Adoleszenz - Gewalt bei Jugendlichen


Trabajo, 2005

20 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Gewaltakzeptanz, Gewaltbereitschaft und Gewalthandeln
3.1 Familie, Persönlichkeit, Schule und Peers

4 Fernsehen und Gewalt
4.1 Visueller Analphabetismus
4.2 Langeweile, Sehzwang und kollektive Abwehrversuche
4.3 Psychische Wurzeln von Gewalt

5 Entstehung von Feindbildstrukturen

6 Abschlussbetrachtung

7 Literaturverzeichnis

2 Einleitung

Die Individuen, die sich benachteiligt fühlen, geschlagen, misshandelt werden, lassen häufig ein Verhaltensmuster erkennen. Sie treten oder schlagen ihrerseits irgendwann zurück, üben sich in Drohgebärden, verletzen andere ohne Rücksicht und Nachsicht. Der Gewalt-Exzess gibt oft den letzten, ultimativen „Kick“ als euphorisierende Zerstörung der Normen (vgl. Thomson 1999, vgl. hierzu das Verbrechen in der US-amerikan. Stadt Littleton/Denver im April 1999, das die amerikanische Nation aufrüttelte und bezüglich der Verbreitung von Waffen neu nachdenken ließ; vgl. FAZ vom 26.04.99: zwei Todesschützen hatten 12 Mitschüler und 1 Lehrer auf brutale Weise erschossen).

Große Aufmerksamkeit genießen Medienberichte über jugendliche Gewaltaktionen. Diese sind jedoch Reportagen, die sensationalisierend auf die Verbrauchergunst abzielen. Hierbei wird aber kein Beitrag dazu geleistet, das diffuse, vielschichtige Phänomen „Jugendgewalt“ zu erklären. Ein Grund für dieses Defizit ist mit Sicherheit, dass die Medien mit Vorliebe Gewaltakte Jugendlicher gegen Asylbewerber und Ausländer thematisieren. Folglich werden Gewalttaten gegenüber anderen Bevölkerungsminderheiten vernachlässigt. Dies vermittelt wiederum den Eindruck, dass Jugendgewalt vornehmlich auf politische Intentionen basiert und zum größten Teil von „politisch motivierten“ Tätern extremistischer Gruppen verübt wird.

Die Erklärung von Jugendgewalt allein als Ausdruck gesellschaftlicher Basismechanismen (z. B. Geschlechterverhältnis oder Konkurrenz) und Krisen oder geschichtlicher Umbruchsituationen (z. B. Beitritt der DDR zur BRD) wird den oft trivialen Gewaltaktionen in der Jugendszene nicht gerecht. Was aus der Perspektive der pädagogisch-psychologischen Jugendforschung im Vordergrund stehen muss, ist die Tatsache, dass es sich bei den Tätern um Jugendliche handelt, die in einer entscheidenden Phase ihrer Identitätsbildung stehen und Entwicklungsaufgaben mit altersspezifischen Mitteln zu bewältigen haben.

Wie kann man die Perspektive von jugendlichen Gewaltakteuren und Gewaltopfern begreifen? Das breite Spektrum von Jugendgewalt muss jedoch stets im Auge behalten werden. Welche Lebens- und Erfahrungskontexte bei Jugendlichen tragen zur Entwicklung von Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft bei und unter welchen Bedingungen führt Gewaltbereitschaft zur Beteiligung an Gewaltaktionen?

Inwiefern trägt das Fernsehen zur Gewaltbereitschaft und -entwicklung bei? Wie können Filme die menschliche Psyche und somit das Handeln der Menschen beeinflussen? Besonders hilfreich war bezüglich dieser Fragestellung das Buch von Ute Benz: Jugend, Gewalt und Fernsehen – Der Umgang mit bedrohlichen Bildern.[1]

3 Gewaltakzeptanz, Gewaltbereitschaft und Gewalthandeln

Falls möglich, sollen also Gewaltakzeptanz, Gewaltbereitschaft und Gewalthandeln differenziert betrachtet werden. Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft stellen jedoch keine hinreichenden Bedingungen für gewaltsames Handeln dar. Ferner hängt die Beteiligung an Gewaltaktionen von antizipierten Folgen, Gruppennormen und affektiven Bedingungen ab. Die Beteiligung an Gewaltaktionen setzt nicht einmal eine Gewalt akzeptierende Einstellung voraus. Gewalthandeln ist nämlich stark an situative Bedingungen gebunden. Dazu zählt Alkoholkonsum oder die soziale Dynamik von „Mutproben“. Einstellungskonsistentes Handeln ist demnach keine zwingende Vorraussetzung an der Teilnahme einer Gewaltaktion (vgl. Sturzbecher, 1997).

Um dem oben erwähnten Anspruch auf eine differenzierte Untersuchung Folge zu tragen, wird Jugendgewalt auf drei unterschiedlichen Ebenen abgebildet:

1. Akzeptanzebene („Was halte ich von Gewalt als Interaktionsform?“)
2. Ebene der Verhaltensintentionen („Bin ich bereit, Gewalt zur Durchsetzung von
Interessen oder zum Freizeitvergnügen einzusetzen?“)
3. Handlungsebene („Habe ich bereits an Gewaltaktionen aktiv teilgenommen?“). (ebenda)

3.1 Familie, Persönlichkeit, Schule und Peers

Zunächst sind das Mikrosystem „Familie“ und die darauf bezogenen Indikatoren von Interesse. In Bezug auf die Herkunftsfamilie existieren zum einen interaktionale Variablen und zum anderen ökonomische Variablen. Diese kann man, wie folgt, näher beleuchten, wie zum Beispiel beim Projekt „Jugend in Brandenburg 1996“ (ebenda). Da sich die Gewaltbereitschaft von Jungen und Mädchen unter quantitativen und qualitativen Gesichtspunkten unterscheidet (Maccoby & Jacklin, 1980), wird zwischen Jungen und Mädchen differenziert.

Es wurde festgestellt, dass die beruflichen Bindungen der Eltern oder aber kritische Lebensereignisse der Jugendlichen in der Familie kaum mit gewaltbezogenen Einstellungen der Jugendlichen oder deren Beteiligung an Gewaltaktionen korrespondieren. Folglich bedarf es bei diesen Indikatoren keiner näheren Vorstellung. Andererseits korrespondiert die Einschätzung des relativen familiären Lebensstandards in Bezug zur Umgebung deutlich mit der Bereitschaft Gewalt auszuüben (vgl. Sturzbecher, 1997).

Das Aggressionsmodell beinhaltet jedoch noch einen zweiten Indikator. Persönlichkeitsmerkmale sind ebenfalls zu untersuchen. Dies geschah mit Hilfe von Selbstbeurteilungen. Vier inhaltliche Dimensionen sind an dieser Stelle zu nennen (ebenda).

Zunächst befasste man sich mit dem Aggressivitätspotential („Erregbarkeit“). Dies ist ein vom situativen und vor allem sozialen Kontext unabhängiger Indikator, der eventuell auch genetisch-biologische Gewaltursachen miterfasst und stark habitualisierte aggressive Verhaltensmuster beleuchtet. Zweitens interessierte der Grad an „Selbstvertrauen“, bzw. Selbstwirksamkeitserfahrungen und –erwartungen. Weiterhin versuchte man die „Soziale Kompetenz“ zu erfassen, die das Selbstkonzept der Befragten bezüglich ihrer sozial-kommunikativen Fähigkeiten entschlüsseln sollte, zu denen folgende Kategorien gehören: Kontakte aufnehmen, Perspektiven übernehmen, Zuhören, Erklären, Überzeugen, Organisieren. Letztendlich wollte man die vorwiegend „politisierenden“ Ansätze berücksichtigen, die Gewalt als Reaktion auf politische Enttäuschung und Ohnmacht bzw. als Bestandteil eines Rechtsextremismus- und Fremdenfeindlichkeitssyndrom ansehen (ebenda).

Das System „Schule“ ist ebenfalls von Bedeutung bei der Frage nach der Entstehung von Gewaltbereitschaft. Wie sehen die schulische Motivation und die Schulleistungen der Schüler sowie das „Gewaltklima“ der Schule aus? Wichtig war, inwiefern die Jugendlichen schulisches Lernen, seine Inhalte und Organisationsformen als nützlich für die eigene Entwicklung und Lebensbewältigung empfinden. Diese Teilanalyse fasst die „Lehrerzufriedenheit“, den „Schulspaß“ und „Schulschwänzen“ ins Auge (ebenda) .

Zusätzlich widmete man sich den sozialen Beziehungen zu Gleichaltrigen und dem Freizeitverhalten. Wie groß ist die Bedeutsamkeit von sexuellen Kontakten und Partnerschaft und Stärke[2] als vermutetes Attraktivitätskriterium? Man musste herausfiltern, was Jungen darüber denken, was Mädchen an Jungen als attraktiv erachten (ebenda).

Welche Rolle spielt die Gewaltakzeptanz im Gleichaltrigenkontext? Die Aussage „Gewalt findet die Mehrheit in der Gruppe nicht so schlimm.“ wurde erörtert (ebenda).

Abschließend wurde die Zufriedenheit mit dem Freizeitangebot berücksichtigt (ebenda).

4 Fernsehen und Gewalt

Die Fähigkeit der Menschen zur Identifizierung mit Bildobjekten trägt dazu bei, permanent Grenzen zwischen Phantasie und Realität zu verwischen. Viel bedeutsamer als Probleme der mangelnden Unterscheidungsfähigkeit der Kinder zwischen Realität oder Fiktion in bewegten Bildern ist das grundlegende Problem junger Menschen gegenüber Bildern, nämlich ihr visueller Analphabetismus (vgl. Metz, 1994, S. 1004-1046).

4.1 Visueller Analphabetismus

„Kinder sind visuelle Analphabeten, weil sie Bilder naiv und in spezifischer Weise unkritisch sehen – das gilt auch für solche Kinder, die durch häufiges Fernsehen bereits große Sehroutine erworben haben. Auch sie sind nicht darin geübt, Filme auf ihre Intentionen hin kritisch zu prüfen. Wenn Kinder Bilder und Filme sehen, so konzentrieren sie sich vollkommen auf die manifeste Bildebene, auf Inhalt, Filmhandlung, Aussehen, Mimik und Agieren der Schauspieler und auf die Objekte im Bild. Sie sind so vollauf damit beschäftigt, mitzukriegen, was auf der manifesten Ebene abläuft, daß sie nicht auf die Idee kommen zu fragen, wer die Szene so und nicht anders inszeniert hat“ (Benz, 1997, S. 76).

Die meisten Menschen interessieren sich ausschließlich für die manifesten Bildinhalte und nicht für die Intentionen fotographischer Bilder, nicht für die Frage, wie ihr Augenmerk absichtlich gelenkt wird, damit sie so sehen und wahrnehmen, wie andere Personen es aus künstlerischen, kommerziellen oder politischen, teils manipulativen Interessen wollen. Viele Menschen möchten die Naivität des Sehens Aufrecht erhalten, weil sie befürchten, dass das Vergnügen am Film beeinträchtigt werden könnte. Sie betrachten es als zu intellektuell und somit für zu schwierig, Bilder analytisch zu betrachten (vgl. ebenda, S. 76/77 ).

Kinder sehen naiv und verlieren die Sprache vor den Bildern. Aus diesem Grunde sind sie visuelle Analphabeten. Auffällig bei Erzählungen von Kindern über Gesehenes ist, dass ihre Ausdrucksweise gar nicht an das Gesehene heranreicht. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind wenig darin geübt, visuelle Eindrücke verbal zu fassen und sie somit mit Hilfe von Reflexion zugänglich zu machen (vgl. ebenda, S. 78).

„Die Verbalisierung visueller Eindrücke ist […] eine Kunst, ist Schwerarbeit. Sprache neben Bildern wirkt störend und karg, sie reicht ja nicht hin an die unmittelbare Direktheit der Bildeindrücke; Bilder in Sprache zu übersetzen, erfordert Sortierungsarbeit, denn die Gleichzeitigkeit der Bildeindrücke [muss] in eine zeitliche Abfolge gebracht werden. Verständlich ist aus diesem Grund das weit verbreitete Unbehagen am Reden über Bilder, verständlich auch, daß viele Kinder es gleich gar nicht versuchen, daß auch Erwachsene vor einer derart schwierigen Aufgabe ausweichen, indem sie Gespräche über Bilder auf [Statements] abkürzen und im übrigen lieber einfach neue Bilder ansehen, um wortlos „im Bild“ zu sein. Wenn jedoch bereits die Sprache vor dem Bild ins Abseits gerät, dann verlieren Erwachsene und Kinder ausgerechnet das einzige Vehikel, mit dem sie sich aufeinander zu bewegen könnten, [falls] sie unterschiedliche Sichtweisen und Auffassungen über Filme haben. […] Beide verstummen vor Bildern (ebenda, S. 79/80, Hervorhebung im Original).

Überall dort, wo Bilder an überhöhter Aufmerksamkeit gewinnen, tendiert die Sprache dazu, ihre Bedeutung einzubüßen. Die Kommunikation zwischen Kindern, bzw. zwischen Kindern und Erwachsenen wird schwieriger. Fehlt eine ausreichende Kommunikationsfähigkeit, fehlen die Begriffe und logischen Verknüpfungen ist kritisches Denken unmöglich. Visuelle Eindrücke können folglich nicht reflektiert werden (vgl. ebenda, 80).

Eine Wechselwirkung zwischen dem Konsumanstieg von Filmbildern und der Zunahme kindlicher Sprachfähigkeit besteht. Der Tagesspiegel vom 19.06.1996 meldete folgendes: „Sprachstörungen bei Kindern nehmen zu. Störungen der Sprachentwicklung von Kindern haben alarmierend zugenommen. Jedes 4. Kind im Vorschulalter ist betroffen … Verantwortlich dafür seien unter anderem die Eltern, die zu wenig mit den Kindern sprächen, und der hohe Fernsehkonsum der Kleinkinder“ (vgl. a.a.O.). Viele Pädagogen beklagen eine vermehrte Sprachunfähigkeit und Sprachunwilligkeit vieler Kinder und Jugendlicher. Dies hat zur Folge, dass zahlreiche Konflikte lediglich brachial und nicht verbal ausgetragen, bzw. gelöst werden (vgl. Willems, Würtz, Eckert, 1993). „Der Verlust der Worte, angesichts immer zahlreicher sich in den Vordergrund der kindlichen Aufmerksamkeit drängenden Bilder, sowie die Naivität des Bildersehens sind zentrale Probleme des visuellen Analphabetismus. Er stellt eine sozial-politische Gefahr insofern dar, als er die Kommunikations-, die Diskurs- und insofern die Demokratiefähigkeit von Menschen an der Basis gefährdet“ (Benz, 1997, S. 82).

4.2 Langeweile, Sehzwang und kollektive Abwehrversuche

„Langeweile und Sehzwang gehören auf eine paradox wirkende Weise zusammen: Durch Fernsehen produzieren Kinder das Phänomen Langeweile, ausgerechnet die Langeweile, vor der sie ins Fernsehen flüchten. Bei Jungen und Mädchen, die viel Filme sehen, ist eine latente Unzufriedenheit und Lethargie zu beobachten, sobald sie nicht, wie gewohnt, von außen her spannend unterhalten werden. Sie wirken nach dem Filmsehen wie Gestrandete, die sich auf dem Boden ihrer Realität schwer zurechtfinden. Die Frage, was es ihnen so schwer macht, nach einem Film auf eigene Aktivität ‚umzuschalten’ […], ist auch im Blick auf die Wünsche nach Spannung zu untersuchen. Spannung im Film beruht für viele Menschen hauptsächlich auf dem Reiz des Neuen […]. Spannung ist allerdings ein flüchtiger Reiz mit umso höherem Abnutzungseffekt, je mehr Sehroutine vorhanden ist. Bei rascher Wiederholung neuer Reize stellt sich bei Zuschauern immer schneller das Gefühl der Langeweile ein, verbunden mit deutlicher Verärgerung über enttäuschte Erwartungen“ (ebenda, S. 88).

[...]


[1] Ausführlichere Angaben bezüglich der Verwendeten Literatur sind im Literaturverzeichnis zu finden.

[2] Stärke ist hier als Zurschaustellung von Kraft und Durchsetzungsvermögen als Renommierverhalten definiert.

Final del extracto de 20 páginas

Detalles

Título
Adoleszenz - Gewalt bei Jugendlichen
Universidad
RWTH Aachen University  (Soziologie)
Curso
Gewalt im Jugendalter
Calificación
2,0
Autor
Año
2005
Páginas
20
No. de catálogo
V64779
ISBN (Ebook)
9783638575089
ISBN (Libro)
9783656801931
Tamaño de fichero
509 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Adoleszenz, Gewalt, Jugendlichen, Gewalt, Jugendalter
Citar trabajo
Simon Ratz (Autor), 2005, Adoleszenz - Gewalt bei Jugendlichen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64779

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