Deutsche Kolonialpolitik unter Bismarck. Das Für und Wider eines staatlich-formellen Kolonialismus


Mémoire de Maîtrise, 2006

112 Pages, Note: 1,7


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung

I. Eingrenzung fachwissenschaftlicher Begrifflichkeiten
1. Imperialismus – Semantische Entwicklung, Periodisierung und Definitionen
2. Kolonialismus – Kolonie, Kolonisation und Kolonialpolitik

II. Bismarcks Kolonialskepsis - Motive, Hintergründe und Stellungnahmen
1. Haushaltspolitik und die Ausweitung des parlamentarischen Exerzierfeldes
2. Mangelnde Infrastruktur und schwache Flotte
3. Die ökonomische Unrentabilität überseeischer Kolonien
4. Die Bevorzugung eines informellen Freihandelsexpansionismus
5. Europäischer Status Quo und französischer Revanchismus

III. Der koloniale Wendepunkt - Theorien und Erklärungsansätze für den Beginn
staatlich-formeller Kolonialpolitik
1. Das Auswanderungsproblem und der Verlust nationaler Energie
2. Nationalprestige und Weltgeltungssucht
3. Ökonomische Motive und die Wirtschaft als treibende Kraft
4. Sozialimperialismus als allumfassende Krisentherapie
5. Der Druck der öffentlichen Meinung und die Reichstagswahlen
6. Die Kronprinzenthese und die Angst vor einem deutschen Kabinett Gladstone
7. Außenpolitische Konstellationen und die Berliner Westafrika-Konferenz

Resümee
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis

Einleitung

Wohlan denn, dappfere Teutschen, machet, daß man

in der Mapp neben neu Spanien, neu Frankreich, neu

England, auch ins künfftige neu Teutschland finde!“ [1]

Innerhalb der Geschichte des Kolonialismus gab es seit Beginn der frühneuzeitlichen europäischen Expansion durch die Spanier und Portugiesen gegen Ende des 15. Jahrhunderts in Lateinamerika und Westafrika auch schon im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation Interessengruppen und Einzelpersonen, die den Erwerb neuer Gebiete für das deutsche Volk propagierten.[2] Die ersten Gehversuche Deutscher auf kolonialem Parkett begannen jedoch erst etwas später und bezeichnenderweise auf Initiative der spanischen Krone, die 1528 das Augsburger Handelshaus der Welser damit beauftragte, Teile Venezuelas zu kolonisieren. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch am zu geringen Interesse der Welser an Siedlungskolonien sowie an der Gier der Süddeutschen nach indigenem Edelmetall. So entzog Karl V. der Kaufmannsfamilie bereits nach 18 Jahren wieder die königliche Lizenz zur Besiedelung des südamerikanischen Landstriches.[3]

Es sollte gut 100 Jahre dauern, bis in der Person des Herzogs Jakob von Kurland (Baltikum) erneut ein ernstzunehmender Versuch eines Deutschen unternommen wurde, Kolonien in Übersee zu errichten. Zielgebiete waren im Jahre 1650 Tobago und Gebiete Westafrikas am Fluss Gambia, die dieses Mal unter holländischer Schirmherrschaft in Besitz genommen wurden, gegen Ende desselben Jahrhunderts jedoch wieder verloren gingen. Ebenso scheiterte die Unternehmung Johann Joachim Bechers und des Grafen Casimir Friedrich von Hanau, 1669 eine Siedlungskolonie auf dem Gebiet des heutigen Französisch-Guayana zu etablieren. Gleichfalls war den bekannten Bestrebungen des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg in West-Afrika und in der Karibik kein Glück gegönnt, im Jahre 1683 mit Groß-Friedrichsburg auf dem Gebiet des heutigen Ghana dauerhaft eine Handelskolonie zu errichten, die im Verbund mit St. Thomas (Antillen) als Pfeiler für einen brandenburgischen Dreieckshandel dienen sollte.[4]

Während all diese Kolonisationsprojekte noch sporadische Versuche von Einzelpersonen gewesen waren, setzte erst um 1840 eine breitere Kolonialagitation ein, als vor allem aufgrund ökonomischer, politischer und religiöser Faktoren immer mehr Deutsche ins Ausland abwanderten. Um einem durch die zunehmende Emigration drohenden Verlust „nationaler Energie“ vorzubeugen, sprach man davon, künftig „das osmanische Reich zu ‚beerben’, ein ‚Neu-Deutschland’ in Südamerika zu errichten oder große Teile Afrikas zu annektieren.“[5] Diverse Versuche, die deutsche Auswanderung innerhalb eines geplanten Kolonialismus einzufassen und zu organisieren, scheiterten wie in den Jahrhunderten zuvor jedoch abermals. Dem Kolonisierungsprojekt einer Gruppe deutscher Aristokraten in Texas und Oberkalifornien zwischen 1842 und 1845 („Mainzer Adels-„ oder „Texasverein“) ist kein besseres Schicksal widerfahren als dem Hamburger Reeder Karl Sieveking 1841 auf den Chatham-Inseln vor Neuseeland.[6] Nachdem der Idee eines Kolonialerwerbs Deutschlands im Laufe der Jahre trotz alldem immer mehr bekannte und einflussreiche Individuen (z.B. Richard Wagner) und Organisationen anhingen - allen voran der Großteil der Nationalliberalen Partei sowie verschiedene Kolonialvereinigungen - erreichte die Bewegung nach der Gründung des Zweiten Deutschen Kaiserreiches 1871 ihren vorläufigen Höhepunkt.[7]

Die nationalpatriotischen Rufe besonders des politischen Liberalismus und später auch des Konservativismus nach globaler machtpolitischer Gleichstellung mit bereits etablierten Kolonialmächten wie Frankreich oder England wurden immer lauter, und die Eingaben an die Regierung Bismarck durch Lobbyisten deutscher Handelsgesellschaften, die um Reichsschutz für ihre Niederlassungen in Übersee ersuchten, immer häufiger und nachdrücklicher. Lange Zeit widersetzte sich der eiserne Kanzler diesen Forderungen beharrlich, bis er im Jahre 1884 schließlich doch die ersten Schutzbriefe für deutsche Besitzungen in Togo, Kamerun und Südwestafrika ausstellte. Nach Inbesitznahme weiterer überseeischer Gebiete in Afrika, Asien und im Pazifik in den folgenden Jahren hatte nun auch Deutschland sein koloniales „Weltreich“.

Die historiographische Beschäftigung mit der kolonialen Phase deutscher Geschichte unter Bismarck und Wilhelm II. war lange Zeit eingebettet in die umfangreiche Forschung zum europäischen Hochimperialismus zwischen 1880 und 1914.[8] Die Mitte der 1970er Jahre von John Halstead und Serafino Porcari veröffentlichte Bibliographie allein wies schon über 30.000 Titel zum europäischen Imperialismus auf, in der die Anzahl spezifischer Werke über die deutsche Kolonialgeschichte aber noch verschwindend gering war.[9] So ist es nicht verwunderlich, dass dieser Abschnitt deutscher Geschichte im kollektiven historischen Bewusstsein der Bundesrepublik (und auch der DDR) lange Zeit nur äußerst schwach verankert war. Die Gründe hierfür liegen wohl erstens in der starken Konzentration der deutschen Geschichtsschreibung auf die Zeit des Nationalsozialismus und der damit korrelierenden Vernachlässigung kolonialhistorischer Themengebiete bis etwa zu Beginn der 1980er Jahre. Zweitens dürfte der verhältnismäßig kurze Zeitraum deutschen Kolonialbesitzes eine Rolle dabei gespielt haben, und drittens hatte die relative Folgenlosigkeit deutscher Kolonialpolitik für die Bundesrepublik vor allem während des Dekolonisationsprozesses mit all seinen Problemen und Konflikten dazu beigetragen, dass dieser Abschnitt deutscher Geschichte und Verantwortung nur geringfügig öffentliche Aufmerksamkeit nach sich zog.

Während sich Wissenschaft und Staat zu Zeiten der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus (häufig aus politischen und propagandistischen Gründen) noch relativ intensiv mit der deutschen Kolonialzeit beschäftigt hatten, verringerte sich das Interesse an einer weiteren Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialepoche nach Ende des Zweiten Weltkrieges.[10] Man hatte nun andere Sorgen als die Aufarbeitung der eigenen kolonialen Herrschaft. Vor allem seit Beginn der 1960er Jahre schließlich galt die Konzentration der Geschichtswissenschaft und der die öffentliche Meinung prägenden Massenmedien zunehmend der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und des Holocaust. Verglichen zur NS-Zeit fanden koloniale Politik und etwaige Verbrechen gegen die durch das Reich kolonisierten Völker in der deutschen Gesellschaft weniger Interesse und Aufmerksamkeit.

Erst seit den 1980er Jahren wandte sich die bundesdeutsche Geschichtswissenschaft wieder verstärkt der Aufarbeitung deutscher Kolonialvergangenheit zu.[11] Die Gründe hierfür liegen einerseits darin, dass die Beschäftigung mit der NS-Zeit ihren Zenit vorübergehend erreicht hatte und allmählich wieder leicht im Absinken begriffen war. Andererseits spielte dabei aber auch die Eigenart (nicht nur) deutscher politisch-historischer Erinnerungskultur eine Rolle, sich geschichtlichen Ereignissen, die einen „runden Geburtstag feiern“, in besonders intensiver Weise zu widmen.[12] In unserem Falle jährte sich 1984 die Ausstellung des ersten kaiserlichen Schutzbriefes für die künftige deutsche Kolonie Deutsch-Südwest zum hundertsten Male. Dieses Ereignis markierte den Beginn offizieller und formeller deutscher Kolonialpolitik. Weitere Stimuli zur intensiveren Untersuchung deutscher Imperialhistorie waren zudem zahlreiche und bisweilen äußerst heftig geführte Kontroversen. In diesen ging es zum Beispiel um die Verantwortlichkeit Deutschlands für den Ersten Weltkrieg, über das Primat der Innen- bzw. Außenpolitik oder über die Kontinuitäten und Diskontinuitäten deutscher Außenpolitik allgemein, die von Fachwissenschaftlern wie von interessierten Teilen der Öffentlichkeit geführt wurden.[13] Einige dieser Debatten setzten auch schon früher ein, beschäftigten sich mit Deutschlands Kolonialhistorie jedoch nur am Rande.[14]

Der zweite Hauptgrund für die relativ geringe Beachtung des deutschen Kolonialreiches war dessen Kurzlebigkeit, was durch den späten Eintritt Deutschlands in die Kolonialpolitik Mitte der 1880er Jahre unter Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck sowie durch den frühen Verlust des Kolonialreichs durch die Versailler Friedensverträge nach Ende des 1. Weltkrieges bedingt war.[15] Im Vergleich zu frühen Kolonialmächten wie Portugal, Spanien, den Niederlanden, Frankreich oder Großbritannien, die ihre überseeische Expansion lange vor Deutschland bereits in der Frühen Neuzeit begonnen hatten, blieb das deutsche Kolonialabenteuer also nur eine kurze Episode. Ferner überstieg die Anzahl und Größe der kolonialen Besitzungen der genannten europäischen Mächte vor allem während des 19. Jahrhunderts im Falle Englands und Frankreichs den Umfang der Überseegebiete des Deutschen Reiches um ein Vielfaches.[16]

Die dritte entscheidende Ursache für die Vernachlässigung der deutschen Kolonialgeschichte war die relative Folgenlosigkeit dieser Ära für das bundesrepublikanische Nachkriegsdeutschland. Der frühe Verlust der Kolonien hatte zur Folge, dass man sich hierzulande nach Ende des 2. Weltkrieges weniger stark mit den Ursachen und Auswirkungen der darauf folgenden weltweiten Phase der Dekolonisation auseinanderzusetzen hatte als Großbritannien oder Frankreich.[17] Besonders letzteres hatte gegen Ende der 1950er und in den frühen 1960er Jahren mit zahlreichen heftigen Aufständen im Maghreb und im Mutterland selbst zu kämpfen. Dass ihr koloniales Erbe bis heute gewichtiger Gegenstand französischer Innen- und Außenpolitik sowie der Bildungs- und Kulturpolitik des Landes ist, zeigen beispielsweise die Debatten um die Verankerung einer (auch) positiven Rolle der Kolonialherrschaft Frankreichs in französischen Schulbüchern, die Intervention französischer Eingreiftruppen in der ehemaligen Kolonie Côte D' Ivoire vor gut drei Jahren oder auch die jüngsten Unruhen in französischen Vorstädten, die man zumindest indirekt auch als eine Folge des französischen Kolonialismus in Nordafrika ansehen kann. Die „zu spät und zu kurz gekommene“[18] einstige Kolonialmacht Deutschland hingegen konnte während der in der heißen Dekolonisationsphase einsetzenden Diskussion um die imperialistische Vergangenheit Europas eine vermeintlich weniger schuldbeladene Rolle spielen[19] und dürfte letztlich insgeheim dankbar gewesen sein, damals zu spät und zu kurz gekommen zu sein.

Die koloniale Vergangenheit Deutschlands belastete die politischen, ökonomischen und kulturellen Beziehungen der Republik zu ihren ehemaligen überseeischen Besitzungen lange Zeit kaum. Erst in jüngster Zeit machten Schadenersatzforderungen des Staates Namibia (ehemals Deutsch-Südwest) in Milliardenhöhe gegen die Bundesrepublik in den deutschen Medien von sich reden und belasteten das bis zu diesem Zeitpunkt sehr gute Verhältnis zwischen beiden Ländern. Der Vorwurf lautet auf Völkermord an den Völkern der Herero und Nama, deren Aufstand gegen die deutschen Kolonialherren 1904 gewaltsam niedergeschlagen worden ist.[20] Die mediale Berichterstattung sowie die darauf folgende Genozid-Debatte, trugen und tragen wesentlich dazu bei, die Aufmerksamkeit der Deutschen wieder verstärkt auf die eigene Kolonialhistorie zu lenken.

Zeitgleich zeugen zahlreiche Buch-Neuerscheinungen wissenschaftlicher, populärwissenschaftlicher und belletristischer Art sowie qualitativ hochwertige Fernseh-Dokumentationen vom wachsenden Interesse eines großen Teils der Bevölkerung für die Epoche des Imperialismus im Allgemeinen und für deutsche Kolonialgeschichte im Besonderen.[21] So konnte sich Joseph Conrads grandioses Werk „Das Herz der Finsternis“ äußerst positiver Resonanz beim deutschen Lesepublikum erfreuen, nachdem es vom Verlag der Süddeutschen Zeitung neu verlegt und in die SZ-Bibliothek aufgenommen worden ist. Ebenso erzielte die dank wesentlicher Mitwirkung von Horst Gründer äußerst fundierte populärwissenschaftliche Gesamtdarstellung über die deutsche Kolonialgeschichte „Deutsche Kolonien. Traum und Trauma“ hohe Verkaufszahlen und konnte sich lange Zeit in den Bestsellerlisten halten.[22] Ebenso erfolgreich war die gleichnamige vom Zweiten Deutschen Fernsehen zur Hauptsendezeit ausgestrahlte dreiteilige TV-Dokumentation, der es gelang, sehr hohe Einschaltquoten zu erreichen, und der deutsch-französische Kultursender ARTE widmete der Geschichte des europäischen Kolonialismus in Afrika im November 2005 gar einen eigenen Themenabend.[23]

Von besonderer Bedeutung für die öffentliche Beschäftigung mit der Kolonialismus-Thematik ist es aber, sich derselben nicht (nur) europazentrisch oder gar eurozentristisch zu nähern, sondern – wie es in der Geschichtsschreibung und an den Universitäten bereits seit längerem weitgehend geschieht – die Kolonialepoche auch aus Sicht der kolonisierten Länder und Völker zu untersuchen. Denn die koloniale Erfahrung stellte und stellt für die Betroffenen einen wesentlich tieferen Einschnitt in ihre Geschichte und ihre Kultur dar, als in jene der Kolonialeroberer. Die meist schmerzvolle europäische Fremdherrschaft bedeutete für die kolonisierten Gesellschaften in Afrika, Asien und Ozeanien oft nicht nur einen Bruch mit der eigenen Vergangenheit und den Verlust ihrer kulturellen Identität, sondern sie war zugleich Ursache oder Katalysator für deren sozialen und kulturellen Wandel. So ist die Geschichtswissenschaft seit Beginn der 1970er Jahre von der klassischen einperspektivischen Kolonialhistorie („Überseegeschichte“) zur Historiographie der kolonialen Periode der Dritten Welt übergegangen, in der man nicht mehr als „Kolonialhistoriker, sondern Historiker Südostasiens, Indiens, der arabischen Länder, des Maghreb oder Schwarzafrikas“ fungiert, welcher „den kolonialen Einfluss auf die vorkoloniale Gesellschaft untersucht und deren Konfrontation mit der europäischen Macht und Zivilisation in den Vordergrund rückt.“[24] Trotz des wesentlich stärkeren Einflusses der Kolonisierer auf die Kolonisierten darf jedoch nicht übersehen werden, dass dem viel zitierten „Stoß in die Moderne“ durch das „zivilisierte“ Europa in Richtung seiner überseeischer Besitzungen auch die kulturellen Einflüsse der Peripherie auf die Metropolen selbst gegenüberstehen. Auch in Deutschland hat die Entscheidung Bismarcks im Frühsommer 1884, von einem eigentlich bevorzugten indirekt-informellen Freihandels-Expansionismus zum direkt-formellen Kolonialbesitz überzugehen, bis heute ihre Spuren hinterlassen.[25]

Die Frage, warum Bismarck den entscheidenden Startschuss für die staatliche Übersee-Expansion Deutschlands gab, ist Gegenstand einer noch nicht beendeten Forschungskontroverse und beschäftigt Historiker nunmehr seit über 100 Jahren. Der Kanzler hatte das Reich nach dessen Gründung doch für „saturiert“ erklärt und bis 1884 stets bekräftigt, wie wenig er von Kolonien generell hielt. Warum setzte er diese Grundüberzeugung - zumindest vorübergehend – dann doch außer Kraft? Ist seine beinahe schon pathologische Kolonialphobie gar einer neuen Kolonialphilie gewichen? Oder war die Kolonialpolitik für Otto von Bismarck - wie etwa seine viel gerühmte Sozialpolitik - einmal mehr nur ein Mittel zum Zweck der Festigung seiner Position und letztlich eine Machtfrage?

Ziel dieser Arbeit ist es, auf diese Fragen eine Antwort zu geben und Licht in den Dschungel des komplexen Bismarckschen Motivgebäudes über das Für und Wider seiner Kolonialpolitik zu bringen. Zu diesem Zweck hat der Verfasser die vorliegende Arbeit in insgesamt drei Kapitel untergliedert. Zunächst werden im ersten Kapitel die Begriffe Imperialismus und Kolonialismus theoretisch umrissen und voneinander abgegrenzt. Zusätzlich wird die semantische Entwicklung dieser Termini nachgezeichnet, der Versuch einer Periodisierung der imperialen beziehungsweise der kolonialen Epoche unternommen und im Falle des Kolonialismus diesem zugeordnete Subphänomene wie Kolonisation, Kolonien und schließlich Kolonialpolitik definitorisch eingegrenzt. Neben ihrer allgemeinen Bedeutung wird dabei die konkrete Anwendung dieser Begrifflichkeiten auf den spezifisch deutschen Fall hin untersucht werden. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der ablehnenden Haltung Otto von Bismarcks gegenüber dem Erwerb direkter und formeller Kolonien. Zweck dieses Abschnitts ist es, nicht nur wie fachhistorisch allgemein üblich, Bismarcks Kolonialskepsis einfach festzustellen, ohne dies eingehender zu belegen, sondern die wesentlichen Ursachen dafür herauszufinden, weswegen der Kanzler sich trotz einer ständig wachsenden Kolonialbegeisterung im Reich gegen den Erwerb formeller Kolonien bis mindestens 1883 so vehement gewehrt hatte. Umso überraschender kam es dann auch für viele Zeitgenossen zum kolonialen Umschlagpunkt in der Überseepolitik des Reiches im Jahre 1884. Mit den Motiven für den Übergang zur staatlichen Kolonialpolitik befasst sich das dritte und umfangreichste Kapitel der Arbeit. Ziel dieser Untersuchung ist es, die bisherigen historiographischen Erklärungsmodelle für Bismarcks Eintritt in eine offizielle Expansionspolitik darzustellen und sie einer umfassenden konstruktiven und kritischen Analyse zu unterziehen. Bei der Darstellung der Deutungsversuche spannt der Verfasser den Bogen von einigen bekannten Imperialismustheorien bis hin zu spezifisch auf Bismarck bezogenen Erklärungsansätzen und Thesengebäuden. Parallel dazu wird in jedem Unterkapitel der für den jeweiligen Ansatz relevante historische Kontext eingeflochten, wobei besonders die für die Kolonialfrage wesentlichen Argumente der deutschen Kolonialbewegung ab Mitte des 19. Jahrhunderts Berücksichtigung finden werden. In einem zusammenfassenden Resümee wird schließlich der Versuch unternommen, Bismarcks Kolonialpolitik mit dessen Herrschaftstechnik und den Grundprinzipien seiner Staatspolitik in Einklang zu bringen.

Die Aufgabe der Arbeit ist es weniger, auf die Kolonialpolitik des Auswärtigen Amts oder die Politik der Kolonialbeamten in den deutschen Überseebesitzungen vor Ort einzugehen, sondern beschränkt sich vielmehr auf Bismarcks Regierungspolitik in Berlin zwischen der Reichsgründung 1871 und dessen Abtritt 1890, wobei den Ursprüngen für den kolonialen Wendepunkt im Jahre 1884 wie beschrieben besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird.[26] Die starke Konzentration auf die Person Otto von Bismarcks beziehungsweise auf die gouvernementale und weniger auf die zivilgesellschaftliche Ebene ist dem Umstand geschuldet, dass der Reichskanzler während seiner Amtszeit mit Abstand der wichtigste politische Impulsgeber, gleichsam der Motor des politischen Lebens im Reich gewesen war. Parlamentarier oder Kabinettsmitglieder – seien es politische Gegner, seien es politische Freunde – konnten eingedenk seiner umfangreichen formalen Machtbefugnisse und nicht zuletzt auch aufgrund seiner „charismatischen Herrschaft“[27] an den wesentlichen innen- und vor allem außenpolitischen Entscheidungen des Reichs nur marginal partizipieren. Vor allem dem Parlament waren in der deutschen Ausprägung der konstitutionellen Monarchie enge verfassungsrechtliche Schranken gesetzt. So war die Exekutive gegenüber dem Parlament nicht verantwortlich.[28] Noch weniger Einfluss auf den Kanzler aber hatten die für die Kolonialpropaganda so wichtigen Nichtregierungsorganisationen wie der Deutsche Kolonialverein (DK) oder die Gesellschaft für Deutsche Kolonisation (GfDK). Sicherlich war die Außenpolitik im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts generell nicht mehr unabhängig von der öffentlichen Meinung, aber die eigentlichen Entscheidungen fielen immer noch im „außenpolitischen Establishment“, also bei Diplomaten, Ministern und Monarchen. Und im Reich selbst waren diese Entscheidungen von Bismarck quasi monopolisiert. So konstatiert auch Thomas Nipperdey: „Außenpolitik der Zeit war Bismarcks Außenpolitik.“[29]

Um die Problematik nach der Haltung des Kanzlers in der K-Frage[30] umfassend bearbeiten zu können, kann nicht nur ein bestimmter eingeschränkter Quellenbestand befragt werden. Vielmehr ist der äußerst umfangreiche Quellenbestand zu Otto von Bismarck vom Verfasser eingehend nach den für unseren Zweck relevanten Stellen zu Kolonien, Kolonialpolitik und Kolonialismus untersucht worden. Die am häufigsten konsultierten Quellenbestände waren dabei die von Herman von Petersdorff herausgegebenen Gesammelten Werke Otto von Bismarcks, Materialien aus der Politischen Privatkorrespondenz seines ältesten Sohnes und Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes Herbert von Bismarck, die Geheimen Papiere des einflussreichen Außenpolitikers des Reichs Friedrich von Holstein, Johannes Lepsius’ umfangreiche Aktensammlung über die Politik der Europäischen Kabinette sowie die von Horst Kohl zusammengestellten Politischen Reden Otto von Bismarcks.[31] Sehr hilfreich für die Bearbeitung der Fragestellung dieser Arbeit waren des weiteren die trotz ihrer starken politischen Färbung recht ausgewogene Quellenedition von Ernst Jacob sowie jene von Wolfgang J. Mommsen oder Werner Ripper, die eine Vielzahl von Quellen über das Gesamtphänomen des Imperialismus beinhalten.[32]

Eine zweite Grundlage für die in der Arbeit vorkommenden Ausführungen bilden einige Monographien aus der Kolonialismus- und Imperialismusforschung, in denen schwer zugängliche Primärquellen zum Teil bereits ausgewertet worden sind. Dazu zählen vor allem Hans-Ulrich Wehlers Bismarck und der Imperialismus mit dessen immens großem Anmerkungsapparat, sowie die aktuelleren Gesamtdarstellungen über Deutsche Kolonialgeschichte von Winfried Speitkamp und Deutsche Kolonien von Horst Gründer.[33] Von ebenso reichhaltigem Quellenmaterial sind Axel Riehls Der Tanz um den Äquator, der von Stig Förster herausgegebene vorzügliche Sammelband Bismarck, Europe, and Africa sowie Wolfgang Mommsens zahlreiche Werke zur Imperialismusthematik.[34] Zwar wurden alle in der Forschungsliteratur vorzufindenden Quellen bereits von den jeweiligen Historiographen gesichtet und bearbeitet, doch bemerkte Jacob Burckhardt einmal sehr zutreffend, dass Quellen ja unerschöpflich seien und deshalb „jeder die tausendmal ausgebeuteten Bücher wieder lesen“ müsse, da „sie jedem Leser und jedem Jahrhundert ein besonderes Antlitz weisen.“[35]

I. Eingrenzung fachwissenschaftlicher Begrifflichkeiten

Im folgenden Kapitel, welches als begriffstheoretischer Vorbau der Gesamtarbeit fungiert, werden nun die für die zentrale Fragestellung der Arbeit wichtigsten Fachbegriffe wie Imperialismus, Kolonialismus, Kolonisation, Kolonie und Kolonialpolitik geklärt. Die „K-Vokabeln“ werden aufgrund ihrer starken Ähnlichkeiten und Überschneidungen im zweiten Unterkapitel gemeinsam behandelt. Von den beiden Hauptbegriffen Imperialismus und Kolonialismus wird zunächst jeweils die Herkunft, die Entwicklung sowie die unterschiedlichen Formen und Ausprägungen der imperialen beziehungsweise kolonialen Epoche geschildert. Anschließend sollen nach Periodisierungsversuchen definitorische Annäherungen für die jeweiligen Begriffe unternommen werden. Die literarische Grundlage zur Bestimmung der Termini bilden neben mehreren einschlägigen Monographien und Aufsätzen von Wolfgang Mommsen, Hans-Ulrich Wehler, Jürgen Osterhammel oder David K. Fieldhouse[36] zusätzlich einige der einschlägigen geschichtswissenschaftlichen Nachschlagewerke.

1. Imperialismus – Semantische Entwicklung, Periodisierung und Definitionen

Über wenige Begriffe ist in der Geschichtswissenschaft so leidenschaftlich gestritten worden wie über den des Imperialismus. Denn zu den unterschiedlichsten Zeiten und Epochen haben die unterschiedlichsten Personen und Strömungen unter dem Terminus etwas anderes verstanden. So existiert zur Bestimmung des Imperialismus-Begriffs eine geradezu babylonische Definitionsvielfalt. Versteht man unter Imperialismus wie allgemein üblich die direkte oder indirekte Ausübung von Herrschaft, Kontrolle oder Einfluss eines Landes über ein anderes oder auch einer sozialen Gruppe über eine andere, so könne nach Winfried Baumgart die militärische Unterwerfung Ägyptens durch die Hyskos um 1650 v. Chr. ebenso unter dem Oberbegriff Imperialismus rubriziert werden wie die wirtschaftliche Beherrschung des europäischen Kontinents durch England in weiten Teilen des 18. und 19. Jahrhunderts. Für den Historiker gelten gemäß oben genannter Kriterien sogar deutsche Touristenströme nach Spanien sowie die engagierten politischen Stellungnahmen und Aktionen einiger Vertreter der 68er-Bewegung als imperialistisch. Letzteren bezeichnet Baumgart etwas überzogen gar als „’Psycho- und Gesinnungsterror’ einer kleinen Gruppe von Extremisten in unseren Bildungseinrichtungen.“[37] Der Imperialismus-Begriff hat also grundsätzlich nicht nur eine politische und kulturelle, sondern auch eine sozioökonomische und militärische Komponente, was eine universalhistorische Definition dem Wissenschaftler nicht gerade leichter macht. Die Geschichte des Imperialismus steht somit praktisch quer zu den Einzeldisziplinen der Politik- Gesellschafts-, Wirtschafts-, oder Kulturgeschichte und überlagert diese. In den nächsten Absätzen soll nun die Entstehung und Entwicklung des Imperialismusbegriffes nachgezeichnet werden, mögliche Definitionen erörtert und diese hin und wieder auf den spezifisch deutschen Fall des Imperialismus angewandt werden.

Das dem Wort Imperialismus zugrunde liegende lateinische „Imperium“ war einst ein rechtlich verhältnismäßig genau bestimmter Begriff, dem aber auch nichtrechtliche Bedeutungen wie Machterweiterung bis hin zur angestrebten Weltherrschaft innewohnten.[38] Den Imperiums-Begriff, welcher der politischen Sprache des Römischen Reiches entstammt, findet man auch in zeitgenössischen Darstellungen chinesischer Autoren, die den 221 v. Chr. geschaffenen chinesischen Großverband als „diguo“ bezeichneten.[39] Vom Aufkommen der altorientalischen Reiche bis zu Beginn der Neuzeit war der politische Ordnungstypus „Imperium“ also schon weltweit verbreitet. Die vormodernen Imperien zeichneten sich nach Osterhammel durch insgesamt fünf Strukturprinzipien aus:

Zum einen musste das imperiale Zentrum der agrarisch geprägten Gesellschaft des Großreiches Tribute entziehen können, um seinen Beamtenapparat, Priester, Krieger oder Infrastrukturmaßnahmen finanzieren zu können. Zum anderen verfügte ein Imperium über eine adäquate Militär- und Verkehrstechnologie, um zentrumsferne Gebiete besser regieren zu können. Drittens basierte die Herrschaft eines dominanten „Herrenvolkes“ im imperialen Zentrum auf der Grundlage einer universalistischen Rechtsideologie. Als vierte Grundlage der Macht des oder der Herrscher diente die Kollaboration durch die politischen und gesellschaftlichen Eliten der Fremdvölker, die zur Übernahme der Reichsideologie mitsamt ihrer entsprechenden Symbolik angehalten (aber meist nicht gezwungen) wurden. Und schließlich kennzeichnete ein vormodernes Imperium die Existenz relativ variabler Außengrenzen, die von Fall zu Fall entsprechend stabilisiert werden mussten.[40]

Die Erweiterung des Imperiums-Begriffs durch die „Ismus“-Komponente bedeutete dann eine gewisse Verselbständigung der Komponente „Macht“ von der des Rechts, was ihn später freilich anfällig für parteiliche Instrumentalisierungen machen sollte. Das Ausmaß der rechtlichen Fixierung des Imperialismusbegriffs ist schon seit der römischen Republik über die Kaiserzeit und das Mittelalter bis hin ins 20. Jahrhundert immer geringer geworden. Dem ursprünglichen Wortsinne nach bedeutet Imperialismus nach Wolfgang Mommsen die „mehr oder weniger unbeschränkte imperiale Herrschaft eines Monarchen oder eines cäsaristischen Potentaten über ein Großreich, das über die Grenzen eines ethnisch und national einheitlichen Staatsgebietes weit hinausging.“[41] Bereits im Mittelalter etwa gestand man einem Herrscher nur den Rang des Kaisertums zu, wenn dieser über mehrere „Regnae“ verfügte und auch Napoleon I. herrschte nach der Unterwerfung halb Europas unumschränkt über ein Imperium, welches aus mehreren disparaten Teileinheiten bestand. Das infolgedessen von Bonaparte begründete imperiale Kaisertum knüpfte in Symbolik und Namensgebungen bewusst an das altrömische Imperium an. Da im übrigen das cäsaristische System des französischen Kaisertums („systéme imperial“) aus der Sicht englischer Beobachter dem des Zweiten Deutschen Reiches nach dessen Gründung sehr ähnlich war, bezeichneten sie auch die Reichsgründung bereits als Imperialismus.

Der Übergang vom traditionellen zum modernen Imperialismusbegriff fand gegen Mitte des 19. Jahrhunderts statt.[42] Der deutsche Publizist Constantin Frantz etwa gebrauchte den Begriff „Imperialismus“ zwischen den 1850er und den 1870er Jahren, um damit nicht nur die „Säbelherrschaft“ Cäsars zu charakterisieren, sondern auch die „weltherrschaftlichen Ideen“ Englands, welches er als ein „Mittelding zwischen Rom und Karthago“ ansah.[43] Frantz hielt jedoch stets ebenso eher am traditionellen Imperialismusbegriff fest wie der Berliner Theologe und Junghegelianer Bruno Bauer, der die europäische Expansion 1882 aber schon als Folge der „Krise der Produktion wie des Handels“ ansah, welche die Großmächte zur „Abkehr“ von Europa und zur Hinwendung nach „Konstantinopel, Ägypten, Syrien, Asien und Afrika“[44] gezwungen habe. Während sich in Deutschland die Einbürgerung des Imperialismusbegriffs zur Bezeichnung des modernen Phänomens zielgerichteter Expansion im späten 19. Jahrhundert nur sehr langsam und recht spät vollzog, hatte der Terminus in England im Zusammenhang mit Benjamin Disraelis prestigeträchtiger Außenpolitik schon zu Beginn der 1870er Jahre seine moderne Bedeutung erhalten.[45] Seine Rede vom 24. Juni 1872 im Crystal Palace in London, in der er sich begeistert für die Konsolidierung des britischen Empire aussprach, gilt als Startsignal für die Zeit des neuen Imperialismus der Zeit zwischen 1870 und 1918.[46] Da aber auch der englische Premier sich in seinen außenpolitischen Vorstellungen immer wieder auf das Imperium Romanum bezog, sieht Mommsen in dessen Imperialismus mehr „die Nahtstelle zwischen dem älteren und dem jüngeren Gebrauch des Begriffs.“[47] Selbst noch in Zeiten des Hochimperialismus, der 1882 mit der Besetzung Ägyptens durch die Engländer begonnen hatte, waren Rückgriffe auf eine altimperialistische Terminologie nicht selten. So begeisterte sich Friedrich Naumann für die Idee eines demokratischem Imperatoren in der Person Wilhelms II., der einem deutschen Imperialismus voranstehen sollte.[48]

Erst seit Beginn der 1880er Jahre, als sich in fast allen europäischen Ländern der Wille nach Expansion immer mehr verbreitete, bekam der Imperialismusbegriff einen konkreteren Inhalt.[49] Er verlor seine auf die römischen Caesaren und Napoleon bezogenen Komponenten weitgehend und wurde Bestandteil einer politischen Alltagssprache. Dies wurde besonders kurz vor der Jahrhundertwende sehr deutlich. So propagierte der liberale englische Lord Roseberry 1895 die Prinzipien eines vernunftorientierten Imperialismus, der gekennzeichnet sein sollte durch „first, the maintenance of Empire; secondly, the opening of new areas for our surplus population; thirdly, the suppression of the slave trade; fourthly, the development of missionary enterprise; and fifthly, the development of our commerce, which so often needs it”.[50] Doch nicht nur für Roseberry war der Imperialismus “nothing but…a larger patriotism”[51], sondern auch für viele seiner kontinentaleuropäischen Zeitgenossen wie Max Weber erschien imperialistische Politik als eine logische Fortsetzung nationaler Machtpolitik. Gegen Ende seiner berühmten Freiburger Akademischen Antrittsrede „Der Nationalstaat und die Volkswirthschaftspolitik“ äußert er sich über deutsche Weltmachtspolitik wie folgt:

„Entscheidend ist für unsere Entwicklung, ob eine große Politik uns wieder die Bedeutung der großen politischen Machtfragen vor Augen zu stellen vermag. Wir müssen begreifen, dass die Einigung Deutschlands ein Jugendstreich war, den die Nation auf ihre alten Tage beging und seiner Kostspieligkeit halber besser unterlassen hätte, wenn sie der Abschluss und nicht der Ausgangspunkt einer deutschen Weltmachtpolitik sein sollte (…). Es wird uns nicht gelingen, den Fluch zu bannen, unter dem wir stehen: Nachgeborene zu sein einer politisch großen Zeit, - es müsste denn sein, daß wir verstünden, etwas Anderes zu werden: Vorläufer einer größeren“.[52]

Diese Einstellung Webers ist durchaus exemplarisch für die Haltung einiger Vertreter der Kolonialagitation auch zur Bismarckzeit, die bereits vor Wilhelm II. von einer eher defensiven deutschen Außenpolitik zu einer offensiveren übergehen wollten. Die beiden Zitate Roseberrys und Webers machen zudem deutlich, wie gewollt die Expansion und der formelle Erwerb von Kolonien im Zeitalter des Hochimperialismus nun geworden ist. Besonders im englischen Fall verhielt sich dies vor den 1880er Jahren häufig noch anders und der Erwerb von Kolonien entstand oftmals eher zufällig und gegen den Willen der Regierung. So bezeichnete Disraeli im Gegensatz zu seiner oben erwähnten Rede die englischen Kolonien 1852 noch als „a millstone round our necks“[53] und der Cambridger Historiker John Robert Seeley behauptete 1883 gar, das englische Kolonialreich sei „in a fit of absence of mind“[54] entstanden. Auch wenn dies - zumindest im Falle Disraelis - wahrscheinlich nur Lippenbekenntnisse gewesen waren, zeigt das aktive, forsche und nachhaltige Ausgreifen nach Übersee doch eine bemerkenswerte Zäsur bezüglich der Qualität imperialer Außenpolitik zu Beginn der 1880er Jahre.

Obwohl sich der Übergang vom Früh- zum Hochimperialismus zeitlich nicht trennscharf bestimmen lässt, wagt Wolfgang Mommsen dennoch, die Entwicklung des Imperialismus in der Späten Neuzeit in folgende Perioden zu unterteilen:

1. Die Ära des „Freihandels“ und des „Informal Empire“ 1776 bis 1882.
2. Die Ära des klassischen Imperialismus 1882-1918.
3. Die Ära des verschleierten Imperialismus 1919-1945.
4. Die Ära des Nachimperialismus, die gekennzeichnet ist durch Dekolonisation und

Reduzierung ehemals imperialistischer Beziehungen auf Abhängigkeitsverhältnisse

marktkonformer oder äußerlich neutraler Art.[55]

Nach der Darstellung der semantischen Entwicklung des Imperialismusbegriffes und dem Versuch einer Periodisierung wird nun abhängig vom entsprechenden „Sehepunckt“[56] des Betrachters das Wesen der Epoche des Hochimperialismus charakterisiert werden. Einige dieser Ansätze sind eine lose Ansammlung von Thesen, während sich andere zu komplexen Theorien über den Imperialismus und dessen Ursachen entwickelt haben. Baumgart schlägt zur Kategorisierung dieser Imperialismusinterpretationen eine Einteilung in vier Gruppen vor:[57]

Zum einen nennt er die ökonomische Herangehensweise, zu deren Vertretern John Atkinson Hobson, Rudolf Hilferding, Rosa Luxemburg oder Wladímir Iljítsch Lenin zu zählen sind, von denen für letzteren der Imperialismus eine „Weiterentwicklung und direkte Fortsetzung der Grundeigenschaften des Kapitalismus“ gewesen ist.[58] Der britische Kolonialenthusiast und Gründer Rhodesiens Cecil Rhodes favorisierte bereits in den 1880er Jahren ebenso ein sozialökonomisches Erklärungsmodell wie knapp einhundert Jahre später die deutschen Historiker Fritz Fischer, Volker Berghahn, Gerhard Schmitt und vor allem Hans-Ulrich Wehler, die davon überzeugt waren und zum Teil immer noch sind, der Imperialismus habe seine Ursprünge hauptsächlich in den sozioökonomischen und politischen Prozessen in den Metropolen gehabt.[59] Eine sozialpsychologische Theorie im Sinne eines übersteigerten (irrationalen) Nationalismus als Ursache des Imperialismus unterstützte unter anderen Joseph Schumpeter, welcher den Imperialismus als „die objektlose Disposition eines Staates zu gewaltsamer Expansion ohne angebbare Grenze“[60] durchschaut zu haben glaubte. Einige prominente nationalistische Imperial-Enthusiasten Europas waren neben vielen anderen der britische Kolonialminister Joseph Chamberlain[61], Vater des späteren englischen Premiers Arthur Nelville Chamberlain, besagter Lord Roseberry, Carl Peters oder auch Heinrich von Treitschke, für den es von der Kolonisation abhing, ob das „einheitliche Volksthum“ erhalten bliebe und „in welchem Maße jedes Volk an der Beherrschung der Welt durch die weiße Rasse theilnehmen“ werde.[62] Und schließlich führt Baumgart die politisch-historische Gruppe der Imperialismustheorien als vierte Kategorie an, die zum einen den Imperialismus als natürliche Fortsetzung der gesamten europäischen Kolonialgeschichte beschreibt und zum anderen den politisch-historischen Umständen in der Peripherie Rechnung trägt. Letztere wirkten gemäß den peripherieorientierten Imperialismustheorien - zu deren Vertretern die englischen Historiker David K. Fieldhouse und John Gallagher und Ronald Robinson sowie zumindest teilweise Wolfgang Mommsen zu zählen sind - als Sogkräfte komplementär zu den Triebkräften in den Metropolen und führten dazu, dass etwa im Falle Persiens, Ägyptens oder Marokkos die späteren Kolonisierer unfreiwillig eingreifen mussten.[63] Hierzu muss jedoch ergänzt werden, dass die prekären innenpolitischen Situationen in den Ländern der Peripherie durch einen bis dato informellen Imperialismus zum großen Teil bereits mitverursacht worden sind.

Bis heute gibt es nun Versuche, die oben genannten Strömungen in einer einzigen universellen Definition des Imperialismus zu integrieren. Während einige Autoren den Begriff noch sehr weit fassen und wie Fieldhouse den Terminus „as an umbrella word comprehending the whole gamut of relations between a dominant and a subservient society“[64] oder wie Goodman als „a policy through which a state subjects alien peoples to its rule without their consent“[65] ansehen, stößt man in der Fachliteratur immer wieder auf die ältere und etwas konkretere Begriffsbestimmung Heinrich Friedjungs. Dieser deutete 1919 den Imperialismus als „den Drang der Völker und Machthaber nach einem wachsenden Anteil an der Weltherrschaft, zunächst durch überseeischen Besitz“, womit er nahe bei Schumpeter liegt. Friedjung fügte dem hinzu, dass dieser „Trieb zu klarem Bewußtsein gediehen, zur Richtschnur des Handelns erhoben worden ist“.[66] Derselbe Friedjung war es auch, der mit seinem Werk „Das Zeitalter des Imperialismus“, in welchem obenstehende Definition zu finden ist, die der Epoche den Namen gegeben hat.

Wie eingangs schon erwähnt, ist besonders hervorzuheben, dass der Begriff des Imperialismus nicht nur überseeischen Besitz, also eine direkte und formelle koloniale Gebietsherrschaft, sondern auch eine indirekte und informelle Herrschaft entwickelter Industriestaaten über die weniger weit entwickelten Regionen der Erde impliziert. Denn ein militärisch und vor allem wirtschaftlich starker „big brother“[67] kann auch dann ein schwächeres Land - vor allem ökonomisch - von sich abhängig machen, wenn es keine formelle Kolonie ist. Es genügt häufig schon ein loyaler einheimischer Machthaber, der die imperiale Macht nach gusto gewähren lässt. Ein solches informelles Abhängigkeitsverhältnis ist meist kostengünstiger, fordert weniger oder überhaupt keinen Blutzoll eigener Soldaten zur Niederschlagung von Volksaufständen und entbindet von Fürsorgepflichten für die kolonialen Untertanen, die in der späten Neuzeit in den meisten Kolonialreichen zum Selbstverständnis gehörten. Für ein überseeisches Land selbst machte es aber bezüglich der ökonomischen Folgen bedingt durch die ausländische Präsenz in der Regel keinen großen Unterschied, ob es eine formale Kolonie oder nur ein quasi-kolonialer und de jure souveräner Staat gewesen war. Denn der eigene Entscheidungs- und Kontrollspielraum in binnen- und außenwirtschaftlichen Fragen war durch die starke informelle Einflussnahme der Imperialmacht fast so sehr eingeschränkt wie in einem kolonisierten Zustand. Von einem informal empire sollte man aber nicht schon bei der Existenz von internationalen hegemonialen Einflussmöglichkeiten eines Staates sprechen. So meint auch Osterhammel, dass diese Prämisse erst gegeben sei, wenn der „Einfluss sich in solchen Privilegien für Ausländer kristallisiert, die durch besondere ‚asymmetrische’ Institutionen abgestützt werden, etwa durch ‚ungleiche Verträge’ oder Truppenstationierung.“[68] Während das britische Empire stets eine Mischform war, das aus formellen wie informellen Kolonien bestand, kann im deutschen Fall nur von einem direkten und offiziellen Herrschaftsverhältnis zwischen dem Reich und seinen überseeischen Besitzungen gesprochen werden. Die deutsche Präsenz in Afrika, Asien und Ozeanien war vor 1884 zu schwach ausgeprägt und staatliche Einrichtungen beziehungsweise militärische Stützpunkte des Reiches kaum vorhanden, als dass von einem informellen deutschen Imperialismus gesprochen werden könnte.

Um der Unterscheidung von informellem und formellem Imperialismus Rechnung zu tragen, heben Mommsen, Wehler und besonders auch der in London lehrende Andrew Porter diesen wichtigen Aspekt in ihren Begriffserklärungen hervor.[69] Porter schlug 1994 in einer kurzen und allgemeinen Bestimmung vor, dass Imperialismus „die Erlangung (mit unterschiedlichen Mitteln) von übermächtigem Einfluss oder direkter Kontrolle über die politische und/oder wirtschaftliche Entwicklung schwächerer, technologisch weniger fortgeschrittener Völker oder Staaten“[70] sei. An dieser Definition fällt auf, dass sie im Gegensatz zu vielen anderen sehr zurückhaltend deskriptiv gefasst ist. Sie verzichtet auf politische Wertungen oder auf monokausale Erklärungen für den Ursprung des Drangs einiger Staaten, Herrschaft und Kontrolle über andere auszuüben. Im Gegensatz zu Porter lautet etwa Karl Marx’ Interpretation des Begriffs wie folgt:

„Der Imperialismus ist die prostituierteste und zugleich schließliche Form jener Staatsmacht, die von der entstehenden bürgerlichen Gesellschaft ins Leben gerufen war als das Werkzeug ihrer eignen Befreiung vom Feudalismus und die die vollentwickelte Bourgeoisgesellschaft verwandelt hatte in ein Werkzeug zur Knechtung der Arbeit durch das Kapital.“[71]

Außerdem spricht Porter nicht von kulturellen oder ethnischen Unterschieden zwischen Subjekten und Objekten des Imperialismus, wie etwa über die Herrschaft der weißen über die farbige Welt, wie dies zum Teil noch heute geschieht. Letztlich kann man die sehr gute Definition Porters noch etwas weiter fassen und unter dem Begriff des Imperialismus all die Kräfte und Aktivitäten zusammenfassen, die zum Aufbau und zur Erhaltung formeller oder informeller Imperien beitragen. Außerdem gehört besonders zur Zeit des klassischen Hochimperialismus noch der Wille und die Fähigkeit eines imperialen Zentrums dazu, die eigenen nationalen Interessen immer wieder als imperiale zu definieren und diese auch weltweit geltend zu machen.

2. Kolonialismus – Kolonie, Kolonisation und Kolonialpolitik

Ähnlich wie beim Begriff des Imperialismus sind die Historiker auch bei der Bestimmung des Begriffs „Kolonialismus“ weit von einer einvernehmlichen Übereinkunft entfernt. Dies könnte daran liegen, dass es nicht die Geschichte des Kolonialismus gibt, sondern vielmehr eine Geschichte einzelner Kolonialismen bestimmter Länder oder bestimmter Zeitabschnitte, was eine einheitliche Definition besonders schwierig macht. Außerdem gibt es im Gegensatz zum Imperialismus-Terminus bisher wenig begriffsgeschichtliche Untersuchungen, die sich explizit mit dem Kolonialismus-Terminus befassen. Während sich unter den 119 Artikeln der Geschichtlichen Grundbegriffe ein in der Arbeit bereits mehrfach zitierter 65-seitiger Beitrag über den Imperialismus-Begriff befindet[72], sucht man nach dem Stichwort „Kolonialismus“ vergeblich. Zwei der wenigen Historiker, die sich explizit mit dem Kolonialismusbegriff beschäftigt haben, sind Jürgen Osterhammel und David K. Fieldhouse, auf deren Arbeiten sich die nun folgenden Ausführungen über die Formen und Ausprägungen von Kolonialismus besonders stützen werden.

Der Begriff des Kolonialismus basiert auf dem lateinischen Wort „colere“, das „bebauen, bearbeiten, bewirtschaften“ oder in synekdochischer Hinsicht auch „wohnen, ansässig sein oder bewohnen“ bedeuten kann.[73] In Abgrenzung zu verwandten Begriffen wie „Kolonisation“ oder „Kolonie“ liegt der Schwerpunkt beim Kolonialismus auf einem Herrschaftsverhältnis, während die Kolonisation im Kern einen Prozess der Landnahme und die Kolonie als solche eine besondere Art von politisch-gesellschaftlichem Personenverband darstellt. Allen drei Begriffen liegt die Vorstellung von der Expansion einer Gesellschaft über ihre angestammten Landesgrenzen hinweg zugrunde, welche sich erstens in der Totalmigration ganzer Völker und Gesellschaften (Völkerwanderung), zweitens in der massenhaften Individualmigration (die klassische Auswanderung), drittens in der extensiven Erschließung von Räumen direkt jenseits der eigenen Grenze (Grenzkolonisation oder Verschiebung einer Kultivierungsgrenze, z.B. der „frontier“), viertens in der überseeischen Siedlungskolonisation (Anlage von „Pflanzstädten“), fünftens in reichsbildenden Eroberungskriegen (die klassische römische Form) oder sechstens in militärisch-maritimer Expansion (Stützpunktvernetzung) manifestieren kann.[74]

Die genannten Kolonisationsformen können wie der Kolonialismus selbst als konkrete Erscheinungsformen des Imperialismus oder nach Fieldhouse als „outcome of imperialism“ angesehen werden.[75] Meist werden infolge von Kolonisierungsprozessen auch Kolonien gebildet, wobei es jedoch, wie etwa im Falle der Grenzkolonisation, Kolonisation ohne Kolonien genauso wie die Bildung von Kolonien ohne Kolonisation geben kann. Letzteres entsteht meist durch die militärische Eroberung eines Gebietes. Die daraus resultierenden Arten von Kolonien werden „Beherrschungskolonien“ genannt, die zum Zweck der ökonomischen Ausbeutung errichtet werden und für die als Beispiele Britisch-Indien, Indochina oder Togo genannt werden können. Die beiden weiteren Haupttypen von Kolonien sind nach Osterhammel sogenannte „Stützpunktkolonien“ (z.B. Malakka, Hongkong oder Singapur), die als Resultat von Flottenaktionen entstehen und zum Ziel die indirekte kommerzielle Erschließung des Hinterlandes haben sowie „Siedlungskolonien“, welche meist das Resultat (militärisch flankierter) Kolonisationsprozesse sind, infolgedessen die kolonisierten Gebiete dauerhaft bewohnt und billige Ländereien und Arbeitskräfte erworben werden. Beispielhaft hierfür stehen die Koloniegründungen in Neuengland und Australien, Südafrika und Algerien sowie Kuba und Brasilien.[76] Gemäß folgender Definition Osterhammels ist jede der eben genannten Arten von Kolonien „ein durch Invasion (Eroberung und/oder Siedlungskolonisation) in Anknüpfung an vorkoloniale Zustände neu geschaffenes politisches Gebilde, dessen landfremde Herrschaftsträger in dauerhaften Abhängigkeitsbeziehungen zu einem räumlich entfernten ‚Mutterland’ oder imperialen Zentrum stehen, welches exklusive „Besitz“-Ansprüche auf die Kolonie erhebt.“[77]

Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Schutzbriefe für die deutschen Handelsniederlassungen in den Jahren 1884 und 1885 wurden diese überseeischen Gebiete in Afrika noch „Protektorate“ genannt und bildeten noch keine formellen Kolonien mit reichsdeutschem Verwaltungsapparat, Flotten- oder Garnisonsstützpunkten oder gar deutschen Siedlern. Besonders Bismarck legte lange Zeit noch Wert auf die Bezeichnung Schutzgebiete, um nicht von niemals wirklich gewollten „deutschen Kolonien“ sprechen zu müssen. Der Übergang vom Schutzbriefsystem zur direkt-formellen Reichskolonialverwaltung erfolgte jedoch schon innerhalb weniger Monate, so dass im weiteren Verlauf der Arbeit die Begriffe „Schutzgebiet“ und „Kolonie“ synonym verwandt werden, wie es auch unter Zeitgenossen Bismarcks üblich gewesen war.[78]

Obwohl eine chronologische Unterteilung der oben beschriebenen kolonialen Expansion aufgrund der zeitlichen, geographischen und qualitativen Vielschichtigkeit des Kolonialismus zwar fast unmöglich zu sein scheint, wurde dies von einigen Historikern wie Wolfgang Reinhard, Jürgen Osterhammel oder Gisela Bock dennoch gewagt.[79] Letztere schlägt eine Unterteilung des Kolonialismus der frühen Neuzeit inklusive der Dekolonisationsphasen in folgende Perioden vor:[80]

1. Die portugiesische Expansion und Gründung von Kolonien in Westafrika und Indien in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
2. Die Kolonisierung der Neuen Welt durch Spanien und Portugal von Kolumbus’ Eintreffen 1492 bis zum Jahre 1600.
3. Der weltweite koloniale Wettkampf zwischen den europäischen Rivalen Frankreich, England und den Niederlanden von 1600 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.
4. Die erste Phase der Dekolonisation Mitte und Ende des 18. Jahrhunderts, die Bock in eine „weiße“ und in eine „schwarze“ Dekolonisation unterteilt. Während erstgenannte auf die Emanzipation der europäischen Besitzungen in Nordamerika abzielt, bezieht sich letztere vor allem auf die Abschüttelung des kolonialen Jochs durch Sklavenaufstände in Ägypten oder auch auf der Karibikinsel St. Dominique.
5. Direkt an die erste Phase schließt sich die zweite Phase der Dekolonisierung in den spanischen und portugiesischen Besitzungen in Lateinamerika an, deren Hochzeit man zwischen den Jahren 1800 und 1820 verorten kann. Zeitgleich endete die zweite Phase der großen Entdeckungsreisen (z. B. Alexander von Humboldts südamerikanische Reise von 1799-1803) und begann der Aufstieg Englands zur Weltmacht.
Für die späte Neuzeit[81] ließe sich diese Periodisierung nach Ansicht des Verfassers der Magisterarbeit fortführen mit
6. den Anfängen europäischer Territorialherrschaft in Asien und Australien von 1760-1830, die sich mit den drei letztgenannten Phasen überschneidet aber doch etwas weiter geht;
7. einem weiteren, dieses mal lang andauernden Prozess einer schleichenden Dekolonisation, die ab 1839 in Kanada beginnt und in welcher die Siedlungskolonien des britischen Empire in „Dominions“ transformiert werden;
8. den neuen Koloniebildungen in der Alten Welt zwischen den Jahren 1880 und 1900, in denen Teile Südostasiens (Vietnam, Korea, Burma) kolonisiert wurden, bevorzugtes Zielobjekt der europäischen Mächte infolge der Berliner Westafrika-Konferenz von 1884/85 jedoch Afrika gewesen ist;
9. der „Mandatisierung“ der Kolonialmasse des deutschen und osmanischen Reiches durch Frankreich (Syrien, Libanon) und England (Palästina, Transjordanien, Irak) zwischen 1900-1930;
10. einer vierten Phase des Abbaus der Kolonialherrschaft nach Ende des Zweiten Weltkriegs, in der Länder wie Indien 1947, Vietnam 1954 und die meisten afrikanischen Länder in den 50er und 60er Jahren ihre nominelle Unabhängigkeit erlangten.

[...]


[1] Aufruf des Finanzmanns und Polyhistors Johann Joachim Becher von 1657 zur Gründung deutscher Kolonien in Südamerika, zitiert nach: Percy E. Schramm, Deutschland und Übersee. Der deutsche Handel mit den anderen Kontinenten, insbesondere Afrika, von Karl V. bis zu Bismarck. Ein Beitrag zur Geschichte der Rivalität im Wirtschaftsleben, Braunschweig 1950, S. 15.

[2] Die folgenden Darstellungen beruhen zum größten Teil auf Schramm, Deutschland und Übersee, S. 15-112; Ernst G. Jacob (Hrsg.), Deutsche Kolonialpolitik in Dokumenten. Gedanken und Gestalten aus den letzten fünfzig Jahren, Leipzig 1938(Sammlung Dieterich; Bd. 8); Horst Gründer (Hrsg.), „ ... da und dort ein junges Deutschland gründen.“, München 1999; Susanne M. Zantop, Kolonialphantasien im vorkolonialen Deutschland (1770-1870), Berlin 1999.

[3] Vgl. Schramm, Deutschland und Übersee, S. 20 ff.

[4] Vgl. Jacob, Deutsche Kolonialpolitik, S. 7 ff. Die Existenz eines Dreieckhandels in bekannter Form wird in der neuesten Forschung jedoch in Frage gestellt, vgl. u.a. Herbert S. Klein, Neuere Interpretationen des atlantischen Sklavenhandels, in: GUG 16 (1990), S. 141-160; William D. Piersen, From Africa to America, New York 1996; Andreas Q. Schuder, Der transatlantische Sklavenhandel mit den britischen Festlandskolonien bis 1775, unveröffentl., Freiburg 2000.

[5] Gründer, Junges Deutschland, S. 13.

[6] Sievekings wahre Motive waren natürlich ökonomische, nämlich der Aufbau einer Kolonisationsflotte durch seine Reederei.

[7] Richard Wagner war nicht nur Teil der 48er-Bewegung, sondern auch ein begeisterter Anhänger deutscher Übersee-Expansion. Vgl. Gründer, Deutsche Kolonien, S. 20.

[8] Dieser Zeitraum zur Eingrenzung des klassischen Zeitalters des Imperialismus von ca. 1875 bis 1914 ist in der Geschichtswissenschaft weitgehend unumstritten. Vgl. dazu Heinrich Friedjung, Das Zeitalter des Imperialismus 1884-1914, 3 Bde., Berlin 1919-1922, der wohl das Jahr 1884 als Beginn aufgrund seiner speziell deutschen Perspektive nennt; Winfried Baumgart, Deutschland im Zeitalter des Imperialismus 1890-1914. Grundkräfte, Thesen und Strukturen, 5. Aufl., Stuttgart 1986, S. 32; Eric Hobsbawm, The Age of Empire. 1875 - 1914, London 1987; Gregor Schöllgen, Das Zeitalter des Imperialismus, 4. durchg. Aufl. München 2000 (Oldenbourg-Grundriss der Geschichte; Bd. 15) u.v.m.;

Überblicksdarstellungen zur europäischen Expansion stellvertretend für viele sind Horst Gründer, Eine Geschichte der europäischen Expansion, Stuttgart 2003; Schöllgen, Imperialismus; Wolfgang Reinhard, Geschichte der europäischen Expansion, 4 Bd., Stuttgart u.a. 1983-1990; Eine vorzügliche Quellensammlung wurde herausgegeben von Eberhard Schmitt (Hrsg.), Dokumente zur Geschichte der europäischen Expansion, München 1984 ff.

[9] Vgl. John P. Halstead/Serafino Porcari, Modern European Imperialism. A Bibliography of Books and Articles 1815-1972, 2 Bd., Boston/MA 1974; eine guten Überblick über recht aktuelle Beiträge zur europäischen Expansionsgeschichte bietet Thomas Beck (Hrsg.), Überseegeschichte. Beiträge der jüngeren Forschung. Festschrift anlässlich der Gründung der Forschungsstiftung für Vergleichende Europäische Überseegeschichte 1999 in Bamberg, Stuttgart1999 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte; Bd. 75).

[10] Vor allem im Nationalsozialismus spielten Propaganda-Filme eine besondere Rolle. So stellt etwa der Film „Carl Peters“ den jungen Abenteurer und Gründer der nationalistisch, rassistisch und sozialdarwinistisch geprägten „Gesellschaft für deutsche Kolonisation“ als national-heroischen Eroberer und als Prototyp eines „Herrenmenschen“ dar. Mehr zu Carl Peters siehe Andre Perras, Carl Peters and German Imperialism 1856-1918. A Political Biography, Oxford 2004; Als Beispiel für die historiographische Beschäftigung mit der deutschen Kolonialzeit während der Weimarer Republik sei hier beispielhaft genannt Maximilian von Hagen, Bismarcks Kolonialpolitik, Stuttgart/Gotha 1923.

[11] Vgl. hierzu Gregor Schöllgen, Andreas Hillgruber, Horst Gründer; Hans-Georg Steltzer oder Francesca Schinzinger, um nur einige zu nennen.

[12] Einen kommentierten Überblick über die Neuerscheinungen Mitte der 1980er Jahre in Deutschland bietet Peter Grupp, Deutschland und der Kolonialismus - bundesrepublikanische Neuerscheinungen zu einem Geschichtsjubiläum, in: Wolfgang Michalka (Hrsg.), Die Deutsche Frage in der Weltpolitik, Stuttgart1986(Neue politische Literatur. Beihefte; Bd. 3).

[13] Vgl. u.a. Andreas Hillgruber, Kontinuität und Diskontinuität in der deutschen Außenpolitik von Bismarck bis Hitler, Düsseldorf 1969; ders., Zwischen Hegemonie und Weltpolitik - Das Problem der Kontinuität von Bismarck bis Bethmann Hollweg, in: ders., Deutsche Großmacht- und Weltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1977; Thomas Nipperdey, 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte, in: HZ 227 (1978), S. 86-111.

[14] Vgl. dazu etwa die Fischer-Kontroverse. In dieser Debatte behauptete der Hamburger Historiker Fritz Fischer, dass das Deutsche Reich die maßgeblich Verantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu tragen habe. Dieser These wurde in den folgenden Jahrzehnten u.a. von Gerhard Ritter, Karl Dietrich Erdmann, Egmont Zechlin und Andreas Hillgruber zum Teil heftig widersprochen. Zur Fischer-Debatte siehe auch John A. Moses, The Politics of Illusion. The Fischer Controversy in German Historiography, London 1985; Gregor Schöllgen, Griff nach der Weltmacht? 25 Jahre Fischer-Kontroverse, in: Hist. J. 106 (1986), S. 386-408.

[15] De Facto verlor das Reich bereits im Laufe des Krieges den Großteil seiner kolonialen Besitzungen, de jure jedoch erst am 28. Juni 1919 durch die Unterzeichnung der Versailler Verträge bzw. nach deren Inkrafttreten am 10. Januar 1920.

[16] Vgl. dazu Wolfgang J. Mommsen (Hrsg.), Der Imperialismus. Seine geistigen, politischen und wirtschaftlichen Grundlagen, Hamburg 1977, S. 37 f.

[17] Vgl. dazu u.a. Rudolf von Albertini, Dekolonisation. Die Diskussion über die Verwaltung und Zukunft der Kolonien 1918-1960, Zürich 1966; Prosser Gifford (Hrsg.), Decolonization and African independence. The transfer of power, 1960 - 1980, New Haven u.a. 1988; Wolfgang J. Mommsen (Hrsg.), Das Ende der Kolonialreiche. Dekolonisation und die Politik der Großmächte, Frankfurt a. M. 1990; Jürgen Osterhammel, Spätkolonialismus und Dekolonisation, in: Neue Politische Literatur 37/3 (1992), S. 404-426; John Springhall, Decolonization since 1945: The Collapse of European Overseas Empires, Basingstoke 2001.

[18] Vgl. Heinrich von Treitschke, Politik. Vorlesungen gehalten an der Universität zu Berlin, Bd. 1, Leipzig 1897, S. 42 f.

[19] Dies gilt zumindest für die inländische Perspektive.

[20] Zum Völkermord-Diskurs vgl. u.a. Janntje Böhlke-Itzen, Kolonialschuld und Entschädigung. Der deutsche Völkermord an den Herero (1904 - 1907), Frankfurt a. M. 2004; Uschi Eid, An den deutschen Völkermord in Afrika denken, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 32/2004, S. 2; Andreas H. Bühler, Der Nama-Aufstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Namibia von 1904 - 1913, Frankfurt a. M. u.a. 2003; Horst Gründer, Kolonialismus: Kolonialdiskurs und Genozid, München 2004; Zimmerer, Jürgen/ Zeller, Joachim (Hrsg.), Völkermord in Deutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg (1904-1908) in Namibia und seine Folgen, Berlin 2003.

[21] Vgl. u.a. Andreas Eckert, Afrikanische Phantasien. Die deutsche Kolonialgeschichte wird wieder entdeckt, in: DIE ZEIT, 40/2003 (Literaturbeilage).

[22] Gisela Graichen/ Horst Gründer, Deutsche Kolonien. Traum und Trauma, Berlin 2005.

[23] Vgl. Zweites Deutsches Fernsehen, Deutsche Kolonien. Traum und Trauma, Mainz 2005. Sendungen vom 8. 11.2005: Vom Entdecker zum Eroberer, 15.11.2005: Afrika brennt und 22.11.2005: „und morgen die ganze Welt.“ (http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/26/0,1872,2372506,00.html). Letzter Zugriff am 26.03.2006 sowie ARTE, Sklavenhändler und Menschenschinder. Afrika im Griff Europas, Straßburg 2005. Gesendet am 11.11.2005 um 22.10 Uhr.

[24] Rudolf von Albertini, Europäische Kolonialherrschaft 1880-1940, Zürich/ Freiburg i. Brsg. 1976, S. 9.

[25] Vgl. Graichen/ Gründer, Deutsche Kolonien, S. 453-461. Im Berliner Stadtteil Wedding kann man zudem neben einer Togo- und Lüderitzstraße sogar auf eine Petersallee stoßen. Zumindest bei letzterer ist aufgrund Carl Peters’ zweifelhafter Person und dessen kolonialer Verbrechen eine Umbenennung längst überfällig.

[26] Vergleiche zu kolonialen Politiken in den Überseebesitzungen vor Ort die vorzüglichen Arbeiten von Karin Hausen,Deutsche Kolonialherrschaft in Afrika. Wirtschaftsinteressen und Kolonialverwaltung in Kamerun vor 1914, Zürich 1970 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte; Bd. 6); Trutz von Trotha, Koloniale Herrschaft, Tübingen 1994; Ralph Erbar,Ein "Platz an der Sonne"?Die Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen Kolonie Togo 1884 - 1914, Stuttgart 1991 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte; Bd. 51) sowie - alle afrikanischen Besitzungen umfassend - Helmuth Stoecker (Hrsg.), Drang nach Afrika. Die deutsche koloniale Expansionspolitik und Herrschaft in Afrika von den Anfängen bis zu dem Verlust der Kolonien, Berlin 1991. Für den Südseeraum siehe v.a. Hermann J. Hiery (Hrsg.), Die deutsche Südsee 1884-1914. Ein Handbuch, 2. Aufl. Paderborn 2003.

[27] Zu charismatischer Herrschaft und Führung vgl. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. rev. Aufl., Tübingen 1976, S. 654 ff. und speziell auf Bismarck bezogen: Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, Von der "Deutschen Doppelrevolution" bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. 1849 -1914,München 1995, S. 368-376.

[28] Vgl. Grohmann, Marc, Exotische Verfassung. Die Kompetenzen des Reichstags für die deutschen Kolonien in Gesetzgebung und Staatsrechtswissenschaft des Kaiserreichs (1884 - 1914),Tübingen2001(Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts; Bd. 30), S. 16-65; siehe zum Verhältnis zwischen Gesellschaft, Parlament und Reichsregierung auch Lothar Gall (Hrsg.),Regierung, Parlament und Öffentlichkeit im Zeitalter Bismarcks. Politikstile im Wandel, Paderborn 2003 (Otto-von-Bismarck-Stiftung. Wissenschaftliche Reihe; Bd. 5); ders., Otto von Bismarck und die Parteien Paderborn u.a.2001 (Wissenschaftliche Reihe. Otto-von-Bismarck-Stiftung; Bd. 3).

[29] Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. 2, Machtstaat vor der Demokratie, München 1992, S. 429.

[30] In unserem Kontext bezeichnet dieses Kürzel die „Kolonial-Frage“.

[31] Otto Fürst von Bismarck, Die Gesammelten Werke (Friedrichsruher Ausgabe), hrsg. von Herman von Petersdorff u.a., 15 Bde., 3. Aufl. Berlin 1924 ff; Herbert Graf von Bismarck, Aus seiner politischen Privatkorrespondenz, hrsg. von Walter Bußmann, Bd. 2., Stuttgart 1887; Friedrich von Holstein, Die geheimen Papiere Friedrich von Holsteins, hrsg. von Norman Rich u.a., Deutsche Ausgabe hrsg. von Werner Frauendienst, 4 Bd., Göttingen u.a. 1956 ff.; Johannes Lepsius u.a. (Hrsg.), Die Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914. Sammlung der Diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes, Bde. 1-26, Berlin 1922 ff.; Horst Kohl (Hrsg.), Die politischen Reden des Fürsten Bismarck, Bd. 1-14, Stuttgart/Berlin 1893-1905.

[32] Vgl. Jacob, Deutsche Kolonialpolitik; Mommsen, Der Imperialismus. Grundlagen; Werner Ripper (Hrsg.), Politik und Theorie des Imperialismus, o.O. 1977 (Weltgeschichte im Aufriss; Bd. 5).

[33] Hans- Ulrich Wehler, Bismarck und der Imperialismus, Köln/Berlin 1969; Winfried Speitkamp, Deutsche Kolonialgeschichte, Stuttgart 2005; Horst Gründer, Geschichte der deutschen Kolonien, 5. verb. u. erg. Auflage Paderborn u.a. 2004.

[34] Axel T.G. Riehl, Der „Tanz um den Äquator“. Bismarcks antienglische Kolonialpolitik und die Erwartung des Thronwechsels in Deutschland 1883 bis 1885, Berlin 1993 (Quellen und Forschungen zur brandenburgischen und preussischen Geschichte; Bd. 1); Stig Förster u.a. (Hrsg.), Bismarck, Europe and Africa. The Berlin Africa Conference 1884-1885 and the Onset of Partition, Oxford 1988.

[35] Jacob Burckhardt, Gesammelte Werke, Bd. 4: Weltgeschichtliche Betrachtungen, unveränd. Nachdruck der Ausgabe von 1956, Darmstadt 1970, S. 15.

[36] Wolfgang J. Mommsen, Der europäische Imperialismus. Aufsätze und Abhandlungen, Göttingen 1979; ders., Imperialismus, S. 19-31; Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Imperialismus, 3. Aufl. Köln 1976. Jürgen Osterhammel, Kolonialismus, 2. durchgesehene Aufl. München 1997; David K., Fieldhouse, Colonialism 1870 - 1945. An introduction, London1981.

[37] Vgl. Baumgart, Zeitalter des Imperialismus, S. 32; Diese Äußerung stammt zwar aus dem Jahre 1972, es ist jedoch nicht bekannt, dass er diese zurückgenommen hat. Daher wird hier als Tempus Präsens verwendet.

[38] Vgl. Jörg Fisch, Art. „Imperialismus. II. „Imperium“ bis zur Bildung von „Imperialismus“, in: Geschichtliche Grundbegriffe, hrsg. Von Otto Brunner/ Werner Conze/ Reinhart Koselleck, Bd. 3. H-Me, Stuttgart 1982, S. 171.

[39] Vgl. Jürgen Osterhammel, Imperialgeschichte, in: Cornelißen, Christoph (Hrsg.), Geschichtswissenschaften. Eine Einführung, Frankfurt a. M.2000, S. 223 f.

[40] Vgl. ebd., S. 226.

[41] Mommsen, Europäischer Imperialismus, S. 206.

[42] Die Ausführungen des folgenden Absatzes beruhen größtenteils auf Rudolf Walther, Art. „Imperialismus. III. Wortverwendungen im Vorfeld des modernen Imperialismusbegriffs“, in: Geschichtliche Grundbegriffe, hrsg. Von Otto Brunner/ Werner Conze/ Reinhart Koselleck, Bd. 3. H-Me, Stuttgart 1982, S. 175-236.

[43] Constantin Frantz, zitiert nach ebd., S. 175 f.

[44] Vgl. Bruno Bauer, Disraelis romantischer und Bismarck’s socialistischer Imperialismus, Chemnitz 1882, S. 76 ff.

[45] Benjamin Disraeli war von 1868 bis 1869 sowie zwischen 1874 und 1880 englischer Premierminister.

[46] Vgl. Helmut Viebrock, Disraeli. Speech at the Banquet of the National Union of Conservative and Constitutional Ass., at the Crystal Palace, on June 24, 1872. Rede im Kristallpalast am 24. Juni 1872, Wiesbaden 1968.

[47] Mommsen, Europäischer Imperialismus, S. 207.

[48] Vgl. ebd., S. 208.

[49] Zu den „expansionsfreudigen“ Staaten England, Frankreich und Russland kamen nun allmählich auch Deutschland, Italien oder Belgien hinzu, die auf internationalem Parkett eine gewichtigere Rolle spielen wollten.

[50] Sir Jonathan Roseberry, zitiert nach Mommsen Europäischer Imperialismus, S. 209.

[51] Roseberry, zitiert nach ebd., S. 210; Das Zitat stammt aus dem Jahre 1899.

[52] Max Weber, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik. Akademische Antrittsrede von Dr. Max Weber, Freiburg i. Brsg./ Leipzig 1895, S. 32 ff.

[53] Benjamin Disraeli, zitiert nach Baumgart, Zeitalter des Imperialismus, S. 33.

[54] John Seeley, zitiert nach ebd.

[55] Vgl. Wolfgang J. Mommsen, Der moderne Imperialismus als innergesellschaftliches Phänomen. Versuch einer universalgeschichtlichen Einordnung, in: ders. (Hrsg.), Der moderne Imperialismus, Stuttgart u.a. 1971, S. 14.

[56] Einer der ersten und schönsten Beiträge zum Sehepunckt des Historikers stammt von Johann Martin Chladenius aus dem Jahre 1752; Johann Martin Chladenius, Allgemeine Geschichtswissenschaft. Neudruck der Ausgabe von 1752, Wien u.a. 1985.

[57] Die folgende Darstellung orientiert sich hauptsächlich an Vgl. Baumgart, Zeitalter des Imperialismus, S. 34ff.

[58] Wladimir I. Lenin in „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1917)“, zitiert nach Werner Ripper (Hrsg.), Politik und Theorie des Imperialismus, o.O. 1977 (Weltgeschichte im Aufriss; Bd. 5), S. 68.

[59] Vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 977-990; Wehler, Imperialismus, S. 11; Wehler, Bismarck und der Imperialismus, S. 39-43 und S. 412-486.

[60] Joseph A. Schumpeter, Aufsätze zur Soziologie, Tübingen 1953, S. 74 ff.

[61] „The future is with the great Empires, and there is no greater Empire than the British Empire.“ Zitiert nach Baumgart, Zeitalter des Imperialismus, S. 40.

[62] Treitschke, Politik, Bd. 1, S. 123 ff.

[63] Vgl. David K. Fieldhouse, Economics and Empire 1830-1914, London 1973; John Gallagher/ Ronald Robinson, The Imperialism of Free Trade, in: Economic History Review, Bd. 6, 1953; Wolfgang J. Mommsen, Grossmachtstellung und Weltpolitik. Die Außenpolitik des Deutschen Reiches 1870 bis 1914, Frankfurt a. M. 1993, S. 73 sowie Mommsen, Europäischer Imperialismus, S. 229.

[64] David K. Fieldhouse, Colonialism, S. 1.

[65] E. J. Goodman., Art. “Imperialism”, in: New Catholic Encyclopedia, New York u.a. 1967, S. 398.

[66] Zitiert nach Schöllgen, Zeitalter des Imperialismus, S. 1; vgl. Mommsen, Imperialismus. Grundlagen, S. 19.

[67] Osterhammel, Imperialgeschichte, S. 224.

[68] Ebd.

[69] Vgl. Mommsen, Europäischer Imperialismus, S. 213 f; Vgl. Wehler, Imperialismus, S. 11.

[70] Andrew Porter, European Imperialism, 1860-1914, Basingstoke 1994, S. 11.

[71] Zitiert nach Walther, Rudolf, Geschichtliche Grundbegriffe, S. 181.

[72] Geschichtliche Grundbegriffe, hrsg. Von Otto Brunner/ Werner Conze/ Reinhart Koselleck, Bd. 3. H-Me, Stuttgart 1982, S. 171-236.

[73] Josef M. Stowasser u.a. (Hrsg.), Lateinisch-deutsches Schülerwörterbuch, neu bearb. u. erw. Aufl. München 1994.

[74] Vgl. Osterhammel, Kolonialismus, S. 8-15.

[75] Fieldhouse, Colonialism, S. 4.

[76] Vgl. Osterhammel, Kolonialismus, S. 16-18.

[77] Ebd., S. 16.

[78] Zur juristischen Unterscheidung von Schutzgebieten bzw. Protektoraten und formellen Kolonien siehe Grohmann, Exotische Verfassung, S.17 ff. sowie Schildknecht, Bismarck, Südwestafrika und die Kongokonferenz, S. ff.

[79] Vgl. Wolfgang Reinhard, Kleine Geschichte des Kolonialismus, Stuttgart 1996, S. 4ff.; Osterhammel, Kolonialismus, S. 32-46.

[80] Die nachfolgende Periodisierung orientiert sich an dem Vortrag Bocks vom 15.04. 2004 im Rahmen ihrer Vorlesung „Europäischer Kolonialismus I.“ gehalten an der Freien Universität Berlin im Sommersemester 2004.

[81] In der Darstellung soll die Aufteilung in Frühe und Späte Neuzeit nur ungefährer Natur sein und spiegelt nicht die gängigen exakten Datierungen in der Fachliteratur wieder, da sich die (De-) Kolonisationsphasen zeitlich sehr stark überschneiden.

Fin de l'extrait de 112 pages

Résumé des informations

Titre
Deutsche Kolonialpolitik unter Bismarck. Das Für und Wider eines staatlich-formellen Kolonialismus
Université
Free University of Berlin  (Friedrich-Meinecke-Institut)
Note
1,7
Auteur
Année
2006
Pages
112
N° de catalogue
V66571
ISBN (ebook)
9783638591379
ISBN (Livre)
9783638671507
Taille d'un fichier
2733 KB
Langue
allemand
Mots clés
Deutsche, Kolonialpolitik, Bismarck, Wider, Kolonialismus
Citation du texte
Werner Martin (Auteur), 2006, Deutsche Kolonialpolitik unter Bismarck. Das Für und Wider eines staatlich-formellen Kolonialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66571

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