Der Ruf nach Eliten. Können, sollen und dürfen in Deutschland Elitehochschulen gebildet werden?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort:

2. Elitehochschulen in Deutschland
2.1 Spitzenuniversitäten oder Exzellenznetzwerke
2.2 Angebot und Nachfrage

3. Finanzierungskonzepte

4. Soziale Selektion
4.1 Spitzenförderung zu Lasten der Breitenförderung
4.2 Soziale Selektion in den Vorbilderländern

5. Fazit:

6. Literaturverzeichnis:

1. Vorwort:

Anfang 2004 rückte das Thema der Eliteuniversitäten erneut in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Aufgeschreckt durch den schlechten internationalen Vergleich sollen sie eines von vielen Heilmittel gegen die umgreifende Bildungsmisere sein. Die Diskussion ist nicht neu. Bereits in den 80ziger Jahren wurde der Ruf nach Eliteuniversitäten, nach angelsächsischem Vorbild, laut. Gängig ist ebenfalls die Gegenargumentation, dass eine solche Hochschulform, wie sie Harvard, Oxford, Princeton oder Yale darstellen, nicht der deutschen Tradition und der deutschen Hochschullandschaft entspricht.

Dennoch besteht die Sehnsucht nach international strahlenden „Leuchttürmen der Wissenschaft“. Für die Umsetzung stehen verschiedene Konzepte zur Verfügung. Die SPD plädierte für die Gründung mehrerer Spitzenuniversitäten, während die Opposition die Idee eines „Exzellenznetzwerkes“ favorisierte. Bei diesem sollen statt ganzer Hochschulen nur einzelne Fakultäten oder Fachbereiche gefördert werden. Das Ergebnis ist bis jetzt ein Kompromiss, bei dem Gelder für zehn Elite-Universitäten bereitgestellt werden sollen. Von 2006 an bis 2011 sollen 1,9 Milliarden Euro zur Förderung der Eliteuniversitäten bereitstehen. Der Erhalt von Mittel für die Hochschulen ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die im Laufe dieser Arbeit erläutert werden sollen.

Das Hochschulsystem befindet sich im Moment im Umbruch. Zum Thema der Elitendiskussion kommt zusätzlich die anhaltende Debatte um Studiengebühren, die auch mit den Spitzenuniversitäten in Verbindung stehen. Braucht Deutschland wirklich Zentren der Elitenbildung, oder sind diese nicht längst vorhanden? Muss die Bundesrepublik sich zwischen Breiten- und Spitzenförderung entscheiden, um international anerkannte Wissenschaftszentren aufzubauen? Ist der Preis dafür eine weitere soziale Selektion? Die Förderung von Universitäten ist an und für sich als positiver Aspekt zu betrachten, jedoch sollten gewisse Rahmenbedingungen eingehalten werden. Ob dies der Fall ist und was Eliteuniversitäten für die deutsche Hochschullandschaft bedeuten, wie der Zugang zu ihnen gestaltet wird und ob sie eine erstrebenswerte Bereicherung des Hochschulsystems darstellen, soll in dieser Arbeit ausführlich erörtert werden

Der Blick ins Ausland soll dabei nicht ausbleiben. Die ausländischen Eliteuniversitäten, auf die so neidisch geblickt wird, haben zum Teil eine jahrhundertlange Tradition und sind nicht auf Beschluss einer Regierung entstanden, sondern haben sich aus sich selbst heraus entwickelt. Ihr System der Finanzierung und soziales Konzept sollen, im Hinblick auf die Unterschiede zum deutschen System ebenfalls kurz vorgestellt werden.

2. Elitehochschulen in Deutschland

Die deutsche Tradition und die politische Kultur in der Bundesrepublik ließen eine Eliterekrutierung, wie beispielsweise in Großbritannien, bedingt durch besondere Ereignisse in der geschichtlichen Entwicklung, nicht unbedingt zu. In Großbritannien beispielsweise gab es in der jüngsten Vergangenheit keine Übergänge von diktatorischen, faschistischen oder sozial-kommunistischen Systemen zu Demokratien, was ein stabiles Eliterekrutierungsmuster und eine gewisse Geschlossenheit der Elite bestärkt hat.[1] Besonders in Deutschland steht die Bevölkerung dem Begriff der Elite, oder Eliteeinrichtungen mit Skepsis gegenüber. Dies führte hier zu einer Demokratisierung der Eliten.[2]

Trotz alledem will und braucht Deutschland jetzt Elitehochschulen, so die allseits propagierte Meinung. Ob diese Aussage wirklich den Tatsachen entspricht, wer Eliteuniversitäten fordert, nach welchem System die Standorte entstehen sollen, wer als Kandidat für die Finanzspritzen in Frage kommt und wie sich überhaupt Angebot und Nachfrage in Deutschland darstellen, soll im ersten Abschnitt thematisiert werden.

2.1 Spitzenuniversitäten oder Exzellenznetzwerke

Obwohl sowie Regierung, als auch Opposition für die Errichtung von Eliteuniversitäten sind, gab es zu Anfang unterschiedliche Konzepte zur Umsetzung. Neu errichtet werden sollen zukünftig keine Universitäten, wie es zuvor noch einem frühen Vorschlag der SPD zu entnehmen war. Vielmehr sollen bestehende Ressourcen ausgebaut und entsprechend gefördert werden.

Eingesetzt hatte die Debatte um die Förderung von Eliteuniversitäten mit dem Innovationsvorstoß der Bundesregierung zu Beginn des Jahres 2004. Verankert ist eine Reformierung der Hochschulen jedoch schon in dem Reformpaket der Agenda 2010.[3] Während das ursprüngliche Konzept des Bundes vorsah, bis zu zehn einzelne Hochschulen im Rahmen eines Wettbewerbs mit mehreren Millionen Euro jährlich zu fördern, plädierten die Länder für eine gezielte Förderung von einzelnen Wissenschaftsfeldern an deutschen Universitäten, um ein „Netzwerk der Exzellenz“ zu schaffen.

So könnten sich auch kleinere Universitäten mit teilweise herausstechenden Fakultäten in den Wettbewerb um die Gelder begeben.[4] Die nun beschlossene Initiative trägt beiden Ideen Rechnung. Das Konzept beruht auf drei Säulen:

- die Förderung von Spitzenuniversitäten auf der Grundlage profilbildender Wissenschaftsbereiche der Hochschulen, zur Förderung der strukturellen Weiterentwicklung (Verbesserung der Qualität der Lehre an den Hochschulen)
- die Schaffung von Exzellenzzentren/Exzellenzclustern zur Förderung der Spitzenforschung (übergreifende Förderung von einzelnen Fachbereichen mit Hilfe von bestehenden Wissenschaftsorganisationen)
- Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses[5] (bessere Voraussetzungen für Nachwuchswissenschaftler)

Ziel des „Paktes für Forschung und Innovation“ ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Forschung durch eine bessere Ausschöpfung der vorhandenen Potentiale. Durch Konzentration auf Exzellenz, auf die Stärkung der Kooperation, Vernetzung über Organisationsgrenzen hinweg und auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, sowie die Möglichkeit, neue und unkonventionelle Forschungsansätze aufzugreifen, soll die Lehre an den Universitäten eklatant verbessert und Deutschland zu neuen Innovationen verholfen werden. Alle drei Programmteile sollen projektbezogen gefördert werden, um letzte noch offene Fragen zwischen dem Bund und den Ländern auszuräumen.[6]

Die Hochschulen, die die Förderung in Anspruch nehmen wollen, müssen Qualifikationen nach den oben aufgezeigten drei Programmlinien aufweisen. „Die bisherige Konzeption ging davon aus, dass für eine förderwürdige Entwicklung hin zu einer Spitzenuniversität mindestens ein wissenschaftliches Exzellenz-Zentrum von internationalem Ruf, eine Graduiertenschule sowie eine schlüssige Gesamtstrategie zu einem weltweit anerkannten „Leuchtturm der Wissenschaft“ vorzuweisen ist.“[7] Der letzte Punkt wird jetzt unter Vorbehalt behandelt und dient vornehmlich der Profilierung der Universität im Wettbewerb. Bund und Ländern rechnen mit etwa zehn solcher Spitzenuniversitäten in Deutschland. Zusätzlich sollen ca. 40 Graduiertenkollegs und ca. 30 Exzellenzcluster finanziell unterstützt werden.[8]

Die entsprechenden Hochschulen werden in einem Wettbewerb durch ein unabhängiges, politikfernes Gremium, bestehend aus Vertretern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), des Wissenschaftsrats (WR) und einzelnen internationalen Experten ausgewählt. Sie entscheiden projektbezogen und streng wissenschaftsgeleitet durch Begutachtung der Förderanträge, die die Hochschulen stellen müssen, über die zukünftigen Spitzenuniversitäten in Deutschland.

Als mögliche Kandidaten kristallisierten sich bis jetzt vor allem die Universitäten von Heidelberg, die TU in München und die Humboldt-Universität in Berlin heraus. Die Anzahl der Kandidaten die gern zur Elite gehören würden, dürfte um einiges höher ausfallen, was im günstigsten Fall eine positive Konkurrenz unter den Universitäten auslösen würde und die Qualitätssteigerung den Studenten zu Gute kommen ließe.

Die Universitäten der großen Bundesländer wie Baden-Württemberg und Bayern, haben sehr gute Chancen auf Fördermittel, aber auch kleinere Einrichtungen und Fachhochschulen können sich bewerben. Vor allem Bayern zeichnet sich durch ein schon bestehendes „Elitenetzwerk“ aus. Bayern hat als erstes Bundesland ein Konzept zur Eliteförderung umgesetzt.In bisher zehn Elitestudiengängen und fünf Doktorandenkollegs werden seit Herbst 2004 rund 300 Studierenden beispiellose Arbeitsbedingungen geboten.[9]

Als vorbildliches Beispiel zeichnet sich der Studiengang „Finance and Information Management“ an der Universität Augsburg und der TU München aus. Unter 60Bewerbern wurden 20 Studenten für diesen Elitestudiengang ausgewählt, darunter sind 7 ausländische Studierende. Voraussetzung ist ein hervorragendes Vordiplom. Statt im Massenbetrieb deutscher Hochschulen unterzugehen, studieren die Studente etzt in einer Art Klassenverband eine Kombination aus Informatik, Betriebswirtschaft undMathematik. „Jeder Studierende bekommt zwei Mentoren zur Seite gestellt: einen Unternehmer aus der Wirtschaft und einen Professor aus der Wissenschaft. Sie verkörpern den Anspruch, einerseits für die Praxis auszubilden, andererseits früh an die Forschung heranzuführen.“[10] Den Studenten wird im Gegenzug einiges abverlangt. Vor allem der schnellere Abschluss, ohne Qualitätsverlust, steht im Vordergrund. Im Elitestudiengang Physik an den Universitäten Regensburg und Erlangen-Nürnberg steht das ehrgeizige Ziel, in nur sechs Jahren die Promotion zu schaffen. „Das sind mindestens zwei Jahre weniger als normalerweise.

[...]


[1] Wasner, Barbara: Eliten in Europa. Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden 2004 (S. 131)

[2] ebd. (S.131)

[3] http://www.bmbf.de/de/1313.php

[4] http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/elite/elitediskussion.xml

[5] http://www.blk-bonn.de/pressemitteilungen/presse2004_07.htm; siehe auch: den Bericht der Wissenschaftsminister vom 6.04.05 http://www.bmbf.de/pub/vereinbarung_exzellenzinitiative.pdf

[6] http://www.bmbf.de/de/1321.php

[7] ebd.

[8] http://www.bmbf.de/pub/vereinbarung_exzellenzinitiative.pdf

[9] http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/elite/bayern.xml

[10] ebd.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Der Ruf nach Eliten. Können, sollen und dürfen in Deutschland Elitehochschulen gebildet werden?
Hochschule
Universität Potsdam  (Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Eliten in Deutschland
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
27
Katalognummer
V67777
ISBN (eBook)
9783638605076
ISBN (Buch)
9783638672382
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eliten, Können, Deutschland, Elitehochschulen, Eliten, Deutschland
Arbeit zitieren
Katrin Schulze (Autor:in), 2005, Der Ruf nach Eliten. Können, sollen und dürfen in Deutschland Elitehochschulen gebildet werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67777

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