Jamaika - ein karibischer Kleinstaat und seine außenpolitischen Strategien


Trabajo, 2006

17 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Hauptteil
1. Der Kleinstaat
1.1 . Definition eines Kleinstaates
1.2 . Verwundbarkeit eines Kleinstaates
1.2.1. Wirtschaftliche Verwundbarkeit
1.2.2. Politische Verwundbarkeit
1.3. Außenpolitische Strategien eines Kleinstaates
1.3.1. Neutralität
1.3.2. Integration
1.3.3. Diplomatie
1.3.4. Reputation
2. Die Außenpolitik Jamaikas
2.1. Überblick über die Geschichte der Außenpolitik Jamaikas
2.1.1. Nach der Unabhängigkeit (1962 -1972)
2.1.2. Demokratischer Sozialismus (1972 - 1980)
2.1.3. Feste Einbindung in den Westen (1980 - 1989)
2.1.4. Weltweites Engagement (Seit 1989)
2.2. Jamaikas Strategien
2.2.1. Neutralität
2.2.2. Integration
2.2.3. Diplomatie
2.2.4. Reputation

III. Zusammenfassung

IV. Quellen- und Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Die englischsprachigen Karibik-Inseln gehören zu den kleinsten unabhängigen Staaten der Welt. Ungeachtet ob man die Bevölkerungszahl oder die Staatsfläche als Kriterium heranzieht, sind diese Staaten definitiv als „Kleinstaaten" zu bezeichnen.

Als sie im Zuge des weltweiten Dekolonalisierungs-Prozesses in den 1960er Jahren von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen wurden, räumten insbesondere die Anhänger der „Realistischen Schule" der Politikwissenschaft diesen kleinen Staaten keine Überlebenschance ein. Beinahe als ein Ding der Unmöglichkeit erschien es diesen Wissenschaftlern, dass diese „Winzlinge" ein funktionierendes Staatswesen aufbauen könnten, oder sich sogar aktiv an der Internationalen Politik beteiligten. Trotz dieser weit verbreiteten Skepsis haben die karibischen Kleinstaaten überlebt. In seiner Eigenschaft als bevölkerungsreichster Staat der Commonwealth-Karibik spielt Jamaika dabei eine entscheidende und führende Rolle im karibischen Kleinstaaten-Ensemble. Diese „Führungsmacht“ der englischsprachigen Karibik soll daher in dieser Darstellung im Fokus des Interesses stehen. Ziel dieser Betrachtung ist es, aufzuzeigen, wie es der Kleinstaat Jamaika vermochte, in der Weltpolitik gegenüber den „Großen" zu bestehen.

Welche außenpolitischen Strategien und Instrumentarien hat der Inselstaat angewandt, um nicht nur als attraktives Urlaubsland wahrgenommen zu werden, sondern vielmehr auch als ernstzunehmendes Mitglied der Internationalen Staatengemeinschaft?

Um sich dieser Fragestellung zu nähern, wird sich die Autorin im ersten Kapitel zunächst dem theoretischen Rahmen dieser Frage widmen. Es soll die Frage beantwortet werden, was überhaupt ein Kleinstaat ist, wie er sich definiert. Des Weiteren werden an dieser Stelle die besonderen Verwundbarkeiten eines Kleinstaates aufgezeigt. Daran schließt sich an, zwischen welchen außenpolitischen Strategien ein Kleinstaat wählen kann, um den Nachteilen der Kleinstaatlichkeit zu begegnen. Im zweiten Kapitel dieser Arbeit soll das Fallbeispiel Jamaika im Mittelpunkt stehen. Hier wird zuvorderst ein Überblick über die Geschichte der jamaikanischen Außenpolitik gegeben, ehe dargestellt wird, welche kleinstaatlichen Strategien Jamaika anwendet. Eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Ergebnissen der Betrachtung und einem Ausblick in die Zukunft beschließt die Arbeit.

II. Hauptteil

1. Der Kleinstaat

1.1. Definition eines Kleinstaates

Doch was bedeutet der Begriff „Kleinstaat" nun überhaupt? Wie klein muss ein Staat sein, um unter die Kategorie „Kleinstaat" zu fallen? Wie definiert sich ein „Kleinstaat", an welchen Indikatoren kann man ihn festmachen?

In der Politikwissenschaft gibt es zu diesem Themenkomplex eine Unzahl an Definitionen und Definitionsmöglichkeiten. So zeigt etwa Goldhamer die ganze Fülle der Verwendung des Kleinstaatenbegriffs, wenn er aufzählt, dass der Begriff mitunter „for large countries with small populations, small countries with large populations, small countries with small populations, and sometimes countries of any size that mostly mind their own business in world affairs"[1] verwendet werden kann. Die Versuche den „Kleinstaat" zu definieren, umschließen die unterschiedlichsten Variablen. Die häufigsten Variablen sind dabei Bevölkerungsgröße, territoriale Größe, Bruttonationalprodukt (BNP), militärische Potenz, Grad der wirtschaftlichen Entwicklung sowie die Rolle bzw. den Rang im Internationalen Staatensystem.[2] Trotz dieser Vielzahl an Kriterien schweben Wissenschaftler meist drei verschiedene Gebilde vor, wenn sie von einem Kleinstaat sprechen[3]: (1) „Winzlinge" mit einer Bevölkerungszahl unter einer Million, wie z. B. die früheren Britischen Kolonien in der Karibik, (2) Kleinstaaten in der EU, wie z.B. Luxemburg, Österreich und Irland, und (3) Kleinstaaten in der Dritten Welt, also Afrika, Asien und Lateinamerika. Beispiele wären hier etwa Nigeria, Laos oder Paraguay.[4] Ob dieser Vielfältigkeit der Definitionsmöglichkeiten für einen Kleinstaat, hat die Autorin für sich die Arbeitsdefinition gewählt, die ihr für den Fall Jamaika am praktikabelsten erscheint. Als primäres Kriterium soll dabei die Bevölkerungsgröße und die Flächengröße gelten. Gemäß des im August 1985 veröffentlichten Berichts einer von den Commonwealth-Regierungschefs eingesetzten „Consultative Group on the special needs of small states“ werden Staaten mit einer Bevölkerungszahl bis zu einer Million Einwohner als Kleinstaat definiert.[5] Wenngleich Jamaika mit seinen 2, 66 Millionen Einwohnern und einer Fläche von 10 991 Quadratkilometern[6] der größte Staat im Bereich der Commonwealth-Karibik ist, zählt der Inselstaat im globalen Kontext jedoch gleichzeitig zu den Kleinstaaten.[7] Als sekundäres Kriterium wird für diese Arbeit Robert Keohanes Definition herangezogen, wonach „A small power is a state whose leaders consider that it can never, acting alone or in a small group, make a significant impact on the system"[8]. Entscheidend für die Einordnung als Kleinstaat ist denn also die Wahrnehmung der eigenen politischen Elite. Ein Kleinstaat ist folglich ein Staat, der einen - als subjektiv wahrgenommen - niederen Rang in dem Staatensystem einnimmt, in dem er agiert.[9] Und die jamaikanische Elite sieht ihr Heimatland in globaler Hinsicht zweifellos als Kleinstaat an.[10] Aufgrund seiner geringen Bevölkerungszahl und seiner eigenen Wahrnehmung als Kleinstaat soll Jamaika sonach als Kleinstaat gelten.

1.2. Verwundbarkeit eines Kleinstaates

Der Kleinstaat an sich weist eine ausgeprägte Verwundbarkeit auf. Er muss sich in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben, um seinen Bürgern Wohlstand und Überleben zu sichern, da er aufgrund seiner Kleinstaatlichkeit auf Unterstützung von externen Partnern bzw. Staaten angewiesen ist. Dabei gibt es insbesondere zwei Dimensionen der Verletzlichkeit: zum einen die wirtschaftliche und zum anderen die politische.

1.2.1. Wirtschaftliche Verwundbarkeit

Die wirtschaftliche Verwundbarkeit ist hauptsächlich bedingt durch die kleinen und begrenzten Märkte, die dem Kleinstaat zur Verfügung stehen. Seine Größe und sein Grad an Diversifikation reichen nicht dazu aus, das zu produzieren, was der Staat selbst zum Konsum benötigt. Aber Größe und Diversifikations-Grad reichen auch nicht dazu aus, eben all das intern zu konsumieren, was im Land produziert wird.[11] Der Binnenmarkt ist begrenzt durch die geringe Einwohnerzahl, weshalb die kleinstaatliche Volkswirtschaft stark von Exporten bzw. dem Außenhandel abhängig ist. Allerdings ist der Kleinstaat indes meist nur auf wenige Produkte spezialisiert, die wiederum nur in wenige Staaten exportiert werden. Veränderungen im wirtschaftlichen Verhalten auch nur eines Handelspartners können dadurch große Auswirkungen auf den Kleinstaat haben.[12] Daher ist er extrem anfällig für externe Markteinflüsse. Insbesondere bei Inselstaaten bekommt zudem der Faktor der Abgeschiedenheit ein besonderes Gewicht, da der Transport der Export-Produkte über weite Entfernungen gewährleistet werden muss. Die häufig fehlende Infrastruktur verschärft zudem dieses Transportproblem. All diese restriktiven Determinanten erschweren es dem Kleinstaat, Investoren und Devisenbringer für seine Volkwirtschaft zu finden.

1.2.2. Politische Verwundbarkeit

Die politische Verwundbarkeit ist vor allem von den Gefahren durch eine militärische Bedrohung gekennzeichnet. Als primäres Problem gilt das Überleben des Kleinstaates in einem militärischen Konflikt. Aufgrund seiner militärischen Schwäche ist der Staat den Gefahren einer Eroberung ausgesetzt. Seine geringe Potenz macht den Kleinstaat wiederum abhängig von Allianzen und anderen Staaten, die ihn vor Eroberungen schützen und damit das bloße Überleben sichern sollen.[13] Da das Völkerrecht seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch Angriffskriege zur Eroberung und Annexion anderer Staaten verbietet[14] - und damit jeder Kleinstaat vor potentiellen staatlichen Aggressoren geschützt ist, wie der Krieg zwischen Kuwait und dem Irak gezeigt hat - geht die größte Gefahr für das Überleben eines Kleinstaates mittlerweile von nicht-staatlichen Akteuren aus. Terrorismus, organisiertes Verbrechen (Drogenhandel, Geldwäsche) und Piraterie gefährden nun in der Hauptsache die Existenz des Kleinstaates. Dabei läuft der Kleinstaat aufgrund seiner geringen internationalen Bedeutung immer Gefahr, im internationalen Staatensystem schlicht „vergessen" zu werden und mit seinen sicherheitspolitischen Problemen alleine fertig werden zu müssen. Er ist abhängig von den politischen Entscheidungen der größeren Mächte.

Diese besondere Verwundbarkeit von Kleinstaaten resultiert aus ihrer meist abgelegenen Lage mit besonderen Gefährdungen und aus der fehlenden Möglichkeit, aufgrund geringer Macht und Mittel auf Ereignisse zu reagieren oder diese angemessen zu kompensieren. Damit sind Kleinstaaten nicht in der Lage, irgendeinen Einfluss auf das System der Internationalen Staatenwelt auszuüben, es sei denn sie sind Mitglied in Internationalen Organisationen, die jedoch wiederum von größeren Mächten dominiert werden. Die Kleinstaaten werden eher vom System beeinflusst als umgekehrt[15] - ihr Schicksal hängt von ihrer Umgebung ab, insbesondere von den mächtigeren Staaten, aber auch vermehrt von transnationalen Wirtschaftsorganisationen.

1.3. Außenpolitische Strategien eines Kleinstaates

Doch welche strategischen Optionen haben Kleinstaaten nun in der Theorie um in der Internationalen Staatengemeinschaft zu bestehen und ihrer ausgeprägten Verwundbarkeit zu begegnen? Wie sichern sie nicht nur ihr Überleben, sondern realisieren auch ihre außenpolitischen Ziele?

1.3.1. Neutralität

Eine der Optionen, die den Kleinstaaten zur Verfügung steht, ist die Neutralität. Im Allgemeinen wird hier zwischen zwei Ausprägungen der Neutralitätspolitik unterschieden: zum einen die passive Neutralität und zum anderen die aktive Neutralität.

Bei der passiven Neutralität beteiligt sich der Staat nicht aktiv an der Internationalen Politik. Er bleibt in der Rolle des Zuschauers. Durch diese Zuschauerrolle versucht der neutrale Staat, möglichst allen Auseinandersetzungen in der Staatenwelt aus dem Weg zu gehen und nicht unnötig in Konflikte hineingezogen zu werden.[16]

Bei der aktiven Neutralität verhaart der Staat indes nicht nur in seiner reinen Zuschauerrolle. Zwar schließt er sich gemäß seinem Status als Neutraler keiner Allianz an, beteiligt sich aber über die Mitgliedschaft in Internationalen Organisationen dennoch an der Internationalen Politik. In etwaigen Konfliktsituationen betätigt sich der Staat als Brückenbauer und Vermittler, er tritt als „ehrlicher Makler" zwischen den Konfliktparteien auf. Ein Staat, der sich der aktiven Neutralität verschrieben hat, tut sich zudem häufig als Gastgeber von Internationalen Organisationen und Konferenzen hervor, oder beherbergt mitunter sogar den Sitz einer Internationalen Organisation auf seinem Territorium. Die aktive Neutralitätspolitik zeigt sich überdies in einer verstärkten Solidarität mit von Unterentwicklung und Unterernährung betroffenen Staaten. Großzügige humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe sind ein Indikator für eine aktive Neutralität.[17]

[...]


[1] Goldhamer, Herbert 1972: The Foreign Powers in Latin America. Princeton: Princeton University Press. (A Rand Corporation Research Study) S. 237.

[2] Vgl. Koßdorff, Felix 2000: Die Republik Irland - Ein europäischer Kleinstaat und seine außenpolitischen Strategien als Mitglied der EU. Wien : WUV. (Dissertationen der Universität Wien ; 68) Zugl.: Wien, Univ., Diss., 2000. S. 30.

[3] Vgl. Hey, Jeanne A. K. 2003: Introducing Small State Foreign Policy. In: Hey, Jeanne A. K. (Hg.) 2003: Small States in World Politics. Explaining Foreign Policy Behavior. Boulder (u.a.) : Lynne Rienner Publishers. S. 1 - 11. S. 2.

[4] Vgl. Hey, Jeanne A. K. 2003: S. 2.

[5] Vgl. Müllerleile, Christoph 1993: Die Integration der CARICOM-Staaten. Fortschritte und Hindernisse auf dem Weg zur Karibischen Gemeinschaft. Münster (u.a) : Lit. (Politikwissenschaftliche Perspektiven ; 9) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1993. S. 32.

[6] Vgl. URL: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laender/Jamaika.html, letzter Zugriff: 10.08.2006, 16:07 Uhr.

[7] Vgl. Müllerleile, Christoph 1993: S. 32.

[8] Keohane, Robert 1969: S. 296. Zit. in : Hey, Jeanne A. K. 2003: S. 3.

[9] Vgl. Väyrynen, Raimo 1971: On the Definition and Measurement of Small Power Status. Cooperation and Conflict, VI, S. 92 - 98. S. 99. Zit. In: Koßdorff, Felix 2000: S. 31.

[10] Vgl. Ettmayer, Wendelin 2004: Jamaika - mehr als Rum und Reggae. Chancen und Probleme eines Entwicklungslandes. Linz: Trauner. S. 116.

[11] Vgl. Eisenstadt, S. N 1977: Soziologische Merkmale und Probleme kleiner Staaten. In: Schweizerische Zeitschrift für Soziologie 1977. S. 67-85. S. 70. Zit. In: Waschkuhn, Arno 1990: Strukturbedingungen und Entwicklungsprobleme des Kleinstaats. In: Schweizerisches Jahrbuch für Politikwissenschaft 1990. S. 137 - 155. S. 143.

[12] Vgl. Handel, Michael I. 1990: S. 224 f.

[13] Vgl. Henrikson, Alan K. 1999: Small States in World Politics: The International Political Position and Diplomatic Influence of the World's Growing Number of Smaller Countries. Working Draft for Conference on Small States, St. Lucia, 17. - 19. Februar 1999. URL: http://wbln0018.worldbank.org/external/lac/lac.nsf/c3473659f307761e852567ec0054ee1b/2a46fc986a61a64e852567 fc00529a68/ $FILE/Small%20States%20in%20World%20Politics.doc. Letzter Zugriff: 10.08.2006, 22:56 Uhr.

[14] siehe Artikel 2, Absatz 4 der UN-Charta

[15] Vgl. Koßdorff, Felix 2000: S. 34 f.

[16] Vgl. Koßdorff, Felix 2000: S. 60.

[17] Vgl. Koßdorff, Felix 2000: S. 61.

Final del extracto de 17 páginas

Detalles

Título
Jamaika - ein karibischer Kleinstaat und seine außenpolitischen Strategien
Universidad
Johannes Gutenberg University Mainz
Curso
Kleinstaaten in der Weltpolitik
Calificación
1,0
Autor
Año
2006
Páginas
17
No. de catálogo
V66418
ISBN (Ebook)
9783638590167
ISBN (Libro)
9783640718153
Tamaño de fichero
503 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Jamaika Karibik Kleinstaaten Kleinstaat Weltpolitik Kingston USA Großbritannien Politikwissenschaft Politik Geschichte Strategie Strategien Option Optionen, Außenpolitik
Citar trabajo
Claudia Wößner (Autor), 2006, Jamaika - ein karibischer Kleinstaat und seine außenpolitischen Strategien, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66418

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