Das Satirische und Groteske in "Klein Zaches genannt Zinnober"


Dossier / Travail, 2005

21 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhalt

1 Einleitung
1 Was ist Satirisch?

2 Das Satirische in Klein Zaches
2.1 Einführung der Aufklärung
2.2 Parodie der Bildungsidee
2.3 Satire auf die Märchenwelt
2.4 Verspottung Balthasars

3 Was ist grotesk?

4 Das Grssückliche Ende

5 Schlussbetrachtung

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Klein Zaches genannt Zinnober ist eines der späteren Märchen in Hoffmanns künstlerischem Schaffen und eines der wenigen, die kaum kritisiert wurden. Es wird in der wissenschaftlichen Fachliteratur auch häufig als Wendepunkt in Hoffmanns Werk angesehen. Das ist zurückzuführen auf die Auffassung vieler, dass das Märchen ein äußerst satirisches und groteskes Bild einer Gesellschaft zeichnet. Jedoch ist dies nicht die einhellige Meinung der Literaturkritik und die Debatte, ob das Märchen wirklich als Satire aufzufassen sei, hält an. Ebenso wenig einig ist man sich über die Gesellschaftskritik, die das Märchen nach Auffassung einiger enthält. Die Gegner dieser These argumentieren mit dem vorherrschenden Humor, der das Stück durchzieht und mit Hoffmanns eigener Aussage: „Das Märchen Klein Zaches, genannt Zinnober [...] enthält nichts weiter, als die lose, lockre Ausführung einer scherzhaften Idee.“ [1]

Ein anderes Argument, das für den Wendepunkt in Hoffmanns Schaffen spricht, ist, dass es sich in Bezug auf das Verhältnis zwischen Realität und Fantastik von den früheren Märchen Hoffmanns unterscheidet. In Klein Zaches gibt es im Unterschied zum goldnen Topf eine klare Trennung zwischen der Fantastik und der Realität. Es gibt zwar beide Bereiche, aber sie gehen nicht unübersichtlich ineinander über. Wenn die Märchengestalten des Prosper Alpanus oder der Fee Rosabelverde in der bürgerlichen Welt auftreten, sind sie alles andere als märchenhaft. Die Fee lebt in einem Frauenstift als Fräulein von Rosenschön und Alpanus als zurückgezogener Arzt auf einem Landgut. Außerdem ist die fantastische Welt weit weniger überzeugend oder mystisch, als man sich eine Märchenwelt vorstellt. Die Fee Rosabelverde macht einen großen Fehler, indem sie zu große Hoffnungen in Zaches Innerstes setzt und das Duell der beiden Märchenfiguren gleicht eher Zaubertricks als eindrucksvoller Magie. Dieses Herabspielen der weihevollen Aura der Welt der Fantastik und die Kritik an den Mächtigen im Staat wie auch den Bürgerlichen geschieht durch das durchweg angewendete Motiv der Ironie, die zeitweise satirische und groteske Elemente enthält. Mit Ironie wird die ganze skizzierte Welt in Klein Zaches versehen. Die einzige Person, die durchweg davon verschont bleibt, ist Liese, die arme Mutter Klein Zaches’. Es gibt jedoch bei den einzelnen Personen Abstufungen in Hoffmanns Verwendung der ironischen Sichtweise. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Ironie, die sich als satirisch oder grotesk darstellt. Da die Begriffe des Satirischen und Grotesken keine immer gleich dargestellten Einheiten bilden und teilweise ineinander übergehen, werden beide Begriffe, die dieser Arbeit zugrunde liegen, definiert.

Mein Interesse am Märchen des Klein Zaches wurde dadurch geweckt, das es anders, in Form der darin enthaltenen Ironie, ist als frühere Märchen Hoffmanns wie beispielsweise der Goldne Topf. Diese teils groteske, teils satirisch-lächerliche Darstellung einer Gesellschaft, in der jemand nur dadurch Erfolg hat, indem er sich mit Taten anderer rühmt, erinnert mich daran, dass solche Personen ungerechterweise auch in unserer Gesellschaft, selbst ohne Feenmagie, Erfolg haben. Zwar geschieht das nicht in einer so hervorstechenden Weise wie bei Klein Zaches genannt Zinnober, aber es ist teilweise doch zu beobachten.

1 Was ist Satirisch?

Das Wort ‚Satire’ führt sich auf das lat. satira zurück, das von ‚lanx satura’ abgeleitet ist. ‚Lanx satura’ bedeutet eine mit Früchten gefüllte Schale. Im übertragenen Sinn meint es bunt gemischtes Allerlei.

Im literarischen Sinn ist die Satire eine Spottdichtung, die mangelhafte Tugend oder gesellschaftliche Missstände anklagt. Die satirische Schreibweise ist sehr vielseitig und wandelte sich im Laufe der Geschichte. Deshalb ist sie schwer von Komik oder Parodie zu trennen. Die Satire kann verschiedene Funktionen haben. Wenn sie als Kritik fungiert, stellt sie nach Schiller die mangelhafte Wirklichkeit einem Ideal gegenüber. Fungiert sie als Unterhaltung, unterscheidet sie sich von Komik und Parodie durch ihre kritische Haltung. Als Didaktik hat sie die Absicht zu belehren und zu bessern und als Polemik vermittelt sie Einseitigkeit und Parteilichkeit. [2]

Ebenso wie die Groteske übertreibt die Satire und verzerrt Sachverhalte. Sie vergleicht Sachverhalte mit ihrem Idealzustand und gibt sie dadurch der Lächerlichkeit preis. Satire beinhaltet Ironie, Spott und Sarkasmus. Diese findet man sodann auch bei Klein Zaches genannt Zinnober wieder.

2 Das Satirische in Klein Zaches

In Klein Zaches übt Hoffmann in Form des Satirischen an fast jeder Person des Märchens Kritik. Die einen werden mehr und die anderen weniger kritisiert. Die Kritik bezieht sich auf die Mächtigen aber auch auf die Bürgerlichen. Sie beinhaltet die Staatsdiener, die Studenten, die Wissenschaftler, die Geisteswissenschaftler und das einfache Bürgertum, das sich an der Nase herumführen lässt. In diesem Sinn ist das Märchen eine Gesellschaftssatire, denn es gibt die Gesellschaft und ihre handelnden Personen der Lächerlichkeit preis. Zinnober steigt auf bis zum Gipfel der Gesellschaft und nutzt ihre Schwächen aus. Beispielsweise verliert Mosch Terpin mit Recht die Anerkennung, denn seine Forschungen sind wertlos. Dem Minister Prätextatus von Mondschein geschieht seine Entlassung recht, denn er ist unfähig und Balthasar wird des Beifalls für sein Gedicht gerechterweise beraubt, denn seine Verse sind mehr gewöhnlich als außergewöhnlich. [3] Die satirischen Elemente in Klein Zaches gehen teilweise in den Bereich des Grotesken über und sind dann schwer auseinander zu halten. Auf zwei herausstechende satirische Beispiele, das der Aufklärung und das der Bildungsidee in Klein Zaches wird im Folgenden im Detail eingegangen.

2.1 Einführung der Aufklärung

Die Aufklärung wird durch den Fürsten Paphnutius eingeführt. Dessen Stolz, der sich beispielsweise auf die Angst bezieht, Dschinnistan könnte womöglich ein schöneres Land sein als seines, wird verspottet, ebenso wie seine Machtgier. Das Wohl der Bürger seines Landes ist ihm nicht wichtig, er handelt aus rein egoistischen Trieben. Im Sinne der Aufklärung müssen alle Feen aus dem Land verbannt werden, da sie dem Staat schaden. Danach will Paphnutius, der nur die Ideen seines zum ersten Minister ernannten Kammerdieners ausführt, „die Wälder umhauen, den Strom schiffbar machen, Kartoffeln anbauen, die Dorfschulen verbessern, Akazien und Pappeln pflanzen [...] und die Kuhpocken einimpfen lassen [...].“ [4] Von einem Geografen und Historiker lässt er sich von Dschinnistan berichten, um dann zufrieden festzustellen, dass es ein Land ist, das eigentlich gar nicht existiert, da es Kultur, Gelehrsamkeit und all die anderen Dinge, die mit der Aufklärung eingeführt wurden, nicht besitzt. „Das Land des Wunderbaren ist die Negation der Aufklärung, so wie die Aufklärung die Negation des Wunderbaren ist.“ [5]

Die Aufklärung in Klein Zaches ist das Gegenteil einer richtigen Aufklärung. Geist und Scharfsinn wird nicht hervorgehoben, sondern unterdrückt, indem die Fantasie und die Poesie in der Verkörperung der Feen verboten werden. Außerdem werden die Menschen ihrer Gedankenfreiheit beraubt, die durch die Feen angeregt wurde. Durch diese Maßnahmen ist Wissenschaft gänzlich unmöglich, was sich in Mosch Terpin zeigt, dessen größte Entdeckung, dass „die Finsternis hauptsächlich von Mangel an Licht herrühre“ [6] nicht für seine wissenschaftlichen Qualitäten spricht.

2.2 Parodie der Bildungsidee

Wie schon im vorigen Abschnitt mit Mosch Terpin angedeutet, wird die Wissenschaft, die geistige wie die der Natur, in Verkörperung seiner Professoren und Studenten, verspottet. Nicht nur der Naturwissenschaftler Terpin, sondern auch der große Gelehrte Ptolomäus Philadelphus wird der Lächerlichkeit preisgegeben. In einem Brief an seinen Freund berichtet er von seltsamen Menschen, einem barbarischen Volk, das eine Stadt bevölkert, vor deren Toren sein Wagen zu Bruch ging. Dieses Volk habe ihn mit Rauchwolken und Flüchen in einer seltsamen Sprache belegt. Das seltsame Volk, das der Studierte seinem Freund beschreibt, sind jedoch Studenten, die er seltsamerweise gar nicht kennt und noch nie zuvor gesehen hat.

Die Studierten ebenso wie die nicht studierten Menschen in Kerepes sind, sobald Klein Zaches auftritt, dem Zauber der Fee Rosabelverde erlegen, denn „alles, was in seiner Gegenwart ein anderer Vortreffliches denkt, spricht oder tut“ [7] , wird Klein Zaches angerechnet. Das geschieht auch mit Mosch Terpins wissenschaftlichen Kunststücken und Balthasars vorgetragenem Liebesgedicht. Doch im Gegensatz zu Balthasar und ein paar anderen Bürgern, denen Ähnliches in der Gegenwart des Zaches widerfährt, stimmt Mosch Terpin in den Applaus für Klein Zaches ein. Er weiß wohl, dass es seine Kunststückchen sind, für die dieser das Lob erntet aber da er hofft, durch Zaches auf seiner Karriereleiter emporzusteigen und Macht zu gewinnen, spielt er das Spiel mit. Für seine egoistischen Ziele überlässt er dem kleinen Zwerg sogar seine Tochter Candida.

[...]


[1] E.T.A. Hoffmann: Prinzessin Brambilla. Stuttgart: Philipp Reclam 2003. S. 3 (Vorwort).

[2] Vgl. Wikipedia: Satire Kap. 1. URL: http:// wikipedia.de (05.09.2005).

[3] Vgl. De Loecker, Armand : Zwischen Atlantis und Frankfurt. Frankfurt am Main: Peter Lang 1983. S. 139.

[4] Hoffmann, E.T.A.: Klein Zaches genannt Zinnober. Stuttgart: Philipp Reclam 2004. S. 16-17.

[5] Vitt-Maucher, Gisela: E.T.A. Hoffmans Klein Zaches genannt Zinnober: Gebrochene Märchenwelt. In: Aurora. Jahrbuch der Eichendorff-Gesellschaft. Hrsg. von Wolfgang Frühwald, Franz Heiduk, Helmut Koopmann und Peter Horst Neumann. Würzburg: Eichendorff-Gesellschaft 1984. S. 202.

[6] Hoffmann, E.T.A.: Klein Zaches genannt Zinnober. S. 23.

[7] Ebd. S. 84.

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Das Satirische und Groteske in "Klein Zaches genannt Zinnober"
Université
University of Cologne  (Institut für deutsche Sprache und Literatur )
Cours
Proseminar E.T.A. Hoffmann
Note
2,0
Auteur
Année
2005
Pages
21
N° de catalogue
V64260
ISBN (ebook)
9783638571296
ISBN (Livre)
9783638793193
Taille d'un fichier
565 KB
Langue
allemand
Mots clés
Satirische, Groteske, Klein, Zaches, Zinnober, Proseminar, Hoffmann
Citation du texte
Bianca Stärk (Auteur), 2005, Das Satirische und Groteske in "Klein Zaches genannt Zinnober", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64260

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