Wie lässt sich eine Demokratie, die wirklich demokratisch ist, nach Jürgen Habermas denken? Welche ´Elemente` sind hierfür konstitutiv und wie fügen sich diese in einer Welt, die sich scheinbar immer stärker ausdifferenziert, zusammen? Um sich einem solch immensen gedanklichen Nexus, der sich neben der theoretischen Ebene auch der pragmatischen zuwenden muß, annähern zu können, bedarf es zuerst der Klärung von Begrifflichkeiten und Konzepten: Wie hängen Konzepte von Moral, Vernunft, Diskursethik, System und Lebenswelt, Demokratie in ihren verschiedensten Ausprägungen, Legitimität und Legalität, Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft, Verfassungspatriotismus und zivilen Ungehorsams miteinander zusammen? Vermutlich läßt sich das, was als (utopisches) ´Explanandum`, das ´zu Erklärende`, gelten soll zu einem großen Teil über die Intention des Autors, das „politische Denken und Handeln“ bei Jürgen Habermas verstehen. Als ein besonders anschauliches Beispiel politischen Handelns kann der Text „Ziviler Ungehorsam -Testfall für den demokratischen Rechtsstaat. Wider den autoritären Legalismus in der Bundesrepublik“ gelten.
Vor dem Hintergrund der in der BRD Anfang der Ende de 70er Jahre geführten Nachrüstungsdebatte, entstand das bis dato wohl größte zivilgesellschaftliche Engagement in der BRD. Es handelt sich um die äußerst heterogene, aber von außen als oft einheitlich rezipierte Friedensbewegung. In Antizipation eines sogenannten „heißen Herbstes“ im Jahre 1983 wurde die umstrittene Theorie und Praxis eines „zivilen Ungehorsams“ in der Öffentlichkeit diskutiert. Ziel dieser Arbeit ist, das Konzept und die Rolle des „zivilen Ungehorsams“ in das von Habermas vertretene Konzept deliberativer Demokratie einzuordnen und eventuelle Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede hinsichtlich der Referenzbegriffe und Bezugspunkte zu benennen. Die hierbei auftretenden Konzepte mit all ihren impliziten komplexen Fragestellungen, Bedingungen und praktischen Ausformungen müßten an sich aus dem Habermaschen Theoriekomplex, vornehmlich dem der Diskursethik aus der „Theorie des kommunikativen Handelns“ beleuchtet werden. Zum Verständnis des Zusammenhanges von Moral und Vernunft, bzw. deren jeweiligen Begründung sei hier auf diese profunde Elaborierung hingewiesen, auf welche jedoch durch den Rahmen dieser Arbeit nur rudimentär eingegangen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ziviler Ungehorsam
- Geschichte des zivilen Ungehorsams in der BRD
- Ziviler Ungehorsams bei Jürgen Habermas
- Deliberative Demokratie
- Geschichte der deliberativen Demokratie
- Deliberative Demokratie bei Habermas
- Ziviler Ungehorsam im Kontext deliberativer Demokratie:
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede
- Zur Unterscheidung von Moral- und Demokratieprinzip
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert das Konzept des zivilen Ungehorsams bei Jürgen Habermas im Kontext der deliberativen Demokratie. Sie untersucht, wie sich diese beiden Konzepte im Hinblick auf ihre Referenzbegriffe und Bezugspunkte zueinander verhalten und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sie aufweisen. Dabei wird insbesondere das Verhältnis von Moral und Vernunft, Legalität und Legitimität sowie die Rolle von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft im Rahmen der deliberativen Demokratie beleuchtet.
- Ziviler Ungehorsam als Praxis des politischen Handelns
- Deliberative Demokratie als Idealmodell demokratischer Ordnung
- Verhältnis von Moral, Vernunft, Legalität und Legitimität
- Rolle von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft in der deliberativen Demokratie
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen zivilem Ungehorsam und deliberativer Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung skizziert das theoretische Problemfeld der Arbeit und verdeutlicht die Relevanz des Themas im Kontext der Habermas'schen Theorie des politischen Denkens und Handelns. Das erste Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die Geschichte des zivilen Ungehorsams in der BRD und analysiert dann die Theorie des zivilen Ungehorsams bei Habermas. Im Fokus stehen dabei die Determinanten und Regeln, die diese Praxis konstituieren, sowie der Zweck und die Begründung des Konzepts. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept der deliberativen Demokratie bei Habermas, welches im dritten Kapitel mit dem zivilen Ungehorsam verglichen wird. Dabei werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Konzepten aufgezeigt und insbesondere die Unterscheidung von Moral- und Demokratieprinzip beleuchtet.
Schlüsselwörter
Ziviler Ungehorsam, deliberative Demokratie, Jürgen Habermas, Moral, Vernunft, Legalität, Legitimität, Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft, Diskursethik, Theorie des kommunikativen Handelns, Friedensbewegung, Nachrüstungsdebatte, Bundesrepublik Deutschland.
- Arbeit zitieren
- Ken Wallraven (Autor:in), 2004, 'Ziviler Ungehorsam' im Kontext des Konzeptes 'deliberativer Demokratie' bei Jürgen Habermas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67121