Im Rahmen der Arbeit wird die Bedeutung der ökonomischen Vertragstheorie für die Analyse der Kooperation innerhalb des Supply Chain Managements (SCM) dargestellt. Ziel ist es die bedeutendsten Modelle der Vertragstheorie darzustellen und deren Eignung für die kontraktuale Gestaltung im Rahmen des SCM zu beurteilen.
Nachdem in Kapitel 1 die Bedeutung von SCM dargelegt und auf dessen Bezug zur Vertragsgestaltung bzw. der Vertragstheorie eingegangen wird, werden in Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen der Vertragstheorie dargestellt. Hierbei wird zunächst deren Entwicklung kurz skizziert. Danach werden die wesentlichen Grundbegriffe und Grundannahmen der Vertragstheorie knapp dargelegt. In Kapitel 3 wird mit der Principal-Agent-Theorie und dem Signaling-Modell auf die bedeutendsten Modelle der Vertragstheorie
eingegangen. Zusätzlich wird mit dem Konzept der idiosykratischer Investitionen, welche ein zentrales Element der Theorie der unvollständigen Verträge von Grossmann/Hart darstellt, auf eine neuere Entwicklung der Vertragstheorie eingegangen. Abschließend wird in Kapitel 4 kurz auf die Eignung der Vertragstheorie als normative Gestaltungsempfehlung für die kontraktuale Gestaltung des SCM eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Die Rolle von Kontrakten innerhalb des Supply Chain Management
2 Theoretische Grundlagen der Vertragstheorie
2.1 Gegenstand der Vertragstheorie
2.2 Klassifizierung vertragstheoretischer Probleme
3 (Grund-)Modelle der Vertragstheorie
3.1 Das Principal-Agent-Modell
3.1.1 Das Principal-Agent-Modell bei zwei Handlungen
3.1.2 Das Principal-Agent-Modell bei stetigen Handlungen
3.1.3 Das allgemeine Principal-Agent-Modell
3.2 Das Signaling-Modell von Spence
3.3 Idiosynkratische Investitionen
4 Kritische Würdigung der Vertragstheorie
Anhang
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
1.1 Geschätzter weltweiter B2B-Umsatz
3.1 Spielstruktur eines typischen Principal-Agent-Modells
3.2 Beispiel einer konkaven Nutzenfunktion
3.3 Spielablauf des Modells von Spence
3.4 Mögliche Indifferenzkurven der Lieferanten
3.5 Mögliches Preisschema
3.6 Beispiel eines Trennungsgleichgewichts
3.7 Beispiel eines Preisschemas in einem Trennungsgleichgewicht
3.8 Weiteres mögliches Trennungsgleichgewicht
3.9 Preisschema bei Investitionsniveau [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]
3.10 Besserstellung produktiver Lieferanten durch Signalisierung
3.11 Schlechterstellung produktiver Lieferanten durch Signalisierung
3.12 Beispiel eines Pooling-Gleichtgewichts
3.13 Preisschema in einem Pooling-Gleichgewicht
Kapitel 1 Die Rolle von Kontrakten innerhalb des Supply Chain Management
Das ganzheitliche Management der logistischen Versorgungskette (Supply Chain Mana- gement, SCM) hat in den letzten 10-15 Jahren in Forschung und Praxis für zunehmende Aufmerksamkeit gesorgt. Als Gründe hierfür werden in der Literatur u.a. angeführt1):
- die zunehmende Globalisierung mit erweiterten Absatz- und Beschaffungsmärkten,
- die zunehmende Arbeitsteilung mit weltweit verteilten Produktionsstrukturen,
- die steigende Produktkomplexität,
- und die stark zunehmende Leistungsfähigkeit der Informations- und Kommunikati- onstechnologie.
Ein Ende dieser Entwicklung ist bislang nicht abzusehen. Dies liegt vor allem an der zu- nehmenden ökonomischen Öffnung der osteuropäischen Schwellenländer2), der steigen- den Verbreitung des elektronischen Geschäftsverkehrs durch das Internet im Geschäfts- kundenbereich (Business-to-Business, B2B)3),4) und der verstärkten Nutzung elektroni- scher Märkte5). Zudem erschließen sich für Unternehmen durch die Nutzung von SCM- Praktiken große Einsparungs- und Wettbewerbspotentiale6). Diese Entwicklungen bedin- gen eine weiter zunehmende nationale und internationale Arbeitsteilung bzw. Spezialisie- rung der Unternehmen und betonen die Notwendigkeit zu einem integrierten Mangement der gesamten Logistikkette.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1.1: Geschätzter weltweiter B2B-Umsatz
Supply Chain Management hat seinen Ursprung in den USA und soll im folgenden ver- standen werden als die “...Optimierung der Material- und Informationsflüsse vom Rohstoff bis hin zum Endabnehmer in unternehmensübergreifenden Logistiknetzen.“1),2)
Aus dieser Definition heraus wird ersichtlich, daß es sich bei SCM nicht nur um die Opti- mierung bzw. Koordination der internen Funktionsbereiche eines Unternehmens handelt3), sondern daß der Fokus von SCM auf der Gestaltung und dem Management des Logistik- netzes von weitegehend unabhängigen Unternehmen liegt. Hierbei handelt es sich um ein anspruchsvolles Problem, da die Unternehmen auch alle individuelle Ziele verfolgen und es oft am Informationsaustausch zwischen den Partnern mangelt. Daher kann es zu einem ineffizienten Gesamtergebnis der Lieferkette kommen, da die Unternehmen i.d.R. über In- formationsvorteile bzgl. ihres eigenen Unternehmens verfügen. Deshalb kommt m.E. der kontraktualen Gestaltung der Logistikkette entscheidende Bedeutung zu, da hierbei das langfristige Gewinnpotential der gesamten Logstikkette determiniert wird. Empirischen Untersuchen zur Folge wird 70% der Varianz der Rentabilität einer Unternehmung durch strategischen Faktoren und lediglich 30% durch operative Effizienz bestimmt4). Die Lei- stungsstruktur der Logistikkette wird langfristig v.a. durch die Gestaltung kontraktualer Be- ziehungen zwischen den einzelnen Unternehmen einer Logistikkette bestimmt5), die auch darüber entscheidet, wie effizient die vorhandenen Informationen genutzt werden. Ziel ist es einerseits, ein möglichst kooperatives Verhaltens der einzelnen Mitglieder der Logistik- kette zu gewährleisten (intra-chain-cooperation) und andererseits darum kompetitves Ver- halten gegenüber anderen Logistikketten (inter-chain-confrontation) sicherzustellen. Ein zentrales Problem stellt dabei auch die Verteilung der Effizienzgewinne an die einzelnen Unternehmen der Logistikkette dar, da sich diese nur relativ ungenau verursachungsge- recht ermitteln lassen1). Es sollen in dieser Arbeit die theoretischen Möglichkeiten zur Gestaltung der Logistikkette durch vertragliche Anreize aufgezeigt werden, die erkennen lassen, wie das opportunistische Verhalten der einzelnen Unternehmen in der Logistikkette so gelenkt werden kann, daß es zum Gesamterfolg der Logistikkette beiträgt. Zu dieser Gestaltung vermag die Vertragstheorie wesentliche Einsichten zu liefern.
Nachdem nun in Kapitel 1 die Bedeutung von SCM dargelegt wurde und auf dessen Be- zug zur Vertragsgestaltung bzw. der Vertragstheorie eingegangen wurde, werden in Kapi- tel 2 die theoretischen Grundlagen der Vertragstheorie dargestellt. Hierbei wird zunächst deren Entwicklung kurz skizziert. Danach werden die wesentlichen Grundbegriffe und Grundannahmen der Vertragstheorie knapp dargelegt. In Kapitel 3 soll mit der Principal- Agent-Theorie und dem Signaling-Modell auf die bedeutendsten Modelle der Vertrags- theorie eingegangen werden. Zusätzlich soll mit dem Konzept der idiosykratischer In- vestitionen, welche ein zentrales Element der Theorie der unvollständigen Verträge von Grossmann/Hart2) darstellt, auf eine neuere Entwicklung der Vertragstheorie eingegangen werden3). Abschließend soll in Kapitel 4 kurz auf die Eignung der Vertragstheorie als normative Gestaltungsempfehlung für die kontraktuale Gestaltung des SCM eingegangen werden.
Kapitel 2 Theoretische Grundlagen der Vertragstheorie
In diesem Kapitel soll ein knapper Überblick über die Grundlagen und Termini der Ver- tragstheorie gegeben werden. Hierzu wird als erstes in Abschnitt 2.1 das Ziel der Vertrags- theorie dargestellt und der Begriff des Vertrages im ökonomischen Sinne expliziert. Darauf folgend wird auf die unterschiedlichen Typen von Verträgen innerhalb der Vertragstheorie eingegangen. In Abschnitt 2.2 werden die unterschiedlichen Begriffe der Informations- asymmetrie und die grundlegenden Annahmen der Vertragstheorie dargestellt.
2.1 Gegenstand der Vertragstheorie
Die Vertragstheorie1), im ökonomischen Sinn, “beschäftigt sich mit wirtschaftlichen Be- ziehungen zwischen individuellen Agenten, deren Zusammenwirken durch strategische In- teraktion geprägt ist“2). Zwar beschäftigt sich die Allokationstheorie3) mit ihren Teilge- bieten Preis- und Gleichgewichtstheorie auch mit diesen Problemen, allerdings ist diese wenig tragfähig, wenn es um die Einbeziehung von Transaktionen zwischen asymmetrisch informierten Parteien geht. Die Allokationstheorie geht nämlich davon aus, daß die Agen- ten weitgehend keinen Einfluß auf die zustandekommenden Preise bzw. Allokationen neh- men können und damit keine Möglichkeit zur strategischen Interaktion besitzen. Schon Coase hat darauf hingewiesen, daß man seinen Blick nicht einseitig auf das Versagen des Preismechanismus richten darf4), indem er daraufhin hindeutet, daß ein großer Teil von Transaktionen überhaupt nicht über den Markt abgewickelt wird, sondern innerhalb von Institutionen5).
Das Gebiet der Vertragstheorie stellt ein ziemlich junges Forschungsgebiet der Ökono- mie dar, dessen Umfang inzwischen beträchtliche Formen angenommen hat1). Lange Zeit wurden Verträge von Ökonomen als rein juristische Angelegenheit betrachtet2). In klassi- schen Lehrbüchern zur Mikroökonomie3) findet sich kein Hinweis auf den Terminus des Vertrages4) oder dieser wird allenfalls nur knapp behandelt. Lediglich in modernen und anspruchsvolleren Werken5) werden Gebiete der modernen Vertragstheorie behandelt.
Dabei unterscheidet sich der Terminus des Vertrags im ökonomischen Sinne deutlich von dem im juristischen Sinne6). Als Verträge im Sinne der Vertragstheorie7) werden “sämtli- che Vorkehrungen gedeutet, welche die Möglichkeit der strategischen Interaktion von indi- viduellen Entscheidungsträgern definieren, beeinflussen und koordinieren “8). Im Zentrum des Interesses stehen somit bindende explizite und implizte Vereinbarungen über den Aus- tausch von Gütern und Leistungen zwischen Individuen, denen diese zustimmen, weil sie sich hiervon eine Besserstellung versprechen9). Hierunter fallen z.B. auch sog. Verhält- nisse10) oder implizite Verträge11). Wie oben bereits erwähnt, geht die Vertragstheorie von antagonistischen Agenten aus, die opportunistisch Handeln, was oft nicht zu einem globalen Optimum führt. Prinizipiell ließe sich dieses Problem durch einen sog. vollstän- digen Vertrag (complete contract) lösen, indem man für alle Umweltzustände (states of nature) umfassende Regelungen ausformuliert. Dies ist jedoch meist nicht möglich, da rea- liter keiner der Agenten über vollkommene Voraussicht verfügt, viele Vertragskonditionen vor Gericht nicht verifiziert werden können, weil optimale Aktionen oft private Informa- tion (private information) der Agenten sind, aber auch weil es schlichtweg zu kostspielig wäre einen Vertrag zu verfassen, der vollständig ist. Es stellt sich schlichtweg die Frage, wie gegeben die bestehenden Anreizprobleme, die Agenten ihre Beziehung strukturieren sollen, um dennoch eine möglichst effiziente Allokation zu erreichen12). Innerhalb der Ver- tragstheorie lassen sich Verträge charakterisieren bzw. diffenzieren13) Die Charakteristika des Vertrags hat vor allem Auswirkung auf den Aufbau des konkreten Modells. Die obi- gen Ausführungen lassen schon erahnen, daß es sich bei der Vertragstheorie um eine sehr allgemeine Theorie handelt, die ein breites Spektrum von realen Situationen zu erfassen vermag.
2.2 Klassifizierung vertragstheoretischer Probleme
Grundsätzlich kann man feststellen, daß sich die Vertragstheorie besonders dazu eignet, Situationen zu analysieren, in denen die Informatationen zwischen den einzelnen Agen- ten unterschiedllich verteilt sind, d.h. wenn Informationsasymmetrien bestehen. Man kann hierbei mehrere Arten unterscheiden1):
Asymmetrische Information (asymmetric information): hierunter fallen alle Situationen, in denen die Agenten über Sachverhalte unterschiedlich gut informiert sind.
Unvollständige Information (incomplete information): hiervon spricht man, wenn einige Agenten über Sachverhalte besser informiert sind, die exogen vorgegeben wurden, also nicht von den Agenten selbst gewählt wurden. Man spricht davon, daß diese Sachverhalte private Information sind. Solche Sachverhalte werden auch als (unbe- kannte) Typen bezeichnet. Unvollständige Information kann man weiter unterteilen in:
Negative Auslese (adverse selection): hierunter wird der Umstand verstanden, daß der Typ eines Agenten zum Vertragsabschluß dessen private Information ist2).
Verborgene Information (hidden information): hierbei erfährt der besser infor- mierte Agent nach Vertragsabschluß seinen Typ und führt danach noch eine, das Gesamtergebnis beeinflussende Aktion durch3).
Unvollkommene Information (imperfect information): unter diese Situation fällt der Fall, daß beide Agenten vor Vertragsabschluß - also ex ante - gleich gut informiert sind, ein Agent aber nach Vertragsabschluß - also ex post - eine unbeobachtbare Handlung (hidden action) durchführt, die das Ergebnis beeinflußt4).
Unvollständige Verträge (incomplete contracts) 1) : hier sind die relevanten Informationen zwar von den Agenten beobachtbar, allerdings sind sie nicht gegenüber außenstehen- den Parteien, wie z.B. Gerichten, verifizierbar.
Das obige Schema stellt allerdings nur eine mögliche Klassifikation dar2). Entscheidend bei der Analyse vertragstheoretischer Modelle ist immer die Frage: welche Partei beob- achtet welche Information zu welchem Zeitpunkt? Die Strukturierung der unterschiedli- chen Informationssituationen alleine ist allerdings nicht ausreichend, um eine Theorie wie die Vertragstheorie methodologisch zu stützen. Zusätzlich sind folgenden Annahmen3) zu treffen:
Nutzenmaximierung: es wird davon ausgegangen, daß alle Akteure nach ihren indivi- duellen Präferenzen ihren persönlichen Nutzen maximieren4). Manipuliert werden hierbei nicht die individuellen Nutzenfunktionen, sondern die Restriktionen, die den individuellen Handlungsspielraum beschränken und kanalisieren.
Rationalität: hierbei wird nicht der aus der neoklassischen mikroökonomischen Theo- rie verwendete Begriff des homo oeconomicus unterstellt, sondern das realistischere Konzept der beschränkten Rationalität (bounded rationality)5). Dieser Begriff be- schreibt die Tatsache, daß Menschen zwar versuchen sich rational zu verhalten, aber nur eine endliche Fähigkeit besitzen, Informationen aufzunehmen und zu verarbei- ten.
Opportunistisches Verhalten: diese Annahme geht über die individuelle Nutzenmaxi- mierung insofern hinaus, als daß die einzelnen Akteure auch bereit sind, in Verfol- gung ihrer individuellen Ziele, sich “arglistig“ bzw. unkooperativ zu verhalten.
Methodologisches Verhalten6) : darunter versteht man, daß alle Entscheidungen und Handlungen konsequent aus Sicht der jeweils betroffenen Individuen analysiert wer- den.
Auch wenn die o.g. Annahmen ein sehr negatives und mechanistisches Menschenbild im- plizieren, so sind sie doch - im Sinne der Theoriebildung als erste Annährung - als zweck- mäßig zu bezeichnen7).
Kapitel 3 (Grund-)Modelle der Vertragstheorie
In diesem Kapitel sollen die wichtigsten bzw. bekanntesten (Grund-)Modelle der Vertrags- theorie vorgestellt werden. Dabei wird in Abschnitt 3.1 die Klasse der Principal-Agent- Modelle behandelt, welche allgemein einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt haben. In Ab- schnitt 3.2 soll das Signaling-Modell von Spence vorgestellt werden, welches vor allem im Bereich der Arbeitsmarktökonomie Beachtung gefunden hat. Als eine der neueren Ent- wicklungen in der Vertragstheorie wird in Abschnitt 3.3 auf idiosynkratische Investitionen als ein Grundbaustein der Theorie unvollständiger Verträge von Grossman/Hart eingegan- gen, welche vor allem wertvolle Beiträge zur Diskussion des optimalen Integrationsgrades geliefert hat.
3.1 Das Principal-Agent-Modell
Die Klasse der Modelle der Vertragstheorie, welche in der Ökonomie die größte Beachtung gefunden hat, ist die der Principal-Agent-Modelle. Hierbei geht es darum, daß ein Agent nach einem Vertragsabschluß eine von seinem Vertragspartner nicht beobachtbare Hand- lung durchführen kann. Dieser Fall wird in der Literatur als moralisches Risiko (moral hazard) bei versteckter Aktion (hidden action) bezeichnet und in diesem Abschnitt darge- legt. Dabei wird in Unterabschnitt 3.1.1 der Aktionsraum des Agenten auf zwei diskrete Handlungen beschränkt. Darauf aufbauend wird in Unterabschnitt 3.1.2 dessen Hand- lungsraum auf den stetigen Raum erweitert. Schließlich wird in Unterabschnitt 3.1.3 der allgemeine Ansatz vorgestellt und auf die Bedingungen zu dessen Lösbarkeit eingegangen.
3.1.1 Das Principal-Agent-Modell bei zwei Handlungen
Gegeben sei ein Produzent dessen Gewinn nur von der Qualität des von seinem Lieferanten zur Verfügung gestellten Inputs abhängt1). Wobei dessen Gewinn entweder einen hohen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1) Im Rahmen der Vertragstheorie wird der Produzent als Prinzipal (principal) und der Lieferant als Agent (agent) bezeichnet.
Wert [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] oder einen niedrigen Wert [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] annehmen kann1). Die Qualität des Inputs hängt dabei nur von der Anstrengung des Lieferanten ab. Diese kann entweder hoch oder niedrig sein. Der Lieferant erzielt durch den Verkauf des Inputs einen Nutzen von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], wenn er sich anstrengt und von U = u (w), wenn er sich nicht anstrengt2). Würde der Lieferant anstatt des jetzigen Produzenten einen anderen beliefern, bekäme er einen Nutzen von U 0 = u (w 0)3). D.h. der Produzent muß dem Lieferanten mindestens einen Preis von w 0 bezahlen, daß dieser an ihn liefert. Der Ablauf eines solchen typischen Principal-Agent- Modells ist in Abb. 3.1 dargestellt. Die Zielfunktion des Produzenten sei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], sprich der Erwartungswert seines Nettogewinns4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.1: Spielstruktur eines typischen Principal-Agent-Modells
Strengt der Lieferant sich an, dann beträgt der Gewinn des Produzenten mit Wahrschein- lichkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und mit Wahrscheinlichkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]. Ist dies nicht der Fall, beträgt der Ge-
winn mit Wahrscheinlichkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und mit Wahrscheinlichkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]5).
Nun stellen wir uns vor, daß der Produzent darüber entscheiden möchte welchen Vertrag er dem Lieferanten abbieten soll.
1. Fall: Die Anstrengungen des Lieferanten sind vom Produzenten beobachtbar6)
Da die Anstrengungen beobachtbar sind, tritt hierbei kein Anreizproblem auf; der optimale Vertrag sieht vollständigen Versicherungsschutz7) für den Lieferanten vor, was in diesem Fall bedeutet: [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 0. D.h. der Produzent will dem Lieferanten nicht mehr zahlen als den Prohibitivpreis, aber kann diesem andererseits auch nicht weniger zahlen als genau diesen. Der Gewinn des Produzenten beträgt dann Nun sei angenommen der Produzent erwartet ein hohes Qualitätsniveau von seinem Lie- feranten. Optimale Versicherung heißt erneut, daß der Nettopreis für den Lieferanten kon- stant bleibt, also gilt:
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Der Erwartungswert des Gewinns des Produzenten beträgt dann
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Für den Produzenten ist es allerdings nur interessant hohe Leistung zu fordern, g.d.w.
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bzw.
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erfüllt ist. Dies bedeutet nun nichts anderes, als daß es für den Produzenten nur dann vor- teilhaft ist von seinem Lieferanten hohes Anstrengungsniveau zu fordern, falls hierdurch der Erwartungswert des Gewinns des Produzenten die Erhöhung des Arbeitsleids des Lie- feranten überkompensiert.
2. Fall: Die Anstrengungen des Lieferanten sind vom Produzenten nicht beobacht- bar
In diesem Fall kommt es nur zu hohen Anstrengungen seitens des Lieferanten, falls die- ser dafür entsprechend entlohnt wird. Nehmen wir nun an, der Produzent wünscht sich vom seinem Lieferanten hohes Anstrengungsniveau. Um dieses zu gewährleisten, muß der optimale Vertrag folgende Bedingung erfüllen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Bedingung 3.1 wird Anreizverträglichkeitsbedingung (incentive constraint) genannt. Hierbei bezeichnet w i den Preis, den der Lieferant bekommt, falls der Produzent den Ge- winn [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] erzielt1). Allerdings ist Gleichung 3.1 nicht ausreichend, um die Optimalität des Vertrages zu gewährleisten. Zusätzlich muß noch die Bedingung individueller Rationali- tät (individual rationality constraint) oder auch Teilnahme- bzw. Partizipationsbedingung (participation constraint) erfüllt sein, weil nur bei Erfüllung dieser Bedingung der Lie- ferant an diesen Produzenten verkaufen will; ansonsten zieht er es vor, an einen anderen Produzenten zu liefern. Die Teilnahmebedingung lautet hier
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[...]
1) Vgl. Hahn (2000), S. 11. Für weitere Gründe vgl. Wildemann (2000), S. 58ff.
2) Und dadurch bedingter, zunehmender Internationalisierungs- bzw. Globalisierungstendenzen.
3) Vgl. Gatze (2000) bzw. Abb. 1.1 auf Seite 2.
4) Abb. 1.1 entnommen aus Gatze (2000).
5) Vgl. Gatze (2000).
6) So kann durch die Einführung von SCM-Praktiken bspw. die Liefertreue um 40% gesteigert, die Lie- ferzeit um 30% verkürzt und die Einkaufskosten um 10% gesenkt werden. Vgl. Wildemann (2001).
1) Wildemann (2000), S. 75.
2) Für einen Überblick über die weiteren Definitionen vgl. Kotzab (2000), S. 25.
3) Im Gegensatz bspw. zu Just-In-Time (JIT). Zur Entwicklung von JIT hin zu SCM vgl. Wildemann (2000), S. 51.
4) Vgl. Welge/Al-Laham (1999), S. 140.
5) Vgl. Hahn (2000), S. 13.
1) Vgl. Hahn (2000), S. 15f.
2) Zur Theorie der unvollständigen Verträge vgl. insb. Grossmann/Hart (1986) und Hart/Moore (1999). Zur Anwendung der Theorie vor allem im Bereich der Unternehmensfinanzierung vgl. Hart (1995). Für eine kritische Auseinandersetzung mit der Theorie unvollständiger Verträge vgl. Tirole (1999b).
3) Nicht eingegangen wird in dieser Arbeit allerdings auf den dritten Zweig der Vertragstheorie, der Theo- rie sich selbst durchsetzender Verträge. Vgl. hierzu Richter (2000).
1) Wir beschränken uns innerhalb dieser Arbeit auf den nicht-konstitutionalistischen Teil der Vertrags- theorie. Im Gegensatz zu dieser betrachtet die konstitutionalistische Vertragstheorie Probleme der gesellschaftlichen Gerechtigkeit von Allokationen und ist ein Teilgebiet der sog. Neuen Politischen Ökonomie.
2) Schweizer (1999) S. 1.
3) Zur modernen Allgemeinen Gleichgewichtstheorie vgl. insb. Arrow/Debreu (1954) und Debreu (1959).
4) Vgl. Coase (1937), S. 386ff.
5) Welche Form des Güteraustausches unter welchen Bedingungen zum Einsatz kommt, hängt weitge- hend von den hiermit verbunden Transaktionskosten ab. Vgl. hierzu Williamson (1985) oder William- son/Winter (1992).
1) Vgl. Hart/Holmström, S. 73.
2) Vgl. Richter (2000), S. 1.
3) Vgl. insb. Varian (1992) und Henderson/Quandt (1983).
4) Außer der aus der neoklassischen Mikroökonomie bekannten Kontraktkurve.
5) Wie bspw. Kreps (1990), Feess (2000), Wolfstetter (1999) und Mas-Colell et al. (1995).
6) Im juristischen Sinne stellt ein Vertrag bekanntlich zwei übereinstimmende Willenerklärungen dar. Vgl. §§ 145ff. BGB.
7) Insb. der Theorie unvollständiger Verträge.
8) Schweizer (1999), S. 5.
9) Vgl. Milgrom/Roberts (1992), S. 127.
10) Dies sind aller Arten menschlicher Beziehungen, wie z.B. Freundschaften, Geschäftsbeziehungen etc. Vgl. hierzu Richter (2000), S. 4.
11) Dies sind Verträge, die nicht schriftlich niederlegt sind und auch im juristischen Sinne nicht durch konkludentes Handeln zustande gekommen sind.
12) Dies könnte bspw. so geschehen, daß man den Vertrag nicht auf die Handlungen selbst konditioniert, sondern auf deren Ergebnis. Man denke hierbei an umsatzabhängige Gehaltsteile bei Managern.
13) Bspw. als vollständig oder unvollständig, klassisch oder relational, kurzfristig oder langfristig etc. Vgl. hierzu Richter/Furubotn (1999).
1) Diese Einteilung folgt im wesentlichen dem von Rasmussen vorgeschlagenen Schema. Vgl. hierzu Ras- mussen (1994), 165ff.
2) Dieser Ausdruck kommt ursprünglich aus der Versicherungtheorie und beschreibt den Umstand, daß oft nur Typen mit hohem Schadensrisiko eine Versicherung abschließen.
3) Im Gegensatz zum o.g. Fall kennt der Versicherungsnehmer hier sein Schadensrisiko nicht.
4) Diese Situation wird auch als moralisches Risiko (moral hazard) bezeichnet. Bspw. bezeichnet morali- sches Risiko eine Situation, in der die Versicherungsgesellschaft nicht beobachten kann wie sorgfältig ein Autofahrer fährt. Der Begriff des moralischen Risikos rührt daher, daß der Autofahrer ohne Versi- cherungsschutz wahrscheinlich vorsichtiger fahren würde.
1) Im Sinne von Grossman/Hart (1986).
2) Eine weitere gebraüchliche Klassifikation stammt u.a. von Arrow. Vgl. hierzu Arrow (1952).
3) Vgl. Wolff (1994), S. 24ff.
4) Es gelten hierbei die für Präferenzordungen üblichen Annahmen. Vgl. hierzu insb. Schneeweiß (1991), S. 88ff. und Kreps (1990), S. 18ff.
5) Der Begriff geht auf Simon und Williamson zurück. Vgl. hierzu Williamson (1975) bzw. Simon (1957), S. 196ff.
6) Diese Annahme wird u.a. auch als individuelle Rationalität bezeichnet.
7) Für eine methodologische Diskussion über die Annahmen der Ökonomik vgl. z.B. Arni (1989).
1) Es soll gelten: p h > p l.
2) Es soll gelten: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und F > 0. Wobei F das Arbeitsleid und w den Preis des Lieferanten ausdrückt.
3) Dieser wird als sog. Reservationsnutzen (reservation utility) bezeichnet.
4) Hiermit wird implizit unterstellt, daß der Produzent risikoneutral ist. Zur Abgrenzung der einzelnen Risikobegriffe, vgl. Eisenführ/Weber, S. 242ff.
5) Es soll gelten: 0 < y < x < 1.
6) Der Produzent könnte also den Lieferanten zu hoher Anstrengung verpflichten; z.B. in Form von hohen Konventionalstrafen bei geringer Anstrengung.
7) Dies bedeutet, daß der Lieferant unter allen Umweltzuständen den selben Preis bezahlt bekommt.
1) Aus Gleichung 3.1 folgt, daß w h > w l, da die linke Seite kleiner ist als xu (w h)+ (1 − x) u (w l), was wiederum kleiner als die rechte Seite von w h ≤ w l ist, da x > y.