Ambiguiät und Ambiguitäts(in)toleranz


Tesis (Diplomatura), 2003

42 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Theorieteil
1.1. Einleitung
1.2. Ambiguitätsintoleranz (AIT)
1.2.1. Begriffsklärung und wichtigste Definitionen
1.2.1.1. Ambiguitätsintoleranz (AIT) nach Frenkel-Brunswik (1949)
1.2.1.2. Bochner (1965)
1.2.1.3. AIT-Definition von Norton (1975)
1.2.1.4. Definition der AIT von Kischkel (1975)
1.2.1.5. Definition von Budner (1962)
1.2.2. Begriffsklärung des Unwohlseins und der Bedrohung bei AIT
1.2.2.1. Erklärung nach Budner (1960)
1.2.1.6. Ansatz von Mac Donald (1970)
1.2.3. Die Rolle der subjektiven Wahrnehmung der Ambiguität für die Ambiguitäts(in)toleranz
1.3. Zusammenhänge des Konstrukts (AIT) mit anderen Eigenschaften
1.3.1. Glauben / Dogmatismus
1.3.2. Konservatismus
1.3.3. Bedürfnis nach Kategorisierung und nach Gewissheit (als Teilaspekte)
1.3.4. Sozial-politische Ideologie, z.B. Extremismus
1.3.5. Rassismus und ethnische Vorurteile
1.3.6. Aggressives Verhalten
1.4. Zusammenhänge zwischen der Ambiguitätstoleranzskala und den Skalen für Ambiguität, Aggression, Lehrerselbstwirksamkeit, Allgemeine Selbstwirksamkeit und SIA
1.5. Mögliche nationale Unterschiede in der Ambiguitätstoleranz

2. Methode
2.1. Versuchspersonen
2.2. Überblick / Versuchsdurchführung
2.3. Material / Die Skalen des Fragebogens
2.3.1. Inventar zur Messung von Ambiguitätstoleranz / IMA (Reis, 1996)
2.3.2. Ambiguity (Ambiguität – Skala)
2.3.3. Scale-Interpersonal-Ambiguity-tolerance (SIA)
2.3.4. Selbstkonzept und Selbstwirksamkeit – allgemeine Definitionen
2.3.4.1. Generalized-Self-Efficacy (Allgemeine Selbstwirksamkeit)
2.3.4.2. Teacher-Self-Efficacy (Lehrer-Selbstwirksamkeit-Skala)
2.3.5. Rosenberg – Skala
2.3.6. Aggressionsskala
2.3.6.1. Selbstkonzeptklarheit, überhöhtes Selbstwertgefühl und aggressives Verhalten

3. Ergebnisse
3.1. Fragestellung 1
3.2. Fragestellung 2
3.2.1. Welche Zusammenhänge ergeben sich zwischen der Ambiguitätstoleranzskala und den anderen Skalen ?
3.2.2. Faktorenanalytische Zusammenhänge zwischen den Skalen
3.3. Fragestellung 3

4. Diskussion
4.1. Faktoranalytische Trennung aller Items in zehn Faktoren
4.1.1. Eine sinnvolle Unterscheidung zwischen Ambiguität und AIT
4.1.2. Beschreibung der einzelnen Faktoren und Erläuterungen ihrer Ladungen
4.1.2.1. Faktor 1 „Causes for spontaneous aggression”
4.1.2.2. Faktor 2 „Subjective spontaneity of aggression“
4.1.2.3. Faktor 3 „AIT: Social Conflicts“
4.1.2.4. Faktor 4 „Self-Efficacy / Indirect Ambiguity Tolerance“
4.1.2.5. Faktor 5 „Ambiguity Tolerance“
4.1.2.6. Faktor 6 „Physical aggression“
4.1.2.7. Faktor 7 „Heavy spontaneous aggression“
4.1.2.8. Faktor 8 „Social competence“
4.1.2.9. Faktor 9 „Mixed“
4.1.2.10. Faktor 10 „Ambiguity / Negative Self-Efficacy“
4.2. Zusammenhänge zwischen der Ambiguitätstoleranzskala und den anderen Skalen
4.2.1. Ambiguity und Inventar zur Messung von Ambiguitätstoleranz (IMA)
4.2.2. Ambiguity und Generalized-Self-Efficacy
4.2.3. Teacher-Self-Efficacy und Generalized-Self-Efficacy
4.2.4. Generalized-Self-Efficacy und Scale-Interpersonal-AT (SIA)
4.2.5. Generalized-Self-Efficacy und Aggression
4.3. Nationale Unterschiede in der Ambiguitätstoleranz-Ausprägung der Deutschen und der Polen

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Theorieteil

1.1. Einleitung

Mehrdeutige, unstrukturierte, erwartungswidrige, widersprüchliche und ungewohnte Situationen werden von manchen Menschen vermieden, von anderen wiederum gezielt aufgesucht. Beobachter fragen sich, warum die Menschen so unterschiedlich auf solche Situationen reagieren. In diesem Zusammenhang erscheint der Begriff der Ambiguität. Der Begriff der Ambiguität lässt sich aus dem Lateinischen ableiten. „Ambiguitas“ bedeutet die Mehrdeutigkeit von Wörtern, Werten, Symbolen und Sachverhalten, Zweideutigkeit, Doppelsinn (Fremdwörter-Duden, 1990).

Die Reaktionen auf Ambiguität (Ambiguitätsintoleranz bzw. Ambiguitätstoleranz) gehen auf bestimmte Charaktereigenschaften und Vorlieben zurück und korrelieren unterschiedlich stark mit ihnen. In meiner Semesterarbeit werde ich auf die schon erforschten Zusammenhänge der Skalen zur Erfassung der Ambiguitätsintoleranz mit anderen Frageninventaren zur Eigenschaftsmessung eingehen und nach Gemeinsamkeiten mit neuen Skalen suchen. Zusätzlich wird die subjektive Wahrnehmung der Ambiguität als eine relative Größe genauer betrachtet. Schließlich werden die nationalen Unterschiede in der Ambiguitätstoleranz zwischen Deutschen und Polen erwähnt.

1.2. Ambiguitätsintoleranz (AIT)

1.2.1. Begriffsklärung und wichtigste Definitionen

1.2.1.1 Ambiguitätsintoleranz (AIT) nach Frenkel-Brunswik (1949)

Das Konzept zur AIT wurde von Else Frenkel-Brunswik definiert als „tendency to resort to black-white solutions, to arrive at premature closure as valuative aspects, often at the neglect of reality; and to seek for unqualified and unambiguous overal acceptance and rejection of other people” (S.115) Hier wird der aktive Handlungsaspekt betont. Frenkel-Brunswik unterscheidet auch zwischen einer kognitiven (zum Beispiel beim Probleme lösen) und einer emotionalen (gegenüber bestimmten Gefühlssituationen) Ambiguitätsintoleranz (vgl. Wolfradt & Rademacher 1999).

1.2.1.2 Bochner (1965)

Von Bochner wurde die Definition Frenkel-Brunswiks expliziert. Er geht von der Allgemeingültigkeit des Konzeptes der Ambiguitätsintoleranz aus:

„Unifying her empirical observations was the assumption that intolerance of ambiguity has Generality, in at last two senses. First, it generalizes to the entire emotional and cognitive functioning of the individual, characterizing his cognitive style, his belief and attitude systems, his interpersonal and social functioning, and his problem solving behaviour. Second, intolerance of ambiguity generalizes to other sense modalities, in particular to the perceptual apparatus, so that the person intolerant of ambiguity in the emotional and cognitive sphere would exhibit similar characteristics in his perceptual behaviour” (Bochner, 1965).

1.2.1.3 AIT-Definition von Norton (1975)

Norton stützte sich mehr auf intrapsychische, emotional-kognitive Faktoren: „Intolerance of ambiguity is a tendency to perceive or interpret information marked by vague, uncertain, inconsistent, contrary, contradictory, or unclear meanings as actual or potential sources of psychological discomfort or threat“ (S. 608). Das heißt, dass Norton (1975) die Ambiguitätsintoleranz als die Tendenz, mehrdeutige, unvollständige, fragmentarische, wahrscheinliche, unstrukturierte, unsichere, inkonsistente, widersprüchliche und vage Bedeutungen als tatsächliche oder potentielle Quellen von psychischem Unbehagen oder als Bedrohung wahrzunehmen oder zu interpretieren, versteht.

1.2.1.4 Definition der AIT von Kischkel (1975)

Diese Definition ist eine verkürzte Übersetzung der Norton-Definition: „unstrukturierte, unvollständige, erwartungswidrige, in sich widersprüchliche oder mehrdeutige Informationen als Bedrohung oder als Ursache psychischen Unwohlseins wahrzunehmen“. Emotional-kognitive Faktoren werden hier betont. (S. 144)

1.2.1.5 Definition von Budner (1962)

AIT als „the tendency to perceive (i.e. interpret) ambiguous situations as sources of threat” und AT (Ambiguitätstoleranz) als “the tandency to perceive ambiguous situations as desirable” (S. 29) Bei ambiguitätstoleranten Personen bestehe sogar ein explizites Bedürfnis bzw. ein Streben nach ambiguitiven Situationen.

1.2.2. Begriffsklärung des Unwohlseins und der Bedrohung bei AIT

1.2.2.1 Erklärung nach Budner (1960)

Mögliche Verhaltensweisen (Anzeichen für „threat“) in einer neuartigen, komplexer oder unlösbaren Situation:

- Unterwerfung (nach der Bedrohung, wenn die Situation nicht zu ändern ist)
- Leugnen der Situation und Veränderung der objektiven in eine passende Realität
- Versuch solche Situationen zu vermeiden
- Zerstörerisches bzw. rekonstruktives Verhalten

1.2.1.6 Ansatz von Mac Donald (1970)

Die Unlösbarkeit, Komplexität und Neuartigkeit werden von Personen mit hoher Ambiguitätstoleranz aufgesucht, genossen und ausgezeichnet durchgeführt. (S. 791)

1.2.3. Die Rolle der subjektiven Wahrnehmung der Ambiguität für die Ambiguitäts(in)toleranz

Hier stellt sich die Frage, ob sich die tatsächliche Ambiguitätsintoleranz und die Ambiguität an sich sinnvoll voneinander unterscheiden lassen.

Nicht für jeden Menschen sind bestimmte Situationen gleich stark ambivalent. Eine neuartige Situation wie zum Beispiel ein unbekanntes scheinbar unlösbares Problem kann für jemanden eine Herausforderung, für jemand anderen eine Zeitverschwendung oder sogar Qual bedeuten. Auch Kontakte zu neuen Kulturen oder fremden Ländern können mit unterschiedlicher Begeisterung aufgenommen werden. Nicht jede(r) empfindet eine Party als eine gute Gelegenheit, um neue Menschen kennen zu lernen. Die Reaktionen auf solche neuartigen, komplexen oder unlösbaren Situationen sind verständlicherweise sehr differenziert. Es ist auch zu erwarten, dass die empfundene Stärke der Ambivalenz die darauf folgende Toleranz bzw. Intoleranz beeinflusst.

Die Ergebnisse über die Rolle der Ambiguität werden ausführlich im Ergebnissteil vorgestellt und im Diskussionsteil kommentiert.

1.3. Zusammenhänge des Konstrukts (AIT) mit anderen Eigenschaften

1.3.1. Glauben / Dogmatismus

Ein positiver Zusammenhang ergab sich zwischen der Intoleranz für Ambiguität und dem religiösen Dogmatismus. Die Ambiguitätsintoleranz wurde mit der Skala für Ambiguitätsintoleranz erfasst (Budner, 1962, p 34, Tab.1).

Die Art und Stärke des Glaubens wurde mittels einer schriftlichen Selbstbefragung der Versuchspersonen (Vorstadtbewohner und Studentinnen) ermittelt. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Glauben wurde mit der Zustimmung bzw. Ablehnung der Aussage „I have often thought and wondered about the meaning of religion and God“ (p 40) festgestellt. Am stärksten ambiguitätsintolerant zeigten sich bei gleich stark ausgeprägtem Glauben die Non-wonderers (Nichtnachfragenden). Bei starkem Glaube und „keine Fragen zur Religion Stellenden“ waren bis zu 57,7 % ambiguitätintolerant (S. Budner, 1962).

1.3.2. Konservatismus

Es wurden S4 Conservatism Scale (Reliabilität .90) und Budner Intolerance of Ambiguity Scale (Reliabilität .85) verwendet. Die Faktorenanalyse ergab eine Aufteilung des Konservatismus in fünf Bereiche: Rassismus, politisch-ökonomischer Konservatismus, Religion, Unterdrückung der Sexualität und autoritäre Aggression.

Der gesamte Konservatismus korrelierte signifikant mit Ambiguitätsintoleranz .29 (p<0.0002). Konservative zeigten höhere AIT-Werte als die Liberalen und Sozialisten.

Auch Rassismus zeigte einen hohen positiven Zusammenhang mit AIT .31 (p<0.0002).

Das politisch-ökonomische Konservatismus korrelierte -.16 mit dem Bedürfnis nach Gewissheit und Einheitlichkeit (eine Subskala im Test), wie auch .25 mit AIT.

Die Unterdrückung der Sexualität zeigte einen negativen Zusammenhang mit AIT von

-.20. Die Erklärung für diesen unerwarteten Befund ist jedoch noch nicht eindeutig.

Die autoritäre Aggression korrelierte .19 mit der Budner Intolerance of Ambiguity Scale (p<0.05), aber auch .34 mit dem Bedürfnis nach Gewissheit und Einheitlichkeit.

Religion zeigte keine hier signifikanten Zusammenhänge zu der AIT (J.Sidanius, 1978).

1.3.3. Bedürfnis nach Kategorisierung und nach Gewissheit (als Teilaspekte)

Ein Teilaspekt der Ambiguitätsintoleranz ist das Bedürfnis nach Kategorisierung. Dieses wurde mit einer Aufgabe, bei der die Versuchspersonen bestimmte Objekte in beliebig viele Kategorien einordnen sollten, untersucht. Die 39 Objekte unterschieden sich in Farbe, Form und Beschaffenheit. Zur Zeitangabe sagte man, dass man sich viel oder wenig Zeit nehmen solle, wie man möchte. Die Zahl der vorgeschlagenen Kategorien sagte was über dieses Bedürfnis aus.

An der Untersuchung über das Bedürfnis nach Gewissheit haben die selben Probanden teilgenommen. Sie bekamen 68 Bilder aus diversen Zeitschriften. Die Bilder zeigten verschiedene Geschlechter, Alter, Rassen, Emotionen und Aktivitäten.

Es waren Fotos, Comics und Porträts. Auch hier sollten die Versuchspersonen beliebig viele Gruppen bilden und sich dabei beliebig lange Zeit lassen. Je mehr Gewissheit man braucht, desto länger Zeit nahm man sich für diese Aufgabe.

Die beiden Bedürfnisse korrelierten sehr stark und signifikant miteinander. Das ist darauf zurückzuführen, dass die ambiguitätsintoleranten Personen emotional und kognitiv ähnliche Charakteristiken in ihren Wahrnehmungsverhalten zeigten. Die Kategorienzahlen in den beiden Tests korrelierten .62 und die benötigte Zeiten .47 miteinander. Die persönliche Orientierung beeinflusste die gesamte Verhaltens- und kognitive Funktion (S. Bochner, 1965).

1.3.4. Sozial-politische Ideologie, z.B. Extremismus

12 der 32 Fragen der S4 Conservatism Scale ergaben einen signifikanten Zusammenhang zwischen der sozial-politischen Ideologie und verschiedenen Dimensionen der Intoleranz für Ambiguität (gemessen mit Budner Intolerance of Ambiguity Scale). Extreme (egal ob rechts oder links) haben eine höhere Ambiguitätstoleranz als die Personen in der ideologischen Mitte (Context-Hypothese, Sidanius, 1975). Mehr Zustimmung und Konformität mit den allgemeingültigen Ideologien bedeutet für ihre Anhänger niedrigere kognitive Komplexität, Flexibilität und auch niedrigere Toleranz der Ambiguität als bei den „nicht zustimmenden“, politisch extrem orientierten Individuen (J. Sidanius, 1978).

1.3.5. Rassismus und ethnische Vorurteile

Mit Hilfe von S4 Conservatism Scale und The Budner Intolerance of Ambiguity Scale errechnete man einen positiven Zusammenhang zwischen Ambiguitätsintoleranz und Rassismus. Je größer der Rassismus, desto stärker die Ambiguitätsintoleranz. Beide Eigenschaften korrelierten .28 (p<0.01) miteinander. Als Erklärung wurde die mangelnde Erträglichkeit des Anderssein von Mitmenschen vermutet (J. Sidanius, 1978).

1.3.6. Aggressives Verhalten

Bambey (2002) untersuchte den Zusammenhang zwischen Ambiguitätsintoleranz und erklärlich bzw. spontan aggressivem Verhalten bei 6-12-jährigen Schülern. Es wurden jeweils getrennt für spontan und erklärlich aggressive Schüler die Mittelwerte der Testscores der IMA-Skala sowie ihrer Unterskalen berechnet, außerdem der SIA-Skala.

Ein hochsignifikanter Unterschied zwischen erklärlich und spontan aggressiven Schülern fand sich einerseits in der IMA-Subskala der „Sozialen Konflikte“ (SK). Hier waren die spontan Aggressiven deutlich ambiguitätstoleranter als die erklärlich aggressiven Schüler. Andererseits waren die spontan aggressiven Schüler auch in der Gesamtskala signifikant ambiguitätstoleranter als die erklärlich aggressiven. Dieser signifikante Unterschied ist sicherlich zum Teil auf den hochsignifikanten Unterschied in der Subskala SK zurückzuführen. Alle anderen Unterschiede, z.B. in der SIA-Skala, waren in den Mittelwerten nicht signifikant.

Nach Bambey lassen sich diese Ergebnisse folgendermaßen interpretieren: Spontan aggressive Schüler sind deshalb im Bereich der sozialen Konflikte ambiguitätstoleranter als erklärlich Aggressive, weil ihnen z.B. Streit und die damit verbundene Aufregung Gelegenheit zur Selbstvalidierung gibt. Sie suchen also regelrecht den Konflikt als Chance, darin Selbst-Vergewisserung zu finden. Bei unlösbar scheinenden Problemen dagegen kann keine Selbstvalidierung stattfinden, da die Probleme ja nicht lösbar sind und keine direkte soziale Auseinandersetzung damit verbunden ist, in der man sich beweisen könnte. Tatsächlich zeigt sich, dass spontan aggressive Schüler in der IMA-Subskala „PR“ intoleranter gegenüber unlösbar scheinenden Problemen sind als gegenüber sozialen Konflikten.

1.4. Zusammenhänge zwischen der Ambiguitätstoleranzskala und den Skalen für Ambiguität, Aggression, Lehrerselbstwirksamkeit, Allgemeine Selbstwirksamkeit und SIA

Es ist zu erwarten, dass die verschiedenen Skalen unterschiedlich stark miteinander korrelieren. Es gibt vermutlich Zusammenhänge zwischen den Konzepten: Ambiguity, Aggression, Teacher-Self-Efficacy, Generalized-Self-Efficacy,

Scale-Interpersonal-AT (SIA) und Inventar-Measurement-AT (IMA).

Mit Hilfe der Faktorenanalyse und der Interkorrelationen werden diese Zusammenhänge untersucht und auf die Interkorrelationen zwischen den einzelnen Skalen und ihre Signifikanz wird im Ergebnisteil eingegangen.

1.5. Mögliche nationale Unterschiede in der Ambiguitätstoleranz

Es ist anzunehmen, dass in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Schwerpunkte und Stärken der Ambiguität zu finden sein werden. Im Rahmen der interkulturellen Forschung wurde ein Test zur Ambiguitätsmessung in einer deutschen und in einer polnischen Stichprobe eingesetzt, um mögliche nationale Unterschiede zu untersuchen. Es stellt sich die Frage, ob es Unterschiede zwischen der Ambiguitätstoleranz-Ausprägung der Deutschen und der Polen gibt und wenn ja welche. Solche nationalen Unterschiede würden als ein Beispiel für die kulturelle Bedeutung der Ambiguitätstoleranz dienen. Eine Untersuchung von v. Eynern und Ophoff (2000) liegt bereits dazu vor. Deren Ergebnisse sind hier überprüft worden.

2. Methode

2.1. Versuchspersonen

Die Fragebögen wurden von insgesamt 117 Lehramtsstudenten ausgefüllt, 92 Frauen und 25 Männern, die an drei unterschiedlichen Seminaren teilnahmen. Der Zeitpunkt der Untersuchung war Anfang 2003. Das mittlere Alter beträgt 23 Jahre, die jüngste Teilnehmerin ist 19, die älteste 41 Jahre alt. Die Mehrzahl der Studenten lebt entweder in einer WG (29,9%) oder bei den Eltern (24,8%), gefolgt von Alleinwohnenden (21,4%), Studenten, die in einer Partnerschaft leben (12,8%), in einer eigenen Familie (8,5%) oder im Wohnheim (0,9%).

76,1% der Studenten waren noch nie berufstätig, 21,4% besitzen einen Beruf und 1,7% arbeiten, ohne vorher einen Beruf erlernt zu haben.

42,7% der Studenten leben in einer Stadt mit 1000 bis 9999 Einwohner, 25,6% der Studenten in einer Stadt mit 10000 bis 99999 Einwohner. Der Rest verteilt sich auf Städte mit bis zu 999 Einwohner (21,4%) und Städte von 100000 bis 499999 (6,8%) Einwohner gefolgt von Studenten, die in Städten mit über einer halben Million Einwohner leben (1,7%).

46,2% der Studenten sind evangelisch, 23,1% römisch-katholisch, 21,4% gehören keiner Religion an, anderen Religionen gehören 9,4% an.

Die Glaubensstärke ist bei den meisten Studenten mittelmäßig ausgeprägt (15,4%), gefolgt von stark (14,5%), sehr stark (12,8%), sehr gering und gering (beide 6,8%).

Die Mehrzahl der Studenten wurde sowohl streng als auch tolerant erzogen (29,9%), gefolgt von strenger (29,1%), sehr strenger (18,8%), toleranter (16,2%) und sehr toleranter Erziehung (0,9%).

Die meisten Studenten haben oft Kontakt zu anderen Werthaltungen, z.B. zu anderen Kulturen, Nationalitäten und Gruppen (44,4%), gefolgt von Studenten, die mäßig oft (36,8%), selten (11,1%), sehr oft (5,1%) und sehr selten (0,9%) Kontakt zu andern Werthaltungen haben.

Der Bildungsstand ihrer Familien ist bei den meisten Studenten mittelmäßig (53%), gefolgt von niedrigem (36,8%), sehr niedrigem (5,1%), hohem (1,7%) und sehr hohem Bildungsstand (0,9%).

Auch das Einkommen der Mehrzahl der Studenten ist mittelmäßig (49,6%), gefolgt von niedrigem (26,5%), sehr niedrigem (11,1%), hohem (7,7%) und sehr hohem Einkommen (1,7%).

95,7% der Studenten sind kinderlos, 0,9% besitzen ein Kind, 2,6% haben zwei Kinder und ebenfalls 0,9% haben vier Kinder.

Die statistischen Ergebnisse der Kontrollfragen zu der Befragung befinden sich im Anhang.

Nur für die Untersuchung zu nationalen Unterschieden in der Ambiguitätsausprägung wurden zusätzlich die Daten (IMA-Werte) von polnischen Probanden verwendet.

Die Daten der polnischen Versuchspersonen wurden am Department of Psychology der Universität in Lodz im Jahr 1999 von Prof. F. Juczynski erhoben. Es haben insgesamt während der Psychologieseminare an der Universität Lodz im Wintersemester 99/00 142 polnische Studentinnen an der Befragung teilgenommen. Der Altersmittelwert betrug 27,28 Jahre. Zur Wohnortgröße wurden keine Angaben gemacht. In der polnischen Stichprobe sind die männlichen Versuchspersonen absolut gesehen etwa wie bei der deutschen Stichprobe unterrepräsentiert (ca. 21 %). Aus pragmatischen Gründen wurden in beiden Stichproben nur Studentinnen als Versuchspersonen herangezogen (anfallende Stichprobe). Weil es komplizierte Wechselwirkungen zwischen Nationalität und Geschlecht gibt, wurden für den Ländervergleich nur die Frauen genommen. Die Daten über die polnischen Versuchspersonen stammen aus der Semesterarbeit von B. Stark (2003).

2.2. Überblick / Versuchsdurchführung

Zunächst wurde mündlich ein Bezug zu dem jeweiligen Seminar hergestellt, um das Interesse der Studierenden zu wecken. So wurde verdeutlicht, dass die Studenten hier die Möglichkeit haben, praktische Erfahrung mit einer Forschungsuntersuchung zu machen. Zu beantworten seien Fragen zur eigenen Person, was unserer Ansicht nach die meisten Studenten interessieren würde. Den Studenten wurde auch mitgeteilt, sie würden durch die Beantwortung des Fragebogens zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen beitragen, die von einiger praktischen Tragweite seien. Außerdem könnten sie durch Kritik helfen, die Forschungsinstrumente zu verbessern, indem nach der Untersuchung Eindrücke und Vorschläge gesammelt würden.

Schließlich wurden die Studenten gebeten, die Fragen sowohl spontan und zügig als auch sorgfältig zu beantworten. Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass es weder richtige oder falsche Antworten gibt.

Dann wurden die Fragebögen verteilt. Die Studenten hatten jeweils bis zum Ende des Seminars Zeit, um alle Fragen zu beantworten. Einige Studenten ( 7 Personen) nahmen die Fragebögen mit nach Hause und gaben uns die fertig ausgefüllten Bögen später wieder ab.

Es ist noch darauf hinzuweisen, dass einige Teilnehmer daran Anstoß nahmen, dass sich bestimmte Fragen wiederholten. Darauf müsste am Anfang eines solchen Fragebogens explizit hingewiesen werden. Einige Fragen zur Ambiguitätsintoleranz wurden als zu schwer empfunden, ebenso viele Anschlussfragen der Aggressionsskala, was bei einer erneuten Befragung berücksichtigt werden muss.

2.3. Material / Die Skalen des Fragebogens

Es wurden unterschiedliche Skalen zur Erfassung bestimmter Eigenschaften verwendet. Alle Skalen lagen in Fragebogenform vor, die Fragebögen wurden hintereinander angeordnet und zusammengeheftet. Die Beschreibungen der einzelnen Skalen und deren Konstrukte finden sich in diesem Teil der Semesterarbeit. Die verwendeten Fragebögen befinden sich im Anhang. Es folgen die Skalenbeschreibungen der einzelnen Fragebögen.

2.3.1. Inventar zur Messung von Ambiguitätstoleranz / IMA (Reis, 1996)

Das Inventar zur Messung von Ambiguitätstoleranz (IMA) wurde von Reis 1996 zur Erfassung des Persönlichkeitskonstrukts „Ambiguitätstoleranz“ konzipiert. Dabei wird Ambiguitätstoleranz als Tendenz verstanden, „... Widersprüchlichkeiten, Inkonsistenzen oder mehrdeutigen Informationslagen in ihrer Vielschichtigkeit wahrzunehmen und positiv zu bewerten“ (Reis, 1996, S. 6). Der Fragebogen wurde faktorenanalytisch entwickelt und umfasst 40 Items deren Aussagen auf sechsstufigen Antwortkategorien (von „trifft sehr zu“ bis „trifft gar nicht zu“) eingeschätzt werden (eine Abschrift der Skala befindet sich im Anhang). Ein Teil der Items ist positiv in Richtung Ambiguitätstoleranz formuliert, die übrigen Items sind invertiert. Die jeweils für den Probanden zutreffende Aussage ist für jedes Item anzukreuzen. Es werden fünf Ambiguitätsbereiche (Subskalen für bestimmte Lebensbereiche) differenziert:

- Ambiguitätstoleranz für unlösbar erscheinende Probleme (PR) mit sechs Items
(positiv formulierte Items: Nr. 9, 12, 27, 30 und invertierte Items: Nr. 4, 37)
- Ambiguitätstoleranz für soziale Konflikte (SK) mit sechs Items
(positiv formulierte Items: Nr. 14, 16, 25, 28, 29, 33)
- Ambiguitätstoleranz des Elternbildes (EB) mit elf Items
(positiv formulierte Items: Nr. 6, 10, 22, 31, 32 und invertierte Items: Nr. 3, 5, 15, 20, 24, 35)
- Ambiguitätstoleranz für Rollenstereotypien (RS) mit neun Items
(positiv formulierte Items: Nr. 2, 7, 13, 36, 38, 39 und invertierte Items: Nr. 18, 19, 23)
- Ambiguitätstoleranz der Offenheit für neue Erfahrungen (OE) mit acht Items

(positiv formulierte Items: Nr. 1, 17, 26 und invertierte Items: Nr. 8, 11, 21, 34, 40)

Die Subskalen erlauben eine genauere Differenzierung der AIT in verschiedenen Lebensbereichen.

Die Auswertung des Fragebogens erfolgt in mehreren Schritten. Dazu kann ein spezifisches Auswertungsblatt zum IMA eingesetzt werden (das Muster eines Auswertungsbogens befindet sich im Anhang ).

Die Antworten werden unter Berücksichtigung der positiven oder invertierten Richtung kodiert. Für die Antwort „trifft sehr zu“ bei positiv gepolten Item bekommt der Proband einen Punkt, für die Antwort „trifft gar nicht zu“ gibt es sechs Punkte (invertiert genau umgekehrt). Die Rohwerte werden dann in den Subskalen bei den jeweiligen Itemnummer eingetragen und später aufaddiert. Aus den Summen aller Subskalen wird der Gesamtscore gebildet (= IMA). Die statistischen Ergebnisse für die Subklassen und für den Gesamttest der Probanden befinden sich im Anhang. Insgesamt entsprechen hohe Punktsummen einer hohen Ambiguitätstoleranz und niedrige Punktsummen geringer Ambiguitätstoleranz. Anschließend werden diese Rohwerte Prozentrangbändern von Normtabellen zugeordnet, die nach Alter und Geschlecht differenziert sind. Reis erstellte diese alters- und geschlechtsspezifischen Normen anhand der Ergebnisse seiner Gesamtstichprobe von N= 2004 Probanden. Reliabilitätskoeffizient für IMA liegt um bzw. über .80, bei uns mit .82 auch in diesem Bereich.

[...]

Final del extracto de 42 páginas

Detalles

Título
Ambiguiät und Ambiguitäts(in)toleranz
Universidad
Justus-Liebig-University Giessen  (Justus-Liebig-Universität Gießen)
Curso
Pädagogische Psychologie
Calificación
1,7
Autor
Año
2003
Páginas
42
No. de catálogo
V67279
ISBN (Ebook)
9783638602365
ISBN (Libro)
9783638671910
Tamaño de fichero
579 KB
Idioma
Alemán
Notas
Semesterarbeit (fürs Vordiplom. Theorie und Zusammenhänge zur Ambiguität. Faktorenanalyse, Zusatzinfos im Bezug auf Unterschiede zwischen Deutschen und Polen.
Palabras clave
Ambiguiät, Ambiguitäts(in)toleranz, Pädagogische, Psychologie
Citar trabajo
Sonia Sippel (Autor), 2003, Ambiguiät und Ambiguitäts(in)toleranz, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67279

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