In der praxeologischen Erkenntnistheorie von Bourdieu spielt das Habitus-Konzept eine entscheidende Rolle, weil es eine Verbindung zwischen objektiven Strukturen, individueller Wahrnehmung und sozialer Praxis herstellen soll. Allerdings besteht oft der Vorwurf, dass Bourdieu in seinem Entwurf das strukturalistische Moment überbetone, wodurch der Habitus zwar die Reproduktion der Sozialstruktur, nicht jedoch sozialen Wandel erkläre könne.
Der vorliegende Essay erläutert, inwieweit und in welcher Form sozialer Wandel in Bourdieus Habitus-Konzept möglich ist. Dazu werden zunächst kurz die Merkmale des Habitus und die Annahmen, welche nur für die strukturalistische Reproduktion sprechen, skizziert und anschließend die Möglichkeiten sozialen Wandels aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
- Habitus und die Reproduktion der Sozialstruktur
- Habitus und sozialer Wandel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay analysiert die Möglichkeit sozialen Wandels im Habitus-Konzept von Pierre Bourdieu. Er untersucht, wie weit und in welcher Form sozialer Wandel in Bourdieus Theorie integriert werden kann, indem er die Merkmale des Habitus und die Argumente für eine rein strukturalistische Reproduktion der Sozialstruktur beleuchtet. Der Essay zeigt anschließend auf, wie der Habitus trotz seiner tendenziellen Reproduktionsfunktion tatsächlich zu sozialem Wandel beitragen kann.
- Der Habitus als System von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern
- Die Rolle des Habitus bei der Reproduktion sozialer Strukturen
- Die Möglichkeit des Wandels durch Modifizierung des Habitus
- Sozialer Wandel durch Interaktion zwischen unterschiedlichen Habitusformationen
- Der Kampf um die Deutungshoheit in sozialen Feldern als Motor des Wandels
Zusammenfassung der Kapitel
Habitus und die Reproduktion der Sozialstruktur
Das erste Kapitel beschreibt den Habitus als ein System von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmustern, das durch die Sozialisation erworben wird. Es wird dargelegt, dass der Habitus durch die Lebensbedingungen der spezifischen Soziallage geprägt ist und die sozialen Strukturen seiner Entstehung verkörpert. Die Wirkung des Habitus besteht darin, dass er das Wahrnehmen, Denken und Handeln in der Praxis beeinflusst und somit Denk- und Handlungsroutinen erzeugt. Das Kapitel argumentiert jedoch auch, dass Bourdieu in seinem Habitus-Konzept das strukturalistische Moment überbetont, was der Kritik an seiner Konzeption gerechtfertigt erscheinen lässt.
Habitus und sozialer Wandel
Das zweite Kapitel beleuchtet den Unterschied zwischen Habitustheorie und einem rein strukturalistischen Determinismus. Es zeigt auf, dass der Habitus kein starres Gebilde ist, sondern sich durch Erfahrungen verändern kann. Weiterhin legt der Habitus nur Grenzen fest, innerhalb derer Schemata mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit zur Anwendung kommen, wodurch ein schöpferisches Potential für den Einzelnen entsteht. Der Essay erläutert schließlich, dass die Notwendigkeit, die Schemata des Habitus in ähnlichen Situationen immer gleich anzuwenden, die unveränderte Reproduktion der Sozialstruktur als unwahrscheinlich erscheinen lässt.
Schlüsselwörter
Habitus, soziale Struktur, sozialer Wandel, Reproduktion, Determinismus, Sozialisation, Lebensbedingungen, Handlungsmuster, soziale Praxis, Feld, Kampf um Deutungshoheit, soziale Ungleichheit, soziale Dynamik.
- Quote paper
- Benjamin Triebe (Author), 2007, Die Möglichkeit sozialen Wandels in Bourdieus Habitus-Konzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67739