Das Heilige, seit jeher, gerade im Deutschen, ein schwer zu fassender Begriff, ist Gegenstand des gleichnamigen Buches aus dem Jahre 1917 von Rudolf Otto. Der bekannte Theologe Otto versucht in seinem viel rezipierten Buch seinen Lesern und zugleich der religionswissenschaftlichen und theologischen Welt, die Entstehung und Bedeutung des Heiligen oder des Numinosen (eine Wortschöpfung, die von Otto selbst stammt) zu erklären und damit die wahrscheinlich ewig währende Definitionsfrage des Heiligen einen entscheidenden Schritt nach vorne zu bringen.
Otto bestimmte das Heilige als ein Apriori, das aller religiösen Erfahrung zugrunde liegt. Er umschrieb es mit mystisch und fasste seine wichtigsten irrationalen Momente wie das fascinans und das tremendum zum Numinosen zusammen. Über diese Kategorie des Numinosen versuchte Otto das allem Natürlichen gegenüberstehende „Ganz Andere“, also das Objekt der Religion zu erreichen. Gleichzeitig glaubte Otto erkannt zu haben, dass das Heilige eine zusammengesetzte Kategorie sowohl aus irrationalen als auch aus rationalen Momenten sei.
Mit dieser Arbeit soll nun der Versuch unternommen werden, den Begriff des Heiligen bei Rudolf Otto in dessen gleichnamigen Werk näher zu beleuchten. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der apriorischen Kategorie, die Otto zu beweisen versucht. Die interessante historische Entwicklung des Begriffes des Heiligen in der Sprache muss hierbei allerdings ausgelassen werden, da diese den Rahmen dieser Arbeit unheilsam sprengen würde.
Wie bereits angedeutet hat Ottos Werk nicht nur in der wissenschaftlichen Welt große Bedeutung gewonnen und analog dazu einige Kritiker auf den Plan gerufen. Ihre Anmerkungen zu Ottos Religionsbegriff sollen ebenso wie Otto selbst ihren Platz in dieser Arbeit finden.
In dem ersten Teil dieser Arbeit soll nun neben Ottos Wirken seine Kategorie des Heiligen vorgestellt werden.
Im zweiten Teil dieser Arbeit sollen exemplarisch einige Gegenpositionen zu Ottos Werk beleuchtet werden.
In Anbetracht des Erscheinungsdatums des Werkes von Otto bewegt sich auch die verwendete Literatur zum großen Teil in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, namentlich Schriften von Joseph Geyser, Walter Baetke und Friedrich Karl Feigel. Aber auch Literatur neueren Datums soll hier ihre Verwendung finden, so zum Beispiel „Philosophie und Theologie bei Rudolf Otto“ von Tomislav Tribuljak.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Das „Heilige“ bei Rudolf Otto
- II.1. Das Numinose und das „Heilige“
- II.2. Entwicklungsgeschichtliche Vorstufen und Stufen der Religion nach Otto
- II.3. Apriorität und der Begriff der „,Anlage“
- II.4. Das Heilige als Kategorie a priori
- III. Kritik an Rudolf Ottos Schrift
- III.1. Das Numinose Gefühl
- III.2. Apriorität
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Begriff des Heiligen bei Rudolf Otto, insbesondere mit der Kategorie des Numinosen und der apriorischen Anlage des menschlichen Geistes, die für Otto die Basis aller religiösen Erfahrungen bildet.
- Das Numinose als „ganz Anders“ im Vergleich zum rationalen Gottesbegriff
- Die apriorische Kategorie des Heiligen, die unabhängig von Sinneserfahrungen im menschlichen Geist vorhanden ist
- Die Bedeutung der irrationalen und rationalen Momente für das Heilige
- Die Entwicklung des religiösen Triebes und die Vorstufen der Religion nach Otto
- Kritik an Ottos Theorie des Numinosen und der Apriorität
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema ein und stellt Rudolf Ottos Werk „Das Heilige“ sowie seine zentralen Ideen vor. Es wird der Unterschied zwischen dem Heiligen und dem Numinosen beleuchtet, wobei das Numinose als eine eigenständige, irrationale Kategorie des Göttlichen dargestellt wird. Des Weiteren wird die apriorische Anlage des menschlichen Geistes für das Heilige thematisiert.
Das zweite Kapitel widmet sich der Entwicklung des religiösen Triebes und den verschiedenen Vorstufen der Religion, die Otto als eine Art „Vorhof“ zum eigentlichen religiösen Erleben betrachtet. Hier werden verschiedene Formen des Totenglaubens, des Seelenkults und des Naturismus beleuchtet, die alle ein numinoses Moment gemeinsam haben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich dem „Heiligen“ bei Rudolf Otto, analysiert das „Numinose“, die „Apriorität“ und die „Anlage“ des menschlichen Geistes für religiöse Erfahrung, beleuchtet die „Entwicklungsgeschichte der Religion“ und betrachtet kritisch die „Gegenpositionen“ zu Ottos Theorie.
- Citation du texte
- B.A. Marco Schulz (Auteur), 2006, Das Heilige bei Rudolf Otto, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65690