Wie kann Deutsch und Elbisch kontrastiv verglichen werden? Tolkiens Versuch der Entwicklung einer Kunstsprache


Proyecto/Trabajo fin de carrera, 2006

104 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 John Ronald Reuel Tolkien

3 Die Völker und Sprachen Mittelerdes
3.1 Tolkiens Sprachen
3.2 Ab wann ist eine Sprache eine Sprache?
3.3 Was ist eine Kunstsprache?
3.4 Die Sprachen in Mittelerde
3.5 Die Elben
3.6 Elbisch - Eine Eingrenzung
3.7 Quenya - Die alte Sprache
3.7.1 Externe Geschichte des Quenya
3.7.2 Interne Geschichte des Quenya
3.7.3 Quenya in Tolkiens Werk

4 Quenya - Deutsch
4.1 Laut und Lautstruktur
4.2 Die Schrift
4.3 Wortarten
4.3.1 Das Verb
4.3.2 Das Substantiv
4.3.3 Das Adjektiv
4.3.4 Der Artikel
4.3.5 Die Pronomen
4.3.6 Das Adverb
4.3.7 Die Partikeln
4.3.8 Die Präposition
4.3.9 Die Konjunktion
4.4 Wortbildung Quenya - Deutsch
4.5 Syntax Quenya - Deutsch

5 Quenya im Gebrauch

6 Zusammenfassung

7 Literaturverzeichnis

8 Anhang
8.1 Abkürzungen
8.2 Die Tengwar
8.3 Konjugationstabellen
8.4 Deklinationstabellen
8.5 Numerale
8.6 Personalpronomen
8.7 Possessivpronomen
8.8 Konsonanten im Quenya
8.9 Weitere Quenya-Texte in „Der Herr der Ringe“
8.10 Gesprochenes Quenya in den „Herr der Ringe“-Filmen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

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I amar prestar aen. Han mathon ne nen. Han mathon ne chae. A han noston ned 'wilith.1

1 Einleitung

Als am 19. Dezember 2001 die Premiere des Kinoerfolgs „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ in den deutschen Kinos anlief, waren die Worte der vorigen Seite, inklusive einer deutschsprachigen Übersetzung2, die ersten, die der Kinobesucher vernehmen konnte. Noch während des Vorspanns erklangen sie, von der Elbin Galadriel gesprochen, und stimmten den Zuschauer auf die großen Abenteuer in „Mittelerde“ ein. So begann einer der erfolgreichsten Fantasyfilme der letzten Jahre mit Worten aus einer Sprache, die den wenigsten Menschen bekannt sein dürfte und die von noch weniger Leuten verstanden, geschweige denn gesprochen wird: Elbisch.

Manchen Kinobesuchern oder späteren Betrachtern der DVDs oder Videokassetten war oder ist nicht bewusst, dass diese Filme auf der Grundlage eines umfassenden literarischen Werkes des eng-lischen Professors John Ronald Reuel Tolkien basieren. Die Geschichten Mittelerdes existieren also nicht erst, seit die Filme ab dem Jahre 1997 geplant und gedreht wurden, sondern schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts in dem Kopf eines einzelnen, von vielen als genial bezeichneten Mannes. Als 1937 das Buch „The Hobbit“ erschienen war, wurde Tolkien bald gebeten, einen zweiten Teil zu schreiben. Dieses Werk, an dem er dann insgesamt ca. 15 Jahre arbeitete, entpuppte sich nicht als Fortsetzung, sondern als eigenständiges Werk von erheblich größerem Umfang, als ursprünglich be-absichtigt: „Der Herr der Ringe“3. Die drei Bände „Die Gefährten“ (1954), „Die zwei Türme“ (1954) und „Die Rückkehr des Königs“ (1955) stießen auf ein begeistertes Publikum, so dass „Der Herr der Ringe“ zum zweit meist gelesenen Buch nach der Bibel avancierte.

Die Leser dieser Bücher waren nicht nur von der Tiefe der Bücher mit ihren umfangreichen Land-schaftsbeschreibungen, der umfassenden Historie innerhalb des Werkes und den vielen Details einer als real denkbaren Welt fasziniert. Auch die Sprachen der Völker, die Mittelerde bewohnen und die Handlung des „Herrn der Ringe“ auf verschiedenste Weise prägen und beeinflussen begeisterten sie. Tolkien, der als Sprachwissenschaftler eine große Liebe für Sprachen empfand und selbst eigene Sprachen erdachte, hatte hier nicht nur einige unverständliche Fetzen zusammengereimt. Ganz im Gegenteil: die Literatur Tolkiens spiegelt im Grunde nur einen Bruchteil dessen wider, was in sei-nem Kopf und in seinen Aufzeichnungen zu diesen Sprachen vorhanden war. Meist entwickeln Au-toren „Phantasiesprachen“ um ihren Büchern etwas phantastisches und mystisches zu verleihen, ihr

Augenmerk liegt aber auf der Literatur an sich und nicht auf der Sprache. Tolkiens Herangehens-weise war diesbezüglich verblüffend einfach und doch sehr ungewöhnlich: er hatte eine Sprache im Kopf, die er entwickeln wollte und brauchte nun eine Welt, in der diese existieren, leben und sich verändern konnte, gerade so, wie dies bei „echten“ Sprachen der Fall ist. Es handelt sich bei Tolkiens Sprachen nicht um Phantasiesprachen aus willkürlich zusammengesetzten Wortkonstruk-ten, sondern um Sprachen mit einer relativ vollständigen Grammatik, einem Wortkorpus, Phonolo-gie und eigener Schrift.

Das vollständige Ausmaß des schöpferischen linguistischen Werkes Tolkiens ist bis heute für die Allgemeinheit noch nicht erfassbar. J. R. R. Tolkiens Sohn Christopher Tolkien hat es sich nach dem Tod seines Vaters zur Aufgabe gemacht, die Notizen und Manuskripte seines Vaters auszuwer-ten und so viel davon zu veröffentlichen, wie die Klarheit und Lesbarkeit des Materials zulässt. So wurde 1977 das „Silmarillion“ veröffentlicht, welches die Geschichte von der Entstehung Mittel-erdes, die Herkunft der Elben, Menschen und Zwerge, sowie einen kleinen Einblick in deren Spra-chen enthält. Mit der Buchreihe „The History of Middle-Earth“, deren zwölf Bände in den Jahren zwischen 1983 und 1996 veröffentlicht wurden, tauchten dann weitere Kurzgeschichten und Aufsät-ze über Mittelerde, sowie über die Sprachen Tolkiens auf. Trotz dieses Umfangs an Literatur gehen manche davon aus, dass gerade einmal die Hälfte von Tolkiens Lebenswerk auf diese Weise öffent-lich zugänglich geworden ist. Dank vieler Bemühungen Christopher Tolkiens, sowie verschiedener Schüler und Fans seines Vaters, ist es dennoch möglich geworden, das Elbische bzw. die beiden am weitesten entwickelten Elbensprachen „Sindarin“ und „Quenya“ zu erforschen und sie ein wenig zu erlernen. Ihre Anwendbarkeit bewiesen sie nicht zuletzt in den eingangs genannten Filmen.

Das Ziel dieser Arbeit soll es sein, auf Basis des literarischen Werkes einen tieferen Einblick in die Kunstsprachen Tolkiens und vor allem in das Elbische, genauer gesagt, in das „Quenya“ zu geben. Um dies zu erreichen, wird zunächst ein umfassender Einblick in Tolkiens literarisches Schaffen und das Werk selbst nötig sein. Anschließend soll das „Quenya“ auf der Ebene der Grammatik und in besonderem Maße im Bereich der Wortarten dem Deutschen gegenübergestellt werden, um zu zeigen, auf welche Weise beide Sprachen verglichen werden können. Im Verlauf der Betrachtung wird auch der Aspekt „Kunstsprachen“ Beachtung finden und es sollen sich am Ende Überlegungen anschließen, inwiefern Tolkiens „Elbisch“ als Kunstsprache gewertet werden kann.

2 John Ronald Reuel Tolkien

Bei einer Betrachtung der Elbensprachen Tolkiens ist es hilfreich, sich mit seiner Person und seinem Leben auseinander zu setzen, um dadurch seine Motivation zu verstehen, die hinter dem Erfinden des Elbischen, der Welt Mittelerdes und allen dazugehörigen Ausarbeitungen steht. Deshalb folgt hier ein ausführlicher Lebenslauf Tolkiens, bei dem die Aufmerksamkeit besonders auf sein linguistisches und literarisches Schaffen gerichtet werden soll.4

John Ronald Reuel Tolkien wird am 3. Januar 1892 als Sohn von Arthur Reuel und Mabel Tolkien in Bloemfontein in Südafrika geboren. Ab 1895 lebt er dann mit seinem Bruder Hilary Arthur Reuel und seiner Mutter in Birmingham. Sein Vater, der ursprünglich auch recht bald nach dem Umzug nach Birmingham nachkommen wollte, verstirbt 1896 in Südafrika nach einem Blutsturz. Der junge Ronald, wie er gerufen wird, besucht ab September 1900 die King-Edwards-Schule in Birmingham. In der Zeit von 1901 bis 1903 zieht Tolkiens Familie mehrmals um und nachdem er von 1902 bis 1903 die St. Philip's Grammar School besucht hat, erhält er 1903 ein Stipendium für die KingEdwards Schule, an die er somit wieder zurückkehrt. Schon im Alter von elf Jahren beginnt Ronald Tolkien, Griechisch, Walisisch und Finnisch zu lernen.

Als 1904 seine Mutter Mabel stirbt, übernimmt Pater Francis Xavier Morgan, Priester der Birmingham Oratory, die Vormundschaft für die beiden Brüder Ronald und Hilary. Anfang 1905 ziehen beide zu ihrer Tante Beatrice Suffield. In der Schule ist Tolkien Bester seiner Klasse und er interessiert sich immer mehr für Sprachen, so dass er neben Griechisch und Latein auch anfängt, Deutsch und Französisch zu lernen. Er liest außerdem Alt- und Mittelenglisch und beginnt, seine ersten Phantasiesprachen zu entwickeln. Dazu zählt u.a. das „Naffarin“, welches er entwickelt, nachdem er von seinen Cousinen „Animalisch“ gelernt hat (welches fast nur aus Tiernamen besteht) und es mit ihnen auch spricht.

Anfang 1908 ziehen Ronald und Hilary Tolkien wieder um, diesmal in die Pension von Mrs. Faulkner, in der auch die 19-jährige Waise Edith Mary Bratt lebt - Tolkiens spätere Ehefrau. Nach einem gescheiterten Versuch, Ende 1909 ein Stipendium in Oxford zu erringen, gelingt es ihm im Dezember darauf doch und er beginnt im September 1911 sein Studium der klassischen Philologiemit dem Spezialfach „Vergleichende Philologie“. Tolkien spielt Rugby, schließt sich unter anderem dem Essay-Club an und lernt etwas Finnisch, um die „Kalevala“, das finnische Nationalepos, lesen zu können. Er gründet außerdem mit ein paar Freunden einen literarischen Club, der ursprünglich als Tee-Club beginnt (T.C.), dann in „Barrovian Society“ (B.S.) umbenannt und schließlich T.C.B.S. betitelt wird.

An seinem Geburtstag im Jahr 1913 nimmt er wieder Kontakt mit Edith Bratt auf. Sie erklärt sich bereit, ihn zu heiraten und er drängt sie, zum katholischen Glauben zu konvertieren; Tolkien selbst ist auch Katholik. Nachdem Edith am 8. Januar 1914 in der katholischen Kirche aufgenommen wor-den ist, verloben sich Ronald und Edith öffentlich. Im Sommer 1913 wechselt er an die „Honour School of English Language and Literature“, um dort Anglistik mit der Spezialisierung auf Sprach-wissenschaft und Altnordisch zu studieren. Im Sommer des darauf folgenden Jahres veröffentlicht er ein erstes Werk, was sich später seiner Mythologie zuordnen lässt: „The Voyage of Earendil the Evening Star“5.

Bei Ausbruch des Krieges meldet sich Tolkien zu Offiziersausbildung und schließt parallel sein Stu-dium mit Auszeichnung ab. Er schreibt viele Gedichte und vervollkommnet 1915 seine „Feenspra-che“ und erste Gedichte darin sowie ein Lexikon; er nennt die Sprache „Quenya“. Am 22. März 1916 heiraten Ronald und Edith. Nachdem Tolkien im Juni 1916 nach Frankreich eingeschifft wird und dort das Grauen der Grabenkriege erlebt, schickt man ihn Anfang November wegen „Graben-fieber“ wieder nach England. Als er mit seiner Frau Weihnachten feiert, sind zwei der vier Mitglie-der des T.C.B.S. gefallen: Robert Gilson und G. B. Smith. Viele seiner Kriegserfahrungen arbeitet er in seiner Literatur auf.

Während seines Genesungsurlaubs in Great Haywood Anfang 1917 schreibt Tolkien die erste Ge-schichte des „Book of Lost Tales“, eine Sammlung von Geschichten, bei denen Tolkien den Gedan-ken liebt, sie hätten tatsächlich stattgefunden und wären nur „verloren gegangen“.6 Die Elben-sprachen Quenya und Sindarin sind schon einigermaßen ausgeformt und Tolkien beginnt das Lexi-kon einer weiteren Elbensprache, des „Gnomish“ oder „Goldogrin“. Seine Frau Edith, die seine Ge- dichte in Reinschrift bringt, wird das erste Mal schwanger. Tolkien selbst wird das Jahr über immer wieder krank und verbringt dadurch viel Zeit in Krankenhäusern und Kasernen in Yorkshire und Hull. Ronald und Edith Tolkiens erstes Kind, John Francis Reuel, wird am 21. November in Cheltenham geboren. Tolkien wird zum Leutnant befördert und in Hull stationiert, während Edith in seine Nähe nach Roos zieht. Ein zentrales Thema des späteren „Silmarillion“, die Geschichte um den sterblichen Menschen Beren und seine Liebe zu der unsterblichen Elbentochter Luthien, ent-steht bei den Waldspaziergängen des Ehepaars Tolkien, bei denen Edith für Ronald tanzt und singt. Tolkien arbeitet weiter an seinen Elbensprachen und der damit verbundenen Mythologie, lernt nebenbei ein wenig Russisch und bessert sein Spanisch und Italienisch auf. Nach Kriegsende be-zieht er mit seiner Familie die erste gemeinsame Wohnung in der St. John's Street 50 in Oxford. Dort arbeitet er bei „A New English Dictionary on Historical Principles“, beginnt aber ab 1919 als Privatlehrer zu arbeiten, bis er damit genug verdient, um die Arbeit am „New English Dictionary“ wieder aufzugeben. Er bezieht mit seiner Frau und seinem Sohn ein Haus in der Alfred Street und kann sich ein Haus- und ein Zimmermädchen leisten. Er wird außerdem Dozent für englische Sprachwissenschaft an der Universität Leeds. Am 22. Oktober 1920 wird in Oxford sein zweiter Sohn, Michael Hilary Reuel, geboren. Nachdem Tolkien im Jahre 1924 eine eigens für ihn geschaf-fene Professur in Leeds erhält, kauft er ein Haus am Stadtrand von Leeds. Im November wird der dritte Sohn, Christopher Reuel geboren.

Im Sommer 1925 wird Tolkien zum Rawlinson- und Bosworth-Professor für Angelsächsisch in Oxford berufen und tritt die Stelle im Herbst an. Für die nächsten zwanzig Jahre arbeitet er dort im Bereich Lehrplanentwicklung und Universitätspolitik. Anfang 1926 zieht Familie Tolkien wieder um, diesmal in ein Haus in Nord-Oxford, welches Tolkien im Herbst 1925 gekauft hatte. Am 11. Mai lernt er den mittlerweile sehr bekannten Schriftsteller C. S. Lewis kennen, sie gründen zusam-men mit anderen Dozenten einen literarischen Dozentenclub und werden gute Freunde. Sein „Elben-Alphabet“7 ist mittlerweile auch so ausgereift, dass er von nun an in dieser Schrift Tagebuch führt.

In einer Klausurphase im Jahre 1928 schreibt Tolkien während des Korrigierens einen Satz auf ein Blatt Papier: „In a hole in the ground there lived a Hobbit.“, welcher sich später noch als „folgen-schwer“ erweisen würde. Nachdem Tolkien im Jahre 1929, vorerst das letze Mal, mit seiner Familie den Wohnort gewechselt hat und in das größere Nachbarhaus gezogen ist, wird sein viertes Kind und die einzige Tochter, Priscilla Anne Reuel, geboren. Zu diesem Zeitpunkt ist Tolkien bereits ein anerkannter Wissenschaftler mit Reputation und als Dozent sehr geschätzt und beliebt. Es kommt allerdings kaum zu Veröffentlichungen Tolkiens, was hauptsächlich an Zeitmangel liegt. Als einer von drei Professoren der englischen Fakultät Oxfords ist er sehr stark in die Lehre einbezogen und muss zusätzlich viel Zeit in das Korrigieren von Prüfungsarbeiten und in Verwaltungsarbeit investieren. Zwischen 1927 und 1931 - der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt - beginnt Tolkien, sich an seine Inspiration bei der Klausurenkorrektur erinnernd, das Manuskript zu „The Hobbit“ zu schreiben, welches er aber zunächst unvollendet lässt. Er und C. S. Lewis treten 1931 dem Schriftstellerclub „The Inklings“8 bei, einem lockeren Zusammenschluss von Autoren, dem neben Tolkien und Lewis unter anderem auch Owen Barfield, Charles Williams, Hugo Dyson und Warren Lewis, sowie ab 1945 Christopher Tolkien angehören.

Als im Jahre 1936 die graduierte Studentin Elaine Griffiths, die zu den wenigen Personen gehört, die das noch unvollendete Typoskript von „The Hobbit“ kennen, Susan Dagnall vom Allen&Unwin Verlag auf dieses aufmerksam macht, überredet Dagnall Tolkien dazu, das Buch zu Ende zu schrei-ben. Das fertige Buch wird dem zehnjährigen Rayner Unwin, dem Sohn des Verlagsleiters Stanley Unwin, der später den Verlag von seinem Vater übernehmen wird, vorgelegt und seine Empfehlung vom 30. Oktober 1936 lautet:

Bilbo Baggins was a hobbit who lived in his hobbit-hole and never went to adventures, at last Gandalf the wizard and his dwarves persuaded him to go. He had a very exciting time fighting goblins and wargs and after a terrific battle with the goblins he returned home - rich! This book, with the help of maps, does not need any illustrations. It is good and should appeal to all children between the ages of 5 and 9.9

Am 21. September 1937 erscheint „The Hobbit“ und wird sofort zum Bestseller, so dass die erste Auflage schon zu Weihnachten 1937 ausverkauft ist. Als Tolkien um eine Fortsetzung des „Hobbit“ gebeten wird, bietet er dem Verlag ein Manuskript des z.T. noch fragmentarischen „Silmarillion“ an, welches aber vom Verlag höflich abgelehnt wird. Tolkien verspricht darauf, sich Gedanken über eine Fortsetzung des „Hobbit“ zu machen, schreibt auch ein erstes Kapitel, welches wieder Rayner Unwin zum Probelesen bekommt. Während das Buch „The Hobbit“ 1938 in den Vereinigten Staaten erscheint und im April von der „New York Herald Tribune“ als bestes Jugendbuch der Sai-son ausgezeichnet wird, schreibt Tolkien am dritten Kapitel des Nachfolgebuches, dessen Titel er im September das erste Mal erwähnt: „The Lord of the Rings“ („Der Herr der Ringe“).

Während der Zeit des Zweiten Weltkriegs arbeitet Tolkien intensiv an verschiedenen Veröffentli-chungen und betreibt mit seinen Söhnen Michael und Christopher einen regen Briefwechsel, nach-dem diese 1940 als Flugabwehr-Kanonier bzw. 1943 in der Luftwaffe in den Kriegsdienst eingetre-ten sind. Er berichtet vor allem Christopher Tolkien immer wieder von seinen Fortschritten am „Herr der Ringe“, erzählt ihm Teile der Handlung und stellt seine Überlegungen bezüglich der ein-zelnen Charaktere dar.10 Im Herbst 1945 wird Tolkien zum Merton-Professor für englische Sprache und Literatur in Oxford gewählt. Im Jahre 1948 ist „Der Herr der Ringe“ im Grunde genommen fertig, Tolkien überarbeitet das Werk aber noch mehrere Monate lang und bietet 1949 das von ihm im Zwei-Finger-System getippte Typoskript Milton Waldman vom Collins-Verlag an, da er unter anderem über die Ablehnung des „Silmarillion“ durch Allen&Unwin von 1937 verärgert ist. Er hofft, dass Collins sowohl das „Silmarillion“ als auch den „Herr der Ringe“ zugleich veröffentli-chen würde, was aber zu einem jahrelangen Ringen führt. Im Jahre 1950 zieht Tolkien mit seiner Familie in ein Haus des Merton College. Im Jahre darauf schreibt Tolkien in einem Brief, welcher später berühmt werden wird, an Milton Waldman, warum „Der Herr der Ringe“ bzw. „Lord of The Rings“ nicht ohne das „Silmarillion“ veröffentlicht werden könne. In diesem Brief (mit einem Um-fang von etwas mehr als zehntausend Worten) beschreibt Tolkien die komplette Mythologie, die er erschaffen hat und stellt die Handlungsstränge der beiden Werke vor.11 Waldman ist von dem Brief so beeindruckt, dass er eine Maschinenabschrift davon machen lässt, aber nach weiteren Verzöge-rungen und aufgrund der schieren Größe des „Herrn der Ringe“ lehnt Collins dann doch ab, das Buch zu veröffentlichen. Tolkien einigt sich 1952 schließlich mit Rayner Unwin darauf, wenigstens den „Herr der Ringe“ mit Gewinnteilung zu veröffentlichen.

Im Jahre 1953 zieht Tolkien mit seiner Frau wieder um, dieses Mal in ein wesentlich ruhigeres Haus in Headington, einem Vorort Oxfords. Am 29. Juli 1954 erscheint dann endlich der erste von drei Bänden des „Herr der Ringe“ („The Fellowship of the Ring: being the first part of The Lord of the Rings“ bzw. „Die Gefährten“) mit einer Auflage von 3.500 Büchern. Bereits sechs Wochen später muss eine zweite Auflage in Auftrag gegeben werden. Im Juli 1954 erhält Tolkien die Ehrendoktor-würde der Universität Dublin in Irland und im Oktober die der Universität Lüttich in Belgien. Am 11. November des gleichen Jahres wird der zweite Teil veröffentlicht („The Two Towers: being the second part of The Lord of the Rings“ bzw. „Die Zwei Türme“). Beide Bände werden noch im glei-chen Jahr auch in den USA von Houghton Mifflin veröffentlicht. Da Tolkien außer der Geschichte selbst auch die Anhänge zum „Herr der Ringe“ wichtig sind, sollen auch sie gemeinsam mit dem letzten Band der Trilogie veröffentlicht werden. Im Mai 1955 liefert er die Anhänge beim Verlag ab und fährt anschließend mit seiner Tochter Priscilla in den Urlaub, so dass er erst nach seiner Rück-kehr die notwendigen Korrekturen vornehmen kann. So erscheint der dritte Teil des „Herr der Ringe“ erst am 20. Oktober 1955 („The Return of the King: being the third part of The Lord of the Rings“ bzw. „Die Rückkehr des Königs“). Als Tolkien 1956 eine erste Gewinnbeteiligung am „Herr der Ringe“ erhält, beläuft sich die Summe auf über 3.500 Pfund, was sein eigenes Jahresgehalt über-steigt.

In der Zeit, in der die drei Bände des „Herr der Ringe“ veröffentlicht werden, arbeitet Tolkien außerdem immer wieder an seinen verschiedenen Kunstsprachen weiter. Unter anderem nennt er die Elbensprache „Qenya“ mittlerweile „Quenya“. Sie unterscheidet sich in vielen Aspekten von der ur-sprünglichen Fassung. Aber auch später überarbeitet er immer wieder verschiedene Aspekte seiner Sprachen.

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Abb. 1: J. R. R. Tolkien

Im Jahre 1957 lösen sich die „Inklings“ auf und Tolkiens und Lewis' Freundschaft zerbricht. Tolkien bekommt eine Anfrage von einem amerikanischen Filmemacher, der aus dem „Herr der Ringe“ eine Zeichentrickverfilmung machen will. Als ihm eine Synopse der für den Film umge-schriebenen Version des „Herr der Ringe“, verfasst von Morton Grady Zimmerman, zugeschickt wird, ist er entsetzt, was aus seinem Buch geworden ist. In zwei Briefen an Rayner Unwin und Forrest J. Ackerman (der Agent der Filmgesellschaft) bringt er deutlich zum Ausdruck, was alles falsch dargestellt wurde und seine Aussagen lassen sich mit einem Zitat gut zusammenfassen: „Ich bin ganz unglücklich über die extreme Dummheit und Inkompetenz von Z.[Zimmerman] und seine völlige Achtlosigkeit gegen das Original [...].“12 Ende 1958 lehnt er das Filmangebot schließlich ab.

Im Sommer 1959 wird Tolkien pensioniert und er verbringt viel Zeit mit seiner Frau Edith, die zunehmend lahmt und Verdauungsprobleme hat. Der Kontakt zu seinen Kindern nimmt ab, am meisten Verbindung hat er jedoch noch zu Christopher, welcher Lektor am New College ist und dessen Frau Faith. Tolkiens Tochter Priscilla, Bewährungshelferin in Oxford, Michael, der mit seiner Frau und zwei Töchtern in Mittelengland lebt und als Lehrer arbeitet sowie John, der Pfarrer in Staffordshire ist, haben kaum Kontakt zu ihrem Vater. Ab 1960 widmet Tolkien dem „Silmarillion“ wieder mehr Zeit und überarbeitet es mehrfach. Da er zunehmend an Hexenschuss leidet, stellt er eine Teilzeit-Sekretärin ein. Im Jahre 1963 wählt das Exeter College Tolkien zum Ehrenmitglied, und das Merton College ernennt ihn zum Fellow Emeritus.

Im Frühsommer 1965 erscheint in den USA eine nicht von Tolkien oder Allen&Unwin autorisierte Ausgabe des „Herr der Ringe“ im Ace Books Taschenbuchverlag, der keine Honorarzahlungen leis-tet. Auch wenn dadurch Tolkien zum „Kultautor“ in den Vereinigten Staaten wird, handelt es sich dennoch um eine Raubkopie, gegen die die „Tolkien Society of America“, sowie die „Science Fiction Writers of America“ mit einer Briefkampagne protestierend vorgeht. Der Verlag gibt nach und Tolkien wird am Gewinn beteiligt; die Veröffentlichung der Raubkopie wird eingestellt. Im Folgejahr ist der „Herr der Ringe“ in den USA über eine Million mal verkauft und der Tolkien-Kult wächst immer mehr. So erscheinen Doktorarbeiten über Tolkiens Werk, ein Fan will eine Fortset-zung des „Herr der Ringe“ schreiben (was Tolkien aber ablehnt)13, in der New Yorker U-Bahn finden sich Graffitis wie „Frodo lives!“ und Tolkien erhält viele Briefe von Fans, in denen sie ihre Begeisterung ausdrücken.14

Edith und Ronald Tolkien feiern 1966 mit einem großen Fest Goldene Hochzeit und 1968 dreht die BBC einen Film über Tolkien: „Tolkien in Oxford“. Außerdem wird von der BBC ein sehr gelunge-nes Hörspiel zum „Hobbit“ produziert und Ende 1968 sind insgesamt mehr als drei Millionen Exemplare des „Herr der Ringe“ verkauft. Als Tolkien stürzt und sich ein Bein bricht, kaufen die Tolkiens nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus ein Haus ohne Treppen in Poole bei Bournemouth und es gelingt ihnen, Adresse und Telefonnummer geheim zu halten, sodass Fanpost über den Verlag abgewickelt werden kann. 1969 wird der „Herr der Ringe“ ins Deutsche übersetzt. Edith Tolkien erkrankt im November 1971 an einer Gallenblasenentzündung und stirbt kurz darauf am 29. November im Alter von 82 Jahren. Tolkien, der nun alleine ist, zieht im März darauf wieder in ein Gebäude des Merton College. Im Juni 1972 verleiht ihm die Universität Oxford die Ehrendoktorwürde für Literaturwissenschaft und die Queen zeichnet ihn mit dem Kommandeurs-Orden des britischen Empire aus. Da Tolkien Ende dieses Jahres beginnt, an Verdauungsstörungen zu leiden, wird er von seinem Arzt auf Diät gesetzt. Im Juni 1973 erhält er auch die Ehrendoktorwürde der Universität Edinburgh. Am 29. August 1973, nach einer Geburtstagsfeier, fühlt Tolkien sich nicht wohl, hat in der Nacht Schmerzen und wird am Tag darauf in eine Privatklinik gebracht. Man diagnostiziert ein blutendes Magengeschwür und am Folgetag kommt noch eine Entzündung in der Brust hinzu. Am Sonntagmorgen, den 2. September 1973, verstirbt John Ronal Reuel Tolkien im Alter von 81 Jahren. Er wird neben seiner Frau auf dem Friedhof von Wolvercote bei Oxford bestattet. Auf dem Grabstein des Ehepaares steht folgendes:15

Edith Mary Tolkien

Luthien - 1889-1971

John Ronald Reuel Tolkien

Beren - 1892-1973

3 Die Völker und Sprachen Mittelerdes

Im September 1931 entwickelte Tolkien gemeinsam mit C. S. Lewis und Hugo Dyson die Idee vom „Mythos als Erfinden im Bezug auf die Wahrheit“16 und von einer schriftstellerischen Tätigkeit als „Nachschöpfen“. Damit meinte er zum einen, dass der Leser von einer guten Geschichte so gefan-gen genommen wird, dass er die Wirklichkeit vergisst, sich in der erdachten Welt zu Hause fühlt und sich gleichsam danach sehnt, sie tatsächlich zu besuchen. In diesem Fall hätte der Autor eine ei-gene Welt geschaffen. Zum anderen, da Tolkien strenggläubiger Katholik war, bedeutete dieser Gedanke für ihn, dass er als Autor eine „Neben-Schöpfung“ oder „Zweitschöpfung“ kreierte. Tolkien tat dies, indem er die Welt „Mittelerde“ erdachte und sie mit einer Schöpfungsgeschichte versah, Lebewesen dort ansiedelte und ihnen Sprachen gab. Außerdem entwarf er Landkarten und damit eine Geographie, der er in gewissem Umfang auch Flora und Fauna hinzufügte und damit den Rahmen schuf, in dem er umfassende historische Ereignisse bettete. Von letzteren wurden dann durch den „Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“, sowie durch andere, von seinem Sohn Christopher Tolkien veröffentlichte Werke wie u.a. dem „Silmarillion“, einzelne als Ausschnitte einer weit um-fangreicheren Geschichte präsentiert. Auf diese Weise hat man als Leser Tolkiens tatsächlich den Eindruck, einige wenige Dokumente einer vergessenen Welt in den Händen zu halten, die nur weni-ges über Mittelerde preiszugeben vermögen. Das Elbisch, das Tolkien als Sprache Mittelerdes dar-stellt und das den zentralen Gegenstand der Untersuchung in der vorliegenden Arbeit darstellt, ist aber nur eine von vielen Sprachen, die Tolkien beschäftigten und die daher zunächst näher beleuch-tet werden sollen.

3.1 Tolkiens Sprachen

Wie schon deutlich wurde, liebte Tolkien Sprachen, was sich unter anderem darin zeigte, dass er, zumindest in Grundzügen, fünfzehn verschiedene Sprachen beherrschte: Altgermanisch, Altgotisch, Altgriechisch, Angelsächsisch, Deutsch, Finnisch, Französisch, Isländisch, Italienisch, Latein, Russisch, Schwedisch, Spanisch, Walisisch und natürlich Englisch, seine Muttersprache. Die Vor-liebe für das Erfinden von Sprachen begann sich bei ihm schon im Alter von ungefähr zwölf Jahren zu entwickeln. „Animalisch“, „Nevbosh“ (oder „New Nonsense“) und „Naffarin“ zählten zu diesen Phantasiesprachen, die er mit seinen Cousinen Mary und Marjorie Incledon sprach. Die erste der drei Sprachen hatte er weitgehend von ihnen übernommen, das „Nevbosh“ entwickelte er gemeinsam mit Mary Incledon und „Naffarin“ stellte seine eigene Weiterentwicklung des „Nevbosh“ dar. Später begann er sich dem zu widmen, was uns heute als „Elbisch“ bekannt ist. Bereits 1915 vervollkommnete er seine „Feensprache“, wie er sie damals noch nannte und schrieb ein erstes Lexikon für diese Sprache, der er den Namen „Qenya“17 gab. Diese Sprache bildete den Ursprung für die verschiedensten Sprachen Mittelerdes, wo Tolkiens Mythologie angesiedelt ist. Tolkien nannte das Erfinden von Sprachen immer sein „geheimes Laster“. Er verfasste u.a. auch einen Essay mit dem Titel „A Secret Vice“, welcher aber erst 1983 veröffentlicht wurde.

Wie viele Sprachen Tolkien (zumindest für Mittelerde) erfunden hat, ist schwierig zu sagen, da noch lange nicht alles, was er zu Lebzeiten zu Papier gebracht hat, veröffentlicht wurde oder ver-öffentlicht werden konnte. Nach seinem Tod machte sein Sohn Christopher Reuel Tolkien es sich zwar zur Aufgabe, die Manuskripte, Typoskripte und Skizzen durchzusehen und aufzuarbeiten, mit dem Ziel, so viel wie möglich davon zu veröffentlichen. Allerdings handelt es sich meistens um bei-nahe unleserliche Abschriften oder Papiere, auf denen der Originaltext mit einem anderen Stift überschrieben wurde. Zusätzlich wirft die Frage nach der Anzahl weitere Fragen auf, wie z.B.: Ab wann ist eine Sprache überhaupt eine Sprache und wodurch zeichnet sie sich aus? Es muss also zu-erst eine Definition von Sprache gefunden werden, bevor man sagen kann, wie viele Sprachen Tolkien entwickelt oder „erfunden“ hat.

3.2 Ab wann ist eine Sprache eine Sprache?

Sprache an sich ist das wichtigste Kommunikationsmittel des Menschen, welches zum Informati-onsaustausch dient und unter anderem kognitive und affektive Funktionen erfüllt.18 Sprache ist unter anderem auch das wesentliche Merkmal, das den Menschen vom Tier unterscheidet. Er ist in der Lage, von Geburt an eine Sprache zu lernen, die er dann seine Muttersprache nennen wird. Somit ergibt sich schon ein mögliches Kriterium für eine Sprache: Eine Sprache ist dann existent, wenn man sie als Muttersprache erlernen kann. Den Sprachen Latein, Althebräisch oder Altgriechisch würde man aber den Status einer Sprache nicht absprechen, nur weil sie heute nicht mehr als Mut-tersprache auftauchen. Deshalb muss es mindestens ein weiteres Kriterium geben, damit man von einer Sprache sprechen kann. Am deutlichsten wird dies, wenn man über die „Anwendbarkeit“ einer Sprache nachdenkt. So kann man durchaus Latein oder Althebräisch noch als Zweitsprache erlernen, um z.B. historische Texte wie Julius Cäsars „De Bello Gallico“ oder die Bibel im Originaltext zu lesen oder aus ihr zu übersetzen. Dies birgt ein weiteres Kriterium: Eine Sprache ist dann eine Sprache, wenn man aus ihr in eine andere Sprache übersetzen kann und umgekehrt. Das heutige Hebräisch, als wiederbelebtes und „aktualisiertes“ Althebräisch, ist unter anderem auch aus dem Grund entstanden, dass man kein Wort für den Begriff „Hubschrauber“ im Althebräischen findet. Weiterhin dient diese Sprache der Identität einer Sprachgemeinschaft, welches ein weiterer Hinweis auf das Wesen einer Sprache ist. Zu guter Letzt ist es außerdem notwendig, dass eine Sprache einen möglichst umfassenden Wortschatz aufweist, um die Dinge beschreiben zu können, die man erlebt, wahrnimmt oder mitteilen möchte (was z.T. wieder auf die Anwendbarkeit hinweist) und dass sie eine Struktur hat. So muss sie eine Grammatik besitzen, damit mehr als eine Person in der Lage ist, sie zu gebrauchen, denn Sprache funktioniert nur auf der Basis von Konventionen, an die Sprecher bzw. Schreiber sich halten müssen, damit Hörer und Leser etwas damit anfangen können.

Zusammenfassend kann man also sagen: eine Sprache kann sich dadurch definieren, dass sie als Muttersprache auftaucht, sie muss anwendbar sein, man muss sie übersetzen bzw. in sie übersetzen können, sie kann Identität stiften und muss einen angemessenen Wortschatz aufweisen, sowie eine Struktur, damit sie für mehrere Menschen anwendbar ist.

3.3 Was ist eine Kunstsprache?

Eine Besonderheit unter den Sprachen stellen Kunstsprachen dar. Sie werden auch Plansprachen ge-nannt, was den Charakter einer Kunstsprache verdeutlicht: sie sind geplant, also von einer Person oder einer Personengruppe durchdacht und nicht „gewachsen“ wie natürliche Sprachen. Es gibt einige natürliche Sprachen, welche planerischem Handeln unterliegen, wie z.B. das Norwegische, aber meist handelt es sich bei Kunstsprachen um solche, denen sich keine Muttersprachler zuordnen lassen. Sie können zum einen auf der Basis von natürlichen Sprachen entwickelt sein, man nennt sie dann „aposteriorische“ Kunstsprachen. Zum anderen kann eine Kunstsprache aber auch völlig ohne Bezug zu einer natürlichen Sprache entworfen werden, was dann zu einer „apriorischen“ Kunst-sprache führt. Zusätzlich gibt es natürlich auch die Möglichkeit einer Mischform.19

Kunst- oder Plansprachen haben meistens den Sinn, objektive oder subjektive Defizite von natür-lichen Sprachen auszugleichen. So könnte man (mit Einschränkungen) auch Fachsprachen zu den Kunstsprachen zählen, wenn man die fachspezifischen Wortschöpfungen zu einem eigenen Korpus zusammenfasst. Weiterhin können Plansprachen erfunden werden, um internationale Kommu-nikation zu ermöglichen, ohne sich dabei von einer existierenden Sprache als lingua franca abhän-gig zu machen. Einen solchen Versuch einer internationalen Sprache stellt z.B. das Esperanto dar. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, Sprachen für einen bestimmten Zweck zu erfinden, so dass Phan-tasiegeschichten durch Kunstsprachen bereichert werden.20 Auf dem Gebiet des Science Fiction ist dies z.B. das Klingonisch, eine apriorische Kunstsprache. Die Fantasyliteratur, der man den „Herr der Ringe“ zuordnet, kann mit dem Elbischen eine aposteriorische Kunstsprache vorweisen. Aposteriorisch aus dem Grund, da Tolkien für die Elbensprache Quenya Anleihen aus dem Finnischen, Griechischen und dem Latein genommen hat und sich für das Sindarin, unter anderem bei dem Walisischen bediente.

Eine Kunstsprache zeichnet sich aufgrund der oben genannten Bedingungen für ihre Erfindung und der Ansprüche, die man an sie stellt, dadurch aus, dass sie stark strukturiert ist. Sie soll möglichst einfach und ökonomisch sein, Klarheit, Exaktheit und Regelmäßigkeit besitzen und schnell zu erlernen sein.21 Die Frage, ob Tolkiens Elbisch den Versuch der Entwicklung einer Kunstsprache darstellt, wird am Ende dieser Arbeit bejaht werden können, sollten sich die obigen Merkmale einer Kunstsprache im Elbischen wieder finden.

3.4 Die Sprachen in Mittelerde

Die weiter oben gestellte Frage, wie viele Sprachen Tolkien geschaffen hat, soll nun wieder aufge-griffen werden. Untersucht man Tolkiens literarisches Werk, stößt man dabei auf unterschiedliche Formen von Sprachgemeinschaften und Sprachen, die hier unter Zuhilfenahme der oben genannten Kriterien dargestellt und daraufhin untersucht werden sollen, ob man sie tatsächlich als solche be-trachten kann.22 Da Tolkien selbst oftmals nicht sich als Urheber seiner Sprachen bezeichnet, sondern ganz im Sinne seiner „Zweitschöpfung“ den Personen innerhalb seiner Literatur die Autorschaft zuspricht, soll auch in dieser Arbeit so gearbeitet werden. Deshalb wird oft beschrieben, dass beispielsweise die Elben dieses oder jenes erdacht hätten, auch wenn dies im Grunde auf Tolkien zurückzuführen wäre.

Zuerst lässt sich eindeutig feststellen, dass keine der Sprachen Tolkiens jemals Muttersprachen waren oder sind - zumindest ist kein Fall bekannt, in dem jemand von sich behaupten kann, mit dem Elbischen aufgewachsen zu sein. Doch es wurde schon weiter oben gesagt, dass es nicht zwingend notwendig ist, dass eine Sprache nur dann als solche bezeichnet werden darf, wenn sie Muttersprache (war oder) ist. Fragt man nach der Anwendbarkeit, so kommt man zu verschiedenen Schlüssen. Sowohl das Quenya als auch das Sindarin sind Elbensprachen, die so weit entwickelt sind, dass Tolkien darin Tagebuch schreiben konnte. Andere Sprachen Mittelerdes sind nicht in die-sem Umfang anwendbar, wie sich weiter unten noch zeigen wird. Im Quenya und Sindarin dagegen kann man alltäglich gebräuchliche Sätze formulieren und auch das Übersetzen z.B. vom Deutschen ins Quenya bzw. Sindarin und umgekehrt ist in gewissem Umfang möglich. Beide Sprachen weisen einen relativ umfangreichen Wortschatz auf, der des Quenya ist allerdings wesentlich umfang-reicher. Auch existiert für beide Sprachen eine Grammatik, die zwar aus literarischen Funden inter-pretiert werden musste, aber zu großen Teilen als gesichert gilt. Zusätzlich gibt es auch Veröffentlichungen Tolkiens über die Grammatik, wenngleich sie erst durch Christopher Tolkien bekannt gemacht wurden. Die Identität stiftende Funktion lässt sich, zumindest auf der Ebene des Phantastischen, ebenfalls nachweisen: Sindarin und Quenya sind vor allem Sprachen der Elben und nur zum Teil auch der Menschen.

Weiterhin entwarf Tolkien das „Gnomish“, aus dem sich nach seiner Vorstellung das Sindarin ent-wickelt hat. Will man nur die Sprachen Mittelerdes betrachten, die zur Zeit des „Herr der Ringe“ existieren, muss man das Gnomish vernachlässigen, ansonsten könnte man es auch als „Ur-Sindarin“ bezeichnen und somit beides als verschiedene Ausprägungen derselben Sprache bezeich-nen. Da es allerdings kaum noch Gemeinsamkeiten zwischen beiden Sprachen gibt, sollen sie hier als zwei verschiedene Sprachen angesehen werden. Gleichsam erwähnt Tolkien hier und da Elben-sprachen, über die nichts näheres bekannt ist. So sind zum einen das „Primitive Quendian“ und das „Common Eldarin“ zu nennen und zum anderen das „Noldorin“ (welches zuerst eine Form des Sindarin sein sollte, nach einer umfassenden Überarbeitung Tolkiens aber einen Dialekt des Quenya darstellt) und das „Telerin“. Das Primitive Quendian und das Common Eldarin werden als Über-gangssprachen zwischen dem Ur-Elbischen und dem „heutigen“ Quenya genannt. Aber abgesehen vom Gnomish und Telerin ist von diesen insgesamt fünf genannten Sprachen bezüglich der Grammatik so gut wie nichts bekannt und auch der Wortschatz umfasst einige wenige bis maximal einige hundert Wörter (nur beim Gnomish existiert ein Lexikon von ca. 1917 mit einigen tausend Wörtern). Dennoch werden sie von Tolkien in seinen literarischen Werken so angesprochen, als seien sie vollständige Sprachen, für deren Erläuterung im Moment nur die Zeit bzw. der Platz fehle oder deren Erwähnung nicht angemessen sei. Für uns kennzeichnet daher der Begriff der Sprache hier höchstens den ästhetischen, nicht aber den praktischen Wert. Sie sind nicht anwendbar und nur fragmentarisch überliefert, sollten aber, wenn auch nicht den Status einer von Tolkien konstruierten, sondern wenigstens von ihm erdachten Sprache erhalten.

Andere Elbensprachen sind „Nandorin“, „Ilkorin“ und „Avarin“. Von diesen sind noch weniger Fakten bekannt, so dass z.B. die Anzahl der bekannten Wörter von maximal dreißig bis zu gerade einmal sechs (beim Avarin) reicht. Für diese Sprachen gilt das Gleiche wie für Primitive Quendian, Common Eldarin und Noldorin: sie werden in dieser Arbeit als Sprache bezeichnet, sind aber in so geringem Maße „überliefert“, dass keine nähere Beschäftigung mit ihnen möglich ist. Gleiches gilt für Vanyarin und Lindarin, welche auch als Elbensprachen erwähnt, aber nur bruchstückhaft doku-mentiert wurden. Sie als konstruierte Sprachen zu bezeichnen ist insofern schwierig, da sich bei Tolkien kaum Material dazu finden lässt. Man kann aber davon ausgehen, dass er beim Erfinden dieser Sprachen nicht willkürlich Buchstaben oder Laute aneinander gereiht hat, sondern zumindest eine Vorstellung davon besaß, welchen Charakter diese Sprachen haben würden, wären sie existent.

Da auch die anderen Sprachen, die Tolkien für Mittelerde erdacht hat, auf gewisse Weise mit denen der Elben verknüpft sind oder in gewissem Umfang Relevanz für die späteren Ausführungen haben, sollen sie hier ebenfalls genannt werden: So sprechen die Menschen Mittelerdes verschiedene Spra-chen, außerdem leben dort auch die „Hobbits“, die wiederum eine eigene Sprache mit eigenen Mundarten haben. Die Sprachen der Menschen sind allerdings bei weitem nicht so entwickelt wie etwa das Quenya oder Sindarin, sondern liegen auch nur fragmentarisch vor. Das „Rohirric“, wel-ches die Menschen in dem Landstrich „Rohan“ sprechen, wird im „Herr der Ringe“ durch das Alt-englische wiedergegeben und es gibt nur einige wenige echt „rohirrische“ Begriffe, die bekannt sind, welche interessanterweise in ihrer Ausgestaltung sowohl mit dem Sindarin als auch dem „echten“ Altenglisch verwandt zu sein scheinen. Auch die Hobbits sprechen eine Sprache, über die fast nichts bekannt ist, die aber die selben Wurzeln wie das Rohirric haben soll.

Weitere Menschensprachen sind „Dunlending“, „Druedanic“ und „Taliska“, sowie die Sprache der Menschen von Harad im Süden Mittelerdes, der Haradrim, von der aber nicht einmal der Name be-kannt ist. Von den ersteren drei Sprachen sind jeweils nur wenige Wörter bekannt, aber keine Grammatik und von der Sprache der Haradrim liegt nur eine Vokabel vor, nämlich „Incánus“ („Nord-Spion“), wie Gandalf23 dort genannt wird. Etwas ausgestalteter ist dagegen das „Adûnaic“, zu dem es sogar eine veröffentlichte, wenn auch sehr unvollständige, Grammatik und einen relativ kleinen Wortkorpus von ca. 200 Wörtern gibt. Das Adûnaic ist wieder ein deutliches Beispiel dafür, dass Tolkien seine Sprachen systematisch erfunden aufgebaut hat, da eine gewisse Grundstruktur z.B. für die Wortbildung vorhanden ist. Adûnaic ist nur sehr begrenzt anwendbar. So wurde für die Musik der „Herr der Ringe“-Filme das Adûnaic sinnvoll erweitert um Lieder darin zu verfassen.

Die letzte und zugleich wichtigste Sprache der Menschen - zumindest im Hinblick auf den literari-schen historischen Kontext - ist das Westron. Nach Tolkiens Vorstellung ist das Buch „Der Herr der Ringe“ die Übersetzung (ins Englische!) dessen, was in Mittelerde das „Rote Buch der Westmark“ genannt wird und welches eigentlich auf Westron abgefasst wurde. Westron ist die Ver-kehrssprache Mittelerdes zur Zeit des „Herr der Ringe“ und alle Menschen, Zwerge, Hobbits und sogar Elben und Orks sprechen sie, wenn sie sich miteinander verständigen wollen. Das ursprüngli-che Westron ist entfernt mit dem Adûnaic verwandt und unter dem Einfluss des Sindarin und Adûnaic zu dem geworden, was im Dritten Zeitalter24 gesprochen wird. Da Tolkien in seinen litera-rischen Werken das Westron durch das Englische ersetzte und somit auch alle Orts- und Personen-namen ins Englische übertrug, sind kaum „echte“ Wörter des Westron bekannt. Man weiß aber unter anderem, dass Frodo, Sam, Pippin und Merry - die vier Hobbits, welche zu den Haupt-personen des „Herr der Ringe“ gehören - im Westron Maura, Ban, Razar and Kali heißen. Es exis-tiert, wie auch bei anderen Sprachen Tolkiens, ein kleiner Wortkorpus, aber von der Grammatik des Westron ist kaum etwas bekannt. Hier kann also auch wieder nur mit Vorsicht von einer konstruier-ten Sprache gesprochen werden, da sie nicht umfassend genug dokumentiert ist.

Als nächstes gibt es noch die Sprachen der Orks und die dunkle Sprache Mordors: „Orkish“ und „Black Speech“. Dieser Sprachen bedienen sich in Mittelerde nur die finsteren Gestalten und „Böse-wichte“. Über das Orkish lässt sich auch nicht mehr sagen, als dass die Orks sich Sprachelemente der Elbensprachen zu eigen gemacht haben, sie aber so pervertierten, dass sämtliches Schöne und Gute daraus verschwunden ist. Tolkien schreibt dazu: „ [...] the language of the Orcs was hideous and foul and utterly unlike the languages of the Q[u]endi.“25 Er bezeichnet deren Sprache als abscheulich und widerwärtig und als völlig anders als die Sprachen der Elben, denn im Gegensatz zu den Elben (Quendi) fehlt den Orks die Liebe zu allen Dingen und deren Namen. Somit sehen sie Sprache als reines Kommunikationsmittel und darüber hinaus besteht die ihre beinahe nur aus Worten, die man zum Fluchen und Streiten braucht und die voller Angst und Hass sind. Zumindest ist es das, was Tolkien über das Orkish sagt - mehr als das ist nicht bekannt, weder Vokabular noch Grammatik. Zumindest weiß man außerdem, dass die Orks in jeder Stammesgemeinschaft eine eigene Sprachvariante entwickelten und so lauter Einzelsprachen entstanden, die miteinander nichts mehr gemein hatten. Trotzdem existiert kein Material und somit kann man davon ausgehen, dass zumindest das Orkish nicht konstruiert, sondern nur erdacht worden ist.

Wenig anders verhält es sich mit der schwarzen Sprache Mordors. Über die „Black Speech“ ist bis auf wenige Zitate nichts bekannt, dafür ist aber eine der Textquellen von elementarer Bedeutung: Die Inschrift auf dem einen Ring, der im „Herr der Ringe“ die Schlüsselfigur26 darstellt, ist in Black Speech gehalten. Der Wortlaut und die Übersetzung lauten wie folgt:

Ash nazg durbatulûk, (Ein Ring sie alle [zu] knechten)

ash nazg gimbatul, (ein Ring sie [zu] finden)

ash nazg thrakatulûk (ein Ring sie alle [zu] bringen)

agh burzum-ishi krimpatul. (und in [der] Dunkelheit zu binden.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Oder, unter Verwendung der elbischen Schriftzeichen, deren sich Sauron bediente, als er den Herrscherring schmiedete:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Black Speech ist eine harte Sprache und wurde, so Tolkien, von Sauron erdacht, damit die Orks eine Verkehrssprache nutzen können, weil sie ja sonst nur ihre eigenen Stammessprachen haben, die zu unterschiedlich sind, als dass sie miteinander kommunizieren könnten. Dies und ein Korpus von geringem Umfang ist das einzige, was über Black Speech vorliegt, womit die Schlussfolgerung lautet, dass Tolkien diese Sprache zwar konzipiert, aber nicht wirklich konstruiert hat. Dennoch wäre es sicher möglich, gelangte man an Aufzeichnungen über das Grundprinzip, nach dem Black Speech aufgebaut ist, näheres darüber zu erfahren oder, wie es im Besonderen bei Sindarin und Quenya der Fall ist, neue Wörter zu entwickeln und eine Grammatik zu formulieren.

Eine Besonderheit unter den Sprachen Mittelerdes stellt das „Khuzdul“ dar, welches von den Zwergen gesprochen wird, da es sich in vielerlei Hinsicht von allen anderen unterscheidet. Zuerst einmal ist es weder mit dem Elbischen verwandt, von dem außer der Black Speech alle anderen Sprachen abzustammen scheinen, noch durch das Elbische beeinflusst. Die Zwerge lernten ihre Sprache von Aule, einem Engelswesen, welcher sie eigens für das Zwergenvolk erdacht hatte. Sie halten ihre Sprache geheim und lehren sie nur sehr ungern Menschen oder Elben, da sie der Über-zeugung sind, dass nur ein Zwerg es würdig ist, Khuzdul sprechen und verstehen zu können. Parallel dazu sind auch in der wirklichen Welt nur wenige Wörter wie eben „Khuzdul“ oder „Khazâd“ (Zwerge) bekannt und auch die Grammatik ist nur rudimentär vorhanden. Tolkien hat diese Sprache zwar in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts konzipiert („this tongue has been sketched in some detail of structure, if with a very small vocabulary“27 ), aus einer Analyse der Materialien zu dieser Sprache lässt sich aber nur ein Korpus von 84 Wörtern bzw. Morphemen bil-den. Somit bleibt das Khuzdul weiterhin eine unbekannte Sprache bzw. sie bleibt im Dunkeln -gerade so, wie es die Zwerge Mittelerdes bevorzugen würden.

Die letzten beiden Sprachen, die noch zu erwähnen blieben, sind das „Entish“ und das „Valarin“: Das Entish, was von den „Ents“ gesprochen wird, ist eine gewundene Sprache mit verhältnismäßig langen Wörtern, die jeden Begriff umfassend beschreiben, so dass es einen Tag dauern kann, um die einfachsten Begrüßungsrituale auszutauschen. Das Wesen dieser Sprache wurde von Tolkien deshalb so erdacht, da es sich bei den Ents um baumähnliche Wesen handelt oder um lebendig ge-wordene Bäume, die gehen und sprechen können. Die Ents lernten das Sprechen von den Elben und liebten das Quenya, entwickelten aber bald eine eigene Sprache, die Tolkien so beschreibt:

[...] slow, sonorous, agglomerated, repetitive, indeed long-winded; formed of a multiplicity of vowel-shades and distinctions of tone and quantity which even the loremasters of the Eldar [= Elben] had not attempted to represent in writing.28

Den Klang des Entish kann man sich vielleicht ansatzweise vorstellen, wenn man einem großen Wald lauscht, durch den ein frischer Wind weht, so dass man Holz knacken und Äste knarren hört. Zugleich beschreibt Tolkien, dass die Ents in der Lage sind, Laute anhand winziger Unterschiede in Qualität und Quantität zu unterscheiden, so dass das Entish eine Unmenge an Phonemen (Lauten) aufweist, welche sich nicht niederschreiben lassen. Außer einem einzigen Beispiel ist über Entish nichts bekannt und dies bezeichnet Tolkien selbst als ungenügend, da man nicht in der Lage ist, das gesamte Spektrum dieser Sprache in ein Schriftbild zu pressen, das für Menschen verständlich wäre. Es sei noch anzumerken, dass die Ents selbst der Meinung sind, nur dann etwas sagen zu müssen, wenn es sich lohnt, die Zeit dafür aufzuwenden.

Das Valarin wiederum ist eine Sprache einer völlig anderen Art von Wesen, nämlich der Valar und Maiar. Bei ihnen handelt es sich um höhere Wesen, die auch als Diener von Eru bezeichnet werden, des Schöpfergottes in Tolkiens Mythos. So gibt es Valar, die für das Meer zuständig sind, für die Pflanzen, die Tiere, die Sterne und vieles mehr.29 Ursprünglich bestand für die Valar nicht die Not-wendigkeit, eine gesprochene Sprache zu besitzen, da sie als Engelswesen auch andere Möglichkei-ten der Kommunikation hatten. Bei der Erschaffung Mittelerdes und der Pflege der Welt jedoch er-fanden sie eine eigene Sprache, weil sie körperliche Gestalt angenommen hatten und nun Sprache brauchten. Tolkiens ursprüngliche Idee, die Elben hätten von dem Valar Orome das Sprechen gelernt, was das Valarin zum Ursprung des Ur-Elbischen gemacht hätte, gab er recht bald wieder auf und er ließ die Elben eine eigene Sprache entwickeln, die auch die Valar erlernten, als sie in ihrer leiblichen Gestalt mit den Elben in Berührung kamen: das Quenya. Die Valar benutzten das Quenya bald mehr als das Valarin und somit ergibt sich für den Tolkien-Forscher wieder das Pro-blem einer Sprache, über die nur wenig bekannt ist. So gibt es eine kleine Menge bekannter Wörter, deren Struktur sich in geringem Maße analysieren lässt, aber der Umfang des bekannten Materials lässt keinerlei Verwendung dieser Sprache zu.

Nach den vorangegangenen Erläuterungen sollte sich der Eindruck, dass Tolkien eine große Anzahl an Sprachen entwickelt hat, als nicht ganz richtig herausgestellt haben. Bei Betrachtung all dieser Sprachen wird zweifelsfrei deutlich, dass es sich in den wenigsten Fällen um nur benannte Phanta-siesprachen handelt und selbst diese können auf der Basis von Material entstanden sein, das der Öffentlichkeit (noch) nicht bekannt ist. Viele der Sprachen Mittelerdes, wie z.B. das Orkish und die Sprache der Hobbits werden nur erwähnt und auch zu Common Eldarin oder Primitive Quendian wird nur gesagt, dass sie die Grundlage für andere Sprachen bilden. Dann gibt es Sprachen, von denen wenigstens einige Wörter bekannt sind oder Bruchstücke einer Grammatik: Die Elben-sprachen Telerin, Nandorin, Ilkorin, Avarin, Noldorin und die Menschensprachen Rohirric, Dunlending, Druedanic, Taliska, Westron und die Sprache Harads. Auch die Zwergensprache Khuzdul, sowie das Entish, das Valarin und die Black Speech, die „Verkehrssprache“ Mordors sind nur ungenügend dokumentiert. Etwas mehr ist über das Adûnaic bekannt, die Sprache der ersten Menschen in Mittelerde, sowie über das Gnomish, das Tolkien aber im Grunde wieder aufgab und auf dessen Basis das Sindarin entwickelte. Die am weitesten entwickelten Sprachen, welche beide zu den Elbensprachen gehören, sind somit das Sindarin und das Quenya. Wie schon erwähnt, konn-te sich Tolkien ihrer bedienen, um Tagebuch zu schreiben, sie sind also umfassend und anwendbar genug, um sie als beinahe vollwertige Sprachen zu bezeichnen.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Tolkien zwei Sprachen sehr weit entwickelt hat, weite-re sechs oder sieben in Grundzügen. Außerdem sind eine ungefähr gleiche Anzahl an Sprachen mit wenigen Wörtern bekannt, die aber, was mit großer Sicherheit angenommen werden kann, nach einen System entwickelt wurden und eine Vielzahl an Sprachen und Dialekten, die Tolkien nur er-wähnt und benennt. Die Antwort auf die Frage, wie viele Sprachen Tolkien innerhalb seines Mythos entwickelt hat lässt sich so beantworten: Tolkien hat ca. zwölf bis fünfzehn Sprachen entwickelt, die mit der Ausnahme zweier Sprachen aber stark fragmentarisch dokumentiert sind und daher nicht weiter erforscht werden können.

Eine weitere Anmerkung sei in diesem Zusammenhang noch erlaubt: Das Bemerkenswerte bei der Vielzahl dieser Sprachen ist, dass viele miteinander verwandt zu sein scheinen bzw. von Tolkien so konzipiert und zum Teil konstruiert wurden, dass sie tatsächlich eine Sprachfamilie darstellen. Zu-sätzlich haben sich völlig unterschiedliche Sprachen teilweise gegenseitig beeinflusst. Da Tolkien seinen Mythos unter anderem auch verfasst hat, da er sich für sein Heimatland England ein Natio-nalepos wünschte, und Mittelerde als durchaus denkbare Vorgeschichte Europas bzw. unserer Welt darstellt, kommt man zu einem überraschenden Schluss bezüglich der Sprachen Mittelerdes. Wenn die Sprache der Menschen Mittelerdes im Wesentlichen vom Elbischen abstammt, wie z.B. das Rohirric, welches wiederum Bezüge zum Altenglischen hat, so müssten auch die heutigen Sprachen von den Elben herrühren. Dies ist zwar reine Phantasie, aber linguistisch und ästhetisch ein interes-santer Gedanke.

3.5 Die Elben

Nachdem nun eine Vielzahl an Sprachen betrachtet und erläutert wurde, soll sich das Hauptaugen-merk nun wieder auf die Wesen richten, denen Tolkien so viel Aufmerksamkeit schenkte, dass er zwei der ihnen zugedachten Sprachen, nämlich Sindarin und Quenya mit großer Akribie und Liebe zum Detail am weitesten entwickelt hat: die Elben. Sie sind die Lebewesen Mittelerdes, deren Spra-che den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit darstellt. Daher soll an dieser Stelle ein etwas aus-führlicherer Einblick in ihr Wesen und ihre Geschichte gegeben werden, so dass auch einiges über den Charakter des Elbischen und dessen verschiedene Ausprägungen deutlich werden wird.30

Die Elben Tolkiens unterscheiden sich deutlich von den Elfen alter Sagen und Märchen. Im Engli-schen werden beide im Singular „elf“ genannt, aber der Plural zeigt schon einen deutlichen Unter-schied zwischen den Wesen Mittelerdes und denen der Volkssage: anstelle des gängigen Plural „elfs“ wählt Tolkien einen altertümlicheren, nämlich „elves“. Er bedauerte, dass das Englische diese sprachliche Unterscheidung nur ungenügend hergab. Da Tolkien die Übersetzung des „Herr der Ringe“ in die verschiedensten Sprachen überwachte, war er erfreut, dass im Deutschen die Möglich-keit besteht, „Elf“ und „Elb“ bzw. „Elfin“ und „Elbin“ deutlicher voneinander zu trennen.

Die Elben Mittelerdes haben mit den kleinen koboldartigen Wesen, z.T. mit Schmetterlingsflügeln versehen, nichts gemeinsam. Es handelt sich bei ihnen nicht um putzige Märchenfiguren, sondern um die „erstgeborenen Kinder“ (die „Eldar“) Ilúvatars31, die den Menschen äußerlich zunächst rela-tiv ähnlich sehen. Sie sind jedoch wesentlich schöner, hochgewachsen und sehr intelligent. In allem wesentlich gewaltiger und geschickter als Menschen, sind sie ihnen in Kampfkraft und -geschick, aber auch in ihren künstlerischen und erfinderischen Begabungen weit überlegen. Über die langen

[...]


1 Sindarin: „Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Und ich rieche es in der Luft.“

2 Vgl.: New Line Productions: Der Herr der Ringe: Die Gef Ährten. Special Extended DVD Edition. 2002. DVD 1, Hauptfilm, Position 0:00:26.

3 Englischer Originaltitel: „The Lord of the Rings“.

4 Vgl.: Schneidewind, Friedhelm: Das große Tolkien-Lexikon. Berlin: Lexikon Imprint Verlag im Schwarzkopf&Schwarzkopf Verlag GmbH, 2001. S. 638ff.

5 Aus den Namen „Earendel“ aus dem Langgedicht „Crist“ des altenglischen Dichters Cynewulf, auf das Tolkien 1913 stieß, wurde „Earendil“ (= „Freund des Meeres“), eine zentrale Figur der Mythologie Mittelerdes, der engels- gleich beschrieben wird bzw. den die Elben mit dem Morgen- bzw. Abendstern, also der Venus, gleichsetzen.

6 „The Book of Lost Tales“ wurde später von Tolkiens Sohn Christopher überarbeitet und als „Silmarillion“ ver- öffentlicht.

7 Die Schriftzeichen, welche Tolkien „Tengwar“ nannte, werden in Kapitel 4.2 näher erläutert.

8 „Die Tintenkleckser“

9 New Line Productions: J. R. R. Tolkien - Creator of Middle-Earth. 2002. Position 0:05.36

10 Vgl.: Humphrey Carpenter (Hrsg.): J. R. R. Tolkien. Briefe. Stuttgart: Klett-Cotta, 1991 (Hobbit-Presse). Briefe Nr. 52-97.

11 Ebenda, Brief Nr. 131.

12 Ebenda, Brief Nr. 207.

13 Ebenda, Brief Nr. 292.

14 Vgl.: New Line Productions: J. R. R. Tolkien - Creator of Middle-Earth, 2002. Position 0:10.19.

15 Schneidewind, 2001. S. 637.

16 Schneidewind, 2001. S. 727.

17 Später änderte Tolkien den Namen „Qenya“ zu „Quenya“.

18 Vgl.: Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. Bamberg: Verlag J. B. Metzler, 1993.

19 Vgl.: Glück, 1993.

20 Hier ist deutlich zwischen Kunst- und Phantasiesprachen zu unterscheiden: letztere sind ohne Struktur gebildet und

bestehen nur aus willkürlich aneinander gereihten Elementen.

21 Vgl.: Glück, 1993.

22 gemeinsame Quelle der Aufsätze über die verschiedenen Sprachen: Helge Kåre Fauskanger: Ardalambion. (http://www.uib.no/People/hnohf/), 20.04.2006.

23 Gandalf, ein „Maia“ und somit eine Art Engel, ist eine der Hauptfiguren des „Herr der Ringe“.

24 Am Ende des Dritten Zeitalters ereignen sich die Geschehnisse um den „Einen Ring“.

25 Christopher Tolkien: J. R. R. Tolkien. The Lost Road and other Writings. The History of Middle-Earth. Volume 5. London: HarperCollinsPublishers. 2002. S. 178.

26 Der Eine Ring hat ein Eigenleben und ist daher tatsächlich eine Schlüssel figur.

27 Christopher Tolkien: J. R. R. Tolkien. The Peoples of Middle-Earth. The History of Middle-Earth. Volume 12. London: HarperCollinsPublishers. 2002. S. 300.

28 „langsam, volltönend, gehäuft, wiederholend, in der Tat lang und gewunden; geformt aus einer Vielzahl von Vokalschattierungen und -unterscheidungen in Qualität und Quantität, welche nicht einmal die Lehrmeister der Elben zu verschriftlichen versuchten.“ [Übers. des Verf.]; J. R. R. Tolkien: Appendix F. Of other Races. In: J. R. R. Tolkien: The Lord of the Rings. Film tie-in edition. London: HarperCollinsPublishers. 2001. S. 1104

29 Sowohl Gandalf als auch Sauron sind Maiar, wobei letzterer als „gefallener Engel“ angesehen wird bzw. er ist Die- ner Melkors (bzw. Morgoths), des Valar, der das Böse in die Welt gebracht hat, als er sich von Eru abwandte.

30 Schneidewind, 2001. (div. Artikel)

31 IlúvataroderEruist „Der eine“ oder „Der, der einzig ist“. Eru ist das höchste Wesen in Tolkiens Mythologie und entspricht im Wesentlichen dem Gott der Bibel.

Final del extracto de 104 páginas

Detalles

Título
Wie kann Deutsch und Elbisch kontrastiv verglichen werden? Tolkiens Versuch der Entwicklung einer Kunstsprache
Universidad
Technical University of Braunschweig  (Seminar für Deutsche Sprache und Literatur)
Calificación
1,0
Autor
Año
2006
Páginas
104
No. de catálogo
V67260
ISBN (Ebook)
9783638585521
ISBN (Libro)
9783638710879
Tamaño de fichero
1154 KB
Idioma
Alemán
Notas
Prof. J.R.R. Tolkiens Kunstsprachen sind teilweise recht weit entwickelt. Wer den "Herr der Ringe" kennt, weiß, dass es dort fremde Sprachen gibt, die aus Tolkiens eigenem Erfindergeist stammen. Was viele nicht wissen: Mittelerde wurde von Tolkien erdacht, um diesen Sprachen eine Welt zu geben in der sie gesprochen werden können! In dieser Arbeit werden Tolkien und sein literarisches Werk vorgestellt und dann Hochelbisch (Quenya) und Deutsch auf der Ebene der Grammatik verglichen.
Palabras clave
Deutsch, Elbisch, Tolkiens, Versuch, Entwicklung, Kunstsprache, Herr der Ringe, Tolkien, Quenya, Hobbit
Citar trabajo
Matthias Gebhardt (Autor), 2006, Wie kann Deutsch und Elbisch kontrastiv verglichen werden? Tolkiens Versuch der Entwicklung einer Kunstsprache, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67260

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