemeinsamen Realität zu bündeln, die dann in Form einer starken Vision zum Ausdruck gebracht wird. So entsteht Inhärenz zwischen den Akteuren, die Sinn stiftet und den Weg in Richtung einer erfolgreichen Markteinführung sehr positiv beeinflussen kann. Utopien, unzulässige Vereinfachungen, Nicht-Beteiligung von eigentlich „Betroffenen“ lassen hingegen eine „Lösung“ letztendlich wieder zu einem Problem mutieren und sind daher zu vermeiden. (sog. Problemerzeugende Pseudolösungen)13

2.1 Sammelsurium der Information

Um das Problemfeld bzw. die Umwelt des Start-up möglichst ganzheitlich erfassen zu können, benötigt man zahl- und facettenreiche Informationen, die aus unterschiedlichsten Quellen geschöpft werden sollten: Fachzeitschriften, Internet, Marktforschungsinstitute, medienwissenschaftliche Publikationen, Hochschulen, Ministerien, Kammern, Verbände, TV, Rundfunk vor allem aber auch persönliche Gespräche mit Freunden, Familie, Insidern, Querdenkern, Künstlern etc.

Die Liste, die als eine Art Sammelsurium der Information zu verstehen ist, ließe sich beliebig lange fortsetzen. Während des Projekts zeigte und zeigt sich, dass diese Vielfalt an Information bei entschleunigtem Vorgehen, gekoppelt mit Erfahrung immer Kreation ermöglicht und eine Grundlage für alle Start-up-Unternehmen darstellen sollte.

2.2 Struktur durch Analysen

Der ganzheitlich-orientierte Denkansatz der Gründer basiert auf einem Planungsprozess, der mit der Umwelt- bzw. Unternehmensanalyse beginnt. Diese Analysen bilden das Fundament für die Auseinandersetzung mit neu zu entwickelnden Produkten/Dienstleistungen und deren anschließende Bewertung. Sie werden zwar isoliert voneinander durchgeführt, jedoch bestehen zwischen ihnen starke Interdependenzen. Sie ermöglichen eine strukturiertere Abbildung der strategischen Ausgangslage des Unternehmens.

2.2.1 Umweltanalyse

Im Bereich der Umweltanalyse spielt die Untersuchung der Marktgegebenheiten eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus sollten weitere Bereiche der Unternehmensumwelt in eine regelmäßige Analyse eingebunden werden, beispielsweise mit Hilfe von Wettbewerbs-, Kunden- oder Technologieanalysen. Nur so können frühzeitig Trends im Sinne von Chancen und Risiken aufgenommen und in die Planung der künftigen Marketingstrategien eingebunden werden. Der wesentliche Inhalt einer Analyse zur Chancen- und Risikobestimmung setzt sich zusammen aus:

- Kundenanalyse: Segmente, Motive, Bedürfnisse
- Konkurrenzanalyse: Identität, Leistung, Ziele, Stärken und Schwächen
- Branchenanalyse: Größe, Wachstum, Struktur, Markteintrittsschranken, Trends, Vertriebswege, Schlüsselfaktoren
- Umweltanalyse: technologische, wirtschaftliche, kulturelle, demographische, staatliche und informelle Bedürfnisse

Grundsätzlich können die Analyseinstrumente und Quellen, aus denen man dann entscheidende Schlüsse zieht, in eigenem Ermessen gewählt werden. Den Methoden wie z.B. Szenariotechnik, Trendforschung und Persönlichkeitsforschung werden in der Literatur leider weniger Aufmerksamkeit geschenkt, da wahrscheinlich aufgrund der Komplexität und Unstrukturiertheit der Ergebnisse oft Unsicherheit entsteht und diese Arten der Information oft nicht greif-bar sind. Aber gerade diese intuitive, gefühlsmäßige Ebene ist sehr wichtig für die Erschließung eines Problemfeldes und sollte daher in jede Bewertung mit einfließen.

2.2.2 Unternehmensanalyse und zeitgemäße Modifizierung

Der nächste Schritt der strategischen Planung ist es, neben den Umweltfaktoren, auch die internen Potenziale des Unternehmens zu analysieren. Hierzu erfolgt eine systematische Aufarbeitung der Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Bestimmung und Bewertung der Kernkompetenzen des Unternehmens, bei gleichzeitiger Einschätzung des visionären Gedankenpotenzials des Gründerteams. Es ist zu überlegen, inwieweit neue Ideen/Produkte/Dienstleistungen die Kernkompetenzen unterstützen bzw. langfristig zu solchen ausgebaut werden können.

Die klassisch-operative Durchführung der Unternehmensanalyse stellt sich in der Regel als eine Untersuchung und Bewertung der Ressourcen des Unternehmens im Vergleich mit wichtigen Konkurrenten sowie den Anforderungen des Marktes dar. Die eigentliche Ermittlung der Stärken und Schwächen findet dann zum einen durch subjektive Schätzung statt, basierend auf Intuition und Wissen der relevanten Entscheidungsträger, zum anderen anhand objektiv nachprüfbarer Daten wie etwa konkreten Informationen zur Kostenposition. Als wichtigste Instrumente der internen Analyse sind Portfolio-Analysen14, PIMS15, Szenarios, Stärken- und Schwächenanalysen zu nennen.

Später werden in Phase vier der Planung die Portfolioanalysen dazu verwendet, die Ergebnisse aus der Umwelt- und Unternehmensanalyse in Beziehung zueinander zu setzen, um das Start-up positionieren zu können. Jedoch relativiert bspw. die Boston Consulting Group den Einsatz ihrer eigenen „klassischen“ Portfoliomethode in der heutigen Zeit: “Although the more sophisticated capital markets and competitive landscape of the late 1980s and 1990s make the Growth-Share Matrix less central, it continues to be used as a primer in the principles of portfolio management.”16

Eine sinn-volle Erweiterung dieser klassischen, aber leider nur „statischen“ und sehr subjektiven Vorgehensweise, stellt das Evolutionsportfolio17 nach Bergmann dar. Der Einsatz dieses Portfolios ermöglicht eine Einordnung des Start-up bezüglich seiner Zukunftsfähigkeit (Sustainability) und des ganzheitlichen Erfolgs in turbulenter Umwelt.

Die Tatsache, dass im Evolutionsportfolio die beiden Dimensionen

Kontextattraktivität und Evolutionsfähigkeit nicht nur aus Analyseergebnissen bewertet werden, sondern durch zeitstabile und kontextneutrale Muster, ermöglicht das Problem einer statischen Betrachtung zu umgehen. Die Bewertung der Kontextattraktivität basiert auf solchen zeit- und kontextneutralen Mustern. Durch - die Wahl bestimmter Persönlichkeitsbilder (vgl. Kapitel 3.1) - den Bedürfnisebenen (nach Maslow) und ihren - bevorzugten Wahrnehmungsmustern (vgl. Phase) kann der Kontakt des Start-up zum zukunftsfähigen Kontext bewertet werden. Innerhalb dieses Kontextes können dann Kriterien (z.B. Zielgruppen) gesucht werden, deren zukünftige Entwicklung innerhalb des Kontextmusters durch Szenarien beschrieben wird. Folglich stellt sich für das Gründerteam die Frage, in wie weit ihr Start-up in der Lage ist, zu den Kunden/Internetnutzern gute Beziehungen aufzubauen.

Zusammen mit der Betrachtung der Erfolgsspielregeln, die Allgemeingültigkeit besitzen und die auch anhand der Umweltanalyseergebnisse (Branche, Wachstum etc.) konkretisiert werden, als Bewertungsmuster der Evolutionsfähigkeit, ergibt sich schließlich eine ganzheitliche Betrachtung unter Berücksichtigung komplexer Dynamik. Zusammenfassend lassen sich die Ergebnisse als Evolutionäre Lösungsfelder (ELF) darstellen, die eine Positionierung des Start-up ermöglichen. Im Bereich der dauerhaften Kurzzeitlösungen (DAKuZel) positioniert, bedeutet dies eine gute und enge Verknüpfung mit einem attraktiven Kontext, im Bereich der problemerzeugenden Pseudolösungen (PePsel) muss das Angebot hingegen noch modifiziert werden.

Nun soll abschließend das Evolutionsportfolio graphisch dargestellt werden. Die eigentliche Positionierung des Start-up erfolgt später in Phase vier der Planung.(vgl. Kapitel 4.4)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3 Evolutionsportfolio, Quelle: in Anlehnung an Bergmann, 1999, S.123

2.2.3 Persönliche Analyse

Die unternehmensintern agierenden Menschen und deren unterschiedliche Auffassungen und Ideen können wiederum unterschiedliche Auffassungen zum Thema Risiko (Kapital, Karriere, Psychologie/Physiologie) bei Unternehmensgründungen erzeugen. Eine Einbeziehung dieser äußerst wichtigen menschlichen Komponente erfordert, wie alle anderen Analysen auch, eine entschleunigte Vorgehensweise. Dies geschah und geschieht während des Projekts durch intensive (innere) Dialoge, selbstreflektive Phasen, persönliche Gespräche und auch durch Selbsttests, insbesondere durch den in Kapitel drei vorgestellten Persönlichkeitstest. Diese „Hilfen“ können, wenn sie bewusst, ehrlich und gründlich angewandt werden, ein facettenreiches, aber trotzdem klares Bild über sich Selbst, das Gründerteam und das entstehende Unternehmen zeichnen. So werden Selbsteinschätzungen mit psychologisch fundierten Erkenntnissen aus der Persönlichkeitsforschung sinnvoll gekoppelt, um anschließend zu weiteren Entscheidungen beizutragen.

Diese Phase zeichnet sich am Ende durch die Konfluenz von einem Sammelsurium an Information in eine strukturierte „gemeinsam-sind-wir-stark“-Realität aus.

2.3 Spezieller Bezugsrahmen: das Internet als Terrain des Start-up

Im Rahmen dieser Arbeit soll das Internet, als komplexes Umfeld des Start-up- Unternehmens explizit beschrieben (wahrgenommen!) werden, um damit Transparenz und Struktur zu schaffen. Probleme werden so offensichtlich und können allein oft schon durch ihr Auftauchen umgangen bzw. gelöst werden. Zudem werden visionäre Ziele gefördert, Sinn wird gestiftet. Die Gefahr utopischer Ziele und Vorgehensweisen kann dadurch umgangen werden.

2.3.1 Systemtheoretische Aspekte

Um die Nutzungs- und Kommunikationsmöglichkeiten des Internet zu systematisieren, wird vorerst die Grundfunktion des Netzes betrachtet. Das Internet konstituiert sich aus dem Verbund von Informationstechnologie (Computer) und Kommunikationstechnologie (Telekommunikationsnetze) und stellt somit ein integriertes Kommunikationssystem dar. Das Internet impliziert also stets Zusammenhänge zwischen einem spezifischen technischen Medium einerseits und Kommunikation andererseits. Die soziologische Systemtheorie macht solche Zusammenhänge beschreibbar, indem sie begrifflich zwischen Medium und Form unterscheidet: „Medium in diesem Sinne ist jeder lose gekoppelte Zusammenhang von Elementen, der für die Formung verfügbar ist, und Form ist die rigide Kopplung eben dieser Elemente, die sich durchsetzt, weil das Medium keinen Widerstand leistet.“18 Das technische Umfeld des Start-up legt somit Kommunikationen nicht fest, es koppelt lediglich Kommunikationen und zwar lose. Das Internet als Medium der Kommunikation wird als Zusammenhang von Kommunikationen verstanden, der durch die Technik des Internets potenziell ermöglicht wird.

Kommunikation wird systemtheoretisch als Einheit eines dreistelligen Selektionsprozesses beschrieben, d.h. wenn die jeweils selektiven Bestandteile Mitteilung, Information und Verstehen zusammenkommen, entsteht Kommunikation:

- Mitteilungen entstehen, wenn eine Situation doppelter Kontingenz vorliegt, d.h.
wenn zwei Bewusstseinssysteme etwas (Mitteilung) als Gegebenes im Hinblick auf anderes Möglichsein (Information) beobachten.
- Informationsselektion ist die bewusste Selektion dessen, was mitgeteilt werden soll. Gerade im Hinblick auf das Medium Internet ist das Problem der systematischen Ermöglichungen und Einschränkungen der Selektion durch das Medium offensichtlich. (Datenmüll, information overload19 )
- Verstehen ist eine Informationsselektion, die von einem Bewusstheitssystem als Beobachtung einer Mitteilung vollzogen wird; sie schließt die Kommunikation ab. Damit öffnet sich das Problemfeld der Aufmerksamkeit, des Zustandekommens von Kommunikation: welchen positiven oder negativen Beitrag „leistet“ das Medium Internet, um Aufmerksamkeit und damit überhaupt Verstehen und Kommunikation zu generieren?

Verstehen ist aufgrund der doppelten Kontingenz der Mitteilung immer unsicher. Somit werden Selektionshilfen benötigt, die das „Verstehen“ durch eine multisensuale Gestaltung der Mitteilungsmedien und der Schaffung von Möglichkeiten der Rückfrage (Interaktivität) wahrscheinlicher machen. Übertragen auf das WWW lassen sich hier sehr große Freiheitsgrade im Hinblick auf die Mitteilungsselektion feststellen. Denn potenziell ist jede im Medium des Computers übertragbare Form von Mitteilungsmedien (Texte, Grafiken, Animationen, Audios, Videos, 3D-Welten) nutzbar, wobei jedoch die Schriftform das WWW eindeutig dominiert.

2.3.2 Das Problemfeld

Die zur Verfügung stehenden Mitteilungsmedien im WWW konditionieren die Informationsselektion in nur sehr geringem Maße, da Anbieter weder von den Selektionsmechanismen des sozialen Systems Massenmedien20, noch von etwaigen redaktionellen Selektionen eingeschränkt werden. Aus dieser Tatsache erwächst ein immer weiter wachsender Bedarf an Selektionsmechanismen.

Dieser Bedarf bildet gleichsam das zukunftsfähige Fundament für entsprechende Dienstleistungen des Start-up21 für den Nutzer.

Demgegenüber steht aufgrund der Informationsfreiheit der Anbieter und der damit einhergehenden realisierten Komplexität verfügbarer Texturen eine Verschärfung des Problems der Erzeugung von Aufmerksamkeit und damit der Verstehensselektion, die als Bedingung für potenzielle Kommunikationsentstehung gilt. Dieses qualitativ und quantitativ kaum eingrenzbare Informationsangebot ergibt sich aus der dezentralen Struktur und der ausgesprochenen starken Dynamik des Internets. Diese Problematik soll durch die folgenden Zahlen aus diversen Studien schlaglichtartig verdeutlicht werden: ein Ergebnis der ARD/ZDF-Online- Studie 2000, die von der ARD/ZDF-Medienkommission in Auftrag gegeben wurde, zeigt, dass inzwischen 18,3 Millionen Erwachsene in Deutschland das Internet nutzen. Das entspricht 28,6 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung ab 14 Jahren. Gegenüber dem Vorjahr ist eine Steigerung um 63 Prozent zu verzeichnen. „Ein Trend hin zum Massenmedium sei unübersehbar.“22 Eine weitere Zahl macht das - zumindest quantitative- Wachstum des Internets deutlich: laut Angaben des amerikanischen Online-Marktforschers Cyveillance besteht das Internet zur Zeit aus mehr als zwei Milliarden statischen Seiten und wächst jeden Tag um weitere sieben Millionen an. Bei gleichbleibender Wachstumsrate, so der Ausblick der Marktforscher, ergebe sich eine Verdopplung dieses Umfangs auf über vier Milliarden Seiten bereits Anfang 2001.23 Das Statistische Bundesamt24 teilt anhand von Ergebnissen der laufenden Wirtschaftsrechnung privater Haushalte mit, dass die Ausstattung privater Haushalte in Deutschland mit Geräten der neuen Informationstechnologien stetig zunehmen: im Jahre 1998 besaßen knapp 39% der privaten Haushalte einen Personalcomputer, 1999 waren es 45% und 2000 47%. Der Ausstattungsgrad in den neuen Bundesländern lag im Jahre 1998 bei rund 34%. Im Jahre 2000 liegt er aber bereits bei 43%; der ehemalige „Rückstand“ dieser Länder verringert sich also zunehmend.

Betrachtet man gleichzeitig noch die Ausstattungsgrade mit den entsprechenden Zugangseinrichtungen, wird offensichtlich, dass Personalcomputer, Notebooks und Laptops immer stärker für die Internetnutzung verwendet werden: 1998 verfügten 7,9% der Haushalte in den alten Bundesländern (4,4% in den neuen Bundesländern) über einen Internetzugang. Im Jahr 2000 waren dagegen schon 17,4% bzw. 12,2% der Haushalte mit dem Internet verbunden.

Die folgende Tabelle stellt abschließend die Stärken und Schwächen des Internet25 bei der Informationsbeschaffung übersichtlich dar und lud das Gründerteam in der Praxis gleichzeitig dazu ein, die Kriterien sinn-voll für das Start-up einzusetzen, um die bestehenden Schwächen für den Nutzer durch noch zu entwickelnde Ideen auszugleichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1 Stärken/Schwächenprofil des Internet, Quelle: in Anlehnung an Lampe, 1996, S.70

An dieser Stelle kristallisiert sich das Problemfeld und sogleich eine Vision der Akteure für ein Internet Start-up heraus: das Fehlen einer zentralen Instanz zur inhaltlichen Sortierung des WWW und die steigende Texturflut öffnen ein weites Feld für Unternehmen um Suchdienste zu etablieren. Diese Kommunikationsdienste geben Selektionshilfen und helfen beiden Seiten der Kommunikation, d.h. sowohl Sender als auch Empfänger, das Problem der Aufmerksamkeit zu überwinden. Suchdienste können so potenzielle, latente Kommunikation im Massenmedium WWW in aktuelle Kommunikation transformieren. Für einen nternetnutzer ist nicht die Quantität der Information entscheidend, sondern dessen individuelles Empfinden hinsichtlich Qualität. Genau an diesem Punkt setzt ein großer Kritikpunkt an, denn der vielzitierte „Datenmüll“ im Internet versperrt den Blick auf das Wesentliche. Zudem bietet das Internet viele _zuviele? Optionen für den Nutzer, der enorm viel Zeit benötigt um all die Möglichkeiten zu scannen.

Der perzeptive Modus wird an dieser Stelle geschlossen. Gleichzeitig öffnet die folgende Phase drei des Lösungszyklus den kreativen Modus, der durch Gestaltung, Ideen, Energiemobilisierung, Motivation und Team-Leben gekennzeichnet ist.

[...]


1 Vgl.: Bain&Company: One Economy- Studie zur E-Business Start-up-Szene, http://www.bain.de, Juli 2000

2 Vgl.: Bühl, A.: CyberSociety - Mythos und Realität der Informationsgesellschaft, Köln, 1996, S.25ff

3 Vgl.: Bergmann, G.: Die Kunst des Gelingens, Sternenfels, 1999, S.15ff

4 Vgl.: Wild, J.: Grundlagen der Unternehmensplanung, Reinbek, 1982, S.37ff

5 Die Hypothese der Informationsüberlastung stellt einen engen Zusammenhang zwischen der Menge der angebotenen und der Menge der verarbeiteten Informationen her. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei, dass das menschliche Informationsverarbeitungssystem hinsichtlich seiner Kapazität beschränkt ist. Das heißt, dass dem menschlichen Gehirn bezüglich Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung natürliche Grenzen gesetzt sind. Durch die zunehmende Informationsmenge sinkt die Aufnahmebereitschaft des Konsumenten. Wissenschaftliche Quellen gehen davon aus, dass im heutigen Mitteleuropa seitens der Massenmedien eine Überlastung von rund 98 Prozent besteht, d. h. der Konsument ist nur bereit und fähig, zwei Prozent aller auf ihn einwirkenden Informationen zu speichern und zu verarbeiten [Anmerkung des Verfassers], http://www.marketing.ch/lexika/marketing_old/lexikon%20marketing%20219.htm, September 2000

6 Vgl.: Tillmann, K.-J.: Sozialisationstheorien, Reinbeck, 1999, S.74ff.

7 Dies soll auch in dieser Arbeit gelten; etwaige Abweichungen werden an den entsprechenden Stellen erläutert

8 Vgl.: Oenicke, J.: Online-Marketing: kommerzielle Kommunikation im interaktiven Zeitalter, Stuttgart,1996, S.30

9 Vgl.: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at:4711/LEHRTEXTE/Singer.html, August 2000

10 Vgl.: Bateson, G.: Ökologie des Geistes, Frankfurt/a. M, 1983, S.40ff

11 ebenda

12 Vgl.: Campenhausen, C.: Die Sinne des Menschen: Einführung in die Psychophysik der Wahrnehmung, Stuttgart/New York, 1982, S. 44ff.

13 Vgl.: Bergmann, G.: Die Kunst des Gelingens, Sternenfels, 1999, S.47ff.

14 Vgl.: http://www.gabler-online.de/wilex/daten/344.htm, November 2000

15 Vgl.: http://www.gabler-online.de/lexikon-controlling/daten/077.htm,November 2000

16 Vgl.: http://www.bcg.com/this_is_bcg/mission/growth_share_matrix.asp, August 2000

17 Vgl.: Bermann, G.: Kompakt-Training Innovation, Ludwigshafen, 2000, S. 138ff

18 Vgl.: Luhmann, N.: Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt/a.M., 1992, S.97ff

19 Vgl. Kapitel 1

20 Vgl.: Luhmann, N.: Die Realität der Massenmedien, Opladen, 1996, S.33ff.

21 Vgl.: Kapitel 3.1 Idee

22 Vgl.: ARD/ZDF- Online-Studie September 2000, http://www.zdf.de/programm/40144, August 2000 (vergleichbare Zahlen auch bei GFK Online-Monitor, Gesellschaft für Konsumforschung)

23 Vgl.: http.//www.cyveillance.com/newsroom/pressr/000710.asp, September 2000

24 Vgl.: http://www.statistik-bund.de/basis/d/evs/budtab2.htm,September 2000

25 Vgl.: Lampe, F.: Business im Internet- Erfolgreiche Online-Geschäftskonzepte, Braunschweig/ Wiesbaden, 1996, S.70ff.

Fin de l'extrait de 94 pages

Résumé des informations

Titre
Entwicklung einer Marketingkonzeption für ein Internet Start-up
Université
University of Siegen  (Wirtschaftswissenschaften)
Note
2,0
Auteur
Année
2000
Pages
94
N° de catalogue
V6387
ISBN (ebook)
9783638139700
ISBN (Livre)
9783640863082
Taille d'un fichier
1758 KB
Langue
allemand
Mots clés
marketing, internet, e-commerce, branding, Lösungszyklus, corporate identity, ci
Citation du texte
Florian Klass (Auteur), 2000, Entwicklung einer Marketingkonzeption für ein Internet Start-up, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6387

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