Holocaust und Literatur stehen schon seit den Gründungsjahren der BRD in einem ästhetischen und moralischen Spannungsverhältnis, denn einerseits stellt sich die Frage nach der Adäquanz zwischen Repräsentation und Repräsentiertem und andererseits taucht die problematische Beziehung zwischen Fiktionalisierung sowie Poetisierung des Grauens und dem real erlebten Grauen der Opfer auf. In diesem Zusammenhang ist jeglicher Literatur zum Thema Holocaust ein kulturelles Konfliktpotenzial eingeschrieben. Dieses Konfliktpotenzial multipliziert sich a priori auf ein Vielfaches, wenn die Holocaust-Literatur komisch bzw. satirisch wird: in diesem Falle wird das oben beschriebene Spannungsverhältnis bis aufs Äußerste strapaziert. Genau dieser Problemkomplex liegt bei Edgar Hilsenraths Text "Der Nazi & der Friseur" vor, in dem allein durch die Textkonstitution zahlreiche Tabus und narrative Konventionen der bis dato erschienen Holocaust-Literatur gebrochen werden. Aus dem Tabubruch heraus stellt sich nun die Frage, ob der Text dem ästhetischen sowie moralischen Spannungsfeld standhält und somit trotz der Satire einen antinazistischen Gestus beibehält, oder aber durch die Integration des Satirischen und Grotesken eben jene Inadäquanz erzeugt, da der Text neben das Grauen die Komik gesellt.
Im Text finden sich Spuren des Undarstellbaren, welche durch einen poetischen bzw. satirischen Umweg dargestellt werden. Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, wie die augenfälligen Verknüpfungen, Analogien und scheinbaren Koinzidenzen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem zionistisch geprägten Israel, in das der Massenmörder Max Schulz nach vollzogenem Identitätswechsel auswandert, ein strukturales Mittel bilden, welches eine Darstellbarkeit des Holocaust erlaubt ohne dabei den Gegenstand aus den Augen zu verlieren. Der Text "Der Nazi & der Friseur" leistet somit Folgendes: Durch die starke Fiktionalisierung bis ins Groteske entgeht er der Aporie einer realistischen geschweige denn dokumentarischen Darstellbarkeit des Holocaust.
Die Verbindungen zwischen Nazi-Deutschland und dem zionistischen Israel stellen somit nicht nur das groteske Gestaltungsprinzip aus, das sich vor allem durch die akausale Verknüpfung von miteinander unvereinbaren Sinnelementen realisiert, sondern gleichzeitig konstituieren diese Verbindungen eine Metaphorizität, welche als ein textinternes Mittel zum Aufzeigen eben jener rassistischen und nazistischen Mechanismen fungiert.
Inhaltsverzeichnis
- Das gespannte Verhältnis zwischen Holocaust und Literatur.
- Die Verbindungen des Unvereinbaren.
- Analogien
- Transformationen ..
- Der poetische Umweg.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text "Der Nazi & der Friseur" von Edgar Hilsenrath befasst sich mit der schwierigen Beziehung zwischen Holocaust und Literatur und untersucht die Darstellungsmöglichkeiten des Grauens. Hilsenrath stellt in Frage, ob das Grauen des Holocaust angemessen durch Literatur repräsentiert werden kann und hinterfragt gleichzeitig die Möglichkeiten und Grenzen der satirischen Darstellung des Themas.
- Das Spannungsverhältnis zwischen Repräsentation und Repräsentiertem
- Die problematische Beziehung zwischen Fiktionalisierung und Poetisierung des Grauens
- Der Einsatz von Satire und Groteske in der Holocaust-Literatur
- Die Verwendung von Metaphorik als Darstellungsmittel
- Die Verbindung von Nazi-Deutschland und zionistischem Israel
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel analysiert das schwierige Verhältnis zwischen Holocaust und Literatur und beleuchtet die Herausforderungen, die mit der Repräsentation des Grauens verbunden sind. Im Fokus steht dabei die Frage, ob es möglich ist, dem Holocaust angemessen gerecht zu werden und gleichzeitig die Gefahr der Verharmlosung oder Instrumentalisierung des Themas zu vermeiden.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Verbindungen zwischen Nazi-Deutschland und zionistischem Israel, die Hilsenrath in seinem Text als groteske Gestaltungsprinzip verwendet. Die Analyse zeigt, wie diese Verbindung als Metapher fungiert und es ermöglicht, die Mechanismen des Rassismus und des Nationalsozialismus aufzudecken.
Schlüsselwörter
Der Text "Der Nazi & der Friseur" von Edgar Hilsenrath beleuchtet die Themen Holocaust-Literatur, Satire, Groteske, Metaphorik, Repräsentation, Analogien, Transformationen, Nazi-Deutschland, zionistisches Israel, Rassismus, Nationalsozialismus und die Schwierigkeiten der Darstellung des Grauens.
- Arbeit zitieren
- Frank Dersch (Autor:in), 2006, Metaphorizität als Darstellungsmodus in "Der Nazi & der Friseur", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64491