Bereits seit dem 19. Jahrhundert sind spezifische strukturelle Eigenschaften von Unternehmensverflechtungen über Kapitalbeteiligungen sowie über Vorstands- und Aufsichtsratsmandate charakteristische Merkmale der deutschen Wirtschaftsordnung (vgl. Höpner/Krempel 2006). Der Begriff „Deutschland AG“ wird in der Literatur sowie im Rahmen dieser Arbeit als Bezeichnung für die Gesamtheit dieser Kapital- und Personenverflechtungen deutscher Großunternehmen1verwendet.
Die deutsche Wirtschaft, geprägt von weitreichenden Kapital- und Personenverflechtungen zwischen Unternehmen und großen Banken, gilt als typischer Fall einer „koordinierten Ökonomie“, die nach innen Konkurrenz begrenzt und nach außen Geschlossenheit anstrebt (vgl. Shonfield 1965, S. 239ff.).
Die „Deutschland AG“ wird häufig von liberalen Ökonomen als Instrument der Unternehmensleitung zur Abschottung vor Kontrolle definiert (vgl. Adams 1994). Hierbei werden die unternehmensübergreifenden Verfügungsrechte über ein Netzwerk von Großunternehmen koordiniert, die mit-einander durch Kapital und Personen verbundenen sind (vgl. Adams 1994; Heinze 2002). Während in Deutschland derartige insiderorientierte Unternehmenskontrollsysteme vorherrschen, entwickelten sich in der angelsächsischen Welt, wie z. B. in Großbritannien und in den USA, outsiderorientierte Unternehmenskontrollsysteme. Die outsiderorientierten Kontrollsysteme basieren auf Rechtsschutz von Minderheitsaktionären, wettbewerbsintensiven Gütermärkten und einem großen Markt für Unternehmensübernahmen (vgl. Franks/Mayer 1995; Hall/Soskice 2001b; van den Berghe 2002; Klages 2006).
Vor dem Hindergrund steigender Mobilität des Kapitals, einer zunehmenden Internationalisierung von Unternehmen sowie eines globalisierten Wettbewerbs, deutet vieles auf einen höheren Änderungsdruck für die „koordinierte Ökonomie“ hin.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 1.1 Motivation und Problemstellung
- 1.2 Vorgehensweise
- 2. DIE GESCHICHTE DER „DEUTSCHLAND AG“ UND DIE ROLLE DER BANKEN
- 3. DARSTELLUNG DER VERFLECHTUNGEN ZWISCHEN DEUTSCHEN GROSSUNTERNEHMEN
- 3.1 Arten und Funktionen der Unternehmensverflechtungen
- 3.2 Strukturmerkmale der Unternehmensverflechtungen
- 3.2.1 Grundformen der Unternehmensverflechtungen
- 3.2.2 Spezifische Strukturmerkmale der Kapitalverflechtungen
- 3.2.3 Spezifische Strukturmerkmale der Personenverflechtungen
- 3.3 Interdependenzen zwischen Kapital- und Personenverflechtungen
- 4. ENTWICKLUNG DER VERFLECHTUNGEN ZWISCHEN DEUTSCHEN GROSSUNTERNEHMEN
- 4.1 Institutioneller Wandel in Deutschland
- 4.2 Die Entwicklung der Kapitalverflechtungen
- 4.2.1 Ausgangshypothesen
- 4.2.2 Eigentumskonzentration
- 4.2.3 Eigentümerstrukturen
- 4.2.4 Strukturformen der Kapitalverflechtungen
- 4.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse
- 4.3 Die Entwicklung der Personenverflechtungen
- 4.3.1 Ausgangshypothesen
- 4.3.2 Allgemeine Charakteristika des Netzwerkes
- 4.3.3 Strukturformen gerichteter Personenverflechtungen
- 4.3.4 Strukturformen ungerichteter Personenverflechtungen
- 4.3.5 Zentralität
- 4.3.6 Zusammenfassung der Ergebnisse
- 4.4 Interdependenzen bei der Entwicklung der Kapital- und Personenverflechtungen
- 4.5 Die Entwicklungen in der „Deutschland AG“ in der Debatte um das deutsche Corporate Governance System
- 5. FAZIT UND AUSBLICK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Entwicklung von Unternehmensverflechtungen zwischen deutschen Großunternehmen und analysiert die Frage, ob die „Deutschland AG“ sich auflöst oder weiterhin Bestand hat. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Kapital- und Personenverflechtungen sowie deren Entwicklung im Zeitverlauf. Ziel ist es, die Dominanz deutscher Großunternehmen und deren Einfluss auf die deutsche Wirtschaft zu beleuchten und Veränderungen im Laufe der Zeit zu identifizieren.
- Die historische Entwicklung der „Deutschland AG“
- Arten und Funktionen von Unternehmensverflechtungen
- Strukturmerkmale von Kapital- und Personenverflechtungen
- Die Entwicklung der Kapital- und Personenverflechtungen im Zeitverlauf
- Die Interdependenzen zwischen Kapital- und Personenverflechtungen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Motivation und Problemstellung der Arbeit vor. Die Einleitung beschreibt die Relevanz des Themas und die Forschungsfrage. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Geschichte der „Deutschland AG“ und der Rolle der Banken. Das dritte Kapitel definiert verschiedene Arten und Funktionen von Unternehmensverflechtungen. Anschließend werden die Strukturmerkmale von Kapital- und Personenverflechtungen analysiert.
Kapitel 4 fokussiert auf die Entwicklung der Verflechtungen zwischen deutschen Großunternehmen. Hierbei werden sowohl die Entwicklung der Kapitalverflechtungen als auch der Personenverflechtungen im Zeitverlauf untersucht. Des Weiteren werden die Interdependenzen zwischen den beiden Formen der Verflechtungen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Unternehmensverflechtungen zwischen deutschen Großunternehmen, insbesondere auf Kapital- und Personenverflechtungen. Weitere wichtige Schlüsselbegriffe sind „Deutschland AG“, Corporate Governance, institutioneller Wandel, Eigentumskonzentration, Netzwerkstrukturen und Zentralität.
- Quote paper
- Dipl. Kauffrau Katja Bredenbrock (Author), 2006, Entwicklung der Verflechtungen zwischen deutschen Großunternehmen: Auflösung oder Fortbestand der "Deutschland AG"?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65390