Platons Kritik an der Demokratie


Dossier / Travail de Séminaire, 2006

17 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Hauptteil
2.1 Kurze Skizzierung der antiken Persönlichkeit Platon
2.2 Siebter Brief – Fälschung oder authentisches Dokument?
2.3 Politeia – auf der Suche nach der richtigen Staatsverfassung
2.4 Demokratiebegriff und Demokratie-Kritik bei Platon
2.5 Die möglichen Ursachen für Platons Demokratiekritik

3 Schlussbemerkung

4 Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In dieser Arbeit möchte ich herausarbeiten, was Platon zum Kritiker der Demokratie werden ließ und was er unter dem Demokratiebegriff verstand. Damit verbunden wird zu hinterfragen sein, was Platon im hohen Alter rückblickend auf die Zeit, in der er etwa 30 Jahre alt war, in dem ihm zugerechneten Siebten Brief zu dem Bekenntnis trieb, „daß es ihm nach all den Erfahrungen, die er in den vorangegangenen Jahren mit Athen gemacht hatte, >>zuletzt geschwindelt<< habe“[1] und er „das Gemeinwesen in vollständiger Verwirrung“[2] sah. Denn gerade die schlechten Erfahrungen mit der attischen Demokratie waren wohl die Grundlage für seine später ausformulierte Demokratie-Kritik. Hinsichtlich des aktuellen Forschungsstandes bei der Auseinandersetzung mit der attischen Demokratie fällt ins Auge, dass diese in den letzten Jahrzehnten „ein Zentrum des Interesses der althistorischen Forschung“[3] bildete und „nicht nur eine Abkehr von der üblichen negativen Sicht der Poliswelt des 4. Jhs., sondern auch eine vorsichtige positive Neubewertung der Demokratie in Athen“[4] stattfand. Dagegen beschränkten sich die Aussagen zur athenischen Demokratie im 19. und frühen 20. Jahrhundert fast „durchweg auf kritische Bemerkungen, ja es war den Gelehrten das Thema überhaupt verleidet“[5], mit einigen Ausnahmen, wie etwa dem Historiker George Grote, der nachdrücklich, ganz im Widerspruch zu vielen Kollegen seiner Zeit, die politische Bildung, das politische Engagement und die Toleranz der Athener lobte. Im Lichte neuester Forschungsergebnisse stellte der kürzlich verstorbene Historiker Jochen Bleicken fest, dass die athenische Demokratie weder ein Unfall der Weltgeschichte, noch ein Idealstaat war, sondern der „historische Beleg dafür, daß die unmittelbare Herrschaft einer Masse auch unter dem Vorzeichen einer radikalen politischen Gleichheit über lange Zeit hindurch wirklich funktioniert hat.“[6]

Zur Beantwortung der Hauptfragestellung werde ich als Quellen im wesentlichen Platons Siebten Brief sowie die Politeia nutzen. Im Hauptteil meiner wissenschaftlichen Arbeit skizziere ich zunächst die antike Persönlichkeit Platon, gehe kurz auf den S iebten Brief, eine Art Selbstbiographie, sowie die Politeia ein, werde Platons Demokratiebegriff und -kritik herausarbeiten und bezüglich der Ursachen für seine Demokratiekritik insbesondere seine Haltung zur attischen Demokratie betrachten. Mein Resumé lege ich in der Schlussbemerkung dar.

2 Hauptteil

2.1 Kurze Skizzierung der antiken Persönlichkeit Platon

Der griechische Gelehrte Platon (* Athen 427 v.Chr., ÿAthen 347 v.Chr.), der einem alten Adelsgeschlecht entstammte und Schüler des Sokrates sowie Lehrer des Aristoteles war, zählt zu den bedeutendsten Philosophen der Weltgeschichte. Obwohl er als wohlhabendes Mitglied der athenischen Oberschicht eine politische Laufbahn hätte einschlagen können, entschied er sich wegen aus seiner Sicht abschreckender Erfahrungen sowohl mit der brutalen und despotischen Herrschaft der Dreißig (404/03 v.Chr.) als auch der darauf folgenden wiedereingesetzten attischen Demokratie bewusst dagegen. Ein Platon erschütterndes Ereignis, das diesen Entschluss sicherlich beförderte, war der Tod seines guten Freundes Sokrates (399 v.Chr.) infolge einer Verurteilung wegen angeblicher Asebie (Gottlosigkeit) und des Verderbens der Jugend durch einen athenischen Gerichtshof. Eben jener Sokrates war es auch, der einen großen Einfluss auf das Leben und Denken Platons ausgeübt hatte: im großen Maße beeindruckt hat ihn dabei wohl nicht nur Sokrates' Persönlichkeit, wie dessen „moralische Integrität, [...] einfacher Lebensstil, [...] Auseinandersetzung mit seinem Tod, [...] Gerechtigkeitssinn, [...] Tapferkeit, Zivilcourage und Loyalität gegenüber der Polis Athen, sondern auch seine Art, philosophische Fragen zu stellen und Probleme zu analysieren, die wohl [...] als einer der wesentlichen Anstöße für Platons eigene Philosophie anzusehen ist.“[7] Das spiegelt sich gerade in den frühen platonischen Schriften bzw. Dialogen wieder, wo Sokrates als Hauptredner auftritt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Platon den Wert der Schrift als eines Mediums der Erkenntnisvermittlung als gering einstufte. Für ihn war das Schreiben eher ein Spiel, während sich für ihn sein Ernst erst im Mündlichen entfaltete. Zu Platons bedeutendsten Werken gehört die Politeia, die er nach Gründung der Platonischen Akademie verfasst haben soll und in der er einen Idealstaat zu entwickeln versuchte.

Die platonische Akademie, die u.a. vom berühmtesten Platon-Schüler Aristoteles besucht wurde, war für die Nachwirkung Platons eigener Philosophie sehr bedeutend, so dass man schlussfolgern kann, „daß der Grundgedanke eines intellektuellen Zentrums mit lebhaftem geistigen Austausch, in dem Lernende zur Selbständigkeit heranreifen sollten, von Platon her in die europäische Kulturgeschichte eingegangen ist.“[8]

2.2 Siebter Brief – Fälschung oder authentisches Dokument?

Um mehr über die Hintergründe von Platons Demokratie-Kritik herauszufinden, könnte es sinnvoll sein, eine ihm zugerechnete Selbstbiographie heranzuziehen: den Siebten Brief. Denn dort schildert er u.a. auch die Gründe seines Rückzugs von der politischen Bühne der attischen Demokratie. Doch wie wertvoll ist dieses Selbstzeugnis eigentlich? Ist dieser Brief authentisch und Platon zuzuordnen? Immerhin erfreute es sich in der Antike einer gewissen Beliebtheit, die Namen berühmter Persönlichkeiten als Träger der eigenen Gedanken zu verwenden. Und tatsächlich soll es sich bei den meisten der dreizehn von Platon überlieferten Briefe aus dem Altertum um reine Fälschungen handeln. Doch von der heutigen Forschung wird der Siebte Brief Platons, „der an Umfang einem der kleineren Dialoge gleichkommt, [...] fast allgemein als echt anerkannt.“[9] Und selbst dann, wenn Platon nicht der Verfasser dieses Briefes gewesen sein sollte, sondern beispielsweise einer seiner Schüler, so ist man in „jedem Falle [...] berechtigt, ihn als biographische Quelle zu verwenden.“[10] Warum? Bei der Untersuchung des historischen Hintergrundes ist u.a. festzustellen, „daß die wenigen im Brief mitgeteilten Fakten mit der sonstigen Überlieferung, die von ihm und gleichzeitigen Publikationen aus dem Umkreis der Akademie abhängig ist, weitgehend übereinstimmen.“[11] Es scheint also unstrittig zu sein, dass es sich bei dem Autor des Briefes zumindest um einen zeitgenössischen handelte. Zudem kann man schlussfolgern, dass der Siebte Brief rein äußerlich ein „politisches Sendschreiben an die Anhänger von Platons Freund Dion in Syrakus [ist], daneben aber eine persönliche Rechtfertigung seiner Rolle in den Ereignissen in Syrakus[12] vor der griechischen Öffentlichkeit, ja sogar seiner Philosophie und seiner Schule, der Akademie.“[13] Letzteres wird insbesondere an den Aussagen am Ende des Briefes deutlich, wo es u.a. heißt: „Warum ich aber die zweite Reise nach Sizilien unternahm, glaubte ich erzählen zu müssen wegen der Seltsamkeit und Unwahrscheinlichkeit der damit zusammenhängenden Geschehnisse.“[14] Es ist anzunehmen, dass Platons Kontakte mit den Tyrannen Dionysios I. und II. nicht gerade auf ein positives Echo im Athen seiner Zeit stießen und er wohl vor allem der zunehmenden Kritik an seinem Handeln begegnete, indem er mittels des Briefes seine Rolle in der sizilianischen Politik ins rechte Licht rücken wollte.

[...]


[1] Meier, Christian: Athen. Ein Neubeginn der Weltgeschichte, München 1997, S. 691.

[2] Ebd. S. 691.

[3] Bleicken, Jochen: Die athenische Demokratie, 4., völlig überarb. und wesentlich erw. Aufl., Paderborn [u.a.] 1995, S. 682.

[4] Eder, Walter (Hg.): Die athenische Demokratie im 4. Jahrhundert v.Chr., Stuttgart 1995, S. 14.

[5] Bleicken S. 680.

[6] Ebd. S. 682-683.

[7] Bordt, Michael: Platon, Freiburg 1999, S. 18.

[8] Görgemanns, Herwig: Platon, Heidelberg 1994, S. 30-31.

[9] Platon: Der siebente Brief, Übers., Anm. u. Nachwort v. Ernst Howald, Stuttgart 2004, S. 57.

[10] Görgemanns S. 20.

[11] Trampedach, Kai: Platon, die Akademie und die zeitgenössische Politik, Stuttgart 1994, S. 255.

[12] Anm.: Beim Versuch, seine Vorstellungen eines Idealstaates (Politeia) während der Tyrannis des Dionysios I. und später Dionysios II. in Sizilien in die Realität umzusetzen, scheiterte Platon.

[13] Platon: Der siebente Brief, Übers., Anm. u. Nachw. v. Ernst Howald, Stuttgart 2004, S. 57-58.

[14] 7. Brief 352a.

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Platons Kritik an der Demokratie
Université
Humboldt-University of Berlin
Cours
Griechische Verfassungstheorie
Note
1,0
Auteur
Année
2006
Pages
17
N° de catalogue
V65746
ISBN (ebook)
9783638582483
ISBN (Livre)
9783638774857
Taille d'un fichier
541 KB
Langue
allemand
Mots clés
Platons, Kritik, Demokratie, Griechische, Verfassungstheorie
Citation du texte
Charlie Rutz (Auteur), 2006, Platons Kritik an der Demokratie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65746

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