In der heutigen Zeit nimmt Bildung einen immer größeren Stellenwert ein. Sie ist eine wichtige Determinante sowohl für die Berufschancen und damit das Einkommen, den Sozialstatus und die private Lebensqualität der einzelnen Gesellschaftsmitglieder als auch für die Leistungs- und Innovationsfähigkeit von Unternehmen und die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit eines Landes auf dem Weltmarkt (Anger et al. 2006). Im Zuge des Strukturwandels der Wirtschaft entfallen Arbeitsplätze mit niedrigem Anforderungsprofil entweder durch den Automatisierungsprozess oder werden infolge der fortschreitenden Globalisierung weitgehend in „Billiglohnländer“ verlegt, sodass auch im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe ebenso wie bereits im Dienstleistungssektor die Nachfrage nach höher qualifizierten Arbeitskräften steigt.
Da andererseits aufgrund des demografischen Wandels die Zahl der Erwerbstätigen sinkt (Bildungsbericht 2006), erscheint es um so vordringlicher, dass in der Bevölkerung - nicht zuletzt in den unteren Sozialschichten und bei Menschen mit Migrationshintergrund - brach liegende Begabungsreserven bestmöglich ausgeschöpft werden (Anger et al. 2006). Dies impliziert den Auftrag an das Bildungssystem, auch im Sinne der Chancengleichheit, jedem gemäß seinen Fähigkeiten und Leistungen zu dem ihm gebührenden Platz in einer meritokratisch zu organisierenden Gesellschaft zu verhelfen. Dieses Desiderat hat das deutsche Bildungswesen, wie in den PISA-Studien nachgewiesen, trotz der erfolgten Bildungsexpansion nicht adäquat umgesetzt (Geißler 2005). Noch immer besteht - im internationalen Vergleich gesehen - ein besonders ausgeprägter Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg (Bildungsbericht 2006) bei gleichzeitig nicht zufrieden stellenden Durchschnittsleistungen der Schüler und einer - selbst laut der neuesten OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ 2006 - zu geringen Akademikerquote. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Definition der sozialen Ungleichheit
- Soziale Ungleichheit der Bildungschancen trotz Bildungsexpansion
- Die Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu
- Ökonomisches Kapital
- Kulturelles Kapital
- Soziales Kapital
- Die Bedeutung der Kapitalausstattung für die Reproduktion sozialer Ungleichheit
- Übertragung von Bourdieus Erklärungsansatz auf die Analyse herkunftsspezifischer Bildungsbenachteiligungen in Deutschland
- Sozialisation in vor- und außerschulischen Kontexten
- Chancenungleichheit in der Schule
- Grundschule
- Sekundarstufe
- Soziale Selektion vor und in der Hochschule
- Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, wie Pierre Bourdieus Kapitaltheorie die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem erklärt. Sie verfolgt das Ziel, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg auf verschiedenen Sozialisationsetappen aufzuzeigen, von der frühen Kindheit bis zum Hochschulabschluss. Der Fokus liegt dabei sowohl auf denjenigen, die im Bildungssystem erfolgreich sind, als auch auf denen, die benachteiligt werden.
- Definition und Darstellung sozialer Ungleichheit im Bildungssystem
- Analyse der anhaltenden Bildungsungleichheit trotz Bildungsexpansion
- Einführung und Anwendung der Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu
- Untersuchung des Einflusses verschiedener Kapitalformen auf den Bildungserfolg
- Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung hebt die wachsende Bedeutung von Bildung für individuelle und gesellschaftliche Entwicklung hervor und verweist auf den Widerspruch zwischen Bildungsexpansion und anhaltender sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem. Sie skizziert die Zielsetzung der Arbeit, nämlich die Erklärung der Reproduktion sozialer Ungleichheit durch Bourdieus Kapitaltheorie.
Definition der sozialen Ungleichheit: Dieses Kapitel definiert soziale Ungleichheit nach Hradil und beleuchtet die historische Entwicklung von Schichtungen und die Herausbildung horizontaler Ungleichheitsformen in modernen Gesellschaften. Es betont die Bedeutung von Bildung als zentrale Determinante sozialer Allokation.
Soziale Ungleichheit der Bildungschancen trotz Bildungsexpansion: Dieses Kapitel beschreibt die Bildungsexpansion in Deutschland seit den 1950er Jahren und ihren paradoxen Effekt: Trotz Verbesserungen des allgemeinen Bildungsniveaus blieben herkunftsbedingte Bildungsungleichheiten bestehen. Der Anteil von Kindern aus Arbeiterfamilien an weiterführenden Schulen und Hochschulen blieb trotz der Bildungsexpansion unverhältnismäßig gering, was die Notwendigkeit einer tiefergehenden Analyse verdeutlicht.
Die Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über Bourdieus Kapitaltheorie, die ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital differenziert. Es erläutert, wie die unterschiedliche Ausstattung mit diesen Kapitalformen die Reproduktion sozialer Ungleichheit beeinflusst und welche Rolle diese Kapitalformen im Bildungssystem spielen. Es legt den Grundstein für die Anwendung dieser Theorie im weiteren Verlauf der Arbeit.
Übertragung von Bourdieus Erklärungsansatz auf die Analyse herkunftsspezifischer Bildungsbenachteiligungen in Deutschland: Dieses Kapitel wendet Bourdieus Theorie auf die deutsche Situation an. Es untersucht, wie die unterschiedliche Kapitalausstattung in verschiedenen Sozialisationsphasen (vor- und außerschulische Kontexte, Grundschule, Sekundarstufe, Hochschule) zu Chancenungleichheit führt. Es analysiert die Mechanismen der sozialen Selektion und zeigt, wie soziale Ungleichheit durch das Bildungssystem reproduziert wird.
Schlüsselwörter
Soziale Ungleichheit, Bildungssystem, Bildungsexpansion, Pierre Bourdieu, Kapitaltheorie, ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, Bildungschancen, Chancenungleichheit, Reproduktion sozialer Ungleichheit, soziale Herkunft, Bildungserfolg, Deutschland, Sozialisation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht, wie Pierre Bourdieus Kapitaltheorie die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem erklärt. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg von der frühen Kindheit bis zum Hochschulabschluss, wobei sowohl erfolgreiche als auch benachteiligte Individuen betrachtet werden.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition und Darstellung sozialer Ungleichheit im Bildungssystem, die anhaltende Bildungsungleichheit trotz Bildungsexpansion, die Anwendung der Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu, den Einfluss verschiedener Kapitalformen auf den Bildungserfolg und den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Definition sozialer Ungleichheit, ein Kapitel zur anhaltenden Bildungsungleichheit trotz Bildungsexpansion, ein Kapitel zur Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu, ein Kapitel zur Anwendung dieser Theorie auf die deutsche Bildungslandschaft und ein Fazit mit Ausblick.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These ist, dass die unterschiedliche Ausstattung mit ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital, wie von Bourdieu beschrieben, die Reproduktion sozialer Ungleichheit im deutschen Bildungssystem erklärt. Unterschiedliche Kapitalausstattungen führen zu Chancenungleichheiten in verschiedenen Phasen der Sozialisation (vor- und außerschulisch, Grundschule, Sekundarstufe, Hochschule).
Wie wird Bourdieus Kapitaltheorie angewendet?
Bourdieus Kapitaltheorie wird verwendet, um die herkunftsspezifischen Bildungsbenachteiligungen in Deutschland zu analysieren. Die Arbeit untersucht, wie ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital den Bildungserfolg beeinflussen und zur sozialen Selektion in verschiedenen Bildungsetappen beitragen.
Welche Rolle spielt die Bildungsexpansion?
Die Arbeit thematisiert den paradoxen Effekt der Bildungsexpansion: Trotz Verbesserungen des allgemeinen Bildungsniveaus bestehen herkunftsbedingte Bildungsungleichheiten fort. Der Anteil von Kindern aus Arbeiterfamilien an weiterführenden Schulen und Hochschulen bleibt unverhältnismäßig gering, was die Notwendigkeit einer soziologischen Analyse unterstreicht.
Welche konkreten Sozialisationskontexte werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Sozialisation in vor- und außerschulischen Kontexten, die Grundschule, die Sekundarstufe und die Hochschule, um die Mechanismen der sozialen Selektion und der Reproduktion sozialer Ungleichheit aufzuzeigen.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral?
Zentrale Schlüsselbegriffe sind soziale Ungleichheit, Bildungssystem, Bildungsexpansion, Pierre Bourdieu, Kapitaltheorie (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital), Bildungschancen, Chancenungleichheit, Reproduktion sozialer Ungleichheit, soziale Herkunft, Bildungserfolg, Deutschland, und Sozialisation.
Was ist das Fazit der Arbeit?
(Das Fazit wird im Text nicht explizit zusammengefasst, jedoch lässt sich ableiten, dass die Arbeit die Bedeutung von Bourdieus Kapitaltheorie zur Erklärung der anhaltenden sozialen Ungleichheit im deutschen Bildungssystem hervorhebt und weiterführende Forschung zu diesem Thema empfiehlt.)
- Arbeit zitieren
- Anja Rosner (Autor:in), 2006, Die Reproduktion sozialer Ungleichheit durch das deutsche Bildungssystem. Erklärung nach der Kapitaltheorie von Pierre Bourdieu, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65660