Beschäftigt man sich mit dem Phänomen der politischen Strömungen, so ist es von entscheidender Bedeutung, die historischen Umstände, Triebkräfte und Personen zu kennen, die zu deren Genese beigetragen haben. In besonderer Weise gilt dies für den Konservativismus in Deutschland, der hier zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wohl einflußreichsten Weltanschauung. Dieser hat sich nicht erst aufgrund von Reaktionen auf die Französische Revolution geformt, sondern kann, was allgemein nur wenig bekannt ist, bereits eindeutig seit Mitte des 18. Jahrhunderts als Reaktion Geistesströmung der Aufklärung konstatiert werden, obwohl erst die Geschehnisse nach 1789 seine volle Entfaltung herbeigeführt haben. Dabei war dieser Konservativismus von unterschiedlicher Gestalt und Motivation. Besonders interessant ist es, den engen Zusammenhang zwischen dem christlichen Glauben und dem werdenden, politisch noch nicht unbedingt voll ausgeprägten Konservativismus zu beleuchten. Der vorliegende Beitrag nun möchte - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - unter vorwiegender Berücksichtigung personen-, ideen-, kirchen- und theologiegeschichtlicher Perspektiven den Frühkonservativismus lutherischer und reformierter, an die Offenbarung Gottes in Jesus Christus und in der Heiligen Schrift glaubender Theologen, Schriftsteller und Persönlichkeiten aus dem deutschen Geistesleben sowie deren Ideen in der Zeit vom Ausgang der Aufklärung bis zum Ende der Französischen Revolution oder, wo dies aus biographischen Gründen angemessen erschien, auch bis zu den Befreiungskriegen, näher untersuchen. Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit sind die evangelische Theologiegeschichte der Aufklärung, die Goeze-Lessing-Kontroverse (bekannt als der Wolfenbütteler Fragmentenstreit), das Wöllnersche Religionsedikt, der Emkendorfer Kreis unter besonderer Berücksichtigung des politischen Denkens von Matthias Claudius, Johann Kaspar Lavater und Gottfried Menken, die Reaktion protestantischer Geistlicher auf die Französische Revolution, Johann Ludwig Ewald, die Zeitschrift "Eudämonia", das antirevolutionäre Weltbild von Johann Heinrich Jung-Stilling sowie die politische Haltung der Deutschen Christentumsgesellschaft.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Aufgabe, Fragestellung und Methode
- 1.2 Zum Begriff des Konservativismus
- 1.3 Forschungsstand zum protestantischen Frühkonservativismus
- 2. Die aufklärerische Theologie
- 2.1 Die Übergangstheologie und Johann Salomo Semler
- 2.2 Die Neologie
- 2.3 Der theologische Rationalismus
- 2.4 Folgen und Einflüsse der Aufklärung auf das kirchliche Leben
- 3. Die Goeze-Lessing-Kontroverse (Fragmentenstreit)
- 4. Die Wöllnersche Religionspolitik und das preußische Religionsedikt
- 5. Der Emkendorfer Kreis
- 6. Bedeutende Schriftsteller im Umfeld des Emkendorfer Kreises
- 6.1 Biographie und politisches Denken von Matthias Claudius
- 6.2 Biographie, Theologie und politisches Denken Johann Caspar Lavaters
- 6.3 Biographie, Theologie und politisches Denken Gottfried Menkens
- 7. Protestantischer Konservativismus während der Französischen Revolution
- 7.1 Die Einstellungen protestantischer Geistlicher zur Revolution
- 7.1.1 Johann Ludwig Ewald
- 7.2 Die Verschwörungstheorie und die Zeitschrift „Eudämonia“
- 7.3 Johann Heinrich Jung-Stilling und die Französischen Revolution
- 7.4 Die Haltung der Deutschen Christentumsgesellschaft zur Revolution
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht den protestantischen Frühkonservativismus in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ziel ist es, den engen Zusammenhang zwischen christlichem Glauben und dem entstehenden Konservativismus zu erforschen, unter Berücksichtigung personen-, ideen-, kirchen- und theologiegeschichtlicher Perspektiven. Die Arbeit konzentriert sich auf lutherische und reformierte Theologen, Schriftsteller und Persönlichkeiten.
- Die Auswirkungen der aufklärerischen Theologie auf das kirchliche Leben und die Entstehung des antiaufklärerischen Konservativismus.
- Die Rolle der Goeze-Lessing-Kontroverse und des Wöllnerschen Religionsedikts in der Entwicklung des Frühkonservativismus.
- Das konservative Denken des Emkendorfer Kreises und bedeutender Schriftsteller wie Matthias Claudius, Johann Caspar Lavater und Gottfried Menken.
- Die Reaktionen des deutschen Protestantismus auf die Französische Revolution.
- Die politischen Einstellungen wichtiger Persönlichkeiten wie Johann Ludwig Ewald und Johann Heinrich Jung-Stilling.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung legt die Aufgabe der Arbeit dar: die Untersuchung des protestantischen Frühkonservativismus in Deutschland im ausgehenden 18. Jahrhundert. Sie definiert den Begriff des Konservativismus im Kontext der Arbeit und bespricht den Forschungsstand. Der Fokus liegt auf dem Zusammenhang zwischen christlichem Glauben und der Entstehung des Konservativismus, wobei der katholische Raum und nicht primär christlich motivierte Strömungen ausgeschlossen werden. Die Arbeit beginnt mit einer Darstellung der aufklärerischen Theologie als notwendigem Hintergrund für das Verständnis des späteren antiaufklärerischen Konservativismus.
2. Die aufklärerische Theologie: Dieses Kapitel analysiert die aufklärerische Theologie, ihre verschiedenen Strömungen (Übergangstheologie, Neologie, theologischer Rationalismus) und deren weitreichende Folgen für das kirchliche Leben. Es wird gezeigt, wie die rationalistische und bibelkritische Ausrichtung der aufklärerischen Theologie im Gegensatz zum späteren protestantischen Konservativismus stand, der sich auf die Offenbarung Gottes in Jesus Christus und der Heiligen Schrift gründete. Die Kapitel erläutert die notwendigen Grundlagen zum Verständnis der späteren konservativen Reaktionen.
3. Die Goeze-Lessing-Kontroverse (Fragmentenstreit): Die Zusammenfassung dieses Kapitels würde die theologischen und politischen Aspekte des Streits zwischen Goeze und Lessing detailliert analysieren, seine Bedeutung für die Entwicklung des Frühkonservativismus hervorheben und zeigen, wie dieser Konflikt bereits politische Dimensionen annahm und die spätere Auseinandersetzung prägte. Die Analyse würde die Argumentationslinien beider Seiten vergleichen und die Folgen des Streits für die öffentliche Debatte erörtern.
4. Die Wöllnersche Religionspolitik und das preußische Religionsedikt: Hier wird das Wöllnersche Religionsedikt von 1788 und seine Vorgeschichte eingehend beleuchtet. Die Zusammenfassung würde die politischen Motive und die theologischen Hintergründe des Edikts erläutern und seine Bedeutung für die Konsolidierung konservativer Kräfte im preußischen Staat analysieren. Die Auswirkungen auf die religiöse Landschaft und die öffentliche Meinungsbildung würden im Detail dargestellt werden.
5. Der Emkendorfer Kreis: Die Zusammenfassung dieses Kapitels würde den Emkendorfer Kreis als wichtigen Knotenpunkt konservativ-antirevolutionären Denkens vorstellen. Sie würde die Mitglieder und deren Vernetzung beschreiben und die gemeinsamen theologischen und politischen Überzeugungen analysieren. Die Bedeutung des Kreises als Keimzelle des protestantischen Frühkonservativismus wird hervorgehoben.
6. Bedeutende Schriftsteller im Umfeld des Emkendorfer Kreises: Diese Zusammenfassung synthetisiert die Biographien und das politische Denken von Matthias Claudius, Johann Caspar Lavater und Gottfried Menken. Sie würde deren Beiträge zum konservativen Diskurs analysieren, ihre Verbindungen zum Emkendorfer Kreis beleuchten und die Bedeutung ihrer Werke für das Verständnis des protestantischen Frühkonservativismus hervorheben. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Ansätzen würden verglichen.
7. Protestantischer Konservativismus während der Französischen Revolution: Dieses Kapitel fasst die Reaktionen des deutschen Protestantismus auf die Französische Revolution zusammen. Die Zusammenfassung erläutert die unterschiedlichen Positionen protestantischer Geistlicher und analysiert die Rolle von Persönlichkeiten wie Johann Ludwig Ewald und Johann Heinrich Jung-Stilling. Sie würde die Verschwörungstheorien und die Zeitschrift „Eudämonia“ untersuchen und die Haltung der Deutschen Christentumsgesellschaft beleuchten. Die Synthese würde die verschiedenen Reaktionen im Kontext der Gesamtentwicklung des Frühkonservativismus einordnen.
Schlüsselwörter
Protestantischer Frühkonservativismus, Aufklärung, Französische Revolution, Theologie, Goeze-Lessing-Kontroverse, Wöllnersches Religionsedikt, Emkendorfer Kreis, Matthias Claudius, Johann Caspar Lavater, Gottfried Menken, Johann Ludwig Ewald, Johann Heinrich Jung-Stilling, Deutsche Christentumsgesellschaft, Konservativismusbegriff, Antiaufklärung.
Häufig gestellte Fragen zum protestantischen Frühkonservativismus in Deutschland
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht den protestantischen Frühkonservativismus in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Sie erforscht den Zusammenhang zwischen christlichem Glauben und dem entstehenden Konservativismus aus personen-, ideen-, kirchen- und theologiegeschichtlicher Perspektive, fokussiert auf lutherische und reformierte Theologen, Schriftsteller und Persönlichkeiten.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Auswirkungen der aufklärerischen Theologie, die Rolle der Goeze-Lessing-Kontroverse und des Wöllnerschen Religionsedikts, das konservative Denken des Emkendorfer Kreises und wichtiger Schriftsteller (Claudius, Lavater, Menken), sowie die Reaktionen des deutschen Protestantismus auf die Französische Revolution und die politischen Einstellungen von Persönlichkeiten wie Ewald und Jung-Stilling.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung (Aufgabenstellung, Begriffsbestimmung, Forschungsstand), Aufklärerische Theologie, Goeze-Lessing-Kontroverse, Wöllnersche Religionspolitik, Emkendorfer Kreis, bedeutende Schriftsteller des Kreises und Protestantischer Konservativismus während der Französischen Revolution. Jedes Kapitel wird durch eine Zusammenfassung erläutert.
Welche Bedeutung hat die aufklärerische Theologie im Kontext der Arbeit?
Die aufklärerische Theologie mit ihren Strömungen (Übergangstheologie, Neologie, theologischer Rationalismus) bildet den notwendigen Hintergrund für das Verständnis des späteren antiaufklärerischen Konservativismus. Der Gegensatz zwischen rationalistischer Bibelkritik der Aufklärung und dem auf Offenbarung und Schrift basierenden Konservativismus wird herausgearbeitet.
Welche Rolle spielen die Goeze-Lessing-Kontroverse und das Wöllnersche Religionsedikt?
Die Goeze-Lessing-Kontroverse wird als theologisch-politischer Konflikt analysiert, der bereits politische Dimensionen aufwies und die spätere Auseinandersetzung prägte. Das Wöllnersche Religionsedikt von 1788 wird hinsichtlich seiner politischen Motive und theologischen Hintergründe und seiner Bedeutung für die Konsolidierung konservativer Kräfte untersucht.
Welche Bedeutung hat der Emkendorfer Kreis?
Der Emkendorfer Kreis wird als wichtiger Knotenpunkt konservativ-antirevolutionären Denkens dargestellt. Die Arbeit beschreibt die Mitglieder, ihre Vernetzung und gemeinsamen Überzeugungen und hebt die Bedeutung des Kreises als Keimzelle des protestantischen Frühkonservativismus hervor.
Welche Persönlichkeiten werden im Detail untersucht?
Die Arbeit analysiert das Denken und die politischen Einstellungen von Matthias Claudius, Johann Caspar Lavater, Gottfried Menken, Johann Ludwig Ewald und Johann Heinrich Jung-Stilling. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Ansätzen werden verglichen.
Wie reagiert der deutsche Protestantismus auf die Französische Revolution?
Die Arbeit untersucht die unterschiedlichen Positionen protestantischer Geistlicher zur Französischen Revolution, analysiert die Rolle von Ewald und Jung-Stilling, untersucht Verschwörungstheorien und die Zeitschrift „Eudämonia“ und beleuchtet die Haltung der Deutschen Christentumsgesellschaft.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Protestantischer Frühkonservativismus, Aufklärung, Französische Revolution, Theologie, Goeze-Lessing-Kontroverse, Wöllnersches Religionsedikt, Emkendorfer Kreis, Claudius, Lavater, Menken, Ewald, Jung-Stilling, Deutsche Christentumsgesellschaft, Konservativismusbegriff, Antiaufklärung.
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- M. A. Volker Jordan (Autor), 1997, Der protestantische Frühkonservativismus in Deutschland in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65420