Die Darstellung der bürgerlichen Welt in Schillers Drama "Kabale und Liebe"


Dossier / Travail de Séminaire, 2005

18 Pages, Note: 1,3


Extrait


Gliederung

1. Entstehungsgeschichte und Hintergrund

2. Personenkonstellation
2.1 Gesellschaftlicher Rang der Personen
2.2 Inhalt

3. Personencharakteristik
3.1 Millerin
3.2 Ferdinand
3.3 Miller
3.4 Luise

4. Zusammenfassung

5. Schluss

6. LiteraturverzeichnisS

1. Entstehungsgeschichte und Hintergrund

Da Schillers Lebenslauf sehr facettenreich und zudem einer Vielzahl von Lesern vertraut ist, möchte ich mich bei meinen Ausführungen lediglich auf die Ereignisse beschränken, die als ausschlaggebend für die Niederschrift seines Dramas „Kabale und Liebe“ zu sehen sind.

Friedrich Schiller wird am 10.11.1759 in Marbach geboren. Wie die meisten Stürmer und Dränger stammt er aus kleinbürgerlichen Verhältnissen und wird insbesondere von der Strenge seines Vaters und der tiefe Religiosität seiner Mutter geprägt. „Ihr Christenglaube hat etwas schwärmerisches, des Vaters Christentum ist von rigoroser Art, sein Gott ist der allmächtige Vater und der allwissende Richter. Der Geist des schwäbischen Pietismus dürfte in beiden Eltern, in unterschiedlicher Weise, wirksam gewesen sein.“[1] Aus diesem Grund bestimmt der Vater seinen Sohn zum Geistlichen und sieht ein Theologiestudium für ihn vor. Doch schon bald wird der württembergische Herzog Karl Eugen auf den begabten Friedrich aufmerksam und legt seinem Vater nahe, den Jungen seine neu gegründete militärische Karlsschule besuchen zu lassen, an der er sich fleißige und willfährige Beamten zur Verwaltung seines Staates heranziehen will. Dort beginnt der junge Schiller zunächst ein Jurastudium, das er nach dem Umzug der Akademie nach Stuttgart zugunsten eines Medizinstudiums abbricht. Obwohl Friedrichs poetische Neigungen schon früh entdeckt werden ist auf der Karlsschule kein Platz für persönliche Freiheit und Individualität, sodass sich der Junge der absolutistischen Herrschaft des Herzogs beugen muss. Denn für einen sich auflehnenden Geist wie den jungen Schiller ist hier kein Platz. Erst nach dem bestandenen Examen beginnen die privaten und dichterischen Sturm- und Drangzeiten Schillers.

Im Selbstverlag veröffentlicht er sein Werk „die Räuber“, worin er seine Kritik an den höfischen Zwängen erstmals zum Ausdruck bringt, und wohnt 1782 der Uraufführung im Mannheimer Hof- und Nationaltheater gegen den Willen des Herzogs bei. Folge ist, dass Karl Eugen ihm das Schreiben von weiteren Komödien unter Androhung von Strafe verbietet. Während seiner anschließenden Flucht vor dem Herzog entstehen die ersten Aufzeichnungen zu Louise Millerin, die 1784 uraufgeführt und im selben Jahr unter dem Titel „Kabale und Liebe“ verlegt werden. Aufgrund seines Erfolges erhält Schiller einen Vertrag als Bühnenautor, so dass seine Existenz fürs erste gesichert ist.

Allein dieser kurze Abriss der Jugendjahre Schillers zeigt, dass „Kabale und Liebe“ in einer für den Dreiundzwanzigjährigen brisanten psychologischen Situation entstehen. So zeugt die Entscheidung, die Heimat und alle familiären Bindungen hinter sich zu lassen, um der tief empfundenen Berufung zu folgen von großem Mut und Stärke.

So ist es kaum verwunderlich, dass die Hauptfiguren seines Dramas repräsentativ für die drei Wirklichkeiten im Weltbild Schillers stehen, nämlich „der höfischen Welt Württembergs, des schwäbischen Bürgertums und der Jugendbewegung des Sturm und Drang. Die persönliche Abrechnung mit dem Feudalabsolutismus […], die Schiller […] mit der Schärfe des Sturm und Drang“[2] führt, ist überdeutlich .

Es ist die empörte Anklage gegen die Willkür und Tyrannei höfischer Macht, die die elementaren Rechte der Menschen völlig missachtet.

2. Personenkonstellation

2.1 Gesellschaftlicher Rang der Personen

Dass es sich in Schillers Drama „Kabale und Liebe“ um ein sozialkritisches Stück handelt, wird schon anhand der Personenkonstellation und ihrer Aufteilung in absolutistischen Adel und Kleinbürgertum ersichtlich. Die Kenntnis seiner Biografie lässt diese Vermutung letztlich zur Gewissheit werden. So hat schon Lahnstein Schillers Drama als ein Werk bewertet, das am stärksten auf seine Zeit bezogen ist, denn „allein in Kabale und Liebe erleben wir Schillers Zeitalter, seine gesellschaftlichen Probleme.“[3]

Als Spitze der Pyramide in „Kabale und Liebe“ steht folglich der Adel über dem Bürgertum und den ständischen Unterschichten, den Bediensteten. Angeführt wird der Adel von dem Präsidenten von Walter, gefolgt von seinem Sohn Ferdinand, dem Hofmarschall von Kalb und des Herzogs Mätresse Lady Milford.

Das einfache Bürgertum dagegen wird von Miller, der Millerin, ihrer Tochter Luise und einigen bei Hofe tätigen Kammerdienern repräsentiert.

Um im Verlauf der Arbeit jedoch die Einstellung der genannten Personen zur bestehenden Ordnung verstehen zu können, soll kurz der Inhalt des Stückes zusammengefasst werden.

2.2 Inhalt

Der Prinz Ferdinand von Walter und Luise, Tochter des Stadtmusikanten Miller, lieben sich. Diese Verbindung über Standesgrenzen hinweg schmeichelt zwar Luises Mutter, ihr Vater hält sie jedoch für unrealistisch. Auch Ferdinands Vater, Präsident der Residenz, ist gegen eine Heirat seines Sohnes mit einer Bürgerlichen. Er will Ferdinand mit Lady Milford, der Mätresse des Herzogs, verheiraten, um so seinen Einfluss bei Hofe zu vergrößern. Ferdinand rebelliert gegen den Plan seines Vaters und hält an seiner Liebe zu Luise fest. Um ihn davon abzubringen, initiieren der Präsident und sein Sekretär Wurm, zugleich Nebenbuhler Ferdinands, eine heimtückische Intrige, in deren Verlauf Luises Eltern grundlos verhaftet werden. Daraufhin wird Luise mit der andernfalls ihren Eltern bevorstehenden Hinrichtung zu einem fingierten Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb erpresst. Sie muss einen Eid auf ihr Leben schwören, diesen Brief freiwillig geschrieben zu haben. Der Brief wird Ferdinand zugespielt und weckt gezielt dessen Eifersucht. Luise will sich nun durch ihren Freitod vom Eid lösen, um Ferdinand wenigstens sterbend die Wahrheit sagen zu können. Ihr Vater hält sie davon ab, indem er an ihre Treue ihm gegenüber appelliert. Luise muss also Ferdinands Vorwürfe schweigend ertragen. Blind vor Wut und Verzweiflung vergiftet Ferdinand sich und Luise. Sterbend ist sie jetzt frei von ihrer Schweigepflicht und kann Ferdinand vergeben.

3. Personencharakteristik

Um die Darstellung der bürgerlichen Welt in Schillers Drama „Kabale und Liebe“ verstehen zu können und das Werk vor allem nicht als reine Liebesgeschichte zu interpretieren, soll nun auf den Charakter der Protagonisten, ihre Einstellung gegenüber der ständischen Ordnung und auf die daraus resultierenden Beweggründe ihres Handelns eingegangen werden. Dabei will ich mich nicht allein auf die Darstellung des Bürgertums beschränken sondern auch auf Ferdinand, als Vertreter des adeligen Standes, näher eingehen. Auf diese Weise soll verdeutlicht werden, dass doch vor allem die Tragik, die durch den Ständekonflikt ausgelöst wird, im Mittelpunkt des Geschehens steht.

3.1 Millerin

Luises Mutter, der Bürgerlichen Millerin, fällt in Schillers Drama die undankbare Rolle der „…infame[n] Kupplerin…“[4] zu.

Getrieben von naivem Aufstiegswillen gibt sie in einem unbedachten Moment das Verhältnis ihrer Tochter mit Ferdinand dem intriganten Hofmarschall von Kalb preis, wodurch das Drama erst seinen Lauf nehmen kann. Aufgrund ihrer ehrgeizigen Hochzeitspolitik versucht sie ihren Mann bereits zu Beginn des Stückes vom guten Einfluss des Majors auf ihre Tochter zu überzeugen, indem sie ihm mit folgenden Worten schmeichelt: „Sieh doch nur erst die prächtigen Bücher an, die der Herr Major ins Haus geschaffen haben. Deine Tochter betet auch immer daraus.“[5] Sie erkennt eine Chance des gesellschaftlichen Aufstieges und beschwatzt ihren Mann immer wieder, dass „…man […] den Herrn Major nicht disguschtüren [müsse], weil er des Präsidenten Sohn [sei]“[6], wobei der Gebrauch von falschen Fremdwörtern die Millerin als typische Vertreterin ihres bürgerlichen Standes mit geringer Bildung noch unterstreichen und ihre Person karikieren soll. Um ihrer Argumentation Nachdruck zu verleihen schreckt sie nicht einmal davor zurück, sich auf Gott zu berufen, der ihre „…Tochter barrdu zur gnädigen Madame will haben“[7], denn die sei „…zu was Hohem bemünzt…“[8]. Viel zu spät erkennt sie die fatale Tragweite ihrer Kuppelei und wird sich der eigenen Schwäche aufgrund ihrer Stellung bewusst. In panischer Angst vor dem Präsidenten und dessen Willkür gegenüber seinen Untertanen („…er wird unser Kind misshandeln- er wird uns misshandeln…“[9]), beginnt sie verzweifelt ihren Mann („ Was nun anfangen? Vater Miller so rede doch!“[10]), Gott („Hilf Heiliger Herregott!“[11]) und Ferdinand um Hilfe anzuflehen. Denn die Grausamkeit des Präsidenten gegenüber dem Bürgertum ist wohlbekannt, sodass ihr nichts anderes übrig bleibt, als den Präsidenten immer wieder demütigst um Gnade anzuflehen: „Erbarmung, Ihro Exzellenz! Erbarmung! Erbarmung!“[12]

Vor allem an dieser Stelle wird deutlich, wie hilflos das Volk der Obrigkeit und deren Willkür gegenüber steht und wie groß die Angst der Untertanen ist.

Die Millerin steht exemplarisch für das kleinbürgerliche, aber nach Höherem strebende Volk mit geringer Bildung, das der grausamen Willkür der Obrigkeit ausgesetzt ist. Der anfänglich naive Aufstiegswille und die trotzige Rebellion gegen den Präsidenten und die bestehende Ordnung werden der Millerin und ihrer Familie im Verlauf des Dramas unweigerlich zum Verhängnis.

3.2 Ferdinand

Ferdinand steht als Sohn des Präsidenten repräsentativ für den Adel, obgleich er sich von diesem zu distanzieren versucht. Er sieht keine Standesgrenzen, sondern einzig und allein die Verbindung zweier Liebender.

Als typischer Stürmer und Dränger lässt er sich vom Gefühl und nicht von der Vernunft leiten, weshalb er auf Luises durchaus begründete Zweifel gekränkt reagiert, indem er ihr antwortet: „Wenn ich bei dir bin, zerschmilzt meine Vernunft in einen Blick- in einen Traum von dir, wenn ich weg bin, und du hast noch eine Klugheit neben deiner Liebe? - Schäme dich! Jeder Augenblick den du an diesen Kummer verlorst, war deinem Jüngling gestohlen.“[13] Mit großem Pathos versucht er Luise die Rechtmäßigkeit ihrer Liebe vor Augen zu führen, denn im Gegensatz zu ihr, hat er nichts mehr zu fürchten „…als die Grenzen [ihrer] Liebe.[14] Großmütig verspricht er über sie zu wachen „…wie der Zauberdrach über unterirdischem Golde…“, will sich zwischen sie „…und das Schicksal werfen- empfangen für [sie] jede Wunde- auffassen […] jeden Tropfen aus dem Becher der Freude…“ und ihn ihr „…bringen in der Schale der Liebe.“[15] Obwohl seine Sprache, wie hier deutlich zu erkennen ist, die Leidenschaft und Empathie des Sturms und Drangs aufweist, ist sie im Vergleich zu anderen zeitgenössischen Dramen recht gemäßigt.

Doch obgleich Ferdinand versucht sich von seiner aristokratischen Herkunft zu distanzieren, gelingt es ihm nicht gänzlich diese zu verleugnen. Immer wieder kommt es vor, dass er sich, wenn auch unbewusst, auf seine gesellschaftliche Stellung beruft, denn er ist „…ein Edelmann…“, „…des Präsidenten Sohn…“[16], sodass sein Denken von adeligen Werten geprägt ist. Auch indem er den Hofmarschall, den Nebenbuhler, zum Duell herausfordert zeigt sich, dass Ferdinand stark von adeligen Denkmustern bestimmt wird, sodass er seine höfische Abstammung nicht völlig verleugnen kann.

[...]


[1] Lahnstein, Peter: Schillers Leben. Frankfurt am Main 1981, S.11

[2] Struck, H.: Kabale und Liebe. Interpretationen. München 1998, S.

[3] Lahnstein , P.: Schillers Leben. Rankfurt am Main 1981.S. 148

[4] Schiller, F.: Kabale und Liebe. Stuttgart 1980. S.7

[5] Schiller, F., a.a.O., S.6

[6] Schiller, F., a.a.O., S.7

[7] Schiller, F., a.a.O., S.9

[8] Schiller, F., a.a.O., S.10

[9] Schiller, F., a.a.O., S.

[10] Schiller, F., a.a.O., S.

[11] Schiller, F., a.a.O., S.

[12] Schiller, F., a.a.O., S.

[13] Schiller, F., a.a.O., S.14

[14] Schiller, F., a.a.O., S.15

[15] Schiller, F., a.a.O., S.15

[16] Schiller, F., a.a.O., S.15

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Die Darstellung der bürgerlichen Welt in Schillers Drama "Kabale und Liebe"
Université
University of Heidelberg
Note
1,3
Auteur
Année
2005
Pages
18
N° de catalogue
V65399
ISBN (ebook)
9783638579766
ISBN (Livre)
9783640108701
Taille d'un fichier
537 KB
Langue
allemand
Mots clés
Darstellung, Welt, Schillers, Drama, Kabale, Liebe
Citation du texte
Anne Hessel (Auteur), 2005, Die Darstellung der bürgerlichen Welt in Schillers Drama "Kabale und Liebe", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65399

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