Guillermo O’Donnell thematisiert in seinem Aufsatz eine, wie er es nennt,
„neue Spezies“ von Demokratie. Viele der in letzter Zeit demokratisierten
Staaten (u.a. Korea, die meisten südamerikanischen und viele post-kommunistische Länder) seien nach Robert Dahls Polyarchiedefinition durchaus demokratisch, doch wiesen sie einen entscheidenden Faktor auf, der eine genauere Unterscheidung notwendig mache. Sie seien nicht repräsentativ, sondern hätten delegativen Charakter. Mit O’Donnells Konzept der delegativen Demokratien setzt sich dieser Essay auseinander.
Der Übergang von einer Auto- zu einer Demokratie verläuft grob in zwei
Phasen; in der ersten besteht eine demokratisch gewählte Regierung, die in der
zweiten Phase von einem institutionalisierten Regime abgelöst wird. Der Beginn
der zweiten Phase erfolgt aber nicht zwingend, sondern hängt vom Willen der
Akteure ab, Institutionen zu schaffen, welche die absolute Macht des Präsidenten einschränken. Bei einem Fehlen solcher wird das System als eine Art defekter, nämlich delegativer Demokratie kategorisiert.
Inhaltsverzeichnis
- Delegative Demokratien
- Der Übergang von einer Auto- zu einer Demokratie
- Institutionen als feste Gebäude und Werte
- Das defekte Element in delegativen Demokratien
- Der Präsident verfolgt als einziges Interesse, möglichst lange an der Macht zu bleiben
- Für den Präsidenten besteht ein strukturelles Problem, das er im Grunde nicht lösen kann
- Die wirtschaftlichen Programme müssen nicht immer fehlschlagen
- Die Verantwortung wird abgeschoben an den gewählten Präsidenten
- In repräsentativen Demokratien sind ohne Frage ebenfalls delegative Elemente vorhanden
- Uruguay kann dafür als Beispiel herangezogen werden
- Der Aufbau von Institutionen ist ein langfristiger Prozess
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay befasst sich mit dem Konzept der delegativen Demokratien, das von Guillermo O'Donnell geprägt wurde. Er analysiert die Charakteristika dieser Form der Demokratie und stellt sie dem Konzept der repräsentativen Demokratie gegenüber. Der Essay beleuchtet die Entstehung und Funktionsweise delegativer Demokratien, insbesondere die Rolle des Präsidenten und die Abwesenheit von kontrollierenden Institutionen.
- Die Entstehung delegativer Demokratien aus dem Übergang von autoritären Regimen
- Das Fehlen von Institutionen und die Dominanz des Präsidenten
- Die Rolle von wirtschaftlichen Faktoren und die Herausforderungen der Entwicklung
- Der Vergleich mit repräsentativen Demokratien und die Bedeutung horizontaler und vertikaler Verantwortlichkeiten
- Die Notwendigkeit des Aufbaus von Institutionen zur Stabilisierung delegativer Demokratien
Zusammenfassung der Kapitel
- Delegative Demokratien: Guillermo O'Donnell beschreibt die „neue Spezies" der Demokratie, die sich durch einen delegativen Charakter auszeichnet.
- Der Übergang von einer Auto- zu einer Demokratie: Der Übergang von einem autoritären System zu einer Demokratie erfolgt in zwei Phasen, wobei die zweite Phase von der Bereitschaft der Akteure abhängt, Institutionen zu schaffen.
- Institutionen als feste Gebäude und Werte: Institutionen sind sowohl physisch als auch immateriell vorhanden und dienen in demokratischen Systemen der Integration und Ausschließung.
- Das defekte Element in delegativen Demokratien: Die fehlende Kontrolle des Präsidenten durch Institutionen führt zu einem Defizit an horizontalen und vertikalen Verantwortlichkeiten.
- Der Präsident verfolgt als einziges Interesse, möglichst lange an der Macht zu bleiben: Der Präsident strebt die Maximierung seiner Macht an und ist weniger an der Umsetzung von Versprechungen interessiert, da wirtschaftliche Probleme diese erschweren.
- Für den Präsidenten besteht ein strukturelles Problem, das er im Grunde nicht lösen kann: Die Regierung kann ihre Versprechungen oft nicht einlösen, da sie nach der Machtübernahme mit der Realität konfrontiert wird.
- Die wirtschaftlichen Programme müssen nicht immer fehlschlagen: Relativ gesehen können sie erfolgreich sein, was den Präsidenten dazu verleiten kann, seine Macht zu behalten und die Verfassung zu ändern.
- Die Verantwortung wird abgeschoben an den gewählten Präsidenten: Die Unzufriedenheit der Bevölkerung führt zur Ignoranz des Präsidenten, was zu einer möglichen Veränderung des Systems führen kann.
- In repräsentativen Demokratien sind ohne Frage ebenfalls delegative Elemente vorhanden: Doch die Ausprägung horizontaler und vertikaler Verantwortlichkeiten unterscheidet sich deutlich.
- Uruguay kann dafür als Beispiel herangezogen werden: Dort ist der Präsident dem Kongress gegenüber verantwortlich und muss seine Gesetze verabschieden lassen.
- Der Aufbau von Institutionen ist ein langfristiger Prozess: Um wirtschaftlichen Problemen zu begegnen, bedarf es bereits bestehender Institutionen, da die Krise den Aufbau verhindert.
Schlüsselwörter
Delegative Demokratie, Repräsentative Demokratie, Institutionen, Präsident, Macht, Kontrolle, Wirtschaftliche Entwicklung, Verantwortlichkeit, Horizontalität, Vertikale Verantwortlichkeit, Uruguay, Argentinien, Brasilien, Peru, Illiberale Demokratien, Hobbes' Leviathan, Klientelismus, Korruption.
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- Kevin Francke (Autor), 2006, Delegative Demokratien, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68094