Prognose von Zinsentwicklungen auf Basis eines Ansatzes zur Schaetzung der Zinsstrukturkurve - Eine empirische Untersuchung


Seminararbeit, 2006

64 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung und Gang der Untersuchung

2 Die Zinsstrukturkurve
2.1 Definition der ZSK
2.2 Herleitung der ZSK über Diskontfaktoren und Forward-Rates
2.3 Formen der ZSK
2.4 Schätzung der ZSK nach Nelson und Siegel

3 Weiterentwicklungen von Nelson und Siegel nach Diebold und Li
3.1 Interpretation der Faktoren
3.1.1 Interpretation des Long-Term Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 10 1t
3.1.2 Interpretation des Short-Term Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ...11 2t
3.1.3 Interpretation des Mid-Term Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ..12 3t
3.2 Schätzung der Faktoren
3.3 Prognose der ZSK
3.4 Prognoseevaluation

4 Durchführung der empirischen Untersuchung
4.1 Beschreibung der Datenbasis
4.2 Schätzung der ZSK
4.3 Empirische Überprüfung Annahme 1
4.4 Prognose der Faktoren
4.5 Empirische Überprüfung Annahme 2

5 Vergleich zu den Ergebnissen auf Basis US-amerikanischer Daten

6 Zusammenfassung und kritische Würdigung

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beispielhafte Formen der ZSK

Abbildung 2: Gewichtung der Faktoren in Abhängigkeit der RLZ

Abbildung 3: Vergleich des Einflusses von Ȝ

Abbildung 4: Renditevergleich Bullet- und Barbell-Portfolio

Abbildung 5: Herleitung der Parameter NIVt, STEt und KRÜt

Abbildung 6: Punktwolke und geschätzte ZSK 30.09.1998

Abbildung 7: R² aller Schätzungen (31.01.1974 - 31.12.2002)

Abbildung 8: Unterschiedliche Formen der ZSK

Abbildung 9: Durchschnittszinsstrukturkurve

Abbildung 10: Empirisch berechnetes NIV vs. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] im Zeitverlauf 1t

Abbildung 11: Empirisch berechnete STE vs −[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] im Zeitverlauf 2t

Abbildung 12: Empirisch berechnete KRÜ vs 0,3[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] im Zeitverlauf 3t

Abbildung 13: Out-of-Sample Prognose

Abbildung 14: Autokorrelationsfunktion [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 1t

Abbildung 15: Autokorrelationsfunktion [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 2t

Abbildung 16: Autokorrelationsfunktion [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einfluss unterschiedlicher λ auf die Güte der Schätzungen

Tabelle 2: Deskriptive Statistiken und ADF Teststatistiken der Faktoren

Tabelle 3: 1-Monats Prognosefehler in Prozentpunkten/ ρ der ut

Tabelle 4: 6-Monats Prognosefehler in Prozentpunkten/ ρ der ut

Tabelle 5: 12-Monats Prognosefehler in Prozentpunkten/ ρ der ut

Tabelle 6: Beste Prognoseverfahren für einzelne h und RLZ (I)

Tabelle 7: Beste Prognoseverfahren für einzelne h und RLZ (II)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung und Gang der Untersuchung (CS)

„Curves will be flatter in future years and during future business cycles than they have been in previous ones“.1 Die Entwicklung der Zinsstrukturkurve (ZSK) ist in der Finanzpraxis von besonderer Bedeutung. Die Debatte über die Entwicklung der Kurve ist immer wieder Mittelpunkt von Diskussionen bezüglich Investitionsentscheidungen oder Anlagestrategien. Auch Notenbanken orientieren sich an der Form der ZSK, sowie an Prognosen zur Entwicklung der ZSK, um beispielsweise durch den Einsatz von Geldmarktinstrumenten Rezessionen oder Inflation entgegen zu wirken.2

Die Form der gegenwärtigen und zukünftigen ZSK ist in vielerlei Hinsicht relevant. Das Management von Anleiheportfolios richtet die Duration3 eines Portfolios auf die Entwicklung der Zinsen hin aus, um Überrenditen zu erzielen. Im Bereich des Risikomanagements werden Informationen über die Entwicklung der Zinsen zum Hedging von offenen Positionen herangezogen. Alle Investitionsentscheidungen benötigen für die Bewertung zukünftiger Cash-Flows Informationen über die Entwicklung der Zinsen.

Bisherige Untersuchungen beschäftigten sich meist mit Ansätzen zur Schätzung und weniger mit Ansätzen zur Prognose der ZSK. Eine Schätzung zielt darauf ab, die gegenwärtige ZSK möglichst genau darzustellen. Eine Prognose dagegen versucht, die ZSK für zukünftige Beobachtungszeitpunkte zu bestimmen. Jede ZSK spiegelt zum Beobachtungszeitpunkt Markterwartungen für die zukünftigen Zinsen wider. Die Prognose versucht diese Erwartungen zu einem zukünftigen Zeitpunkt abzubilden.

Der No-Arbitrage Ansatz, sowie der Equilibrium Ansatz stellen zwei bedeutende Ansätze zur Schätzung der ZSK dar. No-Arbitrage Modelle, nach Ho, Lee (1986) und Heath, Jarrow, Morton (1992) zielen darauf ab, die ZSK so abzubilden, dass zwischen tatsächlichem und theoretischem Preis von festverzinslichen Derivaten keine Unterschiede existieren. Das Modell der Arbitragefreiheit entstand aus Gleichgewichtsmodellen4, die sich für die Preisfestlegung von Derivaten als unzulänglich herausstellten. Heute basieren deshalb die Methoden zur Bewertung von Kreditderivaten auf den Annahmen aus dem No-Arbitrage Ansatz und entsprechen dem Gesetz des Einheitspreises5.

Der Equilibrium Ansatz von Vasicek (1977) bildet die ZSK mittels eines Ein- Faktor Modells ab und basiert auf der Annahme, alle Zinssätze über stochastische Prozesse der Risikoprämie und des Zinssatzes mit der kürzesten Laufzeit abzubilden. Sowohl der No-Arbitrage, als auch der Equilibrium Ansatz fokussieren sich darauf, die gegenwärtige ZSK möglichst exakt zu schätzen, eignen sich jedoch, der Argumentation von Francis X. Diebold und Canlin Li (2006) folgend, nur ungenügend zur Prognose der Kurve.

Es existieren zwar bereits Prognosemodelle, die sich damit beschäftigen die zukünftige ZSK abzubilden, aber diese Methoden erreichen meist nur ungenügende Ergebnisse6. Diebold und Li setzen sich mit der Möglichkeit auseinander, aufbauend auf den Renditen von Staatsanleihen der USA, die ZSK vorhersagen zu können. Die Vorgehensweise baut auf dem exponentiellen Drei-Faktor Modell von Nelson und Siegel (1987) zur Schätzung der ZSK auf. Die drei Faktoren und die zugehörigen Faktorladungen werden von Nelson und Siegel, wie in Diebold und Li dargestellt (im Folgenden als Nelson und Siegel bezeichnet) als kurz-, mittel- und langfristige Faktoren bezeichnet. Diebold und Li treffen in einem ersten Schritt die Annahme, dass diese drei Faktoren auch als Niveau (NIV), Steigung (STE) und Krümmung (KRÜ) interpretiert werden können (Annahme 1). In einem weiteren Schritt stellen Diebold und Li fest, dass über eine Prognose der einzelnen Faktoren mittels autoregressiver Modelle bessere Aussagen über die Form zukünftiger ZSK getroffen werden können, als über bisher bekannte Verfahren (Annahme 2).

Die vorliegende Arbeit untersucht anhand historischer Daten für den deutschen Markt die beiden Annahmen von Diebold und Li. In Kapitel 2 wird in Anlehnung an Diebold und Li das Vorgehen von Nelson und Siegel zur Schätzung der ZSK vorgestellt. Kapitel 3 beschreibt den Ansatz von Diebold und Li zur Interpretation und Prognose der Faktoren und stellt die von Diebold und Li angewandte Methodik dar. Kapitel 4 beinhaltet die empirische Untersuchung der Annahmen, basierend auf deutschen Staatsanleihen und die Vorstellung der Ergebnisse. Ein Vergleich der Ergebnisse deutscher Daten mit den Resultaten der Studie amerikanischer Anleihen von Diebold und Li folgt in Kapitel 5, bevor Kapitel 6 die Arbeit kritisch beleuchtet und zusammenfasst.

2 Die Zinsstrukturkurve (CS)

2.1 Definition der ZSK

Die Abhängigkeit der Renditen von der Endfälligkeit einer Anlage wird durch die ZSK zum Ausdruck gebracht.7 Entgegen der Annahme eines konstanten Kalkulationszinsfußes, wie dieser von verschieden Modellen vorausgesetzt wird8, unterscheiden sich in der Praxis meist Renditen kurzer und langer Laufzeiten. Zur Bestimmung der ZSK werden Renditen von Zero- Bonds (Spot-Rates) herangezogen, da für diese Art von Anleihen mit nur einer Zins- und Tilgungszahlung am Ende der Laufzeit das Problem der Wiederanlage entfällt, die bei Kuponanleihen während der Laufzeit auftreten würden. Ausgehend von Staatsanleihen ist unter der Annahme, dass diese sicher zurückgezahlt werden, aus der ZSK der so genannte risikofreie Zinssatz abzuleiten, der in Bewertungsmodellen, wie beispielsweise dem Capital Asset Pricing Model9, sowie auch in anderen Modellen benötigt wird.

Per se ist am Markt die ZSK nicht direkt zu beobachten, vielmehr liegen Preise und damit Renditen von Anleihen in Abhängigkeit ihrer Restlaufzeit vor. Allerdings besteht die Möglichkeit Spot-Rates aus Kuponanleihen abzuleiten und darüber die ZSK zu ermitteln. Kuponanleihen werden hierfür als Bündel von Zero-Bonds (in Bezug auf die Bestimmung der ZSK und im Folgenden synonym für staatlich begebene Zero-Bonds verwendet) je Zahlungszeitpunkt betrachtet und zu jedem Zero-Bond so eine Spot-Rate ermittelt.10 Durch die Schaffung eines stetigen Zusammenhangs zwischen Rendite und Restlaufzeit ist, anders als mit den diskreten Renditen der einzelnen Zero-Bonds, jede alternative Anlageoption direkt mit dem Referenzwert der ZSK zu vergleichen und zu bewerten. Zu jedem Laufzeitpunkt wird eine Rendite eindeutig zugeordnet.

2.2 Herleitung der ZSK über Diskontfaktoren und Forward-Rates

Diebold und Li stellen den Bezug zu Renditen über Diskontsätze und ForwardRates her, die im Folgenden kurz erläutert werden.

Die Zinsstruktur kann, wie oben eingeführt, im einfachsten Fall durch Zero- Bonds mit Restlaufzeit τ, deren Preis P t IJ( ) bekannt ist und die Zins- und Tilgungszahlung einzig bei τ aufweisen, ermittelt werden. Durch Umformung der Bedingung, dass der Gegenwartswert aller Zahlungen dem Preis entspricht, [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] kann die Rendite y [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bestimmt werden. Aus den vorliegenden Renditen leiten Diebold und Li Diskontfaktoren her. Die Diskontfaktoren sind lediglich eine Umformung des Zusammenhangs aus der Gleichung von Preis und Zahlung. Bei einer Zahlung am Laufzeitende in Höhe von 1 kann der Diskontfaktor in der Form [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ausgedrückt werden.

Diebold und Li greifen zur Bestimmung der ZSK auf ungeglättete Fama-Bliss Renditen zurück. Neben Spot-Rates und der Umformung in Diskontfaktoren beruhen die Fama-Bliss Renditen auch auf Forward-Rates11. Forward-Rates geben die Rendite von Zero-Bonds an, allerdings mit dem Unterschied, dass deren Laufzeit erst zu einem Termin in der Zukunft beginnt. Vertragsabschluss und Leistung liegen bei der Betrachtung von Forward-Rates zeitlich auseinander12. Aus diesem Grund sind Forward-Rates nur implizit vorhanden und müssen aus existierenden Renditen, in diesem Falle Spot-Rates, hergeleitet werden. Für die heutige nominale Forward-Ratef [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gilt in ihrer Herleitung über die Diskontfaktoren [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 13. Aus den Forward-Rates wiederum lässt sich die Rendite zum Zeitpunkt t ermitteln. Den Zusammenhang, dass Forward-Rates über alle verbleibenden Laufzeitklassen für einen Zero-Bond gemeinsam die Spot-Rate ergeben14, macht sich der folgende Umformungsschritt zu Nutzen. Wird die Fläche unter allen Forward-Rate Kurven über die gesamte Laufzeit mit der Laufzeit gewichtet, so erhält man die Rendite in Abhängigkeit der Forward-Rates in der Form [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] 15.

2.3 Formen der ZSK

Die ZSK deutscher Anleihen ist „…im Durchschnitt aufwärts gerichtet.“16. Staatsanleihen längerer Laufzeit weisen gegenüber kürzeren Laufzeiten in historischer Betrachtung eine höhere Rendite auf (normale ZSK). Außerdem können inverse, flache, S-förmige und gewölbte Formen der ZSK beobachtet werden. Abbildung 1 zeigt beispielhafte Verläufe von auftretenden ZSK.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispielhafte Formen der ZSK

Verschiedene Ansätze, wie die Erwartungshypothese17, Liquiditätspräferenzhypothese18 und Marktsegmentierungshypothese19 versuchen die Beziehung zwischen Renditen langer und kurzer Laufzeiten zu erklären. Normale ZSK können beobachtet werden, wenn für die Zukunft höhere Renditen erwartet werden, oder nach der Liquiditätstheorie für lange Laufzeiten eine Liquiditätsprämie vom Anleger verlangt wird. Bei Auftreten einer flachen ZSK sind die Renditen von der Bindungsdauer einer Anlage unabhängig. Flache ZSK werden häufig als Annahme in finanztheoretischen Modellen herangezogen20. Bei inversen ZSK liegen die Renditen für Anleihen langer Laufzeiten deutlich unter den Renditen für kurze. Inverse ZSK treten auf, wenn Anleger verstärkt Wertpapiere langer Laufzeiten nachfragen, da sie eine Abschwächung der Konjunktur erwarten, oder wenn Notenbanken Zinserhöhungen vornehmen, auf die Renditen langer Laufzeiten nicht reagieren. Untersuchungen zeigen, dass inverse ZSK auf kommende Rezessionen hinweisen können21 oder, wie im Fall der deutschen ZSK von außergewöhnlichen Ereignissen hervorgerufen werden. Die deutsche ZSK war beispielsweise zur Zeit der Wiedervereinigung im Januar 1990 invers. Ein weiteres Phänomen ist im Bereich kurzer Renditen zu Beobachten, dem durch S-förmige ZSK Rechnung getragen werden kann. Hier kann es aufgrund der kurzen Restlaufzeiten (RLZ) zu erhöhten Transaktionskosten kommen, die sich wiederum in den Preisen und damit Renditen der Anleihen niederschlagen.

2.4 Schätzung der ZSK nach Nelson und Siegel

Aufbauend auf Renditen und RLZ von Anleihen verfolgen Nelson und Siegel den Ansatz, die ZSK mittels eines einfachen Modells abzubilden22. Das Modell soll einerseits die Zinsstruktur möglichst genau abbilden und andererseits mit einer stetigen Funktion Kurven erzeugen, bei denen sprunghafte Wertänderungen vermieden werden. Nelson und Siegel minimieren die Abweichungen zwischen realen und geschätzten Werten und stellen eine gleichmäßige ZSK dar23. Die Funktion muss ferner geeignet sein, die wesentlichen Formen der ZSK abzubilden24. Das gewählte Drei-Faktor Modell erfüllt diese Ansprüche und überschätzt die ZSK im Gegensatz zu komplexeren Modellen, die mittels exponentieller Splines schätzen25, für Renditen am langen Ende nicht26.

Die Nelson und Siegel Differentialgleichung für die Forward-Rate Kurve [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] setzt sich aus einer Konstanten [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und einer Laguerre Funktion27 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] zusammen.[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gibt hierbei die RLZ in

Monaten an. Ȝ , dessen Bedeutung im Folgenden erläutert wird, ist in der Schätzung von Diebold und Li als Konstante definiert. Durch den in Kapitel 2.2 eingeführten Zusammenhang zwischen Forward-Rates und Renditen ergibt sich als ZSK nach Nelson und Siegel [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Die von den drei Beta-Faktoren

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bestimmte Schätzfunktion der ZSK lässt sich in ihre Faktoren mit der zugehörigen Faktorladung zerlegen und getrennt interpretieren. Die Betafaktoren, die mittels Schätzung für jeden Beobachtungszeitpunkt bestimmt werden, können mit ihren Faktorladungen als lang-, kurz- und mittelfristige Bestandteile der ZSK gesehen werden. Abbildung 2, an Hand derer die Interpretation nachvollzogen werden kann, stellt die verschiedenen Faktorladungen in Abhängigkeit der RLZ IJ dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Gewichtung der Faktoren in Abhängigkeit der RLZ

Die Faktorladung von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , entspricht für alle RLZ 1 (siehe Abb. 2). Damit geht 1t [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] stets mit vollem Gewicht in die Bestimmung der Renditen je RLZ ein. Da 1t die übrigen Gewichte der Faktoren bei größerem τ an Einfluss verlieren, legt [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] das lange Ende der ZSK fest (Long-Term Faktor). Die Faktorladung von entspricht . Bei τ → 0 nimmt die Ladung einen Wert von 1 an, fällt bei größeren τ jedoch rasch und geht für sehr lange Laufzeiten gegen 0. Das größte Gewicht hat [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] demnach im Bereich kurzer Laufzeiten (Short- ⎛1− e −λτ ⎞ Term Faktor). Die Ladung des Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] entspricht − e −λτ und geht sowohl für τ → 0 als auch für τ → ∞ gegen 0. Bei mittleren Laufzeiten erreicht die Faktorladung ihr Maximum. [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , das weder bei kurzen noch langen Laufzeiten Einfluss auf die Form der ZSK hat, beeinflusst die mittleren Laufzeiten der ZSK (Mid-Term Faktor). Die Konstante Ȝ legt fest, für welche RLZ das Gewicht des Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] maximal ist. Des Weiteren wird durch Ȝ bestimmt, wie rasch [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ein Gewicht von 0 erreicht. Kleine Werte für Ȝ stellen Renditen langer RLZ im Modell genauer dar, während große Werte Renditen kurzer RLZ besser abbilden28.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Vergleich des Einflusses von Ȝ

Je größer Ȝ desto kürzer die RLZ, für die die Faktorladung von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ihr Maximum erreicht. In der Schätzung nach Diebold und Li ist Ȝ mit 0,060875 so definiert, dass das Gewicht des Mid-Term Faktors bei 30 Monaten am größten ist29.

Die Deutsche Bundesbank zieht zur Schätzung der ZSK den Ansatz von Nelson und Siegel heran, der durch Svensson (1994) durch einen weiteren Faktor erweitert wurde30.

3 Weiterentwicklungen von Nelson und Siegel nach Diebold und Li (PE)

3.1 Interpretation der Faktoren

Eine wesentliche Weiterentwicklung des Nelson und Siegel Ansatzes durch Diebold und Li ist die ökonomische Interpretierbarkeit der ermittelten Faktoren. Die Faktoren werden in direkten Bezug zu den häufig zur Beschreibung der Zinstrukturkurve herangezogenen Parametern NIV, STE und KRÜ gebracht31 (Annahme 1). Vor allem das NIV findet beispielsweise Verwendung im Portfoliomanagement und bei der Immunisierung eines Portfolios gegen Zinsänderungen. In weiter entwickelten Ansätzen ist die Sensitivität einer Anleihe bezüglich Veränderungen aller Parameter wichtig, weshalb Informationen über deren historischen Verlauf und zukünftige Entwicklungen von sehr großem Interesse sind32. Diebold und Li nehmen an, dass [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] als Stellvertreter für das empirisch berechnete NIVt, [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] für die empirisch berechnete STEt und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] für die empirisch berechnete KRÜt verwendet werden kann.

3.1.1 Interpretation des Long-Term Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Für das NIV der ZSK existiert keine einheitliche Definition. Gemäß der Definition der Deutschen Bundesbank ist das Zinsniveau „allgemeiner Ausdruck für die durchschnittliche Höhe der bei Geld- und Kreditgeschäften üblichen Zinssätze“ 33. Änderungen des NIV wirken sich in gleichem Maße auf kurzfristige, mittelfristige und langfristige Zinsen aus. Mathematisch äußerst sich dies in einer Addition bzw. Subtraktion der Veränderung, welche unabhängig von der Laufzeit immer mit dem Faktor 1 gewichtet wird. Eine Veränderung des NIV entspricht daher einer Parallelverschiebung der ZSK. Diese Eigenschaft kann in der Funktion von Nelson und Siegel dem Long-Term Faktor [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] zugeordnet werden. Der Long-Term Faktor repräsentiert nach Diebold und Li demnach das NIV der ZSK. Für y erhält man exakt [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ; hier wird das NIV durch die Renditen langfristiger Zerobonds approximiert34. Diebold und Li verwenden zur Berechnung des empirischen NIVt, y (120)35.

3.1.2 Interpretation des Short-Term Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Das Verhältnis zwischen Renditen von Zerobonds kurzer Laufzeit und Renditen von Zerobonds langer Laufzeit wird in diesem Zusammenhang als STE36 bezeichnet. Gemäß der Erwartungshypothese37 und der Liquiditätspräferenztheorie38 gibt dieses Verhältnis Auskunft über die Erwartungen der Marktakteure bezüglich Inflation, Zinsentwicklungen am Geldmarkt und deren Einschätzung der konjunkturellen Lage. Eine normale ZSK weist eine positive STE auf. Die STE wird in der Literatur oft durch die Subtraktion eines kurzfristigen von einem langfristigen Zinssatz (0)39 ) definiert. Ist die so definierte STE positiv bedeutet dies, dass auf Zerobonds mit längeren Laufzeiten höhere Renditen entfallen als auf Zerobonds mit kurzen Laufzeiten. Auf diese Weise definiert, besitzt die STE nur Aussagekraft, wenn die Funktion („zumindest tendenziell“) monoton ist. Bei stark schwankendem Verlauf geht die Aussagekraft gegen null. Setzt man nach der oben genannten Definition τ → ∞ in die Nelson-Siegel Funktion ein und zieht davon die Funktion mit τ → 0 ab, erhält man −[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] . Der Faktor [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] kann somit als negative STEt interpretiert werden. Für die Berechnung der empirischen STEt setzen Diebold, Li y (3) ein40.

3.1.3 Interpretation des Mid-Term Faktors [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Empirische Beobachtungen zeigen, dass Renditen von Zerobonds mit kurzer Laufzeit nicht in linearem Zusammenhang mit Renditen von Zerobonds mit langer Laufzeit stehen. Die beobachtete KRÜ der ZSK entsteht durch unterschiedliche Steigungen in den Laufzeitsegmenten. Ein konkaver Verlauf der ZSK kann z.B. durch Erwartungen der Marktteilnehmer entstehen. Betrachten wir Zerobonds, so führt ein erwarteter Zinsanstieg im zukünftig kurzen Laufzeitsegment - also heute mittelfristig - dazu, dass Marktakteure einen Anreiz haben, heute diese mittelfristigen Zerobonds zu verkaufen, um Verlusten durch dann sinkende Kurse auszuweichen. Als Folge sinken schon heute die Kurse dieser mittelfristigen Zerobonds; analog dazu steigen die mittelfristigen Renditen. Aber auch die große Nachfrage nach Anleihen mit sehr langen Laufzeiten durch Pensionsfonds und Versicherer, im Vergleich zur geringeren Nachfrage nach Anleihen mit mittelfristigen Laufzeiten, werden als mögliche Erklärung eines konkaven Verlaufs der ZSK herangezogen.

Ein Vergleich von Bullet- und Barbell-Portfolios kann einen konkaven oder konvexen Verlauf identifizieren41. Hierbei weist ein Portfolio mit Anleihen mittelfristiger Laufzeiten (Bullet-Portfolio) bei einer konkaven ZSK einen Renditevorteil zu einem in kurz- und langfristigen Anleihen investiertes Portfolio (Barbell-Portfolio) gleichen Marktwertes und gleicher Duration auf (siehe Abbildung 4). Wird ein Abflachen der ZSK, also ein Anstieg der zukünftig kurzen Zinssätze, erwartet, steigt die Nachfrage nach den kurz- und langfristigen Anleihen (Barbell-Portfolio), wobei die Nachfrage nach den mittelfristigen Anleihen (Bullet-Portfolio) aus Angst vor Kursverlusten sinkt, was die Konkavität der ZSK verstärkt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Renditevergleich Bullet- und Barbell-Portfolio42

Diebold und Li definieren die KRÜt der ZSK über den Renditevergleich der Barbell - Bullet - Portfolios durch folgende Gleichung:

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Sie stellen also einem Bullet-Portfolio, bestehend aus zwei Zerobonds mit zwei Jahren RLZ, ein Barbell-Portfolio, bestehend aus einem Zerobond mit drei Monaten und einem Zerobond mit zehn Jahren RLZ, gegenüber. Ein positives Ergebnis signalisiert einen Renditevorteil des Bullet- Portfolios und damit einen konkaven Verlauf et vice versa. Gemäß Diebold und Li kann der Mid-Term Faktor [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] als Stellvertreter für die KRÜ herangezogen werden. Zur empirischen Berechnung der KRÜt verwenden Diebold und Li [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (120)43.

Die empirische Untersuchung in Kapitel 4 soll unter anderem zeigen, dass die für [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] geschätzten Werte als Stellvertreter für die empirisch berechneten Werte für NIVt, STEt und KRÜt benutzt werden können (Annahme 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Herleitung der Parameter NIVt, STEt und KRÜt44

3.2 Schätzung der Faktoren

Die Faktoren werden über eine Regression mittels Kleinste-Quadrate- Schätzer ermittelt45. Als Ausgangspunkt betrachtet man zu jedem Beobachtungszeitpunkt eine Punktwolke, wobei die einzelnen Punkte den Zusammenhang zwischen Renditen und RLZ zu diesem Beobachtungszeitpunkt widerspiegeln. Die Faktoren der Nelson-Siegel Funktion sollen nun so gewählt werden, dass die Summe der quadrierten Abstände der einzelnen Punkte zur ZSK minimiert wird.

Die geschätzten Faktoren in die Nelson-Siegel Funktion eingesetzt beschreiben zusammen mit den Faktorladungen für jeden Beobachtungszeitpunkt eine stetige ZSK. Jede Regression ergibt zu dem jeweiligen Beobachtungszeitpunkt einen absoluten Wert für [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , wodurch nach Diebold und Li jeweils auch dem NIVt, der STEt und der KRÜt ein absoluter Wert zugeordnet wird. Bildet man für die Faktoren jeweils eine Zeitreihe, lässt sich deren Veränderung im Zeitverlauf beobachten und mit den zu jedem Zeitpunkt empirisch berechneten Werten für NIVt, STEt und KRÜt vergleichen.

3.3 Prognose der ZSK

Diebold und Li betrachten die drei Zeitreihen, die sich aus der Schätzung der Faktoren ergeben haben. Ihr Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Versuch, jeden Faktor einzeln unter Zuhilfenahme eines univariaten autoregressiven Prozesses erster Ordnung (AR(1)-Modell) für die Prognosehorizonte (h) ein, sechs und zwölf Monate zu prognostizieren. Die prognostizierten Faktoren [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] , [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] können daraufhin in die Nelson-Siegel Funktion

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

eingesetzt und für jede Laufzeit die zugehörige Rendite berechnet werden. Dadurch lassen sich für zukünftige Beobachtungszeitpunkte stetige ZSK prognostizieren. Theoretisch könnten die Prognosen auch einzeln betrachtet genutzt werden, um zu den bereits dargestellten ökonomischen Zusammenhängen Aussagen treffen zu können.

Das von Diebold und Li verwendete AR(1)-Modell gehört zu den autoprojektiven Extrapolationsmethoden, die von Box und Jenkins als besonders für Prognosen geeignet bezeichnet werden (ARIMA- oder SARIMA-Modelle)46. Box und Jenkins unterstellen über verschiedene Zeiträume konstante Zusammenhangsstrukturen. Autoregressiv bedeutet, dass die abhängige (zu erklärende) Variable zeitverzögert als unabhängige (erklärende) Variable verwendet wird.

[...]


1 Vgl. Gross (2006), S. 3.

2 Vgl. Wright (2006), S. 2.

3 Vgl. Hull (2003), S. 112.

4 Vgl. Barro/Grilli (2003), S. 143.

5 Vgl. Barro/Grilli (2003), S. 199.

6 Vgl. Duffee (2002), S. 437.

7 Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 190.

8 Beispielsweise das Black/Scholes Modell zur Bewertung von Optionen. Vgl. Black/Scholes (1973), S. 640.

9 Vgl. Sharpe (1964), S. 431 f.

10 Vgl. Fama/Bliss (1987), S. 690.

11 Vgl. Fama/Bliss (1987), S. 681.

12 Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 193 f.

13 Vgl. Diebold/Li (2006), S. 339.

14 Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 195.

15 Vgl. Diebold/Li (2006), S. 340.

16 Vgl. Monatsbericht der Deutschen Bundesbank (2006), S. 16.

17 Vgl. Lutz (1940), S. 48.

18 Vgl. Keynes (1936), S. 166.

19 Vgl. Modigliani, F., Sutch R. (1966), S. 178 f.

20 Wie oben bereits für das Black/Scholes Modell zur Bewertung von Optionen erwähnt.

21 Vgl. Wright (2006), S. 2.

22 Beispielsweise im Gegensatz zum Ansatz von Vasicek, der sich exponentieller Splines bedient.

23 Vgl. Nelson/Siegel (1987), S. 488.

24 Für eine Darstellung möglicher Formen der ZSK nach Nelson und Siegel in Abhängigkeit der Faktoren siehe Anhang 1.

25 Vgl. Vasicek/Fong (1982), S. 340.

26 Vgl. Nelson/Siegel (1987), S. 474.

27 Vgl. Weissstein (2006).

28 Vgl. Diebold/Li (2006), S. 341.

29 Zum Einfluss von Ȝ siehe Kapitel 4.2.

30 Vgl. Schich (1997), S. 3.

31 Vgl. Litterman/Scheinkman (1991), S. 54-61, und Lord/Pelsser (2005) S. 2.

32 Vgl. Hull (2002), S. 115.

33 Vgl. Deutsche Bundesbank Website Glossar (2006).

34 Im Gegensatz zu Wilkens (1994), S. 34.

35 120 Monate entspricht im Datensatz von Diebold und Li der längsten RLZ.

36 Vgl. Diebold/Li (2006), S. 344.

37 Vgl. Lutz (1940), S. 48.

38 Vgl. Keynes (1936), S. 166.

39 Vgl. Frankel/Lown (1994), S. 517-530.

40 Vgl. Diebold/Li (2006), S. 341.

41 Vgl. Diebold/Li (2002), S. 17.

42 Eigene Darstellung.

43 Diebold/Li (2006), S. 342.

44 Eigene Darstellung.

45 Vgl. Hamilton (1994), S. 200.

46 Vgl. Hamilton (1994), S. 109.

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Prognose von Zinsentwicklungen auf Basis eines Ansatzes zur Schaetzung der Zinsstrukturkurve - Eine empirische Untersuchung
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Veranstaltung
Seminar: Zinsrisiken an Kapitalmärkten und in Banken
Note
1,0
Autoren
Jahr
2006
Seiten
64
Katalognummer
V67704
ISBN (eBook)
9783638604666
Dateigröße
1848 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prognose, Zinsentwicklungen, Basis, Ansatzes, Schaetzung, Zinsstrukturkurve, Eine, Untersuchung, Seminar, Zinsrisiken, Kapitalmärkten, Banken
Arbeit zitieren
Christian Schütz (Autor:in)Philipp Eckerle (Autor:in), 2006, Prognose von Zinsentwicklungen auf Basis eines Ansatzes zur Schaetzung der Zinsstrukturkurve - Eine empirische Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67704

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