Neoliberale – gibt es sie wirklich? Kaum hört man Selbstbekenntnisse all jener, denen das Etikett „neoliberal“ oder zumindest einschlägige Tendenzen anhaften: „Ich, Guido Westerwelle, gebe zu: Ich bin ein Neoliberaler.“ Oder: „Ich, Gerhard Schröder, gestehe: Liberalismus ist eigentlich gar nicht so schlecht.“ Nein, Andrea Nahles, SPDMitglied und Juso-Chefin, hat recht: Lieber sprechen die Freunde des sogenannten Neoliberalismus von „Pragmatismus“, dem sie sich verpflichtet fühlten, sie bezeichnen sich als „Modernisierer“ oder einfach als „leistungsorientiert“ und „flexibel“.1 Offenkundig haftet dem Begriff ein Makel an. Neoliberalismus ist ein Schuh, der vielen zu passen scheint, aber den sich keiner gerne anziehen möchte. Ein alter Schuh, fleckig, brüchig, ramponiert? Oder längst wieder geleckt, gelackt, auf Hochglanz poliert – und trotzdem kein Objekt der Begierde? Offen im Raume stehend, mal in dieser, mal in jener Ecke, oder verschämt im Schuhschrank versteckt? Letzteres wohl kaum. Immerhin beschäftigen sich die Lexikonartikel seit mindestens fünf Jahrzehnten mit dem Neoliberalismus – also muß es ihn doch geben, irgendwo.
So definierte BROCKHAUS WIESBADEN den „Neoliberalismus“ bereits 1959 als „[...] wirtschaftspolit[ische]. Richtung, die unter Erneuerung liberaler Ideen eine Ordnung des Wettbewerbs anstrebt. Durch Maßnahmen des Staates soll ein echter Leistungswettbewerb garantiert werden; zentrale Wirtschaftslenkung durch den Staat oder durch Kartelle wird abgelehnt. Hauptvertreter: W. Eucken, Hayek, Röpke, Rüstow [...]“2
Und auch in den Neunzigern, wo die Welt doch so ganz anders aussieht als in der Zeit der wirtschaftswissenschaftlichen Altvorderen, hält sich der Begriff rege am Leben: „Neoliberalismus, wirtschaftspolitische Doktrin eines gegenüber dem Programm des klassischen Liberalismus ordnungspolitisch eingehegten Laissez-faire. Nach neoliberalistischer Auffassung soll die Rolle des Staates in der Wirtschaftspolitik auf die Schaffung und den Schutz des institutionellen Rahmens einer ansonsten freien, durch die Regeln des Wettbewerbs selbstgesteuerten Marktwirtschaft beschränkt bleiben. Etwaige staatliche Interventionen müssen in jedem Fall marktkonform sein [...]“3
[...]
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1 vgl. FOKKEN 1999
2 1959: 620
3 VIERECKE 1998
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vom,,alten\" zum „neuen“ Liberalismus
- Der Neoliberalismus der vierziger und fünfziger Jahre
- Die Ausgangslage
- ,,Ordo-Liberalismus“ - Walter Eucken
- ,,Soziale Marktwirtschaft“ – Alfred Müller-Armack
- Was heißt hier,,neoliberal“? Eine Spurensuche, damals und heute
- Der Neoliberalismus heute
- Die Ausgangslage
- Die aktuellen Positionen
- Neoliberalismus einst und jetzt - der Vergleich
- Résumé
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Neoliberalismus in den 1940er- und 1990er-Jahren. Sie untersucht die Aussagen des Neoliberalismus zur Rolle des Staates in der Wirtschaft und stellt einen Vergleich zwischen den Positionen der damaligen und der heutigen Zeit an.
- Die Entwicklung des Liberalismus vom klassischen zum Neoliberalismus
- Die Rolle des Staates in der Wirtschaft nach neoliberaler Sichtweise
- Der Vergleich der neoliberalen Positionen in den 1940er- und 1990er-Jahren
- Die Frage nach der Aktualität der neoliberalen Ideen
- Die Bedeutung des Begriffs „Neoliberalismus“ in der heutigen Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik des Neoliberalismus anhand von aktuellen Beispielen vor. Kapitel 2 beleuchtet die Entstehung des klassischen Liberalismus im 18. und 19. Jahrhundert und seine Entwicklung zum ökonomischen Gestaltungsprinzip.
Kapitel 3 fokussiert sich auf den Neoliberalismus der 1940er- und 1950er-Jahre und analysiert die Positionen von Walter Eucken und Alfred Müller-Armack.
Kapitel 4 befasst sich mit der Frage nach der Definition des Begriffs „Neoliberalismus“ und beleuchtet dessen Bedeutung in der heutigen Zeit. In Kapitel 5 wird der Neoliberalismus der 1990er-Jahre dargestellt und seine aktuellen Positionen analysiert.
Schließlich stellt Kapitel 6 einen Vergleich zwischen dem Neoliberalismus der 1940er- und 1990er-Jahre an.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich den Themenfeldern des Neoliberalismus, der Rolle des Staates in der Wirtschaft, dem Wettbewerbsgedanken, der Sozialen Marktwirtschaft, dem Ordo-Liberalismus und der aktuellen Debatte um die Regulierung der Wirtschaft.
- Citar trabajo
- Christian Matiack (Autor), 2000, Staatsaufgabe oder Staats-Aufgabe? Die Aussagen des Neoliberalismus in den 1940er- und 1990er-Jahren zur Rolle des Staates in der Wirtschaft - ein Vergleich, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6603