Das Bild der femme fatale in Thomas Manns Erzählung Der kleine Herr Friedemann


Hausarbeit, 1998

23 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung
0.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit
0.2 Abgrenzungsfragen

1 „Der kleine Herr Friedemann“ - Eine frühe Erzählung
1.1 Entstehung
1.2 Bedeutung der Erzählung für Thomas Mann

2 DIE FEMME FATALE - Ein besonderer Weiblichkeitstypus in der Literatur des 19. Jahrhunderts.
2.1 Die Femme fatale - Eine Begriffsdefinition
2.2 Typische Femme fatale Figuren
2.2.1 Erläuterung und Hinweis auf verschiedene typische Femme fatale Figuren
2.2.2 Erstes Beispiel: Salome
2.2.3 Zweites Beispiel: Carmen
2.3 Die Femme fatale im Fin du siècle
2.3.1 Die Femme fatale als Antwort auf die Exzentrik der Décadence
2.3.2 Die Dämonisierung des Weiblichen
2.3.3 Die Femme fatale - Eine erotische Wunschfigur ?
2.3.4 Die Dialektik der Femme fatale als Wunsch- und Schreckensbild des Dècadent
2.3.5 Die Femme fatale als Naturwesen
2.4 Die Mythisierung der Femme fatale
2.4.1 Definition
2.4.2 Die Mythisierung der Femme fatale in: “Der kleine Herr Friedemann“: Ein Vergleich mit der Figur der Ortrud aus Wagners „Lohengrin“

3 Die Femme fatale in: “Der kleine Herr Friedemann“
3.1 Charakterisierung der Gerda von Rinnlingen
3.2 Typisierung als Femme fatale

4 Der Einbruch der Leidenschaft in Friedemanns Leben
4.1 Friedemanns Abkehr von der Liebe, dem „größten Glück“
4.2 Friedemanns Wille zum Glück
4.3 Die schicksalhafte erste Begegnung mit Gerda von Rinnligen und ihre Auswirkungen
4.4 Der Opernsbesuch
4.5 Die Flußszene
4.6 Die letzte Begegnung und der Selbstmord Friedemanns

5 Die Rolle der Gerda von Rinnlingen als Femme fatale In: „Der kleine Herr Friedemann“
5.1 Die Beschaffenheit der Macht Gerdas über Herrn Friedemann
5.2 Gerda von Rinnlingen als Symbol für das Leben
5.3 Die Grausamkeit Gerda von Rinnlingens gegenüber Herrn Friedemann
5.4 Hat Gerda von Rinnlingen als Femme fatale Schuld am Tode Friedemanns ?

6 Schlußbeurteilung
6.1 Kann man bei Gerda von Rinnlingen von der typischen Femme fatale sprechen ?
6.3 Hat Thomas Mann mit der Figur der Gerda von Rinnlingen einen eigenen Typus der Femme fatale geschaffen ?

Literaturverzeichnis

Selbständigkeitserklärung

0. Einleitung

0.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit

In der frühen Erzählung: „Der kleine Herr Friedemann“ von Thomas Mann wird die Lebens- und Leidensgeschichte des buckligen Herrn Friedemanns erzahlt. Schon früh hat er der Liebe und den Frauen entsagt und erfährt in der Begegnung mit Gerda von Rinnlingen einen Einbruch in sein friedliches Glück. Am Ende der Beziehung von Herrn Friedemann und Frau von Rinnlingen steht für Friedemann der Tod.

Die Figur der Gerda von Rinnlingen repräsentiert hier den besonderen Weiblichkeitstypus der Femme fatale, die den ihr verfallenen Herrn Friedemann zu Grunde richtet.

In dieser Arbeit soll das Bild der Femme fatale in der Erzählung: „Der kleine Herr Friedemann“ untersucht werden. Es soll herausgearbeitet werden, wie sich die Rolle der Femme fatale in der Figur der Gerda von Rinnlingen manifestiert.

Um eine genauere Analyse der Figur der Gerda von Rinnlingen als Femme fatale durchführen zu können, soll im Vorfeld erläutert werden, wie typische Femme fatale Figuren in der Literatur dargestellt werden.

Besonders soll dabei auf das Bild der Femme fatale im Fin du siècle eingegangen werden.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Beziehung zwischen Herrn Friedemann und Gerda von Rinnlingen.

Hierbei soll vor allem gezeigt werden, wie sich Friedemanns Leben durch die Begegnung mit Gerda von Rinnlingen verändert und warum am Ende dieser tragischen Beziehung der Tod Friedemanns steht.

Ziel der Arbeit wird es sein, zu untersuchen, ob die Figur der Gerda von Rinnlingen wirklich dem typischen Bild der Femme fatale entspricht, oder ob Thomas Mann mit dieser Figur nicht eher einen ganz eigenen Typus der Femme fatale geschaffen hat.

0.2. Abgrenzungsfragen

Auf eine genauere Untersuchung der Beziehung zwischen der Figur der Gerda von Rinnlingen als Femme fatale und ihrer sonstigen Umwelt, d.h. ihrem Ehemann oder den übrigen Frauengestalten der Erzählung, kann aus Platz- und Zeitgründen nicht eingegangen werden.

Ebenso kann nicht darauf eingegangen werden, ob die Figur Gerda von Rinnlingen ebenso zum Scheitern verurteilt ist, wie Herr Friedemann.

1 „DER KLEINE HERR FRIEDEMANN“ - EINE FRÜHE ERZÄHLUNG

1.1 Enstehung

„Der kleine Herr Friedemann“ stellt mit größter Wahrscheinlichkeit die Umarbeitung einer früheren Novelle mit dem Titel „Der kleine Professor“ dar, die Thomas Mann am 29. November 1894 an Richard Dehmel schickte.

Dehmel hatte ihn nach dem Erfolg von der Novelle „Gefallen“ um weitere Arbeiten für die Zeitschrift PAN gebeten. „Der kleine Professor“ wurde aber von dieser, sowie von den Zeitschriften Gegenwart und Moderne Kunst abgelehnt, woraufhin Thomas Mann „Den kleinen Professor“ neu konzipierte.

Nach der Fertigstellung der Umarbeitung im Oktober 1896 brach Thomas Mann mit seinem Bruder Heinrich zu einer anderthalbjährigen Italien Reise auf.

Von Rom aus schickte er die Neufassung an die Neue Deutsche Rundschau, wo sie im Mai des darauffolgenden Jahres veröffentlicht wurde.

Ein Jahr später erschien beim Fischer Verlag der erste Novellen Band von Thomas Mann, der unter anderem auch die Novelle „Der kleine Herr Friedemann“ enthielt[1].

1.2 Bedeutung der Erzählung für Thomas Mann

Zweifellos war die Novelle „Der kleine Herr Friedemann“ für Thomas Mann etwas Besonderes und hatte eine große Bedeutung für ihn.

Er selbst sagte über die Erzählung in „On Myself“:

„Ich muß wohl sagen, daß mein eigentlicher Durchbruch in die Literatur mit der Erzählung „Der kleine Herr Friedemann“ geschah, die ich von Rom aus,..., an die Redaktion der Neuen Deutschen Rundschau, das Organ des S. Fischer-Verlages sandte, wo sie denn auch zu meinem freudigen Stolz erschien.“[2]

So war „Der kleine Herr Friedemann“ für Thomas Mann nicht nur der Durchbruch in seiner schriftstellerischen Karriere, sondern die Erzählung war auch in persönlicher Hinsicht bedeutsam für ihn:

„Diese melancholische Geschichte des kleinen Buckligen stellte auch insofern einen Markstein in meiner persönlichen Geschichte dar, als sie zum erstenmal ein Grundmotiv anschlägt, das im Gesamtwerk die gleiche Rolle spielt, wie die Leitmotive im Einzelwerk. ..., den Einbruch der Leidenschaft in dieses behütete Leben, die den ganzen Bau umstürzt und den stillen Helden selbst vernichtet.“[3]

Thomas Mann empfand den Abschluß der Arbeit aber ebenso als etwas Befreiendes[4], da er seitdem das Empfinden hatte „als seien irgendwelche Fesseln von mir abgefallen, als hätte ich jetzt erst den Raum bekommen mich künstlerisch auszuleben, als wären mir jetzt erst die Mittel gegeben, mich auszudrücken, mich mitzuteilen (...)[5]. Auch vermöge er seither „die diskreten und öffentlichkeitsfähigen Masken zu finden, in denen ich mit meinen Erlebnissen unter die Leute gehen kann“[6]. Das bedeutete, daß er diese Masken dazu benutzte, „um meine Liebe, meinen Haß, mein Mitleid, meine Verachtung, meinen Stolz, meinen Hohn und meine Anklagen - von mir zu geben“[7]. Es seien also Stilmittel, die helfen sollten, etwas zu verschleiern, was nicht offensichtlich sein sollte[8].

2 DIE FEMME FATALE - Ein besonderer Weiblichkeitstypus in der Literatur des 19. Jahrhunderts

2.1 Die Femme fatale - Eine Begriffsdefinition

Die Femme fatale ist ein Weiblichkeitstypus, der viele Facetten hat.

Sie wird in der Literatur durchgehend als Verführerin beschrieben, die ihre männlichen Opfer ins Verderben lockt. Immer haftet ihr eine gefährliche, reizvolle und undurchsichtige Aura an, die in Verbindung mit erotischer bzw. sexueller Anziehungskraft steht. Sie ist die Antwort auf die verborgenen Sehnsüchte des männlichen Geschlechts und hat so eine sexuelle Machtposition inne, die das Verhängnis des Mannes ist, der ihr meist hoffnungslos verfallen ist. So stehen auch die Verführungskünste der Femme fatale im Zentrum ihrer Geschichte.

Typisch für diese ungleiche Beziehung zwischen der Femme fatale und dem ihr verfallenen Mann ist der Tod des Opfers, der immer am Ende dieser Liason steht.[9]

2.2 Typische Femme fatale Figuren

2.2.1 Erläuterung und Hinweis auf typische Femme fatale Figuren

Es gibt in der Literatur viele verschiedene Femme fatale Figuren, denen zwar oben genannte Attribute gemein sind, die aber doch völlig unterschiedlich dargestellt werden. Die Fülle der Femme fatale Figuren reicht von der Gestalt des Racheengels bis zur modernen, emanzipierten Karrierefrau.

Neben den mythischen Femme fatale Gestalten, wie die Sphinx, die Königin von Saba, Medusa, Medea, Penthesilea, Delila, Judith, Salome, gibt es noch zahlreiche andere, die bis in die Moderne hinein reichen. Marlene Dietrich, Marilyn Monroe und Madonna seien nur einige Beispiele dafür.[10]

Um deutlich zu machen, wie die typische Femme fatale Gestalt aussieht, sollen im nachfolgenden zwei Beispiele dafür näher betrachtet werden.

2.2.2 Erstes Beispiel: Salome

Schon in der Bibel werden Femme fatale Figuren beschrieben, die Männer durch ihre erotische Anziehungskraft beherrschen. So auch die Salome, die Tochter der Herodias, die von HHHerodes den Kopf von Johannes dem Täufer fordert. Herodes, betört von Salomes Tanz und angezogen von ihrer erotischen Ausstrahlung gewährt ihr dies und Johannes stirbt und wird zum Opfer Salomes.[11]

Salome wird hier zum Urbild der Femme fatale, die durch ihre Grausamkeit und Perversität den Tod Johannes` verschuldet.

2.2.3 Zweites Beispiel: Carmen

Ein ebenso typisches Beispiel für die Figur der Femme fatale ist die Figur der Zigeunerin Carmen in der gleichnamigen Novelle von Prosper Mérimée.

Die Zigeunerin Carmen, eine Außenseiterin, ist eine exotische und wilde Schönheit, die mit ihrer erotischen Kraft den Soldaten Don José zum Dessateur, Schmuggler und Verbrecher macht.[12]

In dem sie bewußt bekennt: „Ich habe dir ja gesagt, ich würde dir Unglück bringen.“[13] manifestiert sich der Grundcharakterzug der Femme fatale in ihrer Figur: Die weibliche Grausamkeit der Femme fatale, die ihr Opfer durch ihre sexuelle Macht ins Verderben treibt

[...]


[1] vgl. Vaget, Hans Rudolf (1984), S. 54/55

[2] Mann, Thomas: On Myself, in:TM, Teil 1, 1889-1917, hrsg. von Hans Wysling unter Mitwirkung von Marianne

Fischer,, S. 21.

[3] Mann, Thomas: On Myself, in:TM, Teil 1, 1889-1917, hrsg. von Hans Wysling unter Mitwirkung von Marianne

Fischer, S. 21.

[4] Vaget, Hans Rudolf: Novellen: Der kleine Herr Friedemann, in: Thomas Mann Handbuch, hrsg. von Helmut

Koopmann, 1990, S. 550.

[5] Vaget, Hans Rudolf: Thomas Mann Kommentar zu sämtlichen Erzählungen, 1984, S.55.

[6] Vaget, Hans Rudolf: Thomas Mann Kommentar zu sämtlichen Erzählungen, 1984, S.55.

[7] Vaget, Hans Rudolf: Thomas Mann Kommentar zu sämtlichen Erzählungen, 1984, S.55.

[8] vgl. Vaget, Hans Rudolf, in: Koopmann, Helmut (1990), S. 551.

[9] vgl. Hilmes, Carola (1990), S. 3 ff.

[10] vgl. Hilmes, Carola (1990), S. 3 ff.

[11] vgl. Die Bibel: Matthäus 14, 1-11 und Markus 6, 14-28

[12] vgl. Rasch, Wolfdietriech (1986), S. 78 ff.

[13] Rasch, Wolfdietriech: Die literarische Décadence um 1900, 1986, S. 78

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Das Bild der femme fatale in Thomas Manns Erzählung Der kleine Herr Friedemann
Hochschule
Universität Mannheim  (Neuere deutsche Literatur)
Veranstaltung
Proseminar
Note
2,7
Autor
Jahr
1998
Seiten
23
Katalognummer
V6522
ISBN (eBook)
9783638140690
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit erläutert den Begriff femme fatale näher und es wird anhand der Erzählung Der kleine Herr Friedemann von Thomas Mann Gerda von Rinnlingen als typische femme fatale der Décadence untersucht. 285 KB
Schlagworte
Thomas Mann, Décadence, Der kleine Herr Friedemann, femme fatale
Arbeit zitieren
Nadine Buschmann (Autor:in), 1998, Das Bild der femme fatale in Thomas Manns Erzählung Der kleine Herr Friedemann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6522

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