Zur Situation von ausländischen Alleinerziehenden in Freiburg


Diplomarbeit, 2005

88 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Transkribiertes Erhebungsmaterial:

Transkription I: Von der Autorin, Ilona Pfaff, angeleitete Gruppendiskussion mit einer Gruppe von 7 ausländischen alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerinnen, die an einem Sprachkurs der Diakonie Freiburg e.V. teilnahmen.

Gruppendiskussion vom 10.08.2005

Uhrzeit: 11:10 Uhr – 11:50 Uhr (Dauer 40 Minuten)

1. Reizargument: Ich und Probleme
2. Sprecherin 2: lacht
3. Sprecherin 1: Ich meine gibt’s viele Probleme.
4. Reizargument: Welche?
5. Sprecherin 2: Geld!
6. Ich weiß, dass ich mehr Geld haben könnte, hätte ich bin mehr glücklich als jetzt. Ich
7. glauben nicht, wenn die sagen...äh...Geld kann kein Liebe kaufen...
8. Sprecherin 1: (energisch) Glück!! Glück kaufen.
9. Sprecherin 2: Das kann mich richtig glücklich machen, wenn ich kann ein Auto kaufen.
10. Wenn ich kann Wohnung haben. Und wenn ich kann Urlaub gehen...
11. Sprecherin 1: (alle nicken zustimmend): HmmmUrlaub!
12. Sprecherin 2: Tut mir Leid, aber Geld macht kein Stress.
13. Sprecherin 1: Nein, Geld nehmt de Sorgen weg.
14. Sprecherin 2: Ja, genau!
15. Sprecherin 1: Wenn de Sorgen sind weg, man ist glücklich.
16. Sprecherin 2: Ja, genau. Stress ist weg. Man ist glücklich.
17. Ja (leise)! Ja, es gibt einen Grund. Geld macht viele andere Probleme.
18. Sprecherin 3: Ich finde auch, dass Geld eine Menge andere Wünsche in Erfüllung bringen
19. kann. Also, das fängt an, Urlaub machen mit den Kindern nur einmal im Jahr.
20. Sprecherin 4: Genau! Nicht dreimal, einmal!
21. Sprecherin 2: Ja! Das ist genau das. Ich habe auch gedacht, d.h. nicht, dass an
22. Weihnachten zweihundert Kinder sagen: „Ich will das und das und das...“. das
23. Sprecherin 3: Nein, nicht Konsum!
24. Sprecherin 2: Die bekommen alles (Feststellung). Das ist nur diese Moment, wenn mein
25. Kind jetzt fernsehen mit Werbung alles ist jetzt für Weihnachten, wenn ich höre mein
26. Sohn sagen: „Oh, ich will das haben! Ich will das. Ich denke“
27. Sprecherin 3: Ich habe in meinen Gedanken speziell dieses Konsum ausgeschlossen. Ich
28. dachte besonders an diese Wünsche, die man nicht quadratisch gut einpacken kann. Also,
29. Wünsche, die man erfüllt und nicht einpackt. Kein Konsum. Urlaub, wegfahren für drei
30. Wochen. In Sommer mit den Kindern ans Meer wünsche ich mir. Ich kann mir nicht
31. leisten. In vierzehn Jahren habe einmal...
32. Sprecherin 4: Ja!
33. Sprecherin 3: Eisern gespart. Oder z.B., wenn ich mir erlaube zwei drei Bücher im Monat
34. zu kaufen. Es ist schon viel.
35. Alle: Hmmm
36. Sprecherin 3:Und ich brauch Bücher.
37. Sprecherin 4: Das Leben genießen oder ins Kino gehen.
38. Sprecherin 4: Ja!
39. Alle: Hm...nicken zustimmend.
40. Sprecherin 3: Aber zur Zeit ich bin arbeitslos oder arbeitssuchend. Weil der Milan erst seit
41. September in Kindergarten geht. Er ist drei. Und ich lebe aus Sozialhilfe. Und dann
42. brauch‘ ich euch nicht weitererzählen. Man muss die Schraube immer fester und immer
43. fester machen und das bringt so eine Situation. So eine verdeckte dämpfende Situation.
44. Manchmal wirklich sehr gefährlich.
45. Sprecherin 4: Du bist fast gefesselt.
46. Sprecherin 3. Ja, du bist gefesselt. Du bist nicht frei.
47. Sprecherin 4: Du bist fast abhängig.
48. Sprecherin 3: Du bist abhängig und hast das Gefühl, du gehst nicht weiter. Du bleibst
49. stehen so richtig. Und statt dessen dich irgendwie zu motivieren und Kurs dich irgendwie
50. weiter fortbilden.
51. Sprecherin 1: Und es nicht so jeden Monat ist dasselbe. Z.B. diesen Monat hat mir
52. dreihunderteinundneunzig Euro gegeben. Was falsches gemacht meine Miete fast 700.
53. Und ick habe seit de erste November angerufen. Aber es ist so viel wenig Arbeiter bei de
54. Sozialamt ist niemand da, niemand kann mir helfen.
55. Sprecherin 3: Wenn ich mich beraten lassen will, überall sagt mir: „Die Stelle aufgelöst
56. und wenden Sie sich an die Zentrale weiter.“
57. Sprecherin 4: Dein Berater?!
58. Sprecherin 3: Mein Berater vom Sozialamt der wurde aufgelöst (Anmerkung der Autorin:
59. Hierbei ist natürlich die Stelle des Sozialarbeiters gemeint und nicht die Person).
60. Sprecherin 1: Ja, ick hab‘ dasselbe jetzt.
61. Sprecherin 6: Noch zwei Monate das ist so.
62. Sprecherin 3: Aber ich brauche jetzt Informationen. Vielleicht in zwei Monate möchte ich
63. was durchsetzen. In die Praxis durchsetzen. Ne? In die Praxis umsetzen.
64. Sprecherin 4: Es ist sehr schwierig in Kontakt zu treten oder ganz normale Beratung zu
65. haben. Es geht um es einfach nicht konstruktiv ist. Das was zu Essen auf dem Tisch das,
66. aber das andere hast du gar nicht und das andere ist das Wichtige. Weil es geht nicht um
67. das Essen, sondern um sich weiterzuentwickeln. Andere Chancen zu greifen, unabhängig
68. zu werden, für sich und die Kinder. Und ich habe das Gefühl genau das Gegenteil.
69. Sprecherin 1: Ich habe das Gefühl jedes mal meine Kinder fragen, vielleicht nächste mal.
70. Meine Tochter hat gesagt: „Du sagst das seit einem Jahr,“
71. Reizargument: Eine Frage! Werden Alleinerziehende alleine gelassen?
72. Sprecherin 1: Ja!
73. Sprecherin 4: Eigentlich. Ja! Eigentlich schon!
74. Ich meine Unterhalt ist keine...(lacht). Du bist noch mehr alleine, denn du hast diese
75. Minderwertigkeitskomplexe. Also ich fühle mich total minderwertig. Friss und bleib brav
76. und bleib‘ in deinem kleinen Loch und bitte nicht zu viel verlangen und also...
77. Alle: hm...
78. Sprecherin 1: Man ist allein gelassen, hat nie..wegen Arbeit. Ick habe eine Stelle
79. Gekommen, des war in de Nacht und ick hab‘ gesagt: „Ich kann des Stelle nicht
80. annehmen.“, wegen meine
81. Kinder sind alleine und haben gesagt, aber deine Kinder schlafen.
82. Sprecherin 3: Was?!!!!
83. Sprecherin 1: „Mögen Sie nicht arbeiten?“ Habe ick gesagt: „Doch ick lasse zwei Kinder
84. nicht alleine zu Hause.“ „Und ein Nachbar?“ Hab ick gesagt: „Ick hab‘ die Kinder in die
85. Welt gesetzt “
86. Sprecherin 4: Nein, das glaube ich wohl nicht!
87. Sprecherin 1: Doch (lacht).
88. Dann sollen die das sagen. Sie sollen arbeiten und haben Betreuung in der Nacht, dass
89. jemand kommt und pass‘ auf Ihre Kinder auf.
90. Sprecherin 1: Und letztes mal da haben mir bei Burger King. Und hab‘ gesagt „super“,
91. wegen ich hab‘ gearbeitet bei Mc Donalds für 5 Jahr und ich kenn‘ mich aus, aber de
92. Arbeit war nur abends. Hmm...und Babysitter zu kriegen muss ich bezahlen. Aber alles
93. ausgemacht mit de Sozialamt und ick hab‘ n‘ paar hundert wenig bekommen jeden Monat.
94. Ich hab nur gearbeitet zu ein Babysitter zu bezahlen.
95. Sprecherin 2: Aber das kann, was da ist passiert mit dir ist manchmal dieses respektlos...
96. Sprecherin 1: Ja, ja...
97. Sprecherin 2: Mutter allein
98. Sprecherin 1: Ja, ja. „Mögen Sie nicht arbeiten?“ „Kann ich nicht?“ „Haben Sie keine
99. Familie?“ „Nein, alleine hier.“ „Ja, Nachbar, Freunde, niemand?“
100. Sprecherin 3: Ja, klar. Stehen immer zur Verfügung und haben kein Leben
101. Sprecherin 1: Ja, und in der Nacht?
102. Sprecherin 2: Ist das typisch Deutsch fragen jeden Abend ein Nachbar aufpassen auf
103. die Kinder.
104. Sprecherin 1: Aber Frau habe gesagt: „Aber die Kinder schlafen.“ Die Kinder waren
105. nur neun und fünf Jahre.
106. Sprecherin 2: Oh ja, ich schließ die Tür zu und dann die Kinder können nix raus.
107. Sprecherin 1: Ick hab‘ gesagt meine Kinder sind neun und fünf. „Neun Jahr alt, das ist
108. alt genug um aufzupassen.“
109. Sprecherin 2: Das war ein Mann. Es war ein Mann.
110. Sprecherin 1: Ja,
111. Sprecherin 4: (lacht) Tschuldigung, nur ein Mann hätte das sagen können.
112. Sprecherin 3: Ich hab‘ auch von einer Frau so etwas gehört. Ich bin ausgebildete
113. Erzieherin. Ich wollte diese Ausbildung machen und mein erstes Kind noch fünf Jahre
114. alt war angefangen, der war zwei Tage in der Tagesstätte. Ich hab‘ vieles geopfert, um
115. diese Ausbildung zu machen. Ja? Dann als ich mein letztes Jahr gemacht habe ich
116. wurde schwanger, denn ich hab‘ mir noch ein Kind gewünscht. Ne? Dann war ich drei
117. Jahre zu Hause und jetzt seit September ich gelte als arbeitslos und arbeitssuchend,
118. aber ich suche schon 16 Wochen eine Arbeitsstelle. Ne? Für ab September. Denn bei
119. uns du suchst ab Februar für nächstes September, weißt du? Im sozialen Beruf in einer
120. pädagogischen Einrichtung. Und ich habe nix gefunden. Nur Absagen, Absagen,
121. Absagen
122. Sprecherin 4: (mitfühlend) Echt?
123. Sprecherin 3: Nur eine halbe Stelle und die könnte nur vormittags sein. Ich kann nicht
124. nachmittags. Ich habe hier keine Familie...äh...der Papa von meinem Kind der arbeitet
125. nachmittags nur in einem Hort. Der ist Sozialpädagoge. Also wir können uns nicht
126. abwechseln. Also ich muss nachmittags zu Hause bleiben, ich habe noch ein Kind,
127. zwei Kinder. Der erste Sohn ist dreizehn, aber ist ein zartes Alter, muss beobachten.
128. Hausaufgaben, alles. Ich hab‘ mir so viel schönes aufgebaut bei meinen Kindern ich
129. will mir das jetzt nicht kaputt machen. Der erste ist auf dem Gymnasium, der Zweite
130. ist, finde ich auch in Ordnung. Also ich kann jetzt nicht einfach von früh bis mittags
131. um fünf arbeiten gehen. Und dafür eine Tagesmutter beschäftigen. Meinte eine Frau.
132. Eine Frau! Eine Leiterin von einem Kindergarten zu mir: „Ja, aber Sie können sich
133. auch eine Tagesmutter holen, dann haben sie auch eine Arbeit. Und diese Tagesmutter
134. hat auch eine Arbeit.“ Aber ich kann nicht bezahlen eine Tagesmutter. Die meint: „So
135. viel ich weiß. Das Jugendamt muss Ihnen eine Tagesmutter bezahlen.“
136. Sprecherin 1: Ach!
137. Sprecherin 3: Für nachmittags. Ne? Dann habe ich ganz automatisch so gerechnet. Das
138. ist dann 400 Euro, was Jugendamt, dann...
139. Sprecherin 6: 320 Euro jeden Tag, das bezahlt Jugendamt.
140. Sprecherin 4: Ja, also. Ich hab keine Ahnung, ne? Und ich geh, und ich verdiene dann
141. für eine halbe Stelle oder 60 % Stelle 8 bis 900, wenn’s gut geht‚ ne? Und dann, ähm,
142. Es ist unlogisch es ist absurd. Ich sehe mein Kind frühmorgens und abends. Wofür
143. habe ich ein Kind gekriegt? Es steht überall in meinen Akten, ich kann nur vormittags
144. arbeiten. Und ich kriege nur Angebote in der letzten Zeit für nachmittags.
145. Sprecherin 1: Ja.
146. Sprecherin 3: Und dann wirst du gefragt: „Ja, wollen Sie nicht richtig arbeiten? Ja.
147. Dann müssen Sie flexibel werden.“
148. Ich kann aber nicht verantworten so flexibel zu werden, dass meine Kinder
149. vernachlässigt werden.
150. Sprecherin 1: Ja, sagt man lasst de Kinder auf de Straße. Und geht zu Arbeit. Und
151. dann kommt jemand und sagt: „Warum ist deine Kinder alleine?“ „Ja, Arbeitsamt sagt
152. des. Ick muss meine Kinder alleine. Ick muss eine Arbeit.“
153. Sprecherin 3: Der Staat soll mir Tagesmutter bezahlen anstatt mir eine halbe Stelle zu
154. geben nachmittags, wo ich arbeiten kann.
155. Sprecherin 5: Die sehen das nicht ein.
156. Sprecherin 6: z.B. ich muss morgens früh meine Kinder in den Kindergarten und in die
157. Schule. Eine Woche mein Sohn kommt um acht Uhr 15. Eine Woche kommt am neun.
158. Was kann ich flexibel sein?
159. Sprecherin 2: Die erwarten, dass die Mutter ist flexibel und die Schule ist ein Witz.
160. Mein Sohn hat drei verschiedene Zeiten in der Woche. 11.15, 12.15 und ein Uhr. Und
161. wir sollten flexibler sein? Wenn die Schule machen nur Quatsch.
162. Sprecherin 3: Ich möchte arbeiten wofür habe ich die Ausbildung gemacht. Ich möchte

[...]

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Zur Situation von ausländischen Alleinerziehenden in Freiburg
Hochschule
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau
Note
2,1
Autor
Jahr
2005
Seiten
88
Katalognummer
V68054
ISBN (eBook)
9783638586818
ISBN (Buch)
9783638714389
Dateigröße
786 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Situation, Alleinerziehenden, Freiburg
Arbeit zitieren
Ilona Pfaff (Autor:in), 2005, Zur Situation von ausländischen Alleinerziehenden in Freiburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68054

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