Orthografieunterricht an der Berufsschule


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

32 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Das Problem der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
1.2 Das Problem eines handlungsorientierten Orthografieunterrichts
1.3 Ziel dieser Arbeit: Ein Unterrichtskonzept zum Thema „Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ mit handlungsorientierten Momenten in der Berufsschule im Bereich Druck und Medien

2. Didaktische Überlegungen zum Rechtschreibunterricht
2.1 Allgemeines zum Deutschunterricht an berufsbildenden Schulen
2.2 Rechtschreibunterricht an berufsbildenden Schulen

3. Rechtschreibunterricht beim Mediengestalter
3.1 Der Ausbildungsrahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf des Mediengestalters
3.2 Begründung der Themenwahl: Orthografieunterricht - Regeln und Richtlinien der neuen deutschen Rechtschreibung
3.3 Ein Unterrichtsentwurf zum Thema „Majuskel- und Minuskelschreibung“
3.3.1 Sachanalyse
3.3.2 Unterrichtsziele
3.3.3 Methodisch-praktische Realisierung

4. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Aufgrund meiner zukünftigen Rolle als Deutschlehrerin an berufsbildenden Schulen möchte ich diese Arbeit dem Thema „Rechtschreibunterricht am Berufskolleg“ widmen. Da ich vor dem Studium eine Ausbildung als Mediengestalterin absolviert habe und wegen meiner Fächer- kombination von Deutsch und Drucktechnik davon ausgehe, im Bereich Druck und Medien in der Berufsschule die angehenden Mediengestalter zu unterrichten, soll der Schwerpunkt dieser Arbeit auf einen Rechtschreibunterricht fokussiert werden, der an der o.g. Berufsgruppe aus- gerichtet ist.

Dieser Orthografieunterricht soll das Problem des Umgangs mit der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung aufgreifen und hierbei insbesondere den Punkt „Groß- und Kleinschreibung“ berücksichtigen. Ausgehend von einem Abriss verschiedener didaktisch-methodischer Vorge- hensweisen im Rechtschreibunterricht möchte ich einen Entwurf vorstellen, welcher einen Schritt zu einem praxisrelevanten Deutschunterricht für Mediengestalter darstellen soll. So wird in diesem Kapitel die Ausgangssituation geschildert, indem ich einleitend die Probleme der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung und des Orthografieunterrichts aus sprach- wissenschaftlicher und didaktischer Sicht beschreibe, um anschließend vorausweisend das Ziel dieser Arbeit zu formulieren. Im zweiten Kapitel möchte ich einige didaktische Konzeptionen zum Rechtschreibunterricht - sowohl allgemeiner Art als auch speziell für den Bereich der berufsbildenden Schulen - erklären und diese als Grundlage für das Kapitel 3 nutzen, um dort aufbauend auf den vorherigen Erkenntnissen einen Unterrichtsentwurf zu gestalten, in dem die Situation der Mediengestalter Berücksichtigung findet.

1.1 Das Problem der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung

Wieso ist die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, die 1998 in Kraft trat, eigentlich als „Problem“ zu benennen?1 Diese Frage soll in diesem einleitenden Abschnitt diskutiert werden. Hierzu sollen zunächst die Ziele des Reformprogramms erläutert werden. Eine Neuregelung der deutschen Orthografie sollte „die in vielen Bereichen [...] inzwischen kompliziert gewordenen Regeln“ entwirren. Im Mittelpunkt stand, die vielfältigen Extra-Regeln und Ausnahmen zu entfernen, um die allgemeine Anerkennung der Regeln zu erreichen. Den Reformern lag daran, die Dekrete „verständlicher und somit leichter anwendbar“ zu formulie- ren. Daneben war eine weitere Intention, die Regeln selbst übersichtlich und aufeinander abgestimmt abzubilden, so dass der Verfasser eines Textes schnell die entsprechende Norm für einzelne Problembereiche der Orthografie zu finden vermag (vgl. Lüthgens 2002: 241).

Ob diese beiden Zielgedanken in der Praxis Fuß fassten, soll das folgende Exempel aus dem Berufsalltag des Mediengestalters verdeutlichen. Beherrscht der Mediengestalter das Desktop- Publishing, Desktop-publishing, Desktop Publishing oder gar das Desktop publishing ? Die Antwort darauf sollte der allseits bekannte DUDEN liefern. Doch wie ICKLER in seinem Werk „Kritischer Kommentar zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“ ausführt, verbirgt sich hier das erste Problem: Während „alle erwachsenen Bürger“ das amtliche Regelwerk des DUDENS nutzen sollten, stellt jenes Werk jedoch wegen seines unübersichtlichen formalen Aufbaus und wegen seines schwer lesbaren Textes nicht eine Hilfe dar, sondern wirkt - auch wegen seiner juristisch anmutenden Formulierungen - eher wie Hürde denn Wegweiser (Ickler 1999: 7f.). So sieht sich der Mediengestalter gezwungen, das amtliche Regelwerk des DUDENS als Grundlage zu benutzen, obwohl es offensichtlich schwierig ist, die Regeln zu verstehen.

Greifen wir das obige Beispiel auf: Wenn der Mediengestalter nun einen Text korrigieren soll, in dem das Wort Desktop-Publishing vorkommt, schlägt er im „DUDEN - Die deutsche Rechtschrei- bung“ nach, um sich über die korrekte Schreibweise zu informieren. Die Antwort ist leicht im Wörterverzeichnis gefunden, jedoch fragt sich der Mediengestalter: Welche der beiden Mög- lichkeiten sollte verwendet werden? Denn laut der Neuregelung kommen zwei Schreibweisen in Betracht: Im DUDEN im Wörterverzeichnis findet man die Angabe „Desk|top|pub|li|shing, auch Desktop-Pub|li|shing (...) (qR 24...)“ (Duden - Die deutsche Rechtschreibung 1996: 209). Welche Regel liegt hier zugrunde? Der Verweis auf die Regel führt dem Mediengestalter folgen- des vor Augen: „Zusammengesetzte Wörter werden gewöhnlich ohne Bindestrich geschrieben“ (ebd.: 27). Soweit ist die Schreibung Desktoppublishing begründet. Doch woher weiß man, dass die Schreibweise Desktop-Publishing legitimiert ist? Die Antwort ist in den Richtlinien in der Regel 33 festgehalten: „Häufig gebrauchte Fremdwörter, vor allem solche, die keine dem Deutschen fremde Laute enthalten, können sich nach und nach der deutschen Schreibweise angleichen.“ (ebd.: 31). Auf S. 32 stößt man sogar auf exakt das beschriebene Wort: Desktop- Publishing. Abgesehen davon, dass der Schüler dem Lehrer zweifelsohne bei der Klärung dieses Problems die Frage stellen wird, welche der Möglichkeiten denn maßgeblich sei, muss sich vornehmlich der Mediengestalter in seinem Berufsalltag für eine Schreibweise entscheiden und diese vor dem Vorgesetzten bzw. dem Kunden rechtfertigen können.

Die dargelegte Tatsache impliziert einen weiteren Kritikpunkt an der Regelung der deutschen Rechtschreibung. Weshalb werden im Wörterverzeichnis Verweise zu den Richtlinien gesetzt? Welche Funktion erfüllt nun die amtliche Regelung? Spätestens zu dem Zeitpunkt wird sich in diesem Zusammenhang ebenso der Mediengestalter fragen, welche Regelung die verbindliche sei: die Richtlinien oder das amtliche Regelwerk. Daher spreche ich in dieser Arbeit beide o.g. Vorgaben an, zumal auch im Unterricht beide in puncto Rechtschreibung benutzt werden bzw. werden können.

Dass die soeben skizzierte Verkomplizierung der neuen deutschen Rechtschreibung ein Problem für jemanden darstellt, der sich berufsbedingt mit solchen orthografischen Phänomenen beschäftigen muss, lässt sich an dieser Stelle kaum abstreiten. Der Umgang mit der Neurege- lung der Rechtschreibung ist daher besonders in der Berufsschule mit Auszubildenden des Bereichs der Mediengestaltung empfehlenswert, um diese auf mögliche Schwierigkeiten vorzubereiten. Dabei muss nicht die Betonung auf neu liegen, eher angebracht ist die These: Der Umgang mit der deutschen Rechtschreibung soll geübt und vertieft werden.

Nun soll diese Arbeit einen ausgewählten Sachverhalt insbesondere beschreiben und in einem Unterrichtsentwurf thematisieren: Die Groß- und Kleinschreibung. Geht man zunächst von den allgemeinen Richtlinien zur Groß- und Kleinschreibung laut DUDEN aus, so kann man diese folgendermaßen stichpunktartig zusammenfassen:

- Groß schreibt man Substantive, substantivisch gebrauchte Adjektive, Partizipien, Pronomen, Zahlwörter, Adverbien, Präpositionen, Konjunktionen, Interjektionen und Infinitive.
- Klein schreibt man aus Substantiven entstandene Wörter anderer Wortarten.
- Groß schreibt man das erste Wort in substantivischen Aneinanderreihungen, auch, wenn es nicht ein Substantiv ist.
- Klein schreibt man die Anrede- und Possessivpronomen „du“ und „ihr“, groß schreibt man dagegen die Höflichkeitsanrede „Sie“ und das zugehörige Possessivpronomen „Ihr“.
- Groß schreibt man das erste Wort eines „Buch-, Film- oder Zeitschriftentitels, einer Überschrift o.Ä.“ und eines „Straßennamens oder Gebäudenamens“.
- Groß schreibt man „alle zu einem mehrteiligen Namen gehörenden Adjektive, Partizipien, Pronomen und Zahlwörter“.
- Groß schreibt man Adjektive und Partizipien als „Teile von geographischen Namen“.
- Klein schreibt man „von Personennamen abgeleitete Adjektive“.
- Groß schreibt man das erste Wort eines Satzes.
- Groß schreibt man „substantivisch gebrauchte Einzelbuchstaben“.

(vgl. ebd.: 36ff., R45 - 60)

Sind diese Regeln nun problematisch?

Sie sind in dem Sinne prekär, als dass sie Termini verwenden, die im Vorfeld gar nicht definiert werden. So darf sich der Schüler berechtigterweise fragen, was genau ein Substantiv ist. Und weiter noch: was ist denn eine Substantivierung? Diese Begrifflichkeiten werden vom DUDEN als bekannt vorausgesetzt, in der amtlichen Regelung in §55 auf Grundlage der traditionellen Schulgrammatik kurz beschrieben, doch bemerkt MAAS an dieser Stelle kritisch, dass die Recht- schreibregeln nicht für Wörter definiert werden, sondern für Sätze. Das bedeutet, dass der DUDEN eine Erklärung preisgibt, die auf die syntaktischen Kategorien, den traditionellen Wort- arten, zurückzuführen sind. MAAS jedoch setzt nicht dort an, sondern bei den syntaktischen Funktionen. Für ihn werden nicht Substantive großgeschrieben, sondern die Kerne nominaler Gruppen. Um diese Kerne als solche zu klassifizieren, muss der Betrachter den gesamten Satz analysieren (vgl. Maas 1991: 156). Wie dieses Schema im Einzelnen funktioniert, wird ausführ- lich im Kapitel 3.3.1 erläutert.

Diffizil ist weiterhin, dass die Regeln nach wie vor komplex sind und Ausnahmen implizieren. Wie noch vor der Rechtschreibreform von EICHLER bemängelt, sind die Regeln im Einzelnen sehr kompliziert und setzen Grammatikkenntnisse voraus (vgl. Eichler 1978: 8). Nach der Reform von 1998 werden die Regeln zur Majuskel- und Minuskelschreibung unterschiedlich beurteilt: „Die entscheidenden Probleme wie die Groß- und Kleinschreibung werden nicht gelöst.“ (Ber- telsmann 1999: 15; in: Ickler 1999). Demgegenüber führt LÜTHGENS einige Aspekte an, die eine Erleichterung versprechen: Beispielsweise wird die Schreibung von unbestimmten Zahladjektiven durch das Eliminieren vieler Einzelfestlegungen vereinfacht, sowie auch die einheitliche Groß- schreibung von Farb- und Sprachbezeichnungen unkomplizierter wurde. Doch diesen Regeln stehen nach wie vor eine Reihe von Sonderregeln und Ausnahmefällen gegenüber, die auf dem ersten Blick sicher keine Vereinfachung andeuten (vgl. Lüthgens 2002: 250ff.).

Nicht außer Acht lassen möchte ich, dass meiner Meinung nach die thematische Vorbereitung und Durchführung des Deutschunterrichts bei Auszubildenden der Mediengestaltung immer auch eine Prüfungsvorbereitung ist. Demnach sollte sich der Deutschlehrer bei der sach- analytischen Planung von Unterricht Gedanken machen, welche Themenkomplexe nicht nur von allgemeiner Bedeutung, sondern auch prüfungsrelevant sind. Die Groß- und Kleinschrei- bung unterrichtlich zu thematisieren, bietet sich deshalb an, da die Regeln hierzu scheinbar besonders viele Schwierigkeiten aufweisen und es daher wert sind, besprochen zu werden. Zudem spielte die Groß- und Kleinschreibung im 20. Jahrhundert eine zentrale Rolle, da immer wieder Änderungsvorschläge vorzugsweise in diesem Bereich vorgelegt wurden, womit gezeigt wird, dass dieses Gebiet offensichtlich besonders änderungswürdig schien (vgl. ebd.: 169).

1.2 Das Problem eines handlungsorientierten Orthografieunterrichts

Abgesehen von den thematischen Problemen der Regelung der Orthografie, muss der Lehrer didaktische Vorbereitungen treffen, um einen auf Auszubildende abgestimmten, praxisnahen Orthografieunterricht zu gestalten. Der Rechtschreibunterricht, eingebettet in das allgemein- bildende Fach Deutsch, soll so verwirklicht werden, dass den Schülern des Bereichs Medien- gestaltung neben dem lebenspraktischen Wert der Allgemeinbildung insbesondere die Qualifizierung zum korrekten Schreiben und Lesen bezogen auf die Berufssituation verständlich wird. Die Betonung auf die berufliche Qualifizierung wird durch den Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Mediengestalter für Digital- und Printmedien ausgedrückt: „Die Berufsschule hat eine berufliche Grund- und Fachbildung zum Ziel und erweitert die vorher erworbene allgemeine Bildung.“ (Rahmenlehrplan 1998). Das bedeutet, dass das Fach Deutsch an berufs- bildenden Schulen darauf aufbaut, die bereits erworbenen Kenntnisse zur deutschen Sprache und Literatur zu vertiefen. Doch diese Vertiefung geschieht stets in Hinblick auf die berufliche Kompetenzentwicklung, wie es an anderer Stelle im Lehrplan wiedergegeben wird:

„Lernen in der Berufsschule vollzieht sich grundsätzlich in Beziehung auf kon- kretes berufliches Handeln sowie in vielfältigen gedanklichen Operationen, auch gedanklichem Nachvollziehen von Handlungen anderer. Dieses Lernen ist vor allem an die Reflexion der Vollzüge des Handelns (des Handlungsplans, des Ablaufs, der Ergebnisse) gebunden. Mit dieser gedanklichen Durchdringung beruflicher Arbeit werden die Voraussetzungen geschaffen für das Lernen in und aus der Arbeit. Dies bedeutet für den Rahmenlehrplan, dass die Beschrei- bung der Ziele und die Auswahl der Inhalte berufsbezogen erfolgt.“ (ebd.)

Soweit ist festgelegt, dass sich das Fach Deutsch an Berufsschulen grundsätzlich an berufli- chem Handeln orientiert und insofern seinen Status als allgemeinbildendes Fach einbüßt. Die Diskussion um die Anerkennung des Faches Deutsch an berufsbildenden Schulen - ob nun als allgemeinbildend oder berufsbezogen angesehen - soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. Vielmehr sollen die Auszüge des Rahmenlehrplans als verbindlich erachtet werden. Damit einher geht unmissverständlich die Forderung nach einem Deutschunterricht, der eine berufliche Qua- lifizierung vorbereiten soll.

Nun stellt sich die Frage, wie dieser Deutschunterricht didaktisch-methodisch durchgeführt werden soll. Hierzu liest man im Rahmenlehrplan, dass Unterricht unbedingt am handlungsorientierten Konzept gebunden ist. Die Handlungsorientierung als primäres Prinzip unterrichtlichen Geschehens kann mithilfe unterschiedlicher Unterrichtsmethoden realisiert werden. Bezogen auf die Ausbildung zum Mediengestalter kann man sich an folgenden Merkmalen orientieren, um diese unterrichtliche Grundlage zu erfüllen:

„- Didaktische Bezugspunkte sind Situationen, die für die Berufsausübung bedeutsam sind (Lernen für Handeln).
- Den Ausgangspunkt des Lernens bilden Handlungen, möglichst selbst aus- geführt oder aber gedanklich nachvollzogen (Lernen durch Handeln).
- Handlungen müssen von den Lernenden möglichst selbständig geplant, durchgeführt, überprüft, ggf. korrigiert und schließlich bewertet werden.
- Handlungen sollten ein ganzheitliches Erfassen der beruflichen Wirklich- keit fördern, z.B. technische, sicherheitstechnische, ökonomische, recht- liche, ökologische, soziale Aspekte einbeziehen.
- Handlungen müssen in die Erfahrungen der Lernenden integriert und in bezug auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen reflektiert werden.
- Handlungen sollen auch soziale Prozesse, z.B. der Interessenerklärung oder der Konfliktbewältigung einbeziehen.“ (ebd.)

Da diese Orientierungspunkte als übergeordnet anzusehen sind, greifen sie zweifelsohne in die Planung und Durchführung von Deutschunterricht ein. So muss ebenfalls der Recht- schreibunterricht, der i.e.S. als Lernfeld des Deutschunterrichts kategorisiert werden kann, handlungsorientiert aufgebaut sein. Diese Sichtweise klingt zunächst fremdartig: Aus der eige- nen Schulzeit erinnert man sich an einen Rechtschreibunterricht, in dem Texte, gespickt mit Fremdwörtern, verschachtelten Sätzen und möglichst noch wörtlicher Rede, vom Lehrer vorgelesen wurden - und wehe, man schielt zum Nachbarn, weil man nicht weiß, wie das Wort Informations-Exhibitionisten geschrieben wird! Die Methodik des Diktierens scheint veraltet, das Motto von heute lautet schlicht: „Hauptsache handlungsorientiert“! Welche Methoden sich hier anbieten, soll ausführlich im Kapitel 2.2 untersucht werden.

1.3 Ziel dieser Arbeit: Ein Unterrichtskonzept zum Thema „Neuregelung der deutschen

Rechtschreibung“ mit handlungsorientierten Momenten in der Berufsschule im Bereich Druck und Medien Nachdem einige allgemeine Probleme sprachwissenschaftlicher und didaktischer Art grob umrissen wurden, soll in diesem Abschnitt, die Schwierigkeiten zusammenfassend, das Ziel dieser Arbeit benannt werden.

Der Mediengestalter-Auszubildende soll einen Deutschunterricht erfahren, in dem die Regeln der deutschen Orthografie, insbesondere die Regeländerungen nach der Reform von 1998, in dieser Arbeit exemplarisch anhand der Majuskel- und Minuskelschreibung, erarbeitet und er- lernt werden. Dieser Unterricht dient sowohl, pragmatisch gesehen, der Prüfungsvorbereitung als auch der Vertiefung der allgemeinen orthografischen Kenntnisse, die in unserer Gesellschaft als notwendig angesehen werden, wie GLINZ aussagt: „Rechtschreibung ist nicht so wichtig - man muss sie nur können“ (Grundmann 1990: Vorwort). Hinzu kommt die Notwendigkeit, dem Auszubildenden die Schwierigkeiten, die der DUDEN durch die Kompliziertheit der Erklärung der Regeln verursacht, nahezulegen und ihm Wege zu zeigen, wie er orthografische Unsicherheiten aufheben kann. Weiter ist der Aspekt, dass die Beherrschung der deutschen Orthografie im Beruf des Mediengestalters vorausgesetzt wird, von immenser Bedeutung.

Diese Arbeit soll also in den folgenden Kapiteln die sprachwissenschaftlichen und didaktischen Vorüberlegungen vertiefen und schließlich einen Unterrichtsentwurf präsentieren, der die vor- gestellten Anforderungen und Schwierigkeiten implementiert und versucht zu beheben.

2. Didaktische Überlegungen zum Rechtschreibunterricht

Bevor didaktisch-methodische Überlegungen speziell auf den Rechtschreibunterricht beim Medien- gestalter angestrebt werden, ist es sinnvoll, eine Abhandlung über die allgemeine Situation des Deutschunterrichts zu formulieren, um sich ein Bild vom Deutschunterricht an berufsbildenden Schulen zu verschaffen. Anschließend soll der Fokus auf didaktische Überlegungen speziell zum Orthografieunterricht gelegt werden. Dieses Vademekum soll in den folgenden beiden Ab- schnitten geschaffen werden und im Kapitel 3 auf die ausgesuchte Situation des Medien- gestalters transferiert werden.

2.1 Allgemeines zum Deutschunterricht an berufsbildenden Schulen

Betrachtet man zunächst lediglich den Deutschunterricht an Berufsschulen, also in seiner Gesamtheit und nicht bereits auf ein spezielles Lernfeld wie Rechtschreibung reduziert, so lässt sich folgende Grundprämisse festlegen: Keine Schulform zweifelt den allgemeinbildenden Deutschunterricht dergleichen an, wie es an der berufsbildenden Schule geschieht. Die Gründe hierfür sind offensichtlich: Die Schüler, vor allem die Auszubildenden zum Mediengestalter, weisen größtenteils eine allgemeinbildende Schullaufbahn von dreizehn Jahren auf, wonach die Vermutung nahe liegt, dass in diesem Zeitraum die Vermittlung allgemeinbildender Inhalte ab- geschlossen sein dürfte. In diesem Zusammenhang wird mehr und mehr gefordert, dass das Fach Deutsch berufsbezogene Inhalte berücksichtigt und damit einen praxisrelevanteren Stel- lenwert einnimmt2.

Das Fach Deutsch wird offiziell seit dem Beginn des Schuljahres 1990/1991 nicht weiter als allgemeinbildend benannt, sondern als berufsübergreifend (vgl. Grundmann 1991: 64). Diese Ansicht vertritt SOWINSKI demgegenüber nicht: für ihn soll der Deutschunterricht sehr wohl eine allgemeinbildende Funktion erfüllen (vgl. Sowinski 1980: 155; in: Grundmann 1980). Das Für und Wider soll an dieser Stelle wegen des eingeschränkten Rahmens dieser Arbeit nicht in aller Tiefe diskutiert werden. Fest steht jedoch, um diese Diskussion zusammenzufassen, dass man als Berufsschullehrer für das Fach Deutsch zwischen zwei Stühlen steht: einerseits sollen allgemeinbildende Inhalte gelehrt werden (etwa, wenn die Schüler einer Lerngruppe oder Klas- se extreme Schwächen in Rechtschreibung und Grammatik zeigen), andererseits können fach- bezogene bzw. berufsspezifische Inhalte besprochen werden (beispielsweise in Klassen von Ausbildungszweigen, die eine ausgeprägte Fachsprache beherrschen müssen wie im IT-Bereich o.ä.)3.

Eindeutig ist, dass das Fach Deutsch an berufsbildenden Schulen einen gänzlich andersartigen Stellenwert als an allgemeinbildenden Schulen einnimmt. Daher sollte man als Berufsschullehrer lediglich die didaktisch-methodischen Konzepte ins Auge fassen, die ausdrücklich für die Be- rufsschule erarbeitet wurden. Doch hier stößt man rasch an die Grenzen des Möglichen: In der Literatur wird ausnehmend über den Stellenwert des Deutschunterrichts am Berufskolleg leb- haft disputiert, doch vermisst man an der Stelle eine einheitliche Didaktik, die nützliche Tipps für die Praxis beinhaltet. Wieso dem so ist, wird dadurch deutlich, wenn man bedenkt, dass der Lehrer an Berufsschulen völlig unterschiedlich aufgebauten Lerngruppen gegenübertritt. Wie könnte man eine allgemeine Didaktik vorstellen und begründen für ein Fach, welches je nach Lerngruppe und Ausbildungszweig völlig unterschiedlich gelehrt wird? Demnach kann man nur auf allgemeine didaktische Konzepte für den Deutschunterricht ausweichen und diese seiner eigenen Lerngruppe individuell anpassen.

Hauptaufgabe des Deutschunterrichts an berufsbildenden Schulen ist, den Schüler in seinen „persönlichkeitsorientierten Kompetenzen“ zu unterstützen. Das heißt, der Auszubildende soll während seiner Lehrzeit im Deutschunterricht lernen, „im Berufs- und Alltagsleben sach- und fachkompetent“ aufzutreten. Um sich diese Qualifikation anzueignen, bedarf es unterrichtlicher Lernformen und -methoden, anhand derer die Schüler derartige Kompetenzen ausbauen können (Pohlmann 1993: 45; in: Grundmann 1993).

Die Handlungsorientierung steht hierbei im Vordergrund. Was steckt hinter diesem Schlagwort, welches sich in der Berufspädagogik in den 90er Jahren stark ausgebildet hat? Abgesehen von der bereits angesprochenen Handlungsorientierung, wie sie im Rahmenlehrplan beschrieben wird (vgl. hierzu Kap. 1.2), bezieht sich POHLMANN speziell auf den handlungsorientierten Deutsch- unterricht: Handlungsorientierter Deutschunterricht an der Berufsschule soll die Entfaltung zum selbstständigen Handeln der Schüler unterstützen. Dabei findet einerseits die These, Deutschunterricht soll berufsbezogen erfolgen, Verwendung, denn das Erlernen von verantwor- tungsbewusstem Handeln wird vom qualifizierten Gesellen vorausgesetzt; andererseits greift hier das Prinzip vom allgemeinbildenden Deutschunterricht: es „sollen aber auch Persönlichkei- ten gebildet und entwickelt werden“, die ihr Alltagsleben selbstsicher und souverän meistern können (ebd.: 45).

Handlungsorientierter Unterricht ist keine Unterrichtsmethode, sondern ein ganzheitliches Unterrichtskonzept. In diesem Konzept kommt zum Tragen, dass der Schüler nicht bloße Fak- ten und Daten lernt, vielmehr wird die Handlung selbst in den Mittelpunkt des Unterrichts- geschehens fokussiert. Dieses Fundament legt fest, dass der Schüler lernt, „alltägliche und berufliche Aufgaben eigenständig zu lösen“. So meint Handlungsorientierung mehr als nur „motorisches Tun“, tatsächlich drückt dieses unterrichtliche Konzept aus, dass Schüler einen Unterricht „subjektbezogen, tätigkeitsstrukturiert, erfahrungsbezogen, interaktionsbetont und ganzheitlich“ erfahren. In solch einer Unterrichtsform tritt der Lehrer zurück, indem er den Moderator spielt, die Person, die den Schülern hilft, eigenständig und verantwortungsbewusst ihre Persönlichkeit zu entwickeln (ebd.: 46ff.).

Im handlungsorientierten Unterricht können viele Sozialformen angewendet werden. Einige ausgewählte sollen kurz erklärt werden und in Kapitel 3.3 aufgegriffen werden:

- das Unterrichtsgespräch dient als Anregung der Kommunikation
- die Diskussion ist eine Methode, bei der Schüler lernen, „zu argumentieren und ihre Meinung im gegenseitigen Gedankenaustausch zu vertreten“, nachdem sich die Schüler auf einen bestimmten Themenkomplex vorbereitet haben
- die Gruppen- und Partnerarbeit gilt als wichtigste Form, um Kommunikation zu fördern (vgl. Pohlmann 1991: 91; in: Grundmann 1991)
- der Frontalunterricht ist ebenso eine Sozialform, wobei im Vordergrund stets die Entwicklung und Unterstützung der Persönlichkeitsbildung steht (vgl. Pohlmann 1993: 46; in: Grundmann 1993)

[...]


1 Die neuen Rechtschreibregeln wurden am 1.August 1998 in allen Bundesländern bis auf Schleswig-Holstein in Kraft gesetzt.

2 So findet man beispielsweise keinen Ausbildungsrahmenlehrplan für das Fach Deutsch beim Mediengestalter, da dieser Lehrplan in den allgemeinen Rahmenlehrplan integriert wurde.

3 Vgl. hierzu z.B. den Aufsatz von Grundmann, Hilmar: Vom Sinn und Unsinn der Forderung nach unbedingtem Berufs- bezug der Inhalte im berufsschulischen Deutschunterricht. In: Grundmann, Hilmar (Hrsg.) 2000: Zum Deutschunterricht an Berufsbildenden Schulen.

Fin de l'extrait de 32 pages

Résumé des informations

Titre
Orthografieunterricht an der Berufsschule
Université
University of Wuppertal
Cours
Schriftsystem und Syntax
Note
1,3
Auteur
Année
2004
Pages
32
N° de catalogue
V66016
ISBN (ebook)
9783638588041
Taille d'un fichier
447 KB
Langue
allemand
Mots clés
Orthografieunterricht, Berufsschule, Schriftsystem, Syntax
Citation du texte
Tina Schröder (Auteur), 2004, Orthografieunterricht an der Berufsschule, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66016

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