Genogrammarbeit in der Familienberatung und -therapie - Zentrale Familienprobleme: Stieffamilie und Alkoholismus


Dossier / Travail, 2006

20 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Genogrammarbeit in der Familienberatung
2.1 Was sind Genogramme?
2.2 Der Nutzen der Genogramme
2.3 Der Zusammenhang mit der systemischen Familientheorie
2.4 Die Erstellung von Genogrammen
2.5 Weitere Einsatzmöglichkeiten
2.6 Fallen des Genogramms

3. Typische Familienstruktur: Stieffamilie

4. Zentrales Familienproblem: Alkohol in Ehe und Familie, Psychosomatische Störungen

5. Schlussbemerkungen

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Erst wenn es [den Menschen] sehr schlecht geht, wenn Stresskrankheiten und psychosomatische Beschwerden zunehmen, wenn sie aus vielfältigen Gründen mit ihrem Leben nicht mehr klar kommen und vor allem, wenn ihre Beziehung wieder und wieder zerbrechen, wenden sie sich an eine Therapeutin oder an einen Berater.“[1]

Meiner Meinung nach sagt dieses Zitat vor allem aus, dass die Familien meist viel zu spät erst erkennen, dass sie Probleme haben. Diese These möchte ich als Leitfaden für meine Hausarbeit nehmen. Der Leser wird am Ende des Textes sicherlich verstanden haben, was ich jetzt zu Beginn, damit aussagen wollte.

Zunächst möchte ich dem Leser grundlegende Informationen zu der Genogrammarbeit, als wichtiges Instrument, in der Familienberatung geben. Ich möchte darauf eingehen, was Genogramme überhaupt sind, wo sie eingesetzt werden und welche Möglichkeiten und Fallen in der Genogrammarbeit liegen können.

Im Anschluss werde ich das Thema „Familienstruktur Stieffamilie“ näher beleuchten. Der Abschluss meiner Hausarbeit bildet das Thema: „Alkohol in Ehe und Familie“, welchem ich mich zentrales Familienproblem näher zuwenden werde.

2. Genogrammarbeit in der Familienberatung

2.1 Was sind Genogramme?

„Das Genogramm ist ein mächtiges Werkzeug in der Familientherapie zur Darstellung von Familienbeziehungen. […] [Es] entsteht schnell ein informatives aktuelles Gesamtbild.“[2]

In dem Werk „Genogramme in der Familienberatung“ schrieben McGoldrick und Gerson: „Unter einem Genogramm verstehen wir die Darstellung eines Familienstammbaums, der – über mindestens drei Generationen hinweg – die vielfältigsten Informationen über die Mitglieder einer Familie und ihre Beziehungen enthält.“[3] Kurz und prägnant formuliert, bringen Genogramme Kalender zum sprechen, da der gegenwärtige wie auch historische Familienkontext miteinbezogen wird.

2.2 Der Nutzen der Genogramme

Das Genogramm ist aus der Praxis der Familientherapie entstanden. McGoldrick und Gerson beschränken sich vor allem auf 4 spezifische Funktionen des Genogramms: (1) Die Mobilisierung der gesamten Familie, (2) die Befreiung des Systems von Blockierungen, (3) die Klärung von Familienmustern und (4) die Normalisierung und Neuformulierung von Familienthemen.

Mit Hilfe des Genogramms können in Familienberatungssitzungen unartikulierte Wünsche, Ängste, Konflikte und Wertvorstellungen einzelner Familienmitglieder zum Vorschein kommen.

Durch die graphische Form, wird, vor allem bei komplexen Familien, ein rascher Überblick über Familienstrukturen ermöglicht. Sie stellen daher einen wichtigen Zugang zur Familie für den Therapeuten dar und bilden, durch historisch orientiertes Abfragen des Familiensystems und diagnostizieren früherer Krisen und Übergangsstadien im familiären Lebenszyklus, eine rasche und reichhaltige Quelle zur Hypothesenbildung über bestimmte Symptome. Als Teil einer „[…]umfassenden, systemischen, klinischen Diagnose[…] stellt das Genogramm ein subjektives, interpretatorisches Hilfsmittel dar.“[4] Dabei sollte nach McGoldrick betont werden, dass Familientherapeuten Diagnostik und Behandlung üblicherweise nicht voneinander trennen. Es geht darum, „[…] ein „größeres Bild“ zu erkennen, und zwar sowohl im Hinblick auf die gegenwärtigen Probleme als auch im historischen Sinne.“[5]

Den Mittelpunkt des Genogramm bildet meist ein „Indexpatient“. Er weist meist ein fragliches Symptom oder Problem auf und ist auch meist derjenige, der den Anstoß für eine Familienberatung bzw. Familientherapie angibt. „Der Indexpatient kann im Kontext mehrerer Subsysteme gesehen werden, z.B. in der Geschwisterreihe, in Beziehungsdreiecken, komplementären und symmetrischen Wechselbeziehungen oder im Verhältnis zum übergeordneten Metasystem, z.B. innerhalb einer sozialen Institution (Schule, Gericht o.ä.) sowie innerhalb des umfassenden soziokulturellen Kontexts.“[6]

2.3 Das Genogramm im Zusammenhang der systemischen Familientheorie

Die Familie besteht nach dem Ansatz der systemischen Familientheorie „[…] aus den gesamten Verwandtschaftsbeziehungen mindestens 3er Generationen, und zwar sowohl in ihrer gegenwärtigen Existenz als auch im Laufe ihrer historischen Entwicklung.“[7] „Der Begriff System bezeichnet eine Gruppe von Menschen, die als funktionales Ganzes interagieren. Weder die Menschen noch ihre Probleme existieren in einem Vakuum.“[8] So kann man, wie viele Autoren es tun, die Familie nach diesem Ansatz mit einem Mobilé vergleichen. Veränderungen an einem Teil des Mobilés wirken sich auf alle anderen Teile (also auf alle Familienmitglieder) aus. Keiner verhält sich in einem Vakuum, denn nahezu alle Menschen sind in Familiensystemen organisiert. „Eine der grundlegenden Thesen lautet, dass auftretende Probleme und Symptome die Anpassung eines Systems an den Gesamtkontext zu einem bestimmten Zeitpunkt widerspiegeln.“[9] Der systemische Ansatz zielt folglich darauf ab, das Problem bzw. Symptom des Indexpatienten auf möglichst vielen Ebenen zu verstehen.

Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei den Beobachtungen immer nur um vorläufige Hypothesen handeln kann. „Das Genogramm stellt nur einen Teil einer stets im Prozess befindlichen klinischen Exploration dar […]“[10] und bietet somit vor allem zunächst nur provokante Hinweise, die für die weitergehende Exploration von Nöten sind. Die Genogrammarbeit kann, nach McGoldrick, nur Sinn ergeben, wenn sie in die gesamte Familientherapie integriert wird.

2.4 Die Erstellung von Genogrammen

Beim Zeichnen eines Genogramms geht es nach McGoldrick darum, die Familienstruktur übersichtlich darzustellen, wichtige Informationen über die Herkunftsfamilie festzuhalten und die Beziehungen innerhalb der Familie zu dokumentieren. Die graphische Darstellung der Familienstruktur erfolgt über Linien, Daten und Symbole und beschreibt die biologischen und rechtlichen Beziehungen der Familienmitglieder über mehrere Generationen hinweg.

Um die erforderlichen Daten dokumentieren zu können, ist ein so genanntes „Genogramm-Interview“ nötig. Dieses Interview findet meist im Rahmen der ersten Familiensitzung statt. Dabei wird versucht, Daten über das Ausgangsproblem, der aktuellen Haushaltssituation, dem umfassenden Familienkontext, des sozialen Umfeldes, der historische Perspektive, innerfamiliären Beziehungen, Rollen und der Funktionalität herauszufinden. McGoldrick erarbeitete hierfür einen Fragenkatalog zur Durchführung eines kurzen Genogramm-Interview. Dabei nennt er folgende Fragenkategorien: (1) Angaben zu Indexpatient, Kinder und Ehepartner, (2) zur Herkunftsfamilie, (3und4) zur Familie der Mutter und des Vaters, (5) zur Ethnizität, (6) zu wichtigen Umzügen und (7) wichtigen anderen Personen. Ebenfalls sollen notiert werden, welche ernsthaften, medizinischen, psychischen, emotionalen Probleme, Probleme mit der Arbeit, des Gesetzes, Drogen- oder Alkoholkonsum innerhalb der jeweiligen Familie vorliegen. Der Abschluss soll die Klärung der Beziehungsverhältnisse zu einander sein.

2.5 Weitere Einsatzmöglichkeiten von Genogrammen

Die Anwendung von Genogrammen in der Medizin ist eine weitere klinische Einsatzmöglichkeit von Genogrammen. Hier bieten sie eine systemisch orientierte Möglichkeit Krankheitsgeschichten aufzuzeichnen. In der medizinischen Überwachung und Präventivmedizin liegt meinem Erachten nach, der größte Gewinn. Durch die Dokumentation bestimmter Familienmuster können präventive Maßnahmen ermöglicht werden. „Sie geben ebenso wichtige Hinweise darüber, welche Ressourcen dem Patienten bei der Bewältigung seiner Krankheit zur Verfügung stehen und welche Probleme bei der Behandlung auftreten können[…].“[11] Es wird für den Familienmediziner leichter einzuschätzen, welche Präventivmaßnahmen, oder auch ob psychosoziale Interventionen notwendig sind, um den Genesungsprozess fortzuführen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erstellung von Genogrammen in der Allgemeinmedizin eine sinnvolle Ergänzung bei der Behandlung darstellen kann.

2.6 Fallen des Genogramms

Jedoch sollten immer auch auf die möglichen Fallen der Genogrammarbeit hingewiesen werden. Die Genogrammarbeit verführt leicht zur Aufstellung simpler kausaler Zusammenhänge, oder voreiligen Kategorisierungen. Dies sollte man unbedingt vermeiden. Ebenso sollte auch der soziale und kulturelle Rahmen nicht vergessen werden. Meinem Erachten nach, hat jeder Berater oder Familientherapeut eine eigene Norm, wie er Probleme einschätzt, die wiederum seine Arbeitsweisen beeinflussen. So kann das Messen, von Verhaltensmustern an der Norm, zu erheblichen Fehlern in der Arbeitsweise mit der Familie führen, da nicht geprüft werden kann, ob diese angemessen für diejenige Familie und deren spezielles Umfeld ist. Und kann sich ein Problem im laufe der Zeit nicht auch verändern? So sollte man stets das Genogramm pflegen und ergänzen, sobald sich in der Familie die Beziehungsmuster, Rollen und Verhaltensweisen ändern.

[...]


[1] Lambrau, Ursula (2005): Familienkrankheit Alkoholismus. Im Sog der Abhängigkeit; S. 203

[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Genogramm; Stand: 01.07.2006

[3] Mc Goldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 13

[4] Mc Goldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 14

[5] Mc Goldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 15

[6] Mc Goldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 15

[7] Mc Goldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 17

[8] Mc Goldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 17

[9] McGoldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 17

[10] McGoldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 20

[11] McGoldrick, M./ Gerson, R. (2005): Genogramme in der Familienberatung; S. 167

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Genogrammarbeit in der Familienberatung und -therapie - Zentrale Familienprobleme: Stieffamilie und Alkoholismus
Université
University of Koblenz-Landau
Cours
Einführung in die Familienberatung, und -therapie
Note
1
Auteur
Année
2006
Pages
20
N° de catalogue
V68146
ISBN (ebook)
9783638606684
Taille d'un fichier
440 KB
Langue
allemand
Mots clés
Genogrammarbeit, Familienberatung, Zentrale, Familienprobleme, Stieffamilie, Alkoholismus, Einführung, Familienberatung
Citation du texte
Melanie Aschert (Auteur), 2006, Genogrammarbeit in der Familienberatung und -therapie - Zentrale Familienprobleme: Stieffamilie und Alkoholismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68146

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