Geschichtsbilder in Virginia Woolf´s Between the Acts


Trabajo, 2005

22 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Landsitz Pointz Hall

3. Geschichtsbilder der Protagonisten
3.1 Bart
3.2 Lucy
3.3 Giles
3.4 Isa

4. Bedeutung von Geschichte für verschiedene Generationen

5. Geschichtsdarstellung im Pageant

6. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Geschrieben zur Zeit des zweiten Weltkriegs wird Virginia Woolf`s Roman Between the Acts meist als Kommentar der Autorin zu den geschichtlichen Ereignissen und zu Geschichte im Allgemeinen gelesen. So äußert sich auch Deiman: “The tragic intensity and desperation of the time forced her to an almost obsessive preoccupation with history on virtually every page of this posthumous novel.”[1] In der Forschungsliteratur wird dabei die Frage behandelt, welche Konzeptionen von Geschichte Virginia Woolf in ihrem Roman vermittelt und welche Schlussfolgerungen sich auf daraus für die Geschichtssicht Virginia Woolfs ziehen lassen.

Ewald Mengel unterscheidet in seinem Werk “Geschichtsbild und Romankonzeption“ drei verschiedene Geschichtskonzeptionen.[2] Während die lineare Konzeption von einer Einmaligkeit der Ereignisse ausgeht, die sowohl als Höherentwicklung als auch als Verfall gedeutet werden kann, wird Geschichte innerhalb des zyklischen Geschichtsbildes als kontinuierliche Auf- und Abwärtsbewegung interpretiert. Das kontingente Geschichtsbild hingegen sieht Geschichte nicht als festgelegtes Konstrukt, sondern betont, dass der Sinn der Geschichte immer nur als vorläufig verstanden werden kann und vom jeweils späteren Zeitpunkt neu interpretiert werden muss.

Angewendet auf Virginia Woolf`s Between the Acts soll nun innerhalb dieser Arbeit die Frage geklärt werden, welche verschiedenen Geschichtskonzeptionen Virginia Woolf in ihrem Roman darstellt, auf welche Weise dies geschieht und welche Funktion dadurch erfüllt wird. Dazu sollen verschiedene Bereiche, wie das Setting, die Protagonisten sowie das Pageant hinsichtlich der hier vermittelten Geschichtsmuster untersucht werden. Abschließend soll in diesem Zusammenhang festgestellt werden, ob und inwiefern Virginia Woolf eine bestimmte Geschichtskonzeption einer anderen vorzieht.

2. Der Landsitz Pointz Hall

In Virginia Woolf´s Between the Acts werden Geschichtsmuster nicht nur im Pageant oder in den verschiedenen Geschichtsauffassungen der Protagonisten deutlich, sondern auch in der Beschreibung des Settings. Sabine Hotho-Jackson bemerkt dazu: „..: hier stiftet ein dichtes Netz von Symbolen und Andeutungen eine historische Atmosphäre von lyrischer Intensität, ohne dass die faktische Welt der historischen Wirklichkeit konkret in den Text hineingeholt werden muss:..“[3]. Durch diese indirekte Art der Vermittlung erscheint der Landsitz Pointz Hall und seine Umgebung zunächst als ein Ort, an dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, wie die Uhr, die seit einem Einschlag einer Kugel auf dem Schlachtfeld von Waterloo stehen geblieben ist:

The village is a backwater, characterized by a sense of historical continuity rather than change. [..] Woolf´s choice for this setting suggests a powerful nostalgia for an older English culture – rural rather than industrial, feudal rather than democratic, simple rather than complex, and above all, unified.[4]

Genau wie die Aussicht sich nicht ändert, die Schwalben immer an den selben Ort zurückkommen und die Lilien schon immer am selben Platz stehen, ist auch die gesamte weitere Umgebung und ihre Bewohner von Kontinuität geprägt: “Some had been there for centuries never selling an acre.“ (46). Kontinuität äußert sich auch darin, dass die Beschreibung aus Figgis Guidebook aus dem Jahre 1833 immer noch genauso vorzufinden ist: The Guide Book still told the truth. 1833 was true in 1939.. “(32). Genau wie der Schauplatz, so können auch seine Bewohner auf eine lange Geschichte zurückblicken:

Roughly speaking, however, had Figgis been there in person and called a roll call, half the ladies and gentlemen present would have said: “Adsum; I´m here, in place of my grandfather or great-grandfather,” as the case might be. (46)

Die Unveränderlichkeit der Landschaft und die lange Tradition ihre Bewohner vermitteln hier zunächst ein kontinuares Geschichtsbild, sozusagen eine Geschichte ohne Veränderungen. Dies wird zunächst positiv gedeutet, da gemeinsame Geschichte den inneren Zusammenhalt einer Gemeinschaft stärkt und ein kontinuares Geschichtsbild Hoffnung auf eine Zukunft eröffnet, die keinem Wechsel unterworfen ist und von der man sich daher auch nicht bedroht fühlen muß:

They are the antithesis to Woolf`s sense of historical decay, serving to suggest the continual existence of an essential England that might survive even the present moment of internal dividedness and international confrontation.[5]

Woolf zeigt jedoch auch das genaue Gegenteil, wenn sie die ewig wiederkehrenden Rituale, Traditionen und Gespräche als quälend und schwer zu ertragen darstellt:

“I´ve been nailing the placard on the Barn,” she said, giving him a little pat on the shoulder. The words were like the first peal of a chime of bells. As the first peals, you hear the second; as the second peals, you hear the third.[..] Every summer, for seven summers now, Isa had heard the same words about the hammer and the nails; the pageant and the weather. (12f.).

In der Beschreibung des Settings und seiner Bewohner finden sich jedoch auch viele Beispiele, die nicht auf die Kontinuität von Geschichte hindeuten, sondern auf ihren Niedergang. So wird mit alten Traditionen wie dem Kirchgang gebrochen. Stattdessen locken neue, moderne Attraktionen, die sozusagen eine Gegenkultur schaffen, die auch für die Dorfbewohner nicht ohne Anreize bleibt:

True, there were absentees, when Mr. Streatfield called his roll call in the church. The motor bike, the motor bus, and the movies - when Mr. Streatfield called his roll call he laid his blame on them. (46).

Zusätzlich wird die homogene Gemeinschaft der Dorfbewohner von Eindringlingen aus der Stadt heimgesucht, wie zum Beispiel den Manresas, die sich dort niederlassen und die sich weder durch ihr Verhalten noch optisch zu integrieren wissen. Diese Fremdeinflüsse machen sich auch in der Bebauung bemerkbar, wie eine Zuschauerin des Pageant bemerkt: “That hideous new house at Pyes Corner! What an eyesore! And those bungalows! – have you seen em?” (46).

Zwerdling bezeichnet Pointz Hall als einen Ort “threatened with destruction”[6]. Diese Bedrohung des Ortes zeigt sich nicht zuletzt an den zahlreichen Gesprächen über den anstehenden Krieg: “I agree – things look worse than ever on the continent. And what´s the channel, come to think of it, if they mean to invade us? The aeroplanes, I didn´t like to say it, made one think…” (123). Besonders an dieser Stelle wird Geschichte als negative Veränderung gedeutet, zieht man Lucys Äußerung in Betracht, dass es früher überhaupt keinen Kanal gegeben habe, der die Landmassen trennte. Von einer Einheit der Länder ist es im Laufe der Zeit zu einer Aufspaltung gekommen. Nun wird eine Seite von der anderen bedroht. Zu dieser Deutung kommt auch Hotho-Jackson:

Lesen wir Between the Acts solchermaßen als Zustandsbeschreibung der Vorkriegszeit, so ist es durchaus nahe liegend, die Szenerie von Pointz Hall als tableauartige Momentaufnahme eines komplexen soziokulturell-soziopsychologischen Auflösungsprozesses zu betrachten, [..] Die Gegenwart als Auflösung demotieren heißt, den Verlauf der Geschichte als mehr oder minder stete Abwärtsbewegung zu beschreiben.[7].

Andererseits zeigt der Roman in deutlicher Weise, dass Veränderungen und Neuerungen schon immer vorhanden gewesen sind. So hat sich zum Beispiel die an das Haus angrenzende Kapelle in einen Vorratsraum verwandelt. Die Ablösung von Jessie Pook durch Mrs. Sands hat sich als durchaus positiv erwiesen. Die Olivers, die erst vor einem Jahrhundert als Neuankömmlinge in das Dorf gekommen sind, haben sich integriert. Und auch die Landschaft ist durch die englische Geschichte, die von Kriegen, Niederlagen und Eroberungen erzählt, geprägt:

From an areoplane, he said, you could still see, plainly marked, the scars made by the Britons; by the Romans; by the Elizabehan manor house; and by the plough, when they plouhed the hill to grow wheat in the Napoleonic wars. (1).

Das Thema der Auflösung wird damit zur historischen Normalität.[8] Dies verweist wiederum eher auf ein zyklisches Geschichtsbild, welches Geschichte als ständige Auf- und Abwärtsbewegung charakterisiert. Dass dieses Geschichtsmuster jedoch nur eine Deutungsmöglichkeit unter vielen verschiedenen ist, die durch die Beschreibung des Settings und seiner Bewohner gewonnen werden können, sollte in diesem Abschnitt klar gemacht werden. Virginia Woolf gibt in diesem Sinne keine feste Deutung, sondern ermöglicht es dem Leser verschiedene Sichtweisen kennen zu lernen. Die Vielfalt der möglichen Geschichtsauffassungen zeigt sich auch in der Analyse der unterschiedlichen Charaktere. Um dies näher zu erläutern sollen im Folgenden zunächst Bart, Lucy, Giles und Isa in Hinblick auf ihre Sicht auf Geschichte charakterisiert werden.

3. Geschichtsbilder der Protagonisten

3.1. Bart

Für Bartholomew Oliver, auch Bart genannt, hat die Geschichte einen hohen Stellenwert und erfüllt verschiedene Funktionen. Schon zu Beginn des Romans fällt auf, wie oft Bart auf Geschichte referiert. In seinen Erzählungen lässt er sowohl persönliche Erinnerungen als auch die Geschichte von Pointz Hall oder der Umgebung wiederauferstehen: “Then he told her the famous story of the great eighteenth-century winter; when for a whole month the house had been blocked by snow.“(4). Als das Ehepaar Haines zu Besuch ist, erzählt er, wie seine Mutter ihm 60 Jahre zuvor ein Werk von Byron geschenkt hat. Diese Erzählungen dienen jedoch nicht immer nur der privaten Erinnerung. Geschichte gehört zu den Themen, die die Konversation bei gesellschaftlichen Anlässen in Gang halten können:

But he remembered his guest. The family was not a family in the presence of strangers. He must, rather laboriously, tell them the story of the pictures at which the unknown guest had been looking when Giles came in. (29).

Ganz zu Recht wird der Vorfahre in diesem Zusammenhang als “talk-producer“ bezeichnet.

Trotzdem ist Geschichte für Bart zunächst persönliche Erinnerung, die er sich gerne ins Gedächtnis ruft. Seine Vergangenheit empfindet er nicht als bedrückend, sondern kann sich mit ihr identifizieren. Wie groß dieses Identifikationspotential ist, zeigt die Art und Weise, wie er, als ehemaliges Mitglied des Indian Civil Service, seinen Aufenthalt in Indien im Traum vergegenwärtigt:

But the master was not dead; only dreaming; drowsily, seeing as in a glass, ist lustre spotted, himself, a young man helmeted; and a cascade falling. But no water; and the hills, like grey stuff pleated; and in the sand a hoop of ribs; a bullock maggot-eaten in the sun; and in the shadow of the rock, savages; and in his hand a gun. The dream hand had clenched; the real hand lay on the chair arm, the veins swollen but only with a brownish fluid now. (10).

Barts Vergangenheit ist eng an die Vergangenheit Englands geknüpft; er steht sozusagen stellvertretend für eine Generation, mit der er gemeinsame, durch die Historie geprägte, Erfahrungen und Einstellungen teilt:

In Bart funktioniert die Identifikation von Ich und Öffentlichkeit, von Ich und Geschichtswelt reibungslos, er akzeptiert das tradierte Geschichtsbild und seine Mythen, weil er keinen Bruch zwischen diesen und der eigenen Identität feststellen kann. Der Geschichtszusammenhang, in den er sich setzt, ist der einer imperialen Nationalgeschichte, in der das bewegende Prinzip der Rhythmus von Krieg und Niederlage, Eroberung und Unterwerfung ist.[9]

[...]


[1] Deiman: “History, Pattern and Continuity in Virginia Woolf, S. 50.

[2] vgl. Mengel: “Geschichtsbild und Romankonzeption“, S. 45ff.

[3] Hotho-Jackson: „Zwischen Tradition und Moderne“, S. 271.

[4] Zwerdling: “Between the Acts and the Coming of War”, S. 226.

[5] ebd., S. 226.

[6] Zwerdling: “Between the Acts and the Coming of War”, S. 227.

[7] Hotho-Jackson: “Zwischen Tradition und Moderne”, S.291.

[8] vgl. Hotho-Jackson: “Zwischen Tradition und Moderne”, S.291.

[9] Hotho-Jackson: “Zwischen Tradition und Moderne”, S.333.

Final del extracto de 22 páginas

Detalles

Título
Geschichtsbilder in Virginia Woolf´s Between the Acts
Universidad
University of Bonn  (Englisches Seminar)
Curso
Der englische historische Roman
Calificación
1,3
Autor
Año
2005
Páginas
22
No. de catálogo
V66319
ISBN (Ebook)
9783638589642
ISBN (Libro)
9783656811480
Tamaño de fichero
533 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Geschichtsbilder, Virginia, Woolf´s, Between, Acts, Roman
Citar trabajo
Elisabeth Kaulen (Autor), 2005, Geschichtsbilder in Virginia Woolf´s Between the Acts, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66319

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