In der vorliegenden Hausarbeit befasse ich mich mit der Frage, welche politisch-historischen Grundlagen vorhanden sind, die eine Ausrichtung der EU auf das Leitbild des supranationalen Bundesstaats oder alternativ des lockeren Staatenbunds erkennen lassen. Ich konzentriere mich dabei auf institutionelle Neuerungen und Vertragswerke, die diese Neuerungen bewirkten, sowie auf Ideen und Konzeptionen, die in der Geschichte Europas nicht genügend Unterstützung zur Durchsetzung fanden. Die Analyse wird im Rahmen der föderalen Integrationstheorie geschehen, welche den europäischen Einigungsprozess als einen stufenweise voranschreitenden Kompetenztransfer von der Subebene auf die übergeordnete Ebene betrachtet, der – nach dem Modell des kooperativen Föderalismus – von einer Beteiligung der Subebene am Entscheidungsfindungsprozess der übergeordneten Ebene begleitet wird.
In einem ersten Teil werde ich den Sinn von Konzepten begründen und den Begriff der Europäischen Integration in Abgrenzung zu dem der Europäisierung definieren. Der zweite Teil befasst sich mit dem Begriff des Föderalismus, wobei auch auf die verschiedenen Verständnisarten hingewiesen wird, die innerhalb der Staatengemeinschaft existieren. Es werden des Weiteren die historische Herkunft seiner Merkmale benannt und die Bandbreite föderaler Organisationsformen anhand von Schultzes bipolarem Kontinuum dargestellt. Im dritten Teil untersuche ich, chronologisch vorgehend, die Entwicklung der EU und ihrer Vorläuferorganisationen entlang der sich gleichzeitig herausbildenden und wandelnden Föderalismustheorie.
Die Frage, ob die EU in ihrem heutigen Zustand eher einem lockeren Staatenbund oder einem supranationalen Bundesstaat gleicht, muss mit einem „weder noch“ beantwortet werden. Ich würde sie als „Staatenbund plus X“ bezeichnen, wobei „X“ für die föderalen Zusätze steht, wie sie sich auch bei Bundesstaaten wie Deutschland oder den USA finden. Die Leistung der föderalen Integrationstheorie besteht meiner Meinung nach weniger in ihrer Erklärungskraft für die Motivationen, welche die Integration herbeigeführt haben, als in ihrer nachträglichen Einordnungsfunktion in ein Raster bereits bekannter politischer Organisationsformen und Handlungsweisen. Ich werde für eine Kombination der neofunktionalen, intergouvernementalen und föderalen Ansätze plädieren, da die Integrationsgeschichte der EU Phasen aufweist, denen eine eng konzipierte Föderalismustheorie nicht gerecht wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zwischen Staatenbund und Bundesstaat: Die Europäische Integration im Licht föderaler Theorien
- Konzepte der EU-Forschung: Europäische Integration und Europäisierung
- Föderalismus
- Der Begriff und seine divergierenden Interpretationen
- Entwicklungsstufen der föderalen Theorie
- Die Bandbreite föderaler Organisationsformen: Schultzes bipolares Kontinuum
- Die Entwicklung „einer immer engeren Union der Völker Europas“: Föderale Ideen, Vertragswerke und Institutionen von 1922 bis 2005
- Die Vision eines Verfassungssprungs: die Zwischenkriegszeit und der Zweite Weltkrieg
- Föderale Bewegungen und die erste gemeinsame Institution: die Nachkriegszeit
- Sektorale Integration: die 50er Jahre
- Intergouvernementale Intermezzi und föderale Umorientierung: die 60er Jahre
- Status Quo oder „,dark age“: die frühen 70er Jahre
- Relance des Föderalismus: die späten 70er und die 80er Jahre
- Föderale Integration im Eilschritt: die 90er Jahre und Nizza 2000
- Der „Vertrag über eine Verfassung für Europa“: föderale Entwicklungen bis 2005
- Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die politisch-historischen Grundlagen der Europäischen Union (EU) und analysiert, ob sich ihre Ausrichtung eher am Leitbild eines supranationalen Bundesstaates oder eines lockeren Staatenbundes orientiert. Der Fokus liegt auf institutionellen Neuerungen, Vertragswerken und Konzeptionen, die die Entwicklung der EU beeinflusst haben. Die Analyse erfolgt im Rahmen der föderalen Integrationstheorie, welche den europäischen Einigungsprozess als stufenweisen Kompetenztransfer betrachtet.
- Definition und Abgrenzung der Konzepte "Europäische Integration" und "Europäisierung".
- Begriffsbestimmung und verschiedene Interpretationen des Föderalismus.
- Historische Entwicklung des Föderalismus und seine Relevanz für die EU.
- Chronologische Untersuchung der EU-Entwicklung im Kontext der föderalen Integrationstheorie.
- Bewertung der EU als Staatenbund oder Bundesstaat.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung thematisiert das Nein Frankreichs zur EU-Verfassung 2005 und die damit verbundene Frage nach der Finalität Europas. Sie umreißt die Forschungsfrage der Arbeit – die Untersuchung der politisch-historischen Grundlagen für eine Ausrichtung der EU auf ein Bundesstaats- oder Staatenbundmodell – und skizziert die methodische Vorgehensweise, die auf der föderalen Integrationstheorie basiert und institutionelle Neuerungen, Vertragswerke und relevante Ideen berücksichtigt. Die Arbeit konzentriert sich auf den "bottom-up"-Ansatz der europäischen Integration.
Zwischen Staatenbund und Bundesstaat: Die Europäische Integration im Licht föderaler Theorien: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit der Frage der politischen Organisation der EU, indem es die Konzepte der Europäischen Integration und Europäisierung differenziert darstellt und den Begriff des Föderalismus mit seinen unterschiedlichen Interpretationen beleuchtet. Es beschreibt die historische Entwicklung des Föderalismus und stellt verschiedene föderale Organisationsformen anhand von Schultzes bipolarem Kontinuum dar. Der Fokus liegt auf der Erläuterung theoretischer Konzepte, die im weiteren Verlauf der Arbeit zur Analyse der EU-Entwicklung herangezogen werden. Der Abschnitt legt den Grundstein für die anschließende historische Analyse.
Schlüsselwörter
Europäische Integration, Europäisierung, Föderalismus, Staatenbund, Bundesstaat, EU, Kompetenztransfer, institutionelle Neuerungen, Vertragswerke, Integrationstheorien (neofunktional, intergouvernemental, föderal), Verfassung, historische Entwicklung.
Häufig gestellte Fragen zur Hausarbeit: Zwischen Staatenbund und Bundesstaat – Die Europäische Integration im Licht föderaler Theorien
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Die Hausarbeit untersucht die politischen und historischen Grundlagen der Europäischen Union (EU) und analysiert, ob ihre Ausrichtung eher einem supranationalen Bundesstaat oder einem lockeren Staatenbund entspricht. Der Fokus liegt dabei auf institutionellen Neuerungen, Vertragswerken und Konzeptionen, die die Entwicklung der EU beeinflusst haben. Die Analyse erfolgt im Rahmen der föderalen Integrationstheorie.
Welche Methodik wird angewendet?
Die Arbeit verwendet einen „bottom-up“-Ansatz und basiert auf der föderalen Integrationstheorie. Sie betrachtet den europäischen Einigungsprozess als stufenweisen Kompetenztransfer und berücksichtigt institutionelle Neuerungen, Vertragswerke und relevante Ideen.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Hausarbeit behandelt die Definition und Abgrenzung der Konzepte „Europäische Integration“ und „Europäisierung“, verschiedene Interpretationen des Föderalismus, die historische Entwicklung des Föderalismus und dessen Relevanz für die EU, eine chronologische Untersuchung der EU-Entwicklung im Kontext der föderalen Integrationstheorie und schließlich eine Bewertung der EU als Staatenbund oder Bundesstaat.
Welche Kapitel umfasst die Hausarbeit?
Die Hausarbeit beinhaltet eine Einleitung, ein Hauptkapitel „Zwischen Staatenbund und Bundesstaat: Die Europäische Integration im Licht föderaler Theorien“, welches Konzepte der EU-Forschung, Föderalismus (Begriff, Entwicklungsstufen, Organisationsformen), und die historische Entwicklung der EU von 1922 bis 2005 detailliert behandelt, und abschließende Schlussbemerkungen.
Welche Zeitspanne wird in der historischen Analyse betrachtet?
Die historische Analyse umfasst die Entwicklung der EU von der Zwischenkriegszeit und dem Zweiten Weltkrieg bis 2005, wobei verschiedene Phasen der Integration (z.B. die 50er, 60er, 70er, 80er und 90er Jahre) und wichtige Meilensteine (z.B. der Vertrag über eine Verfassung für Europa) berücksichtigt werden.
Welche Rolle spielt der Föderalismus in der Analyse?
Der Föderalismus bildet den zentralen analytischen Rahmen der Arbeit. Die verschiedenen Interpretationen und Entwicklungsstufen des Föderalismus werden erläutert und zur Analyse der institutionellen Entwicklung und der politischen Organisation der EU herangezogen.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Europäische Integration, Europäisierung, Föderalismus, Staatenbund, Bundesstaat, EU, Kompetenztransfer, institutionelle Neuerungen, Vertragswerke, Integrationstheorien (neofunktional, intergouvernemental, föderal), Verfassung, historische Entwicklung.
Was ist die zentrale Forschungsfrage?
Die zentrale Forschungsfrage ist die Untersuchung der politisch-historischen Grundlagen für eine Ausrichtung der EU auf ein Bundesstaats- oder Staatenbundmodell.
Wie wird die EU in dieser Arbeit bewertet?
Die Arbeit bewertet die EU im Hinblick darauf, ob sie eher den Merkmalen eines Bundesstaates oder eines Staatenbundes entspricht, basierend auf der Analyse ihrer historischen Entwicklung und ihrer institutionellen Strukturen.
- Quote paper
- Anne Thoma (Author), 2005, Zwischen Staatenbund und Bundesstaat - Die Europäische Integration im Licht föderaler Theorien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/64848