Wolfram von Eschenbach (ca. 1170-1220), offenbar ein Berufsdichter, stammt nach eigener Aussage aus Bayern. Über seine soziale Herkunft existieren nur Vermutungen, da alles, was wir über ihn und seine Lebensverhältnisse wissen, aus literarischen Quellen, vor allem aus Selbstaussagen stammt, sodass schwer zu entscheiden ist, ob das, was der Erzähler von sich mitteilt, als autobiographisch verstanden werden darf. Nichtsdestotrotz gelten seine Werke als Höhepunkt der mittelalterlichen deutschsprachigen Dichtkunst.
Sein "Parzival", der sich auf die Vorlage "Conte du Graal" von Chrétien de Troyes stützt, ist vermutlich um 1200-1210 entstanden. Er gehört zu den meistgelesenen Werken des Mittelalters und ist in mehr als 80 Handschriften überliefert.
Geschickt versteht es Wolfram hier, die Thematik des Rittertums mit der Gralsgeschichte, verwandtschaftlichen Beziehungen, gesellschaftlichen Normen, religiösen Motiven und der Liebesthematik, die in Form der Minne und des Minnedienstes eine zentrale Rolle im Parzival einnimmt, zu verknüpfen.
Als besonders außergewöhnlich gilt, dass Wolfram in seinem Werk immer wieder persönlich als Erzähler in Erscheinung tritt, um zwischen dem Stoff und seinem Publikum vermitteln zu können. Mit Hilfe dieses sehr subjektiven Erzählstils gelingt es ihm, den Erzähler und sein Publikum in die Dichtung mit einzubeziehen und zu Mitspielern der Handlung zu machen. Aufgrund seiner viel gelobten Erzählerhaltung, die teils humorvoll-ironisch, teils kritisch ist, hebt er sich von seinen Zeitgenossen ab, weshalb seine Dichtung bis heute als Stilphänomen gewertet wird.
Wie Wolfram dieses erzählerische Können einsetzt und welche Wirkung es auf den Leser hat, das soll im Folgenden anhand der Analyse mehrerer Textpassagen verdeutlicht werden. Dabei soll die Minne, die im "Parzival" in ihren verschiedensten Formen in Erscheinung tritt und von Wolfram - vor allem in den drei Minneexkursen - persönlich kommentiert wird, zentrales Thema dieser Untersuchung sein.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Inhaltliche Untersuchung der Blutstropfenszene (281,23-283,23) und der drei Minneexkurse (290,26- 293,16/ 532,1- 534,8/585,5- 587,14)
- Interpretationsansätze
- Themen und Probleme der Textauszüge
- Themen und Probleme der Textauszüge im Kontext des Romans
- Vergleich der Textauszüge mit Chretien
- Interpretation der Textauszüge
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rolle der Minneexkurse in Wolframs von Eschenbachs „Parzival“. Ziel ist es, die Ambivalenz der Minne in den ausgewählten Textauszügen zu untersuchen und ihre Bedeutung im Kontext des Gesamtwerks zu analysieren.
- Die ambivalente Darstellung der Minne in Wolframs „Parzival“
- Die Rolle der Minneexkurse als Kommentar zur höfischen Liebe
- Der Einfluss der Minne auf die Handlung und Charakterentwicklung der Figuren
- Die Verbindung von Minne und religiösen Motiven im Roman
- Wolframs eigene Haltung zur Minne und ihre Bedeutung für das Verständnis des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Wolfram von Eschenbach und sein Werk „Parzival“ vor und führt in die Thematik der Minneexkurse ein. Die Arbeit konzentriert sich auf eine inhaltliche Untersuchung der Blutstropfenszene und der drei Minneexkurse im „Parzival“. Im ersten Teil der Analyse werden die Themen und Probleme der Textauszüge im Kontext des Romans betrachtet. Es werden verschiedene Interpretationsansätze vorgestellt und Vergleiche zu Chrétien de Troyes gezogen. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich der Interpretation der Textauszüge. Dabei werden die Ambivalenz der Minne, die Rolle der Minneexkurse als Kommentar zur höfischen Liebe und die Auswirkungen der Minne auf die Handlung und die Figuren beleuchtet.
Schlüsselwörter
Minne, Minneexkurse, Wolfram von Eschenbach, Parzival, höfische Liebe, Ambivalenz, Triuwe, Blutstropfenszene, Chrétien de Troyes, Erzählerkommentar, Figuren, Handlung, Gesellschaftliche Ordnung.
- Citation du texte
- Anne Hessel (Auteur), 2006, Bedeutung der Minneexkurse in Wolfram von Eschenbachs "Parzival", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65400