In dieser Arbeit werden zwei Aspekte der internationalen Beziehungen beleuchtet: das Thema des Staatszerfalls am Beispiel Somalias und die Frage, ob ein zerfallener Staat oder failed state überhaupt noch als Staat angesehen werden kann.
Die Frage „Was ist ein Staat?“ wird mit den Grundfunktionen nach Schneckener, Sicherheit, Wohlfahrt und Legitimität begründet. Hier ist ein Blick über das „westliche Skript“ hinaus nötig. So steht in der islamischen Staatstheorie beispielsweise nicht der Mensch, sondern Gott im Mittelpunkt. „Der Islam ist Religion und Staat.“ Der Somaliakonflikt stellt dabei nur ein Beispiel des Scheiterns derer dar, die das Staatsverständnis von 1648 – die Souveränität jedes Staates – weltweit angewandt wissen wollen. Das Land am Horn von Afrika ist nach unserem Verständnis kein De-facto-Staat, wird aber paradoxerweise de-jure als solcher angesehen.
Weiter wird die Arbeit den Zerfallenden Staat im Fokus haben, und dabei auf Struktur-, Prozess- und Auslösefaktoren eingehen. Hierbei rückt die Geschichte Somalias in den Vordergrund. Die klassische Nebeneinander-Gesellschaft ist trotz der relativen Homogenität konfliktreich, da ein akephales Stammessystem existiert. Hierzu kommt der ressourcenreichtum und die Grenzstellung zwischen Afrika und der arabische Welt. Zu solch einer komplizierten Struktur kommen Prozesse der (De-)Kolonialisierung und nicht nachhaltig geführten politischen Führung. Der Coup von 1969 beendete schnell den nicht zur somalischen Gesellschaft passenden, aber modernen Staat von 1960 und sorgte für zwei Jahrzehnte in denen die Legitimation des Diktator Siyad Barre sich einzig aus der Abwesenheit des Bürgerkrieges, welcher 1991 wieder aufbrach, speiste.
Die Arbeit endet mit einem Blick auf die Handlungsoptionen der internationalen Gemeinschaft mit speziellem Blick auf den Norden des Landes. Eine Anerkennung von Somaliland als Souveräner Staat aufgrund der weitreichenden Handlungsautonomie sollte stärker in Erwägung gezogen werden. Die Arbeit wurde im Sommer 2006 fertig gestellt, als die Islamic Court Union die Macht über das Land erlangen konnte. Vor diesem Hintergrund müssen auch weitere Denkanregungen gesehen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Der Staat
- Allgemein
- Definitionsansätze
- Die Kernfunktionen
- Das ,,kulturelle Skript“
- Die islamische Staatsideologie
- Kritik und weitere Überlegungen zur Staatlichkeit
- Souveränität
- Der zerfallen(d)e Staat
- Allgemein
- Strukturfaktoren
- Prozessfaktoren
- Auslösefaktoren
- Der Staat Somalia
- Kurze Geschichte des Landes
- Historisch
- Der Staatszerfall
- Somalia heute und morgen
- Akteure
- Ausnahme
- Ausblick
- Fazit
- Erfüllung der Funktionen
- Ist Somalia ein Staat?
- Mögliche Unabhängigkeit im Norden
- Handeln der internationalen Gemeinschaft in Somalia
- Anlagen
- Anlage 1 Literaturverzeichnis
- Anlage 2 Grafik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit beleuchtet zwei zentrale Aspekte der internationalen Beziehungen. Zum einen wird das Phänomen des Staatszerfalls anhand des Beispiels Somalia analysiert. Zum anderen soll die Frage geklärt werden, ob ein zerfallener Staat oder "failed state" überhaupt noch als Staat gelten kann. Diese Fragestellung wird ebenfalls im Kontext des Beispiels Somalia untersucht, da eine länderspezifische Analyse aufgrund regionaler Unterschiede am sinnvollsten erscheint.
- Definition des Staates im Kontext der europäischen und islamischen Welt
- Analyse der Kernfunktionen des Staates und ihrer Bedeutung für Stabilität
- Faktoren und Prozesse, die zum Staatszerfall führen können
- Die Geschichte Somalias und die Entwicklung des Staatszerfalls
- Die aktuelle Situation in Somalia und die Rolle internationaler Akteure
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem Begriff des Staates und verschiedenen Definitionsansätzen. Es werden sowohl die klassischen Merkmale des Staates wie Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt als auch die Bedeutung von Kernfunktionen wie Sicherheit, Wohlfahrt und Legitimität für das Funktionieren eines Staates beleuchtet. Im Fokus stehen dabei die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem europäischen und dem islamischen Verständnis des Staates.
Im nächsten Schritt wird der Prozess des Staatszerfalls analysiert. Dabei werden verschiedene Strukturfaktoren, Prozessfaktoren und Auslösefaktoren betrachtet, die zum Zerfall eines Staates führen können. Anschließend wird die Geschichte Somalias als Fallbeispiel für Staatszerfall näher beleuchtet. Hierbei wird sowohl die historische Entwicklung als auch der aktuelle Zustand des Landes analysiert, wobei der Fokus auf den Auswirkungen des Staatszerfalls auf die Bevölkerung und die Rolle verschiedener Akteure liegt.
Schlüsselwörter
Staatlichkeit, Staatszerfall, failed state, Somalia, islamische Staatsideologie, Kernfunktionen, Legitimität, Sicherheit, Wohlfahrt, Strukturfaktoren, Prozessfaktoren, Auslösefaktoren, Akteure, internationale Beziehungen, Handlungsoptionen, Somalilands.
- Quote paper
- Georg Kössler (Author), 2006, Staatlichkeit und Staatszerfall in Somalia, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66504