Filmstadt Berlin - Eine raumbezogene Strukturanalyse aus Sicht der Filmwirtschaft


Diplomarbeit, 2006

86 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Struktur der Filmwirtschaft
1.2 Filmwirtschaft in Berlin-Brandenburg
1.2.1 Historischer Abriss
1.2.2 Struktur der Berliner Filmwirtschaft

2. Theoretischer Rahmen
2.1 „Nationale Wettbewerbsvorteile“ von Porter
2.1.1 Diamant-Modell
2.1.2 Regionale Wettbewerbsvorteile
2.1.3 Der Cluster-Ansatz
2.2 Standortfaktoren der Filmbranche

3. Analyse
3.1 Standortanalyse Berlin-Brandenburg
3.1.1 Qualifizierte Arbeitskräfte
3.1.2 Lebensqualität und kreatives Klima
3.1.3 Drehbedingungen
3.1.4 Finanzierungsmöglichkeiten
3.1.5 Ansiedlungsbedingungen
3.1.6 Verkehrs-/Telekommunikationsinfrastruktur
3.2 Clusteranalyse
3.3 Empfehlungen zur Verbesserung der Lage

4. Empirie
4.1 Eigene Befragung
4.1.1 Ziel der Studie
4.1.2 Ergebnisse der Befragung
4.2 Vergleich/Weiterentwicklung anderer Studien
4.2.1 „Film- und Fernsehwirtschaft 2000/2001“
4.2.2 „Analyse des Filmproduktionsmarktes Berlin/Brandenburg 2001“
4.2.3 „Film- und Fernsehbranche: Standorte mit Zukunft?“ und „Filmbarometer 2006“
4.3 Vergleich und Entwicklung der Ergebnisse aller Studien

5. Fazit

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Wertschöpfungskette der Filmproduktion (Sargl 2003, S. 19)

Abbildung 2: Die Bestimmungsfaktoren des nationalen Vorteils (Porter 1991, S. 95)

Abbildung 3: Der Diamant und seine Beziehungen (nach Porter 1991, S. 151)

Abbildung 4: Geographische Konzentration in ausgewählten deutschen Branchen (Porter 1991, S. 180)

Abbildung 5: Worldwide Quality of Living Survey 2006 (Mercer 2006)

Abbildung 6: Auszüge aus dem Fragebogen (siehe Anhang für vollständige Darstellung)

Abbildung 7: Verteilung der Tätigkeitsfelder der befragten Unternehmen (eigene Darstellung)

Abbildung 8: Anzahl dauerhaft beschäftigter Mitarbeiter der befragten Unternehmen (eigene Darstellung)

Abbildung 9: Bewertung der Standortfaktoren in Relation zu ihrer Wichtigkeit – alle Unternehmen (eigene Darstellung)

Abbildung 10: Bewertung der Standortfaktoren in Relation zu ihrer Wichtigkeit – nur Filmproduktion (eigene Darstellung)

Abbildung 11: Bewertung der Standortfaktoren in Relation zu ihrer Wichtigkeit – nur Verleih/Vertrieb (eigene Darstellung)

Abbildung 12: Bewertung der Standortfaktoren in Relation zu ihrer Wichtigkeit – nur technische Dienstleistungsunternehmen (eigene Darstellung)

Abbildung 13: Bewertung der Standortfaktoren in Relation zu ihrer Wichtigkeit – nur sonstige Dienstleistungsunternehmen (eigene Darstellung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ergebnisse der empirischen Studie: Wichtigkeit der Standortfaktoren in Abhängigkeit von den Tätigkeitsfeldern

Tabelle 2: Ergebnisse der empirischen Studie: Bewertung der Standortfaktoren in Abhängigkeit von den Tätigkeitsfeldern

1. Einleitung

„Berlin ist die kreative und kulturelle Hauptstadt des deutschen Kinos. Hier haben nicht nur die Brüder Skladanowsky vor über 100 Jahren den Bildern das Laufen gelehrt. Hier – und im angrenzenden Babelsberg – war nicht nur der Ort an dem die Karrieren von Ernst Lubitsch, Billy Wilder, Erich Pommer, Marlene Dietrich und Fritz Lang furios begonnen haben. Hier entstand auch nach dem Krieg die größte Kinodichte, gibt es bis heute das vielfältigste Filmprogramm für das neugierigste Publikum. Berlin entwickelte sich auch nach der Wende regelrecht zum Magneten für Filmemacher, Autoren und vor allem Schauspieler.“

So ein Auszug aus dem Beitrag „Berlin ist die kreative und kulturelle Hauptstadt des deutschen Kinos“[1] von Dieter Kosslick, ehem. Intendant der Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale), der verdeutlicht, dass Berlin einen geschichtsträchtigen und wichtigen Standort in der deutschen Filmlandschaft darstellt. Berlin will aber nicht nur als „Filmgedenkstätte“ verstanden werden, sondern aufgrund seiner Qualitäten überzeugen und die Firmen an die Spree locken.

Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Filmwirtschaft in Berlin-Brandenburg und den Standortfaktoren, die für diesen Wirtschaftszweig von Bedeutung sind. In der Filmwirtschaft ist seit einiger Zeit ein Wandel in den Firmenbeziehungen festzustellen, der darauf schließen lässt, dass sich mehr strategische Allianzen zur Herstellung eines Films bilden und sich die Unternehmen vermehrt an den gleichen Standorten ansiedeln. Dies wirft die Frage auf, ob aus diesen räumlichen Konzentrationen von mehreren Unternehmen, die an vor- oder nachgelagerten Produktionsprozessen der Filmherstellung beteiligt sind, Wettbewerbsvorteile für die einzelnen Unternehmen gezogen werden können, beispielsweise in Form von Synergieeffekten oder ähnlichem. Hier soll vor allem der Frage nachgegangen werden, welche Faktoren dafür verantwortlich sind und wie sie von den Unternehmen selbst empfunden werden. Dies bildet den zentralen Punkt der Arbeit.

Ausgehend von theoretischen Überlegungen zur Wettbewerbsfähigkeit nach Porter wird eine Analyse des Standortes Berlin-Brandenburg in Form einer Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse der einzelnen Faktoren angestellt. Hierbei wird den verschiedenen Möglichkeiten der Filmfinanzierung als ein zentraler Standortfaktor besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Ergebnisse der Analyse werden abschließend mit Hilfe einer empirischen Studie, die eine eigene Befragung von flimwirtschaftlichen Unternehmen der Region beinhaltet, unterstützt und überprüft.

1.1 Struktur der Filmwirtschaft

Unter dem Begriff Filmwirtschaft versteht man gemeinhin den Wirtschaftszweig, der sich – entstanden um 1900 – mit der Herstellung, der Vervielfältigung und dem Vertrieb von Kino-, TV- und sonstigen Filmen beschäftigt. Ein wichtiger Faktor der Filmwirtschaft ist die Zweitverwertung der Filme im Homeentertainment, zu dem sowohl Videos als auch DVDs gehören (Brockhaus 2006). Laut IHK fallen darunter Film- und Videoherstellung, -verleih und –vertrieb, Filmtheater sowie Fernsehanstalten und -programmmacher[2].

2004 hatte die Wirtschaft einen Zuwachs von 1,7 %, in den Jahren zuvor waren es durchschnittlich nur 0,4 %. Entsprechend positiv hat sich dieses Wachstum auch auf die Filmwirtschaft ausgewirkt. So erlebte der Unterhaltungs- und Medienmarkt im Jahr 2004 einen Zuwachs von 2,9 % der somit stärker war als der Gesamtzuwachs in den letzten Jahren. PricewaterhouseCoopers erwartet in den nächsten Jahren einen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von über 4 %. Das würde bedeuten, dass der Markt bis zum Jahr 2009 auf über 67 Milliarden Euro wachsen würde. 2004 lag er bei 55,3 Milliarden Euro (PricewaterhouseCoopers 2005, S. 4f.).

Der Filmmarkt alleine betrachtet stieg 2004 sogar um 9,8 %, was vor allem an den wachsenden DVD- Umsätzen lag. Die fortschreitende Markterschließung im Homeentertainment-Bereich wird dieses enorme Wachstum in den nächsten Jahren aber etwas abschwächen und so wird es, nach Schätzungen von PricewaterhouseCoopers, bis 2009 auf jährlich 4,5 % zurückgehen, was insgesamt aber immer noch ein enormes Wachstum auf 3,3 Milliarden Euro ausmachen würde (PricewaterhouseCoopers 2005, S. 9).

Die Filmwirtschaft stellt also einen zumindest nicht unbedeutenden Wirtschaftszweig dar. 2002 waren bundesweit 2.836 Unternehmen im Bereich der audiovisuellen Dienstleistungen (Film- und Videofilmherstellung, Filmverleih und Videogrammanbieter, Filmtheater und Hörfunk- und Fernsehanstalten) tätig und erzielten einen Gesamtumsatz von rund 10,3 Mrd. EUR. 42.868 Personen waren in diesem Sektor beschäftigt (Statistisches Bundesamt 2005, S. 8).

Um die Filmwirtschaft untersuchen zu können, muss man zuerst verstehen, wie die einzelnen Akteure der Branche miteinander in Verbindung stehen. Deshalb soll nun die Ablaufstruktur der Filmherstellung beispielhaft anhand einer Kinofilmproduktion genauer dargestellt werden, um die einzelnen beteiligten Sektoren kennenzulernen. Die Produktion eines Kinofilms erfolgt zwar immer in den gleichen Strukturen und Abläufen, die jedoch im Einzelnen sehr unterschiedlich sein können. Dies gilt vor allem für den zeitlichen wie auch finanziellen Aufwand. Im Folgenden soll diese Struktur kurz erläutert werden:

An erster Stelle steht im Allgemeinen der Produzent. Dieser hat eine Filmidee bzw. ein Drehbuch und muss dafür die entsprechenden Gelder zusammensuchen. Steht die Finanzierung, bringt der Produzent – je nach Umfang und den spezifischen Erfordernissen des jeweiligen Projekts – bestimmte künstlerische und filmhandwerkliche Arbeitsqualifikationen zusammen und nimmt Dienstleistungen von Spezialisten aus dem Bereich der Vor- und Nachproduktion (z.B. Casting, Ateliervermietung, Synchronisation, Trickbearbeitung, Filmkopierleistungen) in Anspruch (Landesmedienanstalten 2002, S. 51). Daran schließt sich der Vertrieb des fertigen Films an die Kinos an, was vom Filmverleiher übernommen wird. Nach der Kinoauswertung folgen i. d. R. eine Video- (über Videoprogrammanbieter) und schließlich eine TV-Auswertung des Films.

Bei der Filmproduktion lässt sich die Wertschöpfungskette also in vier Schritten zusammenfassen, was wiederum in zwei Teilprozesse unterteilt werden kann. So ist der erste Schritt die Stoffentwicklung, an der überwiegend der Produzent und der Autor beteiligt sind. Daran schließt sich die eigentliche Produktion als nächster Schritt an. Dieser Schritt lässt sich in die Bereiche der Vorproduktion, den Dreh und die Postproduktion unterteilen. Diese beiden Schritte stellen den ersten Teilprozess dar und sind bis hier hin für alle Filme gleich. Bei dem zweiten Teilprozess, der die Vervielfältigung und Distribution auf unterschiedlichen Trägermedien darstellt, teilt sich der Weg. So schließt sich bei einem Kino- oder Videofilm an die technische Vervielfältigung der Verleih und die Kinovorführung bzw. der Verleih oder Verkauf des Videos bzw. der DVDs an. Dagegen wird bei einem Fernsehfilm keine weitere Stufe gebraucht, hier wird das Material direkt vom Fernsehsender in das Programm eingebaut (Sargl 2003, S. 18f.).

Im Einzelnen sieht die Wertschöpfungskette also folgendermaßen aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Wertschöpfungskette der Filmproduktion (Sargl 2003, S. 19)

Je nach Zweck des fertigen Films lassen sich verschiedene Typen von Produzenten unterscheiden, welche sich auf Kinofilme, Fernsehproduktionen, Videoproduktionen, Werbefilme oder Industriefilme spezialisiert haben. Die beiden letztgenannten werden dabei nahezu ausschließlich direkt von Unternehmen bzw. Institutionen oder Werbe- und PR-Agenturen in Auftrag gegeben und durchlaufen, im Gegensatz zu den anderen, keine weitere Distributionsstufe mehr. Dagegen werden Werke, die für ein breites Publikum bestimmt sind, wie Unterhaltungs- oder Weiterbildungsfilme, über weitere Stufen verwertet, wobei hier prinzipiell Verwertungskanäle wie Kino, Video bzw. DVD und Fernsehen zur Auswahl stehen.

Verschiedene Inhalte und Produktionsqualitäten führen zu verschiedenen Auswertungsmöglichkeiten. Da Kinoproduktionen eine hohe technische Qualität aufweisen, eignen sie sich zu einer Auswertung in mehreren Schritten. An erster Stelle steht das Filmtheater. Diese erste Distributionsstufe wird über den Filmverleih ausgeführt. Als zweite Stufe folgt die Auswertung über den Videogrammanbieter, der den Film als Kaufvideo bzw. –DVD in die Läden oder zum Leihen in die Videotheken bringt, bevor der Film im Pay-TV und schließlich im Free-TV zu sehen ist.

Da TV-Produktionen meist mit geringerem technischem Aufwand produziert werden, eignen sie sich meist außerhalb der TV-Auswertung nur für eine Videoauswertung und das auch nur sofern der Inhalt dazu geeignet ist. Dies ist selten und vor allem bei Dokumentationen der Fall. Des Weiteren gibt es Produktionen, die von Vorneherein auf die Video- bzw. DVD-Auswertung ausgelegt sind und durch sog. special-interest-Videos zu charakterisieren sind. D.h. es werde spezielle Lerninhalte oder ähnliches angeboten. Auf der anderen Seite steht bei der direkten Video- bzw. DVD-Auswertung noch der Bereich der Erotik- und Pornoproduktionen.

Bei grenzüberschreitender Auswertung von audiovisuellen Werken werden meist auf beiden Seiten spezialisierte Filmvertriebsunternehmen und Filmrechtehändler eingeschaltet (Landesmedienanstalten 2002, S. 51 ff.).

1.2 Filmwirtschaft in Berlin-Brandenburg

1.2.1 Historischer Abriss

Die Filmwirtschaft in Berlin-Brandenburg ist von einer einzigartigen historischen Entwicklung geprägt. So musste sie nicht nur zwei Weltkriege sondern auch eine Besatzungszeit, die vor allem auf der sowjetischen Seite von starker Kontrolle geprägt war, überstehen.

Die Filmgeschichte Berlins begann bereits 1895, als die Gebrüder Max und Emil Skladanowsky im Varieté „Wintergarten“ die erste öffentliche kinematographische Vorführung in Europa veranstalteten (Borgelt 1970, S. 4). 1911 wurde von Guido Seeber mit seiner Firma Bioscop-Filmgesellschaft – benannt nach dem Vorführgerät der Skladanowskys – auf dem Gelände der heutigen Filmstudios Babelsberg das erste Studiogebäude errichtet. Es war das lichtdurchflutete „gläserne Filmatelier“, in dem 1912 die ersten Dreharbeiten aufgenommen wurden (Filmmuseum Potsdam 2005). Ein Jahr später wurden in der Oberlandstrasse in Tempelhof von den Firmen Literaria-Film und Pagu ebenfalls Glashäuser als Ateliers errichtet, die ab 1918 der Ufa als Produktionszentrum dienten. Die Ufa wurde 1917 als „Universum-Film AG“ im Hotel Adlon durch das Deutsche Reich, die Deutsche Bank und verschiedene Industrieunternehmen (u.a. AEG, Hapag Lloyd) gegründet (Studio Babelsberg AG 2006, S. 11).

Nachdem Seeber seine Filmfabrik in Babelsberg über den ersten Weltkrieg hinwegretten konnte, fusioniert 1920 die Bioscop mit der deutschen Niederlassung des französischen Filmkonzerns „Eclair“, der „Decla“, die 1915 in Berlin gegründet wurde, zur „Decla-Bioscop“ (Prinzler 1995, S. 33 und Filmmuseum Potsdam 2005). Bereits ein Jahr später fusioniert diese mit der Ufa. Die Entschuldung der Decla-Bioscop bringt die Ufa in finanzielle Schwierigkeiten (Prinzler 1995, S. 54), 1927 wird die angeschlagene Ufa mit ihren zwei großen Studiokomplexen in Tempelhof und Babelsberg von der Scherl-Gruppe übernommen (Kreimeier 1992, S. 63).

Der Standort Babelsberg hat sich in den folgenden Jahren zum Standort der deutschen Filmindustrie schlechthin entwickelt. 1926 wird mit der Mittelhalle auf dem Studiogelände das größte Atelier Europas eröffnet. Da sich der Tonfilm etabliert, wird 1930 das sog. „Tonkreuz“ gebaut, dass aus vier schallgedämmten kreuzförmig angeordneten hochmodernen Tonateliers bestand (Filmmuseum Potsdam 2005). Ende April 1935 kamen zum Internationalen Filmkongress insgesamt 1800 Kongressteilnehmer aus 20 Ländern nach Berlin und besuchten die Filmstadt Babelsberg (Prinzler 1995, S. 115f.). Während des Dritten Reiches werden in Babelsberg politisch Verfolgte entlassen, über 1000 Filme entstanden, die meisten von ihnen waren Propagandafilme. Joseph Goebbels kontrollierte als Propagandaminister alle Phasen der Filmherstellung. 1935 wurden dann die Filmbetriebe verstaatlicht, indem über eine verdeckte Treuhandgesellschaft die Mehrheit des Ufa-Aktienkapitals übernommen wurde (Prinzler 1995, S. 123) und gingen 1942 in der Neugründung des Filmkonzerns Ufa auf, die ein Jahr später ihr 25-jähriges Bestehen feierte. 1945 zog die sowjetische Armee in die deutsche Filmstadt ein. Der bereits 1946 gegründeten ostdeutschen Filmfirma DEFA (Deutsche Film Aktiengesellschaft) wird erst im Jahr 1948 von der Besatzungsmacht erstmalig gestattet, auf dem Studiogelände einen Film zu drehen (Filmmuseum Potsdam 2005). Die Lizenzübergabe dafür erfolgte bereits zwei Jahre zuvor durch den Vertreter der sowjetischen Militär-Administration. Bis 1952 die DEFA volkseigener Betrieb wird, arbeitete sie als sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft (Pflaum/Prinzler 1992, S. 165). Anschließend wurde durch die politische Führung von Staat und Einheitspartei immer mehr Einfluss auf die Produktionen der Filmstadt genommen, die in den folgenden Jahren zu einer immer größer werdenden Produktionsstätte heranwuchs (Filmmuseum Potsdam 2005). 1954 wurde in Babelsberg die „Deutsche Hochschule für Filmkunst“ eröffnet, ab 1969 nannte sich das Institut „Hochschule für Film und Fernsehen der DDR“, die 1985 den Zusatz „Konrad Wolf“ bekam (Prinzler 1995, S. 200).

Auf Westberliner Seite wurde von der „Central Cinema Comp. Film GmbH“ in Spandau ein Studiokomplex errichtet, die Produktionslizenz erhielt die Firma aber erst 1949 (Prinzler 1995, S. 166). 1950 wurde in West-Berlin eine Bürgschaftsübernahme des Landes zur Förderung der Filmwirtschaft beschlossen. Es wurden 50% der Herstellungskosten abgesichert, das Land stand bei der Rückzahlung an erster Stelle (Prinzler 1995, S. 183). 1951 wurde in West-Berlin erstmals der Deutsche Filmpreis vergeben. Im gleichen Jahr fand auch die Berlinale das erste Mal statt, die damals noch West-Berliner Filmfestspiele hieß. 1975 nahm die DDR erstmals auch an der Berlinale teil (Prinzler 1995, S. 187ff. und S. 299). 1966 wurde von Willy Brandt nun auch in West-Berlin eine Filmhochschule eröffnet, die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) (Prinzler 1995, S. 253).

Seit 1991 hat sich in Berlin ein weiterer Filmstandort entwickelt. In Berlin Adlershof entstand ein integrierter Wissenschafts-, Wirtschafts- und Medienstandort, der nur fünf Autominuten vom zukünftigen Flughafen Berlin Brandenburg International entfernt liegt (Adlershof Projekt GmbH 2006).

Nach der Wende wurde die DEFA 1990 zur Kapitalgesellschaft und das Gelände im Rahmen der Übernahme an die Treuhand übertragen. Zwei Jahre später kaufte die „Compagnie Immobilière Phénix“, eine Tochterfirma des französischen Konzerns „Compagnie Générale des Eaux“ (später Vivendi Universal) die DEFA und entließ fast alle Mitarbeiter (Prinzler 1995, S. 401). 1991 ging der Regionalsender der ARD, der ORB auf dem Studiogelände auf Sendung. In den folgenden Jahren wurden aber Millionensummen in den Wiederaufbau der Medienstadt investiert, 1993 wurde der Erlebnispark „Studiotour Babelsberg“ eröffnet.

Die Modernisierungsarbeiten trugen in Babelsberg bald Früchte, bereits 1999 sind die neu errichteten Fernsehstudios ausgebucht und es siedeln sich im High-Tech-Center immer mehr innovative Medienfirmen an. In diesem Jahr arbeiten bereits wieder mehr als 1000 feste Mitarbeiter bei den Fernsehproduktionen auf dem Studiogelände und im Filmpark Babelsberg. 2000 bezieht die Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf (HFF) einen Neubau auf dem Gelände der Studio Babelsberg GmbH.

Es werden immer mehr internationale Großproduktionen in den neuen Studios gedreht. 2004 kann das Münchner Investorenduo Dr. Carl L. Woebcken und Christoph Fisser die Studios dem französischen Großkonzern Vivendi abkaufen (Filmmuseum Potsdam 2005).

1.2.2 Struktur der Berliner Filmwirtschaft

Die deutsche Film- und Fernsehbranche erzielte 2002 einen Gesamtumsatz von 13,2 Milliarden Euro, wovon der Berliner Marktanteil 713 Millionen Euro, also 5,4 % ausmachte. Obwohl bundesweit die Anzahl der Unternehmen und Beschäftigten zurückgegangen ist, sind in Berlin ca. 17 % der Unternehmen und Beschäftigten der Film- und TV-Branche ansässig und nehmen jährlich um ca. 5 % zu (Medienboard 2005b, S. 7). 2002 waren insgesamt 3.087 steuerpflichtige Filmschaffende in der Berliner Filmbranche tätig, in den Jahren seit 1994 ist das ein Zuwachs von 43,4 % und macht bezogen auf die Gesamtzahl aller Steuerpflichtigen einen Anteil von 2,8 % aus (Umsatzsteuerstatistik 2002 nach Investitionsbank Berlin 2005, S. 1).

Bezogen auf die Unternehmenszahl steht Berlin-Brandenburg mit ca. 1.140 Unternehmen an der Spitze der deutschen Film- und Fernsehstandorte. Bereits im Jahr 1999 lag der Anteil der Filmwirtschaft an der gesamten Berliner Wertschöpfung bei 2,2 % und stieg seitdem stetig an (Hartung 2002, S. 14 f.). 1994 lag der entsprechende Wert nur bei 1,6 %, das Gaststättengewerbe liegt im Vergleich dazu bei einem Anteil von 1,1 % an der gesamten Wirtschaftsleistung Berlins (Investitionsbank Berlin 2005, S. 3). Im Jahr 2002 werden 24 % aller deutschen Film- und Fernsehproduktionen in den über 50 Berliner Studios, Hallen und Ateliers hergestellt (Hartung 2002, S. 15).

Im deutschen Vergleich liegt Berlin hinsichtlich der Beschäftigtenzahl 2005 auf Platz 3. Im Großraum München sind knapp 16.000, in Köln ca. 14.500 und in Berlin etwas über 13.500 Mitarbeiter im Bereich der Film- und Fernsehbranche tätig. Diese drei Standorte zusammen machen knapp 55 % der Mitarbeiter dieser Branche und 44 % der Unternehmen aus (Ernst & Young 2006, S. 7). Bei der Standortzufriedenheit liegt Berlin hinter München und ganz knapp hinter Hamburg auf Platz 3, bei dem Image des Filmstandortes liegt Berlin wiederum nach München und vor Hamburg auf Platz 2 (Ernst & Young 2006, S. 13 f.). Berlin trägt also als Standort für die Film- und Fernsehbranche einen großen Anteil zur Wertschöpfung bei.

Im Einzelnen bietet Berlin moderne Studios und renommierte Ausbildungsstätten. In Berlin Adlershof ist in den letzten Jahren ein perfekter Standort für Medienprofis entstanden, der alle Anforderungen modernster Produktionen standhält. Hier sind alle Firmen von Produktionen über Tonstudios und Kostümverleih bis hin zur Postproduktion zu finden. Die Media City Adlershof bietet eine hervorragende technische Infrastruktur (Hartung 2002, S. 18). Als Berlins bedeutendster Medienstandort beherbergt Adlershof 124 Medienunternehmen, in denen 1.400 Mitarbeiter arbeiten. Allein im Jahr 2005 gab es 19 Neuansiedlungen von Unternehmen in der Medienstadt (WISTA 2006). Das Wachstum ist enorm. So stieg der Umsatz der dort ansässigen Medienunternehmen 2005 um ca. 14 % auf ca. 150 Mio. Euro. Die Zahl der Beschäftigten stieg um 13% (Adlershof Projekt GmbH 2006).

Das Studio Babelsberg ist weltweit das älteste Großatelier-Filmstudio. Die Lage direkt vor den Toren der Stadt Berlin zieht viele Firmen an. Es wird Full-Service für die Film- und Fernsehproduktionen geboten, indem alle Phasen und Bereiche der Produktionen abgedeckt werden. Es werden alle Dienstleistungen für die Vorbereitungsphase, von Locationsuche bis hin zur Postproduktion angeboten. Auf dem Gelände stehen insgesamt 16 Studios mit einer Gesamtfläche von 25 000 m² und Außenkulissen mit 17 000 m² zur Verfügung (Studio Babelsberg AG 2006, S. 5). Insgesamt sind auf dem Gelände der Medienstadt Babelsberg 130 Unternehmen angesiedelt[3]. Alleine bei dem Konzern Studio Babelsberg waren 2005 159 Mitarbeiter beschäftigt, die einen Umsatz von über 43 Millionen Euro erwirtschafteten (Studio Babelsberg AG 2006, S. 34).

In Berlin Tempelhof liegt das traditionsreiche Studiogelände der Berliner Union-Film, das fünf moderne Studios und ein Netzwerk an Dienstleistungen bietet. Hier werden ca. 200 Mitarbeiter beschäftigt (Hartung 2002, S. 19).

Neben den großen Studios beherbergt Berlin-Brandenburg die zwei ältesten Filmhochschulen Deutschlands, die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) und die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF). Daneben gibt es weitere private und öffentliche Universitäten und Fachhochschulen an denen insgesamt ca. 22.000 Studenten an 44 medien- und kommunikationswissenschaftlichen Studiengängen studieren (Medienboard 2005a, S. 26 f.).

2. Theoretischer Rahmen

Schaut man sich die global ausgerichteten Großunternehmen weltweit an, so könnte man zu dem Schluss kommen, dass sich diese vollkommen aus ihren traditionellen territorialen Bindungen gelöst hätten. Durch den technischen Fortschritt werden Transport- und Kommunikationskosten immer unbedeutender, so dass die Firmen sich ihren Standort scheinbar frei wählen können. Seine Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg scheint immer geringer zu werden, so dass sich die Unternehmen folglich eher zufällig und gleichmäßig über den Raum verteilen müssten.

Dies ist allerdings nicht der Fall. Die regionale Spezialisierung nimmt immer weiter zu und gerade Firmen in hochtechnologischen und informationsintensiven Sektoren – bei denen die Notwendigkeit der geographischen Nähe eher gering scheint – konzentrieren sich in bestimmten Regionen. So zeigt die wirtschaftsgeographische Landkarte die Ballung bestimmter Branchen in wenigen Gebieten (Lawson 1999, S. 151). Der Grund hierfür soll nun durch die folgenden Theorien näher beleuchtet werden.

2.1 „Nationale Wettbewerbsvorteile“ von Porter

Die aktuellen Theorien zur Wettbewerbsfähigkeit von Regionen gehen auf die Arbeiten von Michael E. Porter aus den frühen 90er Jahren (s. Porter 1998a) zurück, in denen er Wettbewerbsvorteile auf Branchen- und globaler Ebene untersuchte (Recklies 2001, S. 1). Porter wollte durch die Weiterentwicklung bzw. Neuorientierung der vorhandenen Theorieansätze – welche zumeist einzelne Erklärungsfaktoren zum Gegenstand hatten – ein integratives, umfassendes Erklärungssystem schaffen, welches die Komplexität und wechselseitige Vernetzung der Einflussgrößen berücksichtigt (Gersmeyer 2004, S. 39).

2.1.1 Diamant-Modell

Als Ergebnis seiner empirischen Untersuchung entwickelte Porter das Diamant-Modell, mit welchem er die Bestimmungsfaktoren des nationalen Wettbewerbsvorteils einer Branche erklärt. Nach Porter sind es vier allgemeine Landeseigenschaften, die die Schaffung eines Wettbewerbsvorteils fördern oder behindern. Faktorbedingungen, Nachfragebedingungen, verwandte und unterstützende Branchen und Unternehmensstrategie, Struktur und Konkurrenz (Porter 1991, S. 95 f.).

(a) Die vier Bestimmungsfaktoren

Die Bestimmungsfaktoren, einzeln und als System, schaffen das Umfeld, in dem die Unternehmen eines Landes entstehen und konkurrieren. Der Abbildung dieser vier Bestimmungsfaktoren und ihren wechselseitigen Verbindungen verdankt das Modell, wegen der Ähnlichkeit zu einem Diamanten, seinen Namen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Bestimmungsfaktoren des nationalen Vorteils (Porter 1991, S. 95)

(i) Faktorbedingungen

Unter der Faktorausstattung wird die Ausstattung eines Landes mit den Produktionsfaktoren, wie Arbeit, Boden und Kapital, betrachtet. Porter differenziert die Faktoren allerdings noch weiter in

- Humanvermögen: Hierunter fallen die Menge, Qualifikation und Kosten des Personals unter Berücksichtigung der normalen Arbeitszeit und Arbeitsmoral.
- Materielle Ressourcen: Diese sind Fülle, Qualität, Zugänglichkeit und Kosten von Boden, Wasser, Mineralien, Holz und anderen landesspezifischen materiellen Besonderheiten. Des Weiteren können das Klima eines Landes, seine geographische Größe und Lage sowie seine Lage in Bezug auf andere Länder zu seinen materiellen Ressourcen gezählt werden.
- Wissensressourcen: Hierzu gehört laut Porter der Fundus eines Landes an wissenschaftlichem, technischem und marktmäßigem Wissen, das Güter und Dienstleistungen betrifft. Dieser liegt in Universitäten, Forschungseinrichtungen, Wirtschafts- bzw. Wissenschaftsliteratur, Marktforschungsberichten und ähnlichen Quellen.
- Kapitalressourcen: Das sind die Menge und die Kosten des Kapitals, das der Finanzwirtschaft zur Verfügung steht.
- Infrastruktur: Hierzu zählen die Art, Qualität und Benutzungskosten der verfügbaren Infrastruktur, die sich auf den Wettbewerb auswirken, wie das Transportsystem, das Kommunikationssystem, der Post- und Paketdienst etc., aber auch der Bestand an Häusern und kulturellen Einrichtungen, der die Lebensqualität eines Landes bestimmt.

Das benötigte Faktorverhältnis, das heißt die Kombination der Faktoren, ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Die Unternehmen eines Landes können in den Branchen einen Wettbewerbsvorteil erreichen, in welchen die Faktoren wichtig sind, über die das Land besonders kostengünstig oder hochwertig verfügt. Aber nicht nur die Ausstattung mit Faktoren ist wichtig, sondern viel mehr noch deren produktiver Einsatz. Denn dadurch können sich bestimmte Länder von anderen mit ähnlicher Faktorausstattung absetzen (Porter 1991, S. 97 f.).

Aber es gibt auch noch eine Rangordnung unter den Faktoren. Hierbei unterscheidet Porter zwei Gruppen von Faktoren. Zum einen die Grundfaktoren, zu denen die natürlichen Ressourcen, Klima, Lage, einfache Arbeitskräfte und Fremdkapital gehören. Die zweite Gruppe sind die fortschrittlichen Faktoren, wie die Infrastruktur der digitalen Datenkommunikation, hochqualifizierte Arbeitskräfte und spezielle Forschungsinstitute.

Die Grundfaktoren gehören zur „Erbmasse“ eines Landes bzw. werden ohne Zutun erworben. Solche Faktoren werden im internationalen Wettbewerb immer unwichtiger, da sie in vielen Ländern sehr breit verfügbar sind. Heute sind die fortschrittlichen Faktoren die wichtigsten für den nationalen Wettbewerbsvorteil. Denn sie sind notwendig, um hochrangige Wettbewerbsvorteile, wie differenzierte Produkte, zu erzielen. Außerdem sind sie viel seltener, da ihre Entwicklung größere Investitionen erfordern.

Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die, in allgemeine und spezielle Faktoren. Allgemeine Faktoren kommen vielen Branchen zu gute, wie z.B. das Autobahnnetz, die Versorgung mit Fremdkapital und der Bestand an Beschäftigten mit Hochschulausbildung. Die speziellen Faktoren dagegen dienen nur bestimmten einzelnen Branchen. Hierzu können z.B. der Bestand an Personen mit Spezialausbildung, eine Infrastruktur mit besonderen Merkmalen u.s.w. gezählt werden. Die speziellen Faktoren bieten eine maßgeblichere und dauerhaftere Grundlage für den Wettbewerbsvorteil als allgemeine Faktoren (Porter 1991, S. 100 f.).

Noch wichtiger als der Faktorbestand eines Landes ist dessen Faktorbildung, d.h. die Mechanismen, die für die Bildung der Faktoren sorgen, welche zur Erreichung eines höherrangigen und dauerhafteren Wettbewerbsvorteils notwendig sind; also den fortschrittlichen und speziellen Faktoren. Die Bildung dieser Faktoren benötigt Investitionen von Einzelpersonen, Unternehmen, sozialen Einrichtungen und dem Staat. Ein Land ist also wettbewerbsfähiger, je mehr dieser faktorbildenden Einrichtungen es besitzt (Porter 1991, S. 104 f.).

Aber auch selektive Faktornachteile, wie der Mangel an Arbeitskräften oder an heimischen Rohstoffen, also sog. Basisfaktoren, können sich zu einem Vorteil umkehren. Denn diese Länder sind dann gezwungen besonders innovativ und produktiv mit ihren vorhandenen Faktoren umzugehen (Porter 1991, S. 105 f.).

(ii) Nachfragebedingungen

Der zweite große Bestimmungsfaktor des nationalen Wettbewerbsvorteils sind die Bedingungen der Inlandsnachfrage. Hierbei gilt, dass die Qualität der Nachfrage entscheidender ist als die Quantität. Die Art und Zusammensetzung der heimischen Käuferbedürfnisse bestimmen dabei maßgeblich den Wettbewerbsvorteil. Besonders positiv wirken antizipatorische Käuferbedürfnisse und anspruchsvolle, schwierige Käufer. Antizipatorische Käuferbedürfnisse vermitteln ein klares und frühes Bild der zukünftigen Bedürfnisse im Ausland. Sie können durch bestimmte politische oder soziale Bedürfnisse bzw. auch durch rechtliche Bestimmungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Dadurch erhalten Firmen einer bestimmten Branche einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ausländischen Firmen (Porter 1991, S. 109 f.).

Anspruchsvolle und schwierige Käufer üben auf Unternehmen Druck aus, bezüglich der Produktqualität, des Aussehens und des Services hohen Anforderungen gerecht zu werden. Dieser Druck, der auf dem heimischen Markt am stärksten empfunden wird, vermittelt den Unternehmen, welche neusten Anforderungen an ein Produkt von der Käuferseite hergestellt werden (Porter 1991, S. 112 f.).

Eine große Inlandsnachfrage stützt den Wettbewerbsvorteil, indem sie zu Kosteneinsparungen durch steigende Skalenerträge führt. Investitionsentscheidungen, wie z.B. in Forschung und Entwicklung fallen eher positiv aus.

Andererseits kann sich ein großer Inlandsmarkt auch zum Nachteil wandeln, wenn die Unternehmen keine große Veranlassung mehr für internationale Expansion sehen und ihr Elan dadurch gebremst wird.

Noch wichtiger als die absolute Größe der Inlandsnachfrage ist deren Wachstum. Denn die Unternehmen sind viel mehr bereit in einen stark wachsenden Markt Investitionen, in dem Vertrauen zu tätigen, dass sich diese schon amortisieren werden. Ebenso kann sich eine frühe Sättigung des Marktes positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen auswirken, da diese dann gezwungen werden Innovationen und Verbesserungen der Produkte fortzusetzen (Porter 1991, S. 116 f.).

(iii) Verwandte und unterstützende Branchen

Der dritte allgemeine Bestimmungsfaktor des nationalen Vorteils in einer Branche ist die Existenz von Zuliefer- oder verwandten Branchen im Land, die international wettbewerbsfähig sind. Das Vorhandensein solcher Zulieferer schafft auf mehrere Arten Vorteile in den nachgelagerten Branchen. Ein Vorteil ist der wirksame, frühe, schnelle und bevorzugte Zugang zu kostenwirksamen Produktionsmitteln. Ein weiterer die Koordinierung, die zwischen zwei Unternehmen eines Landes besser funktioniert und somit die Wertkette beschleunigt bzw. aufwertet. Der wichtigste Nutzen liegt aber laut Porter im Innovations- und Aufwertungs- oder Verbesserungsprozess. Unternehmen erhalten schnellen Zugang zu Informationen, neuen Ideen und Einsichten und zu Zulieferinnovationen, die Kommunikationswege verkürzen sich.

Verwandte Branchen sind dadurch definiert, dass ihre Unternehmen Aktivitäten in der Wertkette koordinieren oder gemeinsam nutzen können. Dadurch können ebenfalls gemeinsame Forschung und verbesserter Informationsaustausch erfolgen. Internationaler Erfolg von verwandten Branchen kann die Nachfrage nach Komplementärprodukten bzw. von Zulieferbetrieben mitziehen (Porter 1991, S. 124 f.).

(iv) Unternehmensstrategie, Struktur und Konkurrenz

Der vierte große Bestimmungsfaktor des nationalen Wettbewerbsvorteils in einer Branche ist der Kontext, in dem Unternehmen entstehen und organisiert und geführt werden, aber auch die Art der heimischen Konkurrenz. Die Art der Unternehmensführung und –organisation hängt von nationalen Umständen ab. Sie können Vorteile für einzelne Branchen schaffen. Aber kein Führungssystem ist universell einsetzbar. Vielmehr haben die Länder tendenziell in den Branchen Erfolg, in denen die nationalen Führungspraktiken und Organisationsformen gut mit den Ursprüngen der Wettbewerbsvorteile der Branchen harmonieren.

Des Weiteren spielen nach Porter auch die Motivation und die Ziele der Mitarbeiter und Führungskräfte der Unternehmen eine wichtige Rolle, um Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Wenn diese ein ungewöhnlich hohes Maß an Engagement und Einsatz fördern, kann das Land in dieser Branche einen Vorteil schaffen.

Ein starker Inlandswettbewerb kann ebenfalls zur Schaffung und Wahrung eines nationalen Wettbewerbsvorteils in einer Branche führen. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Inlandskonkurrenz ständig gegenseitig zu neuen Verbesserungen und Innovationen antreibt. Außerdem werden die Unternehmen dazu gedrängt, im Ausland zu verkaufen, um wachsen zu können.

Firmenneugründungen sind für die Aufwertung der Inlandskonkurrenz und damit für den nationalen Wettbewerbsvorteil unentbehrlich. Sie treiben den Innovationsprozess in einer Branche voran. Das Umfeld und die Vorgaben für die Gründung neuer Firmen spielen also auch eine entscheidende Rolle (Porter 1991, S. 131 f.).

(b) Zufall und Staat sind die Einflussfaktoren im Diamant-Modell

Die Bestimmungsfaktoren des nationalen Vorteils prägen das Wettbewerbsumfeld in bestimmten Branchen. In der Geschichte vieler, heute erfolgreicher Branchen spielten aber auch einige Zufallsereignisse eine nicht ganz unwichtige Rolle. Porter definiert „Zufallsereignisse“ wie folgt.

Zufallsereignisse sind Vorkommnisse, die wenig mit den Verhältnissen in einem Land zu tun haben und oft weitgehend außerhalb der Einflusssphäre der Unternehmen (und häufig auch der staatlichen Politik) liegen (Porter 1991, S. 148).

Als Beispiele für Zufallsereignisse, die einen besonders großen Einfluss auf den Wettbewerbsvorteil haben, führt er

- Zufällige Entdeckungen
- Größere technologische Brüche (z.B. Biotechnologie oder Mikroelektronik)
- Schwankungen bei den Produktionsmittelkosten wie bei der Erdölkrise
- Bedeutende Verschiebungen auf den Weltfinanzmärkten oder bei Wechselkursen
- Extremer Anstieg der Welt- und Regionalnachfrage
- Politische Entscheidungen ausländischer Regierungen
- Kriege

[...]


[1] Zitiert aus Hartung 2002, S. 67

[2] gemäß der Ziffern 92.1 und 92.2 der Systematik der Wirtschaftszweige (NACE-Code)

[3] vgl. Homepage Medienstadt Babelsberg (http://www.babelsberg.de)

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Filmstadt Berlin - Eine raumbezogene Strukturanalyse aus Sicht der Filmwirtschaft
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Geographische Wissenschaften)
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
86
Katalognummer
V65825
ISBN (eBook)
9783638583053
ISBN (Buch)
9783638710947
Dateigröße
1219 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Filmstadt, Berlin, Eine, Strukturanalyse, Sicht, Filmwirtschaft, Film, Kino, Produktion, Stadt, Dreh
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm. Felix Wendlandt (Autor:in), 2006, Filmstadt Berlin - Eine raumbezogene Strukturanalyse aus Sicht der Filmwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65825

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