In der traditionellen Umfrageforschung werden zur Untersuchung der Präferenzen von Untersuchungseinheiten, die in der Regel durch Individuen repräsentiert werden, meist Zufallsstichproben verwendet. Die Ziehung von Stichproben stellt im Vergleich zur Vollerhebung natürlich eine kostengünstigere und praktikablere Alternative dar. Beispielsweise zur Prognose von Wahlergebnissen wäre eine Vollerhebung, also die Befragung der gesamten wahlberechtigten Bevölkerung, wohl schon aus Zeitgründen, aber auch finanziell, kaum realisierbar. Um nun eine repräsentative Stichprobe zu erhalten, die verallgemeinernde Aussagen bezüglich der Grundgesamtheit zulässt, muss jede Untersuchungseinheit die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzen, in die Stichprobe gezogen zu werden.1 Neben diesen so genannten einstufigen Wahrscheinlichkeitsauswahlen werden für große Grundgesamtheiten auch mehrstufige Auswahlprozesse angewendet. Im Fall der Wahlprognose werden beispielsweise auf der ersten Stufe Landkreise, auf der zweiten Stufe Haushalte innerhalb des zu befragenden Landkreises und im dritten Auswahlschritt Personen der jeweiligen untersuchten Haushalte ausgewählt. Herkömmlicherweise werden bei der Auswertung der Ergebnisse Unterschiede bei den erhobenen Daten lediglich auf Wesensmerkmale der Individuen zurückgeführt.
Das Konzept der Mehrebenenanalyse als „statistisches Instrument zur Auswertung von Daten der Umfrage- bzw. Surveyforschung“2 besteht hingegen darin, Unterschiede zwischen den erhobenen Daten auch durch die Zugehörigkeit der Individuen zu verschiedenen Gruppen zu erklären. Es wird also berücksichtigt, dass hinsichtlich der Wirkung auf eine abhängige Variable Merkmale sowohl individueller als auch kollektiver Einheiten Berücksichtigung finden3. Grundlage für Mehrebenenmodelle ist somit das Vorliegen einer hierarchischen Datenstruktur, wobei unterschiedliche Analyseebenen bei der Analyse berücksichtigt werden müssen. Die Anwendung von Mehrebenenanalysen im Bereich der Wahlforschung lässt sich scheinbar damit begründen, dass die Entscheidung eines Individuums einerseits durch individuelle Merkmale, aber andererseits auch durch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten „Kollektiv“, also beispielsweise zu einer bestimmten Gruppe oder Clique, beeinflusst wird.
1 Vgl. Engel, U. (1998), S. 14.
2 Engel, U. (1998), S. 5.
3 Vgl. Ditton, H. (1998), S. 12.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zielsetzung der Arbeit
- 2 Grundsätzliches zum Verständnis des Mehrebenengedankens
- 2.1 Die Entwicklung der Mehrebenenanalyse
- 2.1.1 Émile Durkheim als historisches Beispiel der Mehrebenenanalyse
- 2.1.2 Die Mehrebenenanalyse als Reaktion auf die Kritik an der Ein-Ebenen-Analyse
- 2.2 Die Unterscheidung von Individual- und Kollektivebene
- 2.2.1 Die Lazarsfeld-Menzel-Typologie individueller und kollektiver Eigenschaften
- 2.2.1.1 Kollektive Eigenschaften
- 2.2.1.2 Individuelle Eigenschaften
- 2.2.2 Die Klassifikation individueller und kontextueller Effekte nach Davis
- 2.2.3 Die Unterscheidung individuen- und gruppenbezogener Effekte anhand von Beispielen hierarchischer Datenstrukturen
- 3 Die Durchführung von Mehrebenenanalysen
- 3.1 Grundsätzliche Voraussetzungen zur Durchführung
- 3.2 Die Problematik bei der Anwendung traditioneller statistischer Analyseverfahren
- 3.2.1 Konsequenzen der Ignorierung der Mehrebenenstruktur
- 3.2.2 Die Durchführung getrennter Regressionsanalysen
- 3.2.3 Die Aggregation von Individualdaten
- 3.2.4 Die Disaggregation von Daten und die Problematik des ökologischen Fehlschlusses
- 3.2.5 Weitere Typen von Fehlschlüssen
- 3.3 Das Hierarchisch Lineare Modell (HLM)
- 3.3.1 Die Regressionsanalyse als Ausgangspunkt
- 3.3.2 Die Einbeziehung von Merkmalen der Aggregateinheiten
- 3.3.3 Die Unterscheidung von Zufalls- und festen Effekten
- 3.3.4 Die Metrik in Mehrebenenmodellen
- 3.3.4.1 Die Zentrierung um Gesamtmittelwert und Gruppenmittelwert
- 3.3.4.2 Die Verwendung von Dummy-Variablen
- 3.3.5 Die praktische Umsetzung der Mehrebenenanalyse
- 4 Spezielle Anwendungsmöglichkeiten des Modells und Ergänzungen zum Mehrebenenansatz
- 4.1 Die Analyse von Längsschnittdaten
- 4.2 Metaanalysen
- 4.3 Die Erweiterung des Modells auf drei oder mehr Analyseebenen
- 4.4 Spezielle Software zur Mehrebenenanalyse
- 5 Die Mehrebenenanalyse am Beispiel der Auswertung des Fragebogens,,Logistik-Standort Niederbayern"
- 5.1 Beschreibung des Vorgehens mit SPSS
- 5.2 Präsentation und Auswertung der Ergebnisse mit Hilfe von SPSS
- 5.2.1 Die Ergebnisse bei linearer Einfachregression
- 5.2.2 Die Ergebnisse unter Einbeziehung der Dummy-Variablen
- 6 Abschließende Beurteilung des Mehrebenenmodells
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Theorie der Mehrebenenanalyse und ihrer Anwendung im Bereich der logistischen Standortanalyse. Ziel ist es, die theoretischen Grundlagen der Mehrebenenanalyse darzulegen und deren Anwendung anhand eines konkreten Beispiels zu demonstrieren.
- Entwicklung der Mehrebenenanalyse
- Unterscheidung von Individual- und Kollektivebene
- Durchführung von Mehrebenenanalysen
- Spezielle Anwendungsmöglichkeiten des Modells
- Praxisbeispiel der Mehrebenenanalyse
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel definiert die Zielsetzung der Arbeit und gibt eine Einleitung in die Thematik der Mehrebenenanalyse. Kapitel 2 befasst sich mit den grundlegenden Konzepten und der Entwicklung der Mehrebenenanalyse. Dabei werden verschiedene Ansätze zur Unterscheidung von Individual- und Kollektivebene vorgestellt. Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Durchführung von Mehrebenenanalysen, inklusive der Problematik bei der Anwendung traditioneller statistischer Verfahren und der Einführung des Hierarchisch Linearen Modells (HLM). Kapitel 4 untersucht spezielle Anwendungsmöglichkeiten des Modells und Erweiterungen des Mehrebenenansatzes. Schließlich wird in Kapitel 5 die Mehrebenenanalyse anhand eines konkreten Beispiels aus dem Bereich der logistischen Standortanalyse demonstriert.
Schlüsselwörter
Mehrebenenanalyse, Hierarchisch Lineares Modell (HLM), Individual- und Kollektivebene, logistische Standortanalyse, SPSS, Datenanalyse, empirische Forschung.
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- Diplom-Kauffrau Elisabeth Glöckner (Autor), 2006, Theorie der Mehrebenenanalyse und deren Anwendung im Bereich der logistischen Standortanalyse, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/63951